Antje Ginnold: Übergänge von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt Lernen aus Sonder- und Integrationsschulen in Ausbildung und Erwerbsleben[1]

Abstract:
Es werden ausgewählte Ergebnisse zweier empirischer Studien präsentiert, die sich mit dem Verbleib und den Entwicklungsverläufen von Berliner Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt Lernen im Übergang Schule – Beruf bzw. Erwerbsleben befassten. Zu Beginn werden Gegenstand, Design und Rahmenbedingungen der beiden Studien dargestellt. Anschließend wird ein allgemeines Modell für die Abbildung der unübersichtlichen Angebotsstrukturen im Übergang Schule – Beruf erläutert. Basierend darauf werden die Ergebnisse der Übergangsverläufe vorgestellt und hinsichtlich der Beschulungsart Sonder- oder Integrationsschule[2] unterschieden. Sie beziehen sich auf die erreichten Schulabschlüsse, die Anzahl der Übergänge, den Status am Ende der ersten Schwelle und das Erreichen einer Ausbildung. Im Fazit werden wesentliche fördernde und hemmende Faktoren für den Übergangsprozess herausgearbeitet.

Stichwörter:
Übergang Schule – Beruf, Übergang Schule – Erwerbsleben, Lernbehinderung, Förderschwerpunkt Lernen, Übergangsverläufe, Verbleib nach der Schule, Berufsausbildung, Jugendliche

URL:http://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion/article/view/20/21

Ausgabe: 1/2009

 

Inhaltsverzeichnis



1 Gegenstand, Design und Rahmenbedingungen der Studien

Die Ausgangsfrage lautete, ob sich die Übergänge von der Schule in das Erwerbsleben bei Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt Lernen aus Sonder- und Integrationsschulen unterscheiden. Nicht alle Schüler/innen (mit und ohne Behinderung) absolvieren eine Berufsausbildung nach der Schule. Manche gehen zunächst in eine Berufsvorbereitung. Andere streben eine Tätigkeit ohne Ausbildung an. Wieder andere planen oder erreichen nichts von alledem. Von daher ist die Bezeichnung Übergang Schule - Beruf etwas irreführend, wenngleich sie sich etabliert hat. Breiter gefasst könnte man diese Phase als Übergang Schule - Erwerbsleben beschreiben.

Im Folgenden werde ich die Ergebnisse zweier Studien vorstellen. Überwiegend bezieht sich die Darstellung auf eine vergleichende Studie zum Verbleib von Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt Lernen aus Integrations- und Sonderschulen in Berlin (Studie 1). Im Rahmen meiner Dissertation habe ich die Übergänge dieser Jungendlichen an der ersten Schwelle rekonstruiert (Ginnold 2008a). Die Daten wurden über mehrere Jahre durch Feldforschung erhoben (bis zum Stichtag 31.05.2005). Es kamen unterschiedliche Methoden zum Einsatz: die Teilnehmende Beobachtung, die Auswertung von Projektdatenbanken und Fallakten sowie die Recherche des Verbleibs bei Einrichtungen der Berufsvorbereitung und -ausbildung, Jugendlichen, Eltern und Lehrer/innen der Integrations- und Sonderschulen.

Bei der zweiten Studie handelt es sich um eine Verbleibsstudie von Jugendlichen aus Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen in Berlin (Sonderschulen), die ich gemeinsam mit Kolleg/innen von Juli bis Dezember 2006 durchführte (Mahnke/Ginnold/Burtscher 2006).[3] Gegenstand war hier nur der erste Übergang nach der Sonderschule (Studie 2). Methodisch lag der Schwerpunkt in der Vorort-Recherche bei berufsbildenden Schulen, einer Bildungseinrichtung für die Berufsvorbereitung und -ausbildung sowie der Durchführung einer schriftlichen Befragung der Jugendlichen.[4]

Einen Überblick über die Eckdaten beider Studien gibt Tabelle 1. Während die Studie 1 sich regional auf den Bezirk Berlin-Pankow beschränkte, waren an der Studie 2 Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen aus ganz Berlin beteiligt. In der Studie 1 konnten dafür alle Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt Lernen aus den Integrationsschulen des Bezirkes im Untersuchungszeitraum erfasst werden. Die Ergebnisse waren für diese Gruppe somit repräsentativ. Für eine der beiden beteiligten Sonderschulen traf eine bedingte Repräsentativität zu, da mehrere Jahrgänge in der Stichprobe enthalten waren. Zudem wurden in der Studie 1 mehrere Abgangsjahrgänge (2000 bis 2003) untersucht, in der Studie 2 lediglich der Abgangsjahrgang 2005. Aufgrund des offeneren Settings befanden sich in der Studie 1 Jugendliche aus den Abgangsklassen 9[5], 10 und 11, in der Studie 2 überwiegend aus der 10. und vereinzelt aus der 11. Klasse.



Studie 1 - Vergleich

Studie 2 - Verbleib

Region

Bezirk Berlin-Pankow

Stadt Berlin

Schulform

5 Integrationsschulen,

2 Sonderschulen

32 Sonderschulen

Jugendliche

N = 102, davon

40 aus Integrationsschulen,

62 aus Sonderschulen

N = 570

Geschlecht

58 männlich, 44 weiblich

326 männlich, 244 weiblich

Migration

unerheblich (2 von 102)

nicht erhoben

Abgangsjahr

2000, 2001, 2002, 2003

2005

Abgangsklasse

9, 10, 11[6]

10, 11

Verbleib

i. d. R. 36-48 Monate

für 100 Jugendliche ermittelt (98 %)

6 Monate

für 332 Jugendliche ermittelt (58 %)

Besonderheiten

SprungBRETT, NeBS, Schulversuche

NeBS

Untersuchung

bis 31.05.2005

Juli bis Dezember 2006

Tabelle 1: Eckdaten zum Vergleich der Studien



Die geschlechtsspezifische Verteilung in den Untersuchungsgruppen entsprach den üblichen Verhältnissen unter Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Förderschwerpunkt „Lernen". In der Studie 1 spielte der Faktor Migration aufgrund regionaler Gegebenheiten keine Rolle. Lediglich 2 der 102 untersuchten Jugendlichen hatten diesen Status. In der Studie 2 wurde dieser Status aufgrund fehlender Daten nicht ausgewertet.

Auch bei der Untersuchung des Verbleibs unterscheiden sich beide Studien: In der Studie 1 konnte der Verbleib für 100 der 102 Jugendlichen meist für 36 bis 48 Monate nach Verlassen der Schule geklärt werden. Der Gegenstand der Studie 2 war dagegen auf den ersten Übergang nach der Schule (Stand 6 Monate später) beschränkt. Von den 570 Jugendlichen der Studie 2 wurde für 332 (58 %) der Verbleib ermittelt. Valide Aussagen zur Gestaltung und zum Gelingen des Übergangs Schule - Beruf bzw. Erwerbsleben bedürfen jedoch einer längeren Beobachtungszeit, wie andere Studien belegen (vgl. Lex 1997; Friedemann/Schroeder 2000; Hiller/Merz 2002). Deshalb werden im Folgenden überwiegend die Ergebnisse der Studie 1 referiert, punktuell ergänzt durch jene der Studie 2.

Zu den Rahmenbedingungen der beteiligten Schulen beider Studien gehörte, dass alle eine intensive Berufsorientierung ab Klasse 9 bzw. 10 anboten. Dazu zählten ausdrücklich mehrere Praktika. An den Sonderschulen gab es Schülerfirmen (NeBS). An den Schulen der Studie 1 wurden zum Untersuchungszeitraum Schulversuche zur Berufsorientierung durchgeführt. Außerdem erhielten die Jugendlichen dort Unterstützung durch das Modellprojekt „SprungBRETT", das die ISB - Gesellschaft für Integration, Sozialforschung und Betriebspädagogik gemeinnützige GmbH von 1999 bis 2009 durchführte.[7] SprungBRETT war und ist ein ambulantes, institutionsunabhängiges und aufsuchend arbeitendes Beratungs- und Begleitangebot. Die Berater/innen unterstützten die Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt Lernen während des Übergangs Schule - Beruf. Es ging um eine individuelle Berufswegeplanung sowie die Akquise von Praktikums-, Ausbildungs- und/oder Arbeitsplätzen, ggf. mit Assistenz.[8] Die Begleitdauer durch SprungBRETT lag i. d. R. zwischen einem und drei Jahren, in Einzelfällen auch darüber.

Von 1999 bis 2006 arbeitete ich selbst als Integrationsberaterin in verschiedenen Projekten der ISB gemeinnützige GmbH zum Übergang Schule - Beruf in Berlin und unterstützte etwa ein Viertel der Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt Lernen aus der Studie 1.[9] Diese Verwurzelung in der Praxis hat meine Forschungstätigkeit stark geprägt. Sie stand und steht in dem Bemühen, die Komplexität des Übergangssystems für die Akteure in der Praxis verständlich darzustellen.





2 Modell zur Darstellung der Angebotsstrukturen im Übergang Schule - Beruf

Textfeld:    Abbildung 1: Titel-Bild des   Buches von GINNOLD 2008aDas Ziel der explorativ angelegten Studie 1 bestand darin, die Entwicklungs- und Entscheidungsprozesse im Übergang Schule - Beruf sowohl auf der institutionellen als auch auf der individuellen Ebene zu rekonstruieren. Damit sollte ein möglichst facettenreiches Bild eines bisher wenig erforschten und recht unübersichtlichen Praxisfeldes gezeichnet werden.[10]

Auf der institutionellen Ebene galt es, die rechtlichen und strukturellen Rahmenbedingungen des Übergangssystems zu analysieren. Der Übergang Schule - Beruf, insbesondere von Jugendlichen mit Unterstützungsbedarf, wirkt auf die meisten Akteure wie ein undurchsichtiger Maßnahmendschungel. Der Weg nach der Schule führt in einen Kreisverkehr mit mehreren möglichen Ausfahrten. Es gibt Sackgassen, den Weg in die Ausbildung - mit oder ohne (Um-)Weg über die Berufsvorbereitung, direkte Übergänge in ein Arbeitsverhältnis, aber auch in Arbeitslosigkeit oder einen sonstigen Status.

Die Angebotsstrukturen - gerade für behinderte und benachteiligte Jugendliche - sind weitaus komplexer, als dies die Abbildung 1 vermuten lässt. Unterschiedliche rechtliche Zuständigkeiten (von Bund, Land und Kommune), unklare Begriffsdefinitionen und Begriffsdoppelungen sowie die nach Zielgruppen segmentierten Fördersystematiken führen zu einer unüberschaubaren Anzahl von Angeboten und Maßnahmen, die außerdem regional sehr variieren (vgl. BA 2002; Ginnold 2000, 2005, 2008a; Schierholz 2003; BMBF 2005). Deshalb war es ein wichtiges Ziel der Studie 1, ein allgemeines Modell zur Abbildung des Übergangssystems zu entwickeln und damit die Übergangsberatung zu verbessern (vgl. Abbildung 2).

Beschäftigt man sich in Praxis und Forschung mit dem Übergang Schule - Beruf, so findet man häufig das sogenannte „Zwei-Schwellen-Konzept" (vgl. z. B. Ellger-Rüttgart/Blumenthal 1997; Ginnold 2000; Stauber/Walther 2000; BMBF 2005). Die beiden Schwellen markieren den Übergang von der (Pflicht-) Schule - inklusive einer Berufsorientierung - in die Phase der beruflichen Qualifizierung (1. Schwelle) und den Übergang in den Arbeitsmarkt (2. Schwelle). Praxiserfahrungen und Forschungsergebnisse zeigen, dass Jugendliche mit dem Förderschwerpunkt Lernen meist nach der Schule eine Berufsvorbereitung absolvieren, jedoch nicht immer danach eine Berufsausbildung erreichen (vgl. Friedemann/Schröder 2000; Orthmann 2001, 2005; Radatz u. a. 2001, 2003; Hiller/Merz 2002; Ginnold 2008a). Sehr wenige Jugendliche schaffen gleich nach der Schule den Sprung in die Ausbildung. Andere absolvieren zunächst eine oder mehrere Berufsvorbereitungen, um dann in eine Ausbildung zu wechseln. Wieder andere erreichen keine Ausbildung, sondern streben (mit oder ohne Berufsvorbereitung) eine Arbeitstätigkeit an. Deshalb sind beide Stationen (Berufsvorbereitung und Berufsausbildung) in der nachfolgenden Abbildung 2 zu trennen und als eigenständige Qualifizierungsschritte zu kennzeichnen.[11]

In der Studie 1 wurden die für die Zielgruppe relevanten Fördersystematiken der Benachteiligtenförderung und beruflichen Rehabilitation behinderter Jugendlicher hinsichtlich verallgemeinerbarer Kategorien analysiert (Ginnold 2008a, S. 62-111). Die Auswertung führte zu vier Maßnahme-Kategorien, die sich nach der Organisationsform unterscheiden: betrieblich, kooperativ, außerbetrieblich und schulisch. Mit diesen vier Kategorien kann man die Angebote auf allen Ebenen des Übergangssystems abbilden und die unterschiedlichen Fördersystematiken in einem Modell zusammenführen. Die Kategorien spiegeln zudem die „Betriebsnähe" bzw. „Betriebsferne" und damit ein wichtiges Qualitätskriterium der Maßnahmen wider. Die Organisationsform einer Maßnahme korrespondiert zwar häufig mit dem Lernort, an dem sie durchgeführt wird, erscheint jedoch als das allgemeine und verbindende Kriterium zwischen den verschiedenen Maßnahmen. Sie wird deshalb als grundlegendes Ordnungskriterium für das allgemeine Modell in Abbildung 2 gewählt.





Abbildung 2: Komplexes Modell für das Übergangssystem mit Anbietern und Hauptlernorten

Quelle: Ginnold 2008a, S. 110



Eine betriebliche Maßnahme findet ganz oder überwiegend am Lernort Betrieb statt, ist z. B. ein Betriebspraktikum, eine betriebliche Berufsvorbereitung oder betriebliche (duale) Berufsausbildung[12]. Bei einer kooperativen Maßnahme werden mindestens zwei Lernorte miteinander kombiniert, z. B. Betrieb und/oder Bildungsträger und/oder (Berufs-)Schule. Eine außerbetriebliche Maßnahme findet ganz oder überwiegend bei Bildungsträgern und damit außerhalb von Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes statt. Die Bildungsträger bieten im Auftrag unterschiedlicher Verwaltungen außerbetriebliche Maßnahmen der Benachteiligtenförderung und/oder der beruflichen Rehabilitation behinderter Jugendlicher an. Kritisch betrachtet kann man diese Angebote in Sondereinrichtungen als Fortsetzung der Sonderschulen verstehen. Schließlich gibt es noch die schulische Maßnahme, die ganz oder überwiegend in einem schulischen Rahmen organisiert ist.

In die Abbildung 2 wurden rechts zusätzlich übergreifende Angebote bzw. Informationen eingefügt. Gemeint sind damit beratende oder begleitende Angebote an der ersten Schwelle, wie z. B. die Berufsberatung der Arbeitsagentur, der Jugendämter, der Jobcenter oder Modellprojekte - wie SprungBRETT. Auf der Ebene der Berufsvorbereitung weist die Ergänzung darauf hin, dass in den Maßnahmen zunehmend Qualifizierungsbausteine erworben werden können. Sie zertifizieren erreichte berufliche Qualifizierungen. Auf der Ebene der Berufsausbildung sind verschiedene Ausbildungsniveaus zu unterscheiden. Entweder handelt es sich um eine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf (Vollausbildung) nach § 4 Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder um eine Ausbildung mit besonderen Regelungen für behinderte Menschen nach § 66 BBiG (Werker- bzw. theoriereduzierte Ausbildung).[13] Doch auch in der Vollausbildung können behinderungsbedingte Nachteilsausgleiche entsprechend § 65 BBiG gewährt werden (vgl. Keune/Frohnenberg 2008; Ginnold 2004a).[14]

Schließlich wurde in der Abbildung 2 die Grundstruktur, differenziert nach Stationen und Maßnahmeart, um die möglichen Anbieter der Benachteiligtenförderung und beruflichen Rehabilitation (und damit verbundenen Finanzierungsmodelle) und Hauptlernorte der Maßnahmen erweitert. Sie befinden sich in den gestrichelten Kästen unter den Pfeilen. Nicht immer werden alle Anbieter in jeder Region Deutschlands zu finden sein. Die Pfeile deuten exemplarisch an, wie viele Variationen an Maßnahmeangeboten sich daraus ergeben können.

Die Abbildung 3 zeigt nun, wie man mit dem Modell die Angebotsstrukturen für die Region Berlin darstellen kann. Das Verständnis dieser ganzen Abkürzungen ist für den weiteren Text nicht notwendig. Die Abbildung soll den undurchsichtigen Maßnahmedschungel lediglich exemplarisch verdeutlichen. Eine kurze Erläuterung der vielen Abkürzungen befindet sich im Anhang des Textes. Für eine ausführliche Darstellung der Maßnahmen wird auf die Veröffentlichung Ginnold 2008a verwiesen.



Abbildung 3: Maßnahmen für Jugendliche mit Lernbehinderung in Berlin (Stand: 30.06.2007)

Quelle: Ginnold 2008a, S. 153



Es wird eindrücklich ersichtlich, dass die zahlreichen Abkürzungen und Maßnahmevarianten die beteiligten Akteure verwirren und häufig überfordern. Zudem handelt es sich nicht um ein stabiles Maßnahmeangebot, sondern es unterliegt einem permanenten Wandel (kursiv gedruckte Maßnahmen sind vom Auslaufen bedroht bzw. wurden kürzlich beendet).

3 Ausgewählte Ergebnisse der Studie 1[15]

3.1 Erreichte Schulabschlüsse

Es ist schon erstaunlich, wie viele der Jugendlichen der Studie 1 einen qualifizierten Schulabschluss erreichten, obwohl ihnen ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderschwerpunkt Lernen und damit das Nichterreichen der allgemeinen Lernziele attestiert wurde (vgl. Abbildung 4). Unter der Kategorie „qualifizierter Schulabschluss" sind der einfache oder erweiterte Hauptschulabschluss und ihnen gleichwertige Abschlüsse zusammengefasst. Die Kategorie „kein qualifizierter Schulabschluss" umfasst den Abschluss der Schule für Lernbehinderte und keinen Schulabschluss.

Die Jugendlichen erwarben ihren qualifizierten Schulabschluss entweder im Rahmen eines Schulversuches in der zehnten Klasse an der Sonderschule, im zehnten oder elften Schuljahr einer vollzeitschulischen Berufsvorbereitung an einer Berufsschule, in einer kooperativen Berufsvorbereitung (Berufsschule und Bildungsträger) oder durch die Entlassung aus dem Integrationsstatus und Versetzung in Klasse zehn als Regelschüler/in. Zum Untersuchungszeitpunkt war es schulrechtlich nicht möglich, dass Jugendliche in Integrationsschulen mit ihrem Integrationsstatus einen qualifizierten Schulabschluss erreichten. Dies entsprach im Vergleich zu den Sonderschüler/innen einer strukturellen und rechtlichen Ungleichbehandlung, die inzwischen mit einem neuen Schulgesetz verändert wurde. Damals nutzten die betroffenen Jugendlichen deshalb im Wesentlichen drei Strategien, um einen qualifizierten Schulabschluss zu erreichen: Wechsel in die zehnte Klasse an eine Sonderschule, Wechsel in die zehnte oder elfte Klasse einer Berufsschule oder Entlassung aus dem Integrationsstatus (Aberkennung des sonderpädagogischen Förderbedarfes, vgl. Ginnold 2008a, S. 239-243, 276-280).[16]



Abbildung 4: Erreichte Schulabschlüsse (Studie 1; N = 102)



Es fällt auf, dass die Jugendlichen aus den Integrationsschulen trotz der schlechteren Rahmenbedingungen im Verhältnis mehr und höhere Schulabschlüsse erreichten als die Jugendlichen aus Sonderschulen. Dieser Unterschied war zwar nicht signifikant, die beobachteten Häufigkeiten wichen jedoch von den statistisch erwarteten ab. Jugendliche aus den Integrationsschulen erhielten etwas häufiger einen qualifizierten Schulabschluss als statistisch zu erwarten war. Demnach erreichten ca. 2/3 der Integrationsschüler/innen und 50 % der Sonderschüler/innen einen qualifizierten Schulabschluss. In der Studie 2 verschlechterten sich die Ergebnisse für die Sonderschulen weiter. Dort erreichten nur noch 36,6 % der Jugendlichen einen qualifizierten Abschluss.[17]

Diese Tendenz ist vergleichbar mit der Studie von Hildeschmidt (1998), die für Integrationsschülerinnen und -schüler aus dem Saarland zu ähnlichen Ergebnissen kam. Für die Jugendlichen aus Integrationsklassen kann man den Einfluss einer heterogenen Lerngruppe und die Orientierung an den Leistungsanforderungen der allgemeinen Schule als fördernde Bedingung für das Erreichen eines qualifizierten Schulabschlusses interpretieren.

Der geschlechtsspezifische Vergleich zeigt, dass in der Studie 1 junge Frauen tendenziell etwas seltener einen qualifizierten Schulabschluss erreichten. Die Quote der jungen Frauen aus den Sonderschulen war am schlechtesten (42 %), die der jungen Männer aus Integrationsschulen am besten (68 %), gefolgt von den jungen Frauen aus Integrationsschulen (62 %). Im Gegensatz dazu erreichten in der Studie 2 junge Frauen aus Sonderschulen tendenziell etwas häufiger einen qualifizierten Schulabschluss als junge Männer. Auch hier handelt es sich nicht um signifikante Unterschiede, sondern um Tendenzen, die in weiteren Studien mit größeren Fallzahlen zu überprüfen wären.

Der Schulabschluss stellt nach wie vor eine wichtige - wenn auch nicht notwendige - Voraussetzung für den Eintritt in die berufliche Bildung dar. Deshalb ist die große Anzahl der erreichten Schulabschlüsse für etwas mehr als die Hälfte der Jugendlichen positiv zu bewerten. Sie verbessern die individuellen Startchancen im Übergangssystem. Gleichzeitig wirft dieses Ergebnis die Frage nach den Statuszuweisungen in der Pflichtschulzeit auf. Etwas mehr als die Hälfte der Jugendlichen insgesamt, aus Integrationsschulen sogar knapp zwei Drittel, erreichten einen qualifizierten Schulabschluss mit geeigneter Unterstützung und in entsprechenden schulischen und nachschulischen Angeboten. Ist es wirklich notwendig und gerechtfertigt, diesen Jugendlichen den Status „lernbehindert" bzw. „Förderschwerpunkt Lernen" zuzuschreiben? Sollten die Schulen nicht besser Ressourcen für die individuelle Unterstützung ihrer Schülerinnen und Schüler unabhängig von der stigmatisierenden Statuszuweisung erhalten können?

Ein weiteres Problem in der Bewertung der erreichten Schulabschlüsse wird durch die Studie von van Buer deutlich. Er untersuchte die Leistungsstände von über 700 Jugendlichen in Berliner Berufsvorbereitungen und kritisierte die Vergabepraxis für die Schulabschlüsse. Fast alle Jugendlichen, die einen einfachen Hauptschulabschluss erreicht hatten, hätten diesen aufgrund ihres Leistungsstandes nicht erhalten dürfen (vgl. van Buer 2005, S. 47). Problematisiert wurde die Vergabepraxis in den Sonderschulen und den schulischen Berufsvorbereitungsjahren in der zehnten und elften Klasse der Oberstufenzentren und Berufsschulen. Diese war bisher unzureichend geregelt. Zuweilen wurden gleichwertige Hauptschulabschlüsse nicht nur aus Leistungsgründen vergeben, sondern weil dies vielleicht der einzige Abschluss im Leben der Jugendlichen sein könnte oder weil sie damit bessere Startchancen für den Einstieg in das Arbeitsleben erhalten. Mittlerweile wurden die Anforderungen an die Vergabe der verschiedenen Schulabschlüsse in Berlin klarer geregelt.





3.2 Qualifizierungswege beim Übergang Schule - Beruf

Praxiserfahrungen und Studien zeigen, dass Jugendliche mit dem Förderschwerpunkt Lernen zumeist außerbetriebliche Wege der beruflichen Qualifizierung nutzen bzw. zugewiesen bekommen. In der Studie 1 wurden die individuellen Entwicklungsverläufe von 102 Jugendlichen detailliert über einen Zeitraum von meist 36 bis 48 Monaten rekonstruiert. Sie dokumentieren die Vielfalt der verschiedenen Wege in das Arbeitsleben.[18] Es fallen deutliche Unterschiede zwischen den Jugendlichen aus Integrations- und Sonderschulen auf. Die Sonderschüler/innen absolvierten überwiegend außerbetriebliche Qualifizierungswege, während die Integrationsschüler/innen zahlreiche betriebliche Qualifizierungswege und eine insgesamt kürzere Übergangsdauer erreichten. Die durchschnittliche Dauer für die erfassten Übergänge an der ersten Schwelle (nach Klasse zehn bzw. nach zehn Schulbesuchsjahren) variierte zwischen null und vier Jahren. Bei den Jugendlichen aus den Integrationsschulen schien sie etwas kürzer auszufallen als bei jenen aus Sonderschulen. In einigen Fällen betrug die Dauer der Übergangsphase fünf Jahre (zwei junge Frauen und vier junge Männer aus der Sonderschule, ein junger Mann aus der Integrationsschule). Drei Jugendliche kommen auf noch längere Qualifizierungszeiten: bei zwei jungen Männern aus der Sonderschule sind es sechs Jahre, bei einem jungen Mann aus der Integrationsschule sogar sieben Jahre.





3.2.1 Anzahl der Übergänge

Für die Auswertung der Anzahl der Übergänge wurde jede Maßnahme oder Qualifizierung bzw. jeder Wechsel in einen neuen Status gezählt, der im Anschluss an die zehnte Klasse bzw. das zehnte Schulbesuchsjahr folgte (vgl. Abbildung 5).



Abbildung 5: Anzahl der Übergänge nach Klasse 10 (Studie 1; N = 96 )



Die Jugendlichen aus den Integrationsschulen benötigten signifikant weniger Übergänge an der ersten Schwelle als Jugendliche aus Sonderschulen. Geschlechtsspezifische Unterschiede waren kaum beobachtbar. Knapp ein Viertel der Jugendlichen insgesamt bewältigte die erste Schwelle mit nur einem Übergang. Bei den Integrationsschüler/innen waren es sogar knapp die Hälfte, bei den Sonderschüler/innen schafften dies lediglich 11 %. Es handelte sich überwiegend um direkte Übergänge nach der Schule in eine Ausbildung sowie einige, die ausschließlich eine Berufsvorbereitung absolvierten. Etwas mehr als ein Drittel aller Jugendlichen benötigte zwei Übergänge (ca. 32 % aus Integrationsschulen und ca. 38 % aus Sonderschulen). In der Regel schloss sich in diesen Fällen an die einjährige Berufsvorbereitung eine außerbetriebliche Ausbildung an.

Auch nichtbehinderte Jugendliche schieben häufig ein Jahr zwischen Schulende und Beginn der Ausbildung, um z. B. ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr zu absolvieren, um ein Jahr im Ausland zu verbringen oder um eine schulische Berufsvorbereitung in Form der einjährigen Berufsfachschule zur Verbesserung des Schulabschlusses zu besuchen. Vor diesem Hintergrund weicht etwas mehr als die Hälfte (60 %) der gesamten Fallauswahl nicht wesentlich von der Situation nichtbehinderter Jugendlicher ab. Im Vergleich zu Studien der Benachteiligtenforschung (vgl. z. B. Lex 1997) fällt die Anzahl der Übergänge in dieser Studie relativ gering aus (ein oder zwei Übergänge an der ersten Schwelle). Hier zeigt sich eine positive Auswirkung der Übergangsberatung und -begleitung durch das Projekt SprungBRETT. Durch passgenaue Platzierungen in beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen und die Akquise betrieblicher Ausbildungsstellen konnte die Übergangsphase für die Jugendlichen der Studie 1 erheblich verkürzt werden. 80 % der Integrationsschüler/innen und 52 % der Sonderschüler/innen benötigten nur einen oder zwei Übergänge an der ersten Schwelle. Für die anderen Jugendlichen der Fallauswahl sind die Übergänge differenzierter zu betrachten. Studien bestätigen jedoch seit langem, dass viele Übergänge das Risiko von Maßnahmekarrieren erhöhen (vgl. z. B. Hiller/Merz 2002).



3.2.2 Status am Ende der ersten Schwelle

Die Rekonstruktion der Übergangsverläufe in der Studie 1 ergab eine große Vielfalt bezogen auf die Dauer und die Qualifizierungswege. In der Abbildung 6 ist nun der Status am Ende der ersten Schwelle in drei Kategorien zusammengefasst: Berufsausbildung, Berufsvorbereitung oder sonstiger Status[19]. Ursprünglich ergaben sich entsprechend dem differenzierten Übergangsmodell 16 Kategorien.



Abbildung 6: Status der Jugendlichen am Ende der ersten Schwelle (Studie 1; N = 102)



Auffällig ist, dass insgesamt etwas mehr als die Hälfte der Jugendlichen am Ende der ersten Schwelle eine Berufsausbildung absolvierten. Gleichzeitig erreichten 43 % keine Ausbildung, obwohl dies von den Akteuren im Feld immer wieder als Ziel formuliert wurde. Jugendliche aus Integrationsschulen waren signifikant öfter in einer Berufsausbildung. Sie beendeten die erste Schwelle signifikant seltener mit einer Berufsvorbereitung als Jugendliche aus Sonderschulen. Die Jugendlichen aus den Integrationsschulen erreichten damit ein deutlich höheres berufliches Qualifizierungsniveau, was ihre Position und Perspektiven für den weiteren beruflichen Integrationsprozess verbessern dürfte.

Es fällt zudem eine größere Anzahl von Jugendlichen auf (14 %), die ihren Übergang in der Werkstatt für behinderte Menschen beendeten - zumeist nach einer außerbetrieblichen Berufsvorbereitung der Arbeitsagentur (ehemalige F2-Lehrgänge). Diese Jugendlichen gehörten überwiegend zu den so genannten schwächeren Sonderschüler/innen mit dem Förderschwerpunkt Lernen. Junge Frauen (20 %) beendeten ihre erste Schwelle öfter als junge Männer (9 %) in der Werkstatt für behinderte Menschen. Bei den Jugendlichen aus Integrationsschulen waren es 5 %, aus Sonderschulen dagegen 19 %. Insgesamt geben diese Zahlen zu denken, weil die Quote derjenigen, die die Werkstatt wieder verlassen, in den meisten Bundesländern unter 1 % liegt (vgl. con_sens 2003, S. 37; ISB 2008).

Die Studie 2 erhob den Verbleib von 570 Sonderschüler/innen sechs Monate nach Verlassen der Schule. Für 58 % (332) konnte er geklärt werden. Insgesamt befanden sich etwas mehr als die Hälfte in einer Berufsvorbereitung. Der Anteil liegt vermutlich noch erheblich höher, denn bei den unbekannten Verbleiben werden sich etliche Jugendliche in Berufsvorbereitungen der Arbeitsagentur befinden.[20] Es wurden nur acht Ausbildungen direkt im Anschluss an die Schule erreicht (1,4 %), davon vier außerbetriebliche und vier betriebliche (je 0,7 %). Auch hier zeigt sich, welchen Effekt ein schul- und institutionsunabhängiges Begleitangebot wie SprungBRETT hat. Den Jugendlichen der Studie 2 fehlte ein solches (bis auf wenige Einzelfälle). Auch Lex u.a. (2006) unterstreichen in ihrer Veröffentlichung die Notwendigkeit einer Übergangsbegleitung durch eine Lotsin bzw. einen Lotsen für benachteiligte Jugendliche.



3.2.3 Erreichen einer Ausbildung

Von den 102 Jugendlichen der Studie 1 gelang insgesamt 58 (57 %) der Übergang in eine Berufsausbildung. Bei den Integrationsschüler/innen waren es 65 %, bei den Sonderschüler/innen 52 % (vgl. Abbildung 7).



Abbildung 7: Ausbildungsniveau (Studie 1; N = 58)



Das erreichte Ausbildungsniveau bezieht sich entweder auf Vollausbildungen in einem anerkannten Ausbildungsberuf (§ 4 BBiG) oder auf sogenannte Werkerausbildungen bzw. theoriereduzierte Ausbildungen für behinderte Jugendliche (§ 66 BBiG) mit regional eingeschränkter Anerkennung. Die Vollausbildungen fanden in allen vier Organisationsformen statt (betrieblich, kooperativ, außerbetrieblich und schulisch). Die theoriereduzierten Ausbildungen wurden in Berlin bisher nur außerbetrieblich angeboten.[21] Auch hier wird deutlich: Jugendliche aus Integrationsschulen erreichten signifikant öfter eine Vollausbildung im Vergleich zu den Jugendlichen aus Sonderschulen, die eher eine Werkerausbildung absolvierten. Dies hängt mit dem höheren Anteil an betrieblichen (Voll-)Ausbildungen zusammen. Die beobachtbaren geschlechtsspezifischen Unterschiede waren nicht signifikant. Sie verweisen jedoch auf einen interessanten Aspekt: Junge Frauen erreichten zwar insgesamt seltener eine Ausbildung, aber wenn, dann war es öfter eine Vollausbildung.

Betrachtet man nun die Ausbildungsform, d. h. ob jemand eine betriebliche oder eine nicht-betriebliche Ausbildung absolvierte, zeigt sich ebenfalls: Jugendliche aus Integrationsschulen erreichten im Vergleich zu den Jugendlichen aus Sonderschulen signifikant öfter eine betriebliche Ausbildung und äußerten auch wesentlich häufiger den Wunsch danach. Sie schlossen Lehrverträge mit Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes ab. Unter der Kategorie „nicht-betriebliche Ausbildung" wurden die kooperative, außerbetriebliche und schulische Ausbildung zusammengefasst.

Von den 17 Jugendlichen (2 aus Sonderschulen und 15 aus Integrationsschulen)[22], die eine betriebliche Ausbildung absolvierten, hatten vier keinen qualifizierten Schulabschluss und 13 einen qualifizierten Schulabschluss. Ein Drittel der Jugendlichen (6) wurde aus dem Integrationsstatus entlassen. Betrachtet man den Status vor der betrieblichen Ausbildung, so zeigt sich, dass 14 von 17 Jugendlichen den direkten Übergang von der Schule (neunte oder zehnte Klasse) in die Ausbildung schafften. Einer der häufigsten Ausbildungsberufe war die Fachkraft im Gastgewerbe (z. T. mit Verlängerung zur Restaurantfachfrau[23]). Außerdem wählten die Jugendlichen folgende Berufe: Friseurin, Bäcker, Gebäudereiniger, Kfz-Elektriker, Dachdecker, Friedhofsgärtner, Tischler und Maler/Lackierer.

Elf Ausbildungsbetriebe waren reguläre Firmen des allgemeinen Arbeitsmarktes. Die übrigen sechs betrieblichen Ausbildungsplätze stellten Integrationsunternehmen zur Verfügung. Etwas mehr als die Hälfte der Ausbildungsverhältnisse (zehn) wurde durch Fördermittel (Ausbildungskostenzuschüsse) finanziell unterstützt: fünf von der Arbeitsagentur (Förderung der Berufsausbildung für behinderte Jugendliche) und fünf durch ein Landesprogramm zur Förderung der Berufsausbildung benachteiligter und behinderter Jugendlicher. Sieben Ausbildungsverhältnisse wurden nicht finanziell gefördert.

Viele Jugendliche (elf) nutzten das Angebot des zusätzlichen Stütz- und Förderunterrichts, das im Rahmen der ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH) von unterschiedlichen Bildungsträgern angeboten und von der Arbeitsagentur finanziert wurde. AbH ermöglichten den Jugendlichen die Vor- und Nachbereitung des Berufsschulstoffes sowie eine intensive Vorbereitung auf Tests und Prüfungen.

Zehn Jugendliche erhielten eine ambulante Begleitung in ihrer betrieblichen Ausbildung durch das Berliner Modellprojekt MOBILE, das von 2003 bis 2006 existierte. In der Praxis zeigte sich die Notwendigkeit eines solchen Angebotes. Häufig handelte es sich um prekäre Ausbildungsverhältnisse, die von regelmäßig wiederkehrenden Krisensituationen und der Gefahr von Ausbildungsabbrüchen gekennzeichnet waren. Durch die ambulante Begleitung konnten diese Situationen stabilisiert werden (vgl. Ginnold 2004a und 2008a, S. 280-293).





4 Fazit

Die Rekonstruktion der individuellen Entwicklungsverläufe im Übergang Schule - Beruf ergab eine sehr große Vielfalt. Bezogen auf die Ausgangsfrage ist aus den Ergebnissen der Studie 1 festzustellen: Es waren signifikante Unterschiede in den Übergangsverläufen zwischen den Jugendlichen aus Integrations- und Sonderschulen zu beobachten. Integrationsschüler/innen erreichten mehr und höhere Schulabschlüsse[24], öfter eine Berufsausbildung, erheblich häufiger eine betriebliche Ausbildung und benötigten eine geringere Anzahl an Übergängen. Die insgesamt kürzeren und vielen betrieblichen Qualifizierungswege sind nach bisherigen Erfahrungen für diesen Personenkreis ökonomisch günstiger - trotz der geflossenen Fördermittel.[25]

Die schulische Integration scheint somit die individuellen Chancen für einen gelingenden Übergang in die Ausbildung zu verbessern. ABER: Das Bedingungsgefüge im Übergang Schule - Beruf ist zu komplex, um es allein auf den Faktor Beschulungsart zu reduzieren. In der Tabelle 2 ist eine Auswahl von fördernden und hemmenden Faktoren zusammengestellt, die sich aus der Studie 1 ableiten lassen.

fördernd

hemmend

Beschulungsart Integrationsschule

Beschulungsart Sonderschule, insbesondere für Mädchen (Hypothese)

Berufsorientierung und betriebliche Praktika in der Schule

Unübersichtlichkeit des Übergangssystems bzw. der Angebote („Maßnahmedschungel")

qualifizierter Schulabschluss

verschiedene Statuszuweisung u. a. bei Schule und Arbeitsagentur

institutionsunabhängige, individuelle Beratung und Begleitung im Übergang

Präferenz außerbetrieblicher Wege für Jugendliche mit (Lern-)Behinderung bei professionellen Akteuren

Vorhandensein betrieblicher Qualifizierungen und/oder Ausbildungen

formale Zuweisungsverfahren (psychologische Gutachten der Arbeitsagentur)

Begleitung in der betrieblichen Qualifizierungen und/oder Ausbildungen (z. T. Arbeitsassistenz)



Tabelle 2: Eine Auswahl fördernder und hemmender Faktoren im Übergang Schule - Beruf



Neben dem Besuch einer Integrationsschule[26] spielten auch andere Faktoren eine Rolle und beeinflussten die Ausgangsposition für den Übergang Schule - Beruf. Als wichtigster Faktor erscheint mir aus Praxis- und Forschungssicht - auch im vorsichtigen Vergleich mit den Ergebnissen der Studie 2 - die institutionsunabhängige, individuelle Beratung und Begleitung im Übergang Schule - Beruf über einen längeren Zeitraum. Ohne die zusätzliche ambulante Unterstützung von SprungBRETT wären die vielen Übergänge in betriebliche Qualifizierungen nicht erreicht worden.[27] Diese Jugendlichen wären sonst den traditionellen außerbetrieblichen Qualifizierungswegen (mit allen Kosten und damit verbundenen Risiken[28]) zugewiesen worden.

Unstrittig ist, dass eine intensive Berufsorientierung in der Schule (möglichst mit der Ausrichtung auf betriebliche Realitäten), das Erreichen eines qualifizierten Schulabschlusses und die Unterstützung durch das Elternhaus eine fördernde Rolle spielen. Zudem ist es wichtig, dass regional betriebliche Qualifizierungsangebote für die Berufsvorbereitung und Ausbildung für die Zielgruppe vorhanden sind oder geschaffen werden (können).

Häufig sieht die Realität jedoch anders aus. Wesentliche hemmende Faktoren, die eine selbstbestimmte Entscheidung sowie das Wunsch- und Wahlrecht der jungen Menschen behindern, sind:

· die Unübersichtlichkeit der Angebotsstrukturen, die die Akteure überfordert und meist zu selektiven Wahrnehmungen und Beratungen führt,

· die Präferenz der professionellen Akteure, weiterhin überwiegend auf außerbetriebliche Qualifizierungswege für Jugendliche mit (Lern-)Behinderung zu setzen - obwohl inzwischen vielfältige Erfahrungen das Gelingen betrieblicher Qualifizierungswege belegen,

· die formalen Zuweisungsverfahren, hier insbesondere die psychologischen Gutachten der Arbeitsagentur, die eine unzureichende Prognosefähigkeit haben und trotzdem die Grundlage für Lebenswege entscheidende Zuweisungen sind[29] sowie

· die verschiedenen Statuszuweisungen von Schule, Arbeitsagentur und anderen, die sich insbesondere bei Jugendlichen mit Lernbehinderungen im Übergang Schule - Beruf verändern und u. U. negativ auswirken können[30].

Aus den Ergebnissen der Studie 1 lässt sich die Hypothese ableiten, dass bei jungen Frauen aus der Sonderschule die Beschulungsart wahrscheinlich die Benachteiligung verstärkt. Aus anderen Studien ist bekannt, dass der Faktor Migration eine wichtige Rolle spielt. Es ist zu vermuten, dass die Kombination Migration und Sonderschulbesuch die Chancen im Übergang Schule - Beruf negativ beeinflusst.

Neue Maßnahmen und Angebotsformen, die jüngst eingeführt wurden, eröffnen neue Chancen für die berufliche Integration behinderter Jugendlicher. Das Persönliche Budget und die neue Maßnahme Unterstützte Beschäftigung ermöglichen betriebliche Qualifizierungswege, die es für die Zielgruppe der Untersuchungen bisher nicht gab.

Insgesamt wird deutlich: Es gibt zu wenige gesicherte Daten, um die Ausgangsfrage valide zu beantworten. Auch wenn die vorliegende Studie 1 erste Ergebnisse liefert, so sind doch dringend weitere, größer angelegte Studien erforderlich. Zu denken wäre zum einen an eine Studie zur Sekundäranalyse der Daten aus bundesweit vorhandenen Praxisberichten, die gelungene berufliche Integrationsprozesse von Jugendlichen mit Behinderung dokumentieren. Zum anderen wäre es meiner Meinung nach notwendig, bundesweit neue und repräsentative Vergleichsdaten zu den Übergangsverläufen von Jugendlichen aus Integrations- und Sonderschulen zu erheben. Die bisherigen Erkenntnisse legen jedoch Trends nahe und reichen aus, um die bildungspolitische Diskussion zu forcieren.





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Weiand, Elisabeth-Charlotte: Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten der Berufsberatung. In: Bieker, Rudolf (Hrsg.): Teilhabe am Arbeitsleben. Wege der beruflichen Integration von Menschen mit Behinderung. Stuttgart: Kohlhammer, 2005, S. 117-132.

Anhang

Abkürzung

Erläuterung zur Abbildung 3 (Maßnahmen in Berlin ab dem Sommer 2005; Stand 30.06.2007[31]);

abH

ausbildungsbegleitende Hilfen; zusätzlicher Stütz- und Förderunterricht für Auszubildende in der betrieblichen Berufsausbildung

AQJ

Arbeit und Qualifizierung für (noch) nicht ausbildungsreife Jugendliche; für benachteiligte Jugendliche

BaE/BüE

Berufsausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung (wird z.T. auch mit BüE abgekürzt); für benachteiligte oder behinderte Jugendliche

BB 10

Berufsbefähigender Lehrgang im 10. Schuljahr an Berufsschulen; läuft mit Schuljahr 2006/2007 aus, danach kein Angebot mehr

BBB

Berufsbildungsbereich in der Werkstatt für behinderte Menschen (inklusive Eingangsverfahren)

BQL

Berufsqualifizierender Lehrgang im 11. Schuljahr an Berufsschulen

BQL (FL)

Berufsqualifizierender Lehrgang im Förderschwerpunkt Lernen im 11. und 12. Schuljahr an Berufsschulen mit sonderpädagogischen Aufgaben

GSWD

Projekt „Gemeinsam schaffen wir das!" - betriebliche Berufsvorbereitung

BVQB

betriebsintegrierte Berufsvorbereitung mit Qualifizierungsbausteinen an Berufsschulen; wird inzwischen als TRIDEM fortgeführt

EAE

Ernst-Adolf-Eschke-Schule - stellt als Förderzentrum für schwerhörige und gehörlose Auszubildende Ambulanzlehrer/innen zur Verfügung

EQJ

betriebliche Einstiegsqualifizierung für Jugendliche

Fachkonzept

neues Fachkonzept für berufsbildende Bildungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit (konzeptionell außerbetrieblich, kooperativ und betrieblich)

(IFD)

Integrationsfachdienst könnte theoretisch bei Berufsorientierung und Begleitung der betrieblichen Ausbildung tätig werden (bisher nicht)

info.tab

Informationsbörse Teilhabe am Arbeitsleben in Berlin (zum Übergang von Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung)

KOALA (11. Kl.)

Kooperationsverbund für Ausbildung, Lernen und Arbeit - betriebsintegriertes 11. Schuljahr an einigen Berufsschulen; unsichere Finanzierung

Ko-Stelle

Koordinierungsstelle für die betriebliche Ausbildung behinderter Jugendlicher in Berlin und Brandenburg (Informationsstelle) - inzwischen ausgelaufen, danach kein Angebot mehr

LOK

LernOrtKooperation zwischen Werkstätten für behinderte Menschen, Betrieben und Bildungsträger (betriebliche Qualifizierung)

MDQM I

Modulare Duale Qualifizierungsmaßnahme Stufe I (Berufsvorbereitung); Finanzierung inzwischen gesichert

MDQM II

Modulare Duale Qualifizierungsmaßnahme Stufe II (Ausbildung); Finanzierung inzwischen gesichert

MOBILE

Betrieblicher Qualifizierungs- und Ausbildungsverbund für Jugendliche mit Lernschwierigkeiten (ambulante Unterstützung); Finanzierung bis Ende 2006, danach kein Angebot mehr

NeBS

Netzwerk Berliner Schülerfirmen an allen Berliner Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen und einigen Berufsschulen mit sonderpädagogischen Aufgaben

Praxisklassen

an Hauptschulen mit verstärkter Berufs- und Praxisorientierung

PSB

Partnerschaft Schule - Betrieb; Projekt der IHK Berlin

PSW

Partner: Schule - Wirtschaft; Einrichtung der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend, Sport

SprungBRETT

Projekt zur Beratung und Begleitung von Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten beim Übergang Schule - Beruf; unsichere Finanzierung ab alle ein bis zwei Jahre

SV Integration GB

Schulversuch zur Integration von Jugendlichen mit geistiger Behinderung an zwei Berufsschulen mit sonderpädagogischen Aufgaben; nicht abschlussorientiert

Verbund

Berufsausbildung im Rahmen eines regionalen Ausbildungsverbundes (oder andere Formen); für benachteiligte Jugendliche

Wege-zum-Beruf

Internetportal mit Informationen zum Übergang Schule - Beruf von Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf

Tabelle 3: Erläuterung der Abkürzungen aus der Abbildung 3

Quelle: Ginnold 2008a, S. 151f.





[1] Es handelt sich hier um eine leicht überarbeitete Fassung eines Artikels, der anlässlich eines Expertenhearings der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen am 06.06.2008 in Berlin entstand (Vgl. Ginnold 2008b).

[2] Im folgenden Text wird der Begriff „Sonderschule" für all jene Schulen verwendet, die ausschließlich Kinder und Jugendliche mit Behinderung beschulen. Sie werden in den einzelnen deutschen Bundesländern unterschiedlich benannt, z. B. Förderschule oder Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt Lernen (oder anderem Förderschwerpunkt). Unabhängig von der Bezeichnung bleiben es jedoch besondere Schulen, deren Schüler/innen aus dem Regelschulsystem ausgesondert wurden - deshalb ist die Bezeichnung Sonderschule zutreffend. Es wird außerdem der Begriff „Integrationsschule" statt „Regelschule" verwendet, weil es in Deutschland bei Weitem nicht die Regel ist, dass Schulen integrativ oder gar inklusiv sind. Nach wie vor stellt sich nur ein Teil der Regelschulen der Aufgabe, eine Schule für alle zu sein und damit auch Kinder und Jugendliche mit Behinderung zu unterrichten. Aufgrund des Entwicklungsstandes der meisten dieser Schulen präferiere ich den Begriff der „Integrationsschule". Die „inklusive Schule" sollte mittelfristig das Ziel für alle Schulen sein.

[3] Auftraggeber war die Arbeit-Schule-Integrations-Gesellschaft e. V. (ASIG), die Trägerin des Netzwerkes Berliner Schülerfirmen (NeBS) an den Berliner Sonderschulen und Berufsschulen mit sonderpädagogischen Aufgaben ist.

[4] Mittlerweile gibt es zwei Nachfolgestudien mit ähnlichem Design und dazu. Sie beziehen sich auf die Abgangsjahre 2007 und 2008 (vgl. Komorek/Ginnold/Burtscher 2008 und Komorek/Ginnold 2008).

[5] Dazu zählen sowohl Jugendliche, die mit der Klasse 9 das 10. Schulbesuchsjahr absolvierten, als auch jene, die für ihr 10. Schulbesuchsjahr die Schule wechselten (vgl. Ginnold 2008a, S. 239-242).

[6] Zum Untersuchungszeitpunkt existierten an einigen Sonderschulen Schulversuche zur Erprobung eines 11. Schuljahres mit Berufsorientierung (vgl. Ginnold 2000, S. 86-114 und 2008a, S. 114 f., 212-214).

[7] Nach der Insolvenz der ISB gemeinnützige GmbH Anfang 2009 wird das Projekt SprungBRETT nun von der Gesellschaft für berufsbildende Maßnahmen e. V. durchgeführt.

[8] Ausführliche Informationen zum Projekt SprungBRETT findet man bei Ginnold (2008a, S. 215-218) und Ginnold/Radatz (2003).

[9] Derzeit bin ich im Bereich Fort- und Weiterbildung der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen Berlin e. V. tätig.

[10] Überwiegend sind Praxisdarstellungen zu verschiedenen Teilaspekten des Übergangs Schule - Beruf zu finden. Es gibt nur wenige Studien, die sich mit den beruflichen Karrieren von Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt Lernen beschäftigen (vgl. z. B. Friedemann/Schroeder 2000; Hiller/Merz 2002; Orthmann 2001, 2005). Sie beziehen sich jedoch fast ausschließlich auf Jugendliche aus Sonder- bzw. Förderschulen oder allgemein auf benachteiligte Jugendliche (vgl. Lex 1997; Bojanowski/Eckardt/Ratschinski 2004). Die nachschulischen Wege von Jugendlichen aus Integrationsschulen wurden bisher kaum bzw. nur ansatzweise verfolgt (vgl. Hildeschmidt 1998; Ernst 2003). Doose (2007) untersucht zwar den langfristigen Verbleib von Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt, darunter sind jedoch kaum Jugendliche aus Integrationsklassen. Sie waren noch nicht so lange in Betrieben integriert, wie das Studiendesign es vorsah.

[11] Zur ausführlichen Darstellung der Stationen und der dort angebotenen Maßnahmen oder Qualifizierungen vgl. Ginnold 2008a.

[12] Zur dualen Berufsausbildung gehört in Deutschland auch ein Berufsschulbesuch. Dennoch findet die Ausbildung überwiegend in einem Betrieb statt.

[13] Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde auf die Angabe der entsprechenden Regelungen in der Handwerksordnung verzichtet. Ergänzend sind in der Abbildung 2 noch die Paragrafen des alten BBiG genannt.

[14] Die Stufenausbildung ist eine neu einzuführende Form, die auch behinderten Jugendlichen neue Ausbildungswege ermöglichen könnte.

[15] Eine ausführliche Darstellung und Interpretation der quantitativen und qualitativen Studienergebnisse findet sich in Ginnold (2008a, S. 207-331).

[16] Im Rahmen eines Schulversuchs (BO 10) an den Sonderschulen konnten die Integrationsschüler/innen mit dem Förderschwerpunkt Lernen einen dem einfachen Hauptschulabschluss gleichwertigen Bildungsabschluss erreichen. In den berufsvorbereitenden Lehrgängen der Berufsschulen war dies in der zehnten oder elften Klasse ebenfalls möglich. Mit der Statusentlassung erhielten ehemalige Integrationsschüler/innen durch die Versetzung von Klasse neun nach zehn den einfachen Hauptschulabschluss.

[17] Hier besteht möglicherweise ein Zusammenhang mit veränderten schulrechtlichen Bedingungen bezüglich des Erwerbs des einfachen Hauptschulabschlusses. Die Anforderungen dafür wurden angehoben. Es müssen u. a. schriftliche Vergleichsarbeiten bestanden werden. Die Sonderschulen können nicht mehr so einfach den gleichwertigen Hauptschulabschluss vergeben.

[18] Die Abbildungen zur vergleichenden Darstellung der Übergangsverläufe von Absolvent/innen der Sonder- und Integrationsschulen befinden sich in Ginnold (2008a, S. 367 f.).

[19] Unter der Kategorie „sonstiger Status" sind folgende Fälle zusammengefasst: Jugendliche, die ihren Übergang trotz mehrer Wechsel im Untersuchungszeitraum noch nicht beendet hatten, deren Verbleib unbekannt war, die während der Übergangsphase aus der Region verzogen oder aus Deutschland abgeschoben wurden, sowie Jugendliche, die ihren Übergang mit Schwangerschaft, Arbeitslosigkeit oder Bundeswehr beendeten.

[20] Die Arbeitsagentur verweigerte die Bekanntgabe der entsprechenden Daten.

[21] In anderen Bundesländern werden auch theoriereduzierte Ausbildungen (nach § 66 BBiG) betrieblich durchgeführt. So initiiert und begleitet z. B. in Brandenburg das Projekt ZEBRA-plus seit einigen Jahren solche Ausbildungen für Absolvent/innen der Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen.

[22] Ursprünglich begannen 19 Jugendliche eine betriebliche Ausbildung. Zwei brachen diese jedoch in der oder kurz nach der Probezeit ab (ein Jugendlicher aus der Integrations- und eine Jugendliche aus der Sonderschule).

[23] Die Verlängerung der Ausbildung zur Restaurantfachfrau betraf vier junge Frauen.

[24] In der Studie war dies jedoch nicht signifikant.

[25] vgl. dazu die Ausführungen von Körner (2008) zu Kostenrechungen der Hamburger Arbeitsassistenz. Andere vorsichtige Beispielrechnungen wurden im Rahmen der Modellprojekte SprungBRETT und REGINE angefertigt (vgl. Ginnold 2004b; Burtscher/Ginnold 2004; Faßmann u. a. 2004).

[26] Frau Körner (2008) stellt in ihrem Beitrag dar, welche anderen, bereichernden und förderlichen Erfahrungen Kinder und Jugendliche in integrativen/inklusiven Schulen machen können. Dazu gibt es eine Reihe von Erfahrungs- und Forschungsberichten. In dem Beitrag von Ginnold/Kuhlmann/Neugebauer (2006) berichten zwei Jugendliche über ihre Erfahrungen als Integrationsschülerinnen, die jeweils auch ein Jahr auf der Sonderschule verbrachten und anschließend eine betriebliche Ausbildung absolvierten.

[27] In Einzelfällen kamen sie durch engagierte Eltern zustande.

[28] vgl. dazu Ginnold 2004b; Burtscher/Ginnold 2004.

[29] Weiand (2005) beschreibt in ihrem Aufsatz die Aufgaben der Berufsberatung und den Einsatz der psychologischen Gutachten aus Sicht der Arbeitsagentur. Ich habe exemplarisch in der Studie 1 solche Gutachten ausgewertet und sie realen Entwicklungsverläufen gegenübergestellt (Ginnold 2008, S. 297-312).

[30] vgl. dazu Ginnold 2008a, S. 97-101.

[31] Inzwischen gibt es erste Jugendliche, die eine betriebliche Berufsvorbereitung über das persönliche Budget realisieren. Die neue Maßnahme Unterstützte Beschäftigung (nach § 38 SGB IX) startet in diesem Sommer 2009 mit den ersten Teilnehmer/innen.