Thomas Müller: Inklusion von Kindern und Jugendlichen in Armut eine bislang kaum wahrgenommene Aufgabe für Lehrer

Abstract: Mehr als 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche leben in Deutschland in Armut und sozialer Benachteiligung. In den Diskussionen um die schulischen Konsequenzen der UN-Behindertenrechtskonvention spielen sie jedoch so gut wie keine Rolle. Der vorliegende Beitrag zeigt, in welch hohem Ausmaß Kinder und Jugendliche, die in Armut leben, von bedeutsamen gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten ausgeschlossen werden. Die Darstellung von zwei Untersuchungen aus den vergangenen Jahren zur Wahrnehmung der Kinderarmut durch Lehrkräfte zeigt nicht nur, dass die Inklusion armer und sozial benachteiligter Kinder nicht nur eine bislang kaum wahrgenommene Aufgabe ist, sondern auch, in welchem Ausmaß sich Schule an der Exklusion dieser Kinder beteiligt.

Stichworte: Armut, Inklusion, Exklusion, Schule

Ausgabe: 4/2010

Inhaltsverzeichnis

  1. Prozesse der Exklusion
  2. Vielschichtige Armutserfahrungen
  3. Kinderarmut aus Sicht von Grundschullehrern
  4. Kinderarmut aus Sicht von Sonderschullehrern
  5. Zum Vergleich der Untersuchungen
  6. Zusammenfassung
  7. Mögliche Aufgaben von Lehrern zur Inklusion armer Kinder und Jugendlicher
  8. Literatur

 

1. Prozesse der Exklusion

In der schulischen Diskussion um die Auswirkungen und Konsequenzen der UN-Behindertenrechtskonvention (vgl. 2005) wird viel über Kinder und Jugendliche mit spezifischen sonderpädagogischen Förderschwerpunkten gesprochen. Kinder aus sozial benachteiligten und armen Familien geraten dabei schnell in Vergessenheit. Von den mehr als 2,5 Millionen deutschen Kindern, die in Armut leben, spricht in diesem Zusammenhang kaum jemand, auf schulischer Seite schon gar nicht. Dabei führt gerade ein Leben in Armut zu dem, was die Behindertenrechtskonvention zu verhindern sucht: zu sozialer Benachteiligung und dem Ausschluss von zahlreichen gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten (z.B. DPWV 2005, AWO-ISS 2006, Armutsberichte der Bundesregierung, u. v. m.).
Arm-Sein ist keine Behinderung im klassischen Sinne, behindert aber faktisch gesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten. Während in der (schulischen) Sonderpädagogik allerorten die Inklusion im Mittelpunkt steht, befasst sich ein Teil der wissenschaftlichen Soziologie gleichzeitig nicht mit dem, was möglicherweise wünschenswert wäre, sondern damit, was für Millionen armer Kinder, Jugendlicher und ihrer Familien tägliche Realität ist: der Exklusion.

Bevor auf die Exklusionserfahrungen von Kindern und Jugendlichen in Armutslagen genauer eingegangen werden kann, erscheint es wichtig, dem Phänomen der Exklusion einen Schritt näher zu kommen. Exklusion ist nicht unbedingt nur als negativ besetztes, möglichst zu vermeidendes Phänomen zu sehen, so wie Inklusion nicht als alleiniger Heilszustand gesellschaftlicher Entwicklungen verstanden werden muss. Nassehi (vgl. 2006) weist nach, wie sehr prämoderne Gesellschaftsformen Exklusion als natürliches und wertfreies Charakteristikum beinhalteten. Durch die verschiedenen Schichten, Positionen und Hierarchien in einer Gesellschaft gab es in einer bestimmten Ordnung immer nur je spezifische Anteile an gesellschaftlicher Teilhabe. „Diese Form der Exklusion erlebte ihren Niedergang mit der Entstehung universalistischer Ideen der gesellschaftlichen Teilhabe der modernen staatlichen Herrschaft und dem neuen Passungsverhältnis von Individuum und Gesellschaft“ (ders, 48). Im Gegensatz zu den prämodernen Gesellschaften, in denen durch klare Ordnungen partiell Exkludierte genau verortet werden konnten (z.B. Zünfte oder Kasten), hat sich die Qualität der Exklusion dahingehend verändert, dass es in der postmodernen Gesellschaft zwar mannigfaltige Exklusionserfahrungen gibt, die Exkludierten als solche aber kaum identifizierbar und schon gar nicht so ohne weiteres verortbar sind. Berücksichtigt man diese Prozesse, so wird deutlich, dass gerade die sonderpädagogische Inklusionsdebatte sehr darauf zu achten hätte, kein eindimensionales oder realutopisches Gesellschaftsverständnis zu Grunde zu legen: „Die Rede von den Ausgegrenzten und Überflüssigen suggeriert nämlich allzu sehr ein Containerverständnis der Gesellschaft, das so etwas wie das Gegenteil von Überflüssigkeit oder Ausgrenzung für möglich hielte“ (ders., 69). Nassehi schlägt daher vor, im Zusammenhang von Exklusion und Inklusion das systemische Verständnis vom System ‚Gesellschaft’ auf das System ‚Organisation’ umzustellen. „Die klassische Moderne ist geradezu geprägt davon, sowohl die materielle Versorgung als auch die politische Partizipation, den Erwerb von Bildung wie den Konsum von Kultur, die Inanspruchnahme öffentlicher und privater Fürsorge und die Versorgung mit rechtlichen Erwartungssicherheiten et cetera durch spezifische institutionelle Arrangements, durch Organisationen abzudecken. (…) Wenn Inklusion denjenigen Mechanismus beschreibt, durch den Personen von sozialen Systemen für relevant gehalten werden, dann gilt das ebenso für Interaktionen wie für Organisationen und Gesellschaft beziehungsweise ihre Funktionssysteme“ (ders, 60f.). Es wird deutlich, dass die Umstellung der Exklusionsperspektive von ‚Gesellschaft’ auf ‚Organisation’ bzw. ‚Funktionssystem’ insofern eine qualitative Wende erbringt, als zum einen ein eindimensionaler Gesellschaftsbegriff im Sinne von Drinnen und Draußen relativiert werden kann und zum anderen bekommt man auch inhaltlich andere Phänomene in den Blick, „die darauf verweisen, dass Exklusionserfahrungen inzwischen wohl zur selbstverständlichen Ausstattung von individuellen Lebensverläufen zählen, aber in unterprivilegierten Lebenslagen kulminieren“ (ders., 65). Stellte man diese Kulminierung jedoch nicht heraus, so drohte umgekehrt die Erfahrung massiver Exklusion nivelliert zu werden, im Sinne von: es ist normal, exkludiert zu sein. Kinder und Jugendliche in Armut und sozialer Benachteiligung bekommen diese Kulminierung jedoch in ganz besonderem Maße zu spüren.

Bude und Willisch beschreiben in diesem Zusammenhang anschaulich, wie „ökonomische Marginalisierung“, „ziviler Verfall“ und „räumliche Abschottung“ (vgl. Häußermann / Kronauer / Siebel 2004) für mehr und mehr Familien und ihre Kinder in Deutschland aufeinander treffen und so zu Formen der Exklusion führen:
„Die Leute, die man in den Billigmärkten für Lebensmittel trifft, wirken abgekämpft vom täglichen Überlebenskampf, ohne Kraft, sich umeinander zu kümmern oder aufeinander zu achten, und lassen gleichwohl kein Anzeichen von Beschwerdeführung oder Aufbegehren erkennen. Die Jugendlichen hängen herum und träumen vom schnellen Geld in der Drogenökonomie, die Männer mittleren Alters haben sich in die Häuser und Wohnungen zurückgezogen, und die Frauen mit den kleinen Kindern sehen Mitte zwanzig schon so aus, als hätten sie vom Leben nichts mehr zu erwarten. (...) Es kann einem aber auch passieren, dass man am späten Vormittag in den Innenstädten von Lüttich, Aberdeen oder Duisburg nur noch Leute sieht, die aus der Welt der Chancen verbannt zu sein scheinen. Die Werbeplakate für italienischen Espresso und französische Coupés haben genauso wenig mit ihnen zu tun wie die auf Dienstleistung, Lebensqualität und Freizeitwert ausgerichtete Stadtentwicklungspolitik. Sie bewegen sich eine Spur zu langsam, ihr Blick geht wahllos am Warenangebot vorbei, sie scheinen gar nicht richtig anwesend zu sein. Es handelt sich um ein unauffälliges menschliches Elend. Schlechtes Essen, billige Unterhaltung und endlos viel Zeit haben ihnen die Energie geraubt. Die gesellschaftliche Teilhabe hat sich auf ein Mitlaufen ohne Ziel und ein Dasein ohne Ort reduziert“ (Bude / Willisch 2006 S. 7ff.).

Aus diesen Beschreibungen wird deutlich, dass sich die Exklusion, das Überflüssigsein, das Nicht-Gebraucht-Werden und Nicht-Gefragt-Sein in einer Gesellschaft nicht alleine durch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Schicht oder Lebenslage erklären lässt. Zwar geht es auch um die Frage von ‚Oben’ und ‚Unten’, von Aufstieg und Abstieg, vielmehr aber noch, und trotz aller gebotenen ‚Vorsicht’ (vgl. Nassehi 2006) um die Frage von ‚Drinnen’ und ‚Draußen’, von Zugehörigkeit und Ausschluss sowie von Anerkennung und Diskreditierung. Somit geht es gemäß der Analysen von Byrne (vgl. 1999), Büchel (vgl. 2000), Kronauer (vgl. 2002), Hills / Le Grand / Piachaud (vgl. 2002), Bude / Willisch (vgl. 2006) und vielen anderen maßgeblich um die Frage „von sozialer Exklusion aus den dominanten Anerkennungszusammenhängen und Zugehörigkeitskontexten unserer Gesellschaft. (...) Soziale Exklusion ist ein abstrakter Sammelbegriff für verschiedene Formen gezielter Ausgrenzung, funktionaler Ausschließung und existentieller Überflüssigkeit (...)“ (Bude / Willisch 2006 S. 8).

Dass der Begriff der ‚sozialen Exklusion’ nicht nur soziologisch anerkannt ist, sondern auch politisch zunehmend relevanter wird, zeigt sich auch an der Definition der Europäischen Kommission, wonach es sich bei sozialer Exklusion um einen Prozess handelt, „durch den bestimmte Personen an den Rand der Gesellschaft gedrängt und durch ihre Armut bzw. wegen unzureichender Grundfertigkeiten oder fehlender Angebote für lebenslanges Lernen oder aber infolge von Diskriminierung an der vollwertigen Teilhabe gehindert werden“ (Europäische Kommission 2004 S. 12). Kinder und Jugendliche sind davon in erhöhtem Maße bedroht wie betroffen.
Wie die Prozesse der ‚sozialen Exklusion’ zustande kommen und wie sie sich als Phänomen postmoderner Gesellschaftsformen erklären lassen, ist nicht ohne weiteres zu beantworten. Grundsätzlich lassen sich aber zwei wesentliche, bisweilen sich gegenüberstehende Aspekte herausstellen:

Zwei Phänomene, die eng mit dem Überflüssigsein sowie den Exklusionsprozessen in postmodernen Gesellschaftsformen einhergehen, sind die „soziale Vulnerabilität“ (vgl. Castel 2000a) und der „prekäre Wohlstand“ (vgl. Hübinger 1999). Bei beiden Phänomenen geht es um gesellschaftliche Gruppen, die noch nicht exkludiert wurden, die noch nicht auf dem „Abfallhaufen“ (vgl. Bauman 2005) der Gemeinschaft gelandet sind, die aber dennoch etwas zu verlieren haben und von daher hoch gefährdet sind. Die Uneindeutigkeit und Angespanntheit der postmodernen Lebensstile, alles das, was Robert Castel unter dem Begriff des „negativen Individualismus“ (vgl. Castel 2000b) summiert hat, bringen familiäre, soziale und berufliche Konstellationen mit sich, die äußerst fragil sind.
„Die Kategorie der sozialen Verwundbarkeit kann mithin als eine soziale Beziehung definiert werden, die zwischen zwei Polen angesiedelt ist: zwischen der Wahrscheinlichkeit, mit bestimmten ökonomischen, sozialen oder symbolischen Risiken konfrontiert zu werden, und den Fähigkeiten, diesen Risiken ausweichen zu können beziehungsweise Ressourcen gegen diese Risiken mobilisieren zu können“ (Vogel 2006 S. 344).
Das Phänomen des „prekären Wohlstands“ verweist dagegen auf gesellschaftliche Positionen, bei denen sich Menschen, einem finanziellen, sozialen und emotionalen Drahtseilakt gleich, zwischen Armut und gesicherter Existenz bewegen: „Denen, die in dieser Zone der Gesellschaft leben, darf in ihrem sozialen und beruflichen Alltag nichts dazwischenkommen – nicht der Verlust des Arbeitsplatzes, keine chronische Krankheit, keine Ehescheidung oder andere familiäre Probleme, keine unerwarteten finanziellen Anforderungen und Belastungen“ (ders. S. 346).
Beiden Phänomenen und den mit ihnen verbundenen Menschen ist gemeinsam, dass sie gerade noch nicht exkludiert sind, zumindest aber eine Ahnung von Ausschluss in sich tragen und sich daher den Bedingungen einer Exklusionsmöglichkeit durchaus bewusst sind oder diese spüren. Sie sind hohen inneren Belastungen ausgesetzt, leben sie doch in einer Form doppelter Uneindeutigkeit: auf der einen Seite in der Uneindeutigkeit, die im Zuge postmoderner gesellschaftlicher Entwicklungen generell Einzug gehalten hat und auf der anderen Seite in der Uneindeutigkeit der je ganz konkreten, individuellen wie sozialen, emotionalen und beruflichen Situation zwischen Sicherheit und Instabilität. Das Risiko ist hoch, Lebenswege beschreiten zu müssen, die sowohl aus dem Inneren der Gesellschaft ins soziale ‚Aus’ und aus der inneren Stabilität ins emotionale ‚Aus’ führen.
Dass immer mehr Kinder und Jugendliche in den westlichen Industrienationen von Armut betroffen sind, ihr Leben in sozial bedrängten oder exkludierenden Formen leben müssen, hat unter anderem mit dem „Ende der Eindeutigkeit“ zu tun, von dem Zygmunt Bauman und viele andere sprechen (vgl. 2005): Es gibt in den westlichen Gesellschaften schon seit etlichen Jahren keine Eindeutigkeit der Lebensstile und –bedingungen, der Werte und Orientierungen oder der gesellschaftlichen Ordnungen und klassischen Lebensbiografien mehr - im Sinne von ‚Schule – Familie / Arbeit – Ruhestand’. Das Ende der Eindeutigkeit meint, dass die westlichen Industriegesellschaften über die letzte Stufe der Aufklärung hinaus geschritten sind und begonnen haben, förmlich nach unten zu stürzen: „In der modernen Welt liegt bereits die innere Ordnungsstruktur des Menschen an sich in Trümmern“ (Chitre 2006 S. 187).

Es scheint mehr als offensichtlich, „dass der Mensch sich nicht mehr in geschlossenen Definitionen des Daseins, wie sie Mythen und Traditionen lange Zeit abbildeten, stabil und langfristig vorfindet, sondern dass er im Zuge seiner Produktion auch um die Selbstproduktion des Sozialen wissen muss. „Es gibt keine Verortung des Menschen (mehr), er muss sich selbst verorten“ (Meyer-Wolters 1992 S. 19). Fast alles ist im Zuge dieser Verortung erlaubt, es lässt sich kaum ein Tabu oder eine Grenze bei der Individualisierung von Lebensstilen und der Gestaltung von Lebensorten finden. Gleichzeitig ist es anscheinend immer weniger Menschen möglich, an diesen Freiheiten teilzuhaben. Alles ist erlaubt, wenig ist möglich, nichts eindeutig. Dabei entstehen jene gesellschaftlichen Gruppen, die von Bauman als die „Verworfenen“ und „Überflüssigen“ (vgl. 2005) bezeichnet werden. Vielschichtige Armut ist oftmals der große gemeinsame Nenner dieser Gruppen. Es ist nicht mehr die ländliche, die proletarische oder die im Alter entstehende Armut, die bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts relevant waren, welche die entscheidende Rolle spielt. Es ist die mehrschichtige Armut von Kindern und Jugendlichen, die immer weniger gesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten vorfinden.
„Der Staat begegnet diesen Überflüssigen wie allen, die Angst vor der Zukunft haben, indem er sich vom Sozialstaat zum Sicherheitsstaat wandelt. Weil der Staat in der flüssigen Moderne keine individuelle und kollektive Absicherung mehr geben kann, konzentriert er sich auf die Sicherheit, den Kampf gegen Terrorismus, gegen Übergriffe von Kriminellen etc.. Er entwirft nichts für die Überflüssigen im Sinne einer Zukunft, sondern verwirft sie. Die Entwicklung moderner Gesellschaften besteht nicht in der Integration aller, Deprivation ist ihr Hauptmerkmal“ (Bauman 2005 S. 47).
Aus pädagogischer Sicht lässt sich diese Aussage noch erweitern. Die Gesellschaft verwirft und exkludiert Kinder und Jugendliche in Armut, sozialer Bedrängnis und Benachteiligung nicht nur, weil sie diese als überflüssig erkennt, sondern sie trägt auch zur Konstitution brüchiger wie zerbrochener Identitäten bei, die sich zwischen Lebensrealitäten und Sehnsüchten, zwischen Integration und Deprivation oszillierend hin- und herbewegen. „Neben den armen Ländern (...) entsteht eine neue Armut im Herzen der reichsten Staaten. (...) Was den Unterschied machen wird, ist nicht etwa die finanzielle Situation, sondern der Zugang zu Wissen und Bildung. Diese Faktoren entscheiden ja heute bereits über den Zugang zu einem würdevollen Leben“ (Böhmer 2005 S. 103f.).

 

2. Vielschichtige Armutserfahrungen

Der 2007 erschienene Unicef-Bericht zur Situation von Kindern in Industrieländern versucht erstmals, die bislang einseitige Schwerpunktsetzung der Forschung auf die materielle Dimension von Armut zu überwinden. Interessanterweise konnte nachgewiesen werden, dass es überhaupt keinen klaren Zusammenhang zwischen dem Bruttosozialprodukt pro Kopf und der Situation von Kindern gibt. Armut ist also weitaus mehr als die materielle Not von Kindern und Jugendlichen in sozial bedrängenden Lebenslagen. „Unicef betont in der Untersuchung, dass die finanzielle Situation allein nicht ausreicht, um die Situation der Kinder zu beurteilen. So ist zwar richtig, dass Kinder in den reichen Ländern Armut vor allem über Ausgrenzung und den Vergleich mit Kindern aus wohlhabenden Familien erfahren. Hierfür ist die relative Einkommensarmut eine Messgröße. Doch sie greift zum Beispiel zu kurz, wenn der alkoholabhängige und spielsüchtige Vater einer Familie zwar mehr als die Hälfte des Durchschnittseinkommens verdient – vom Einkommen aber für die Familie nichts übrig bleibt“ (vgl. Unicef 2007).

Zudem wird unter Rückgriff auf die Untersuchungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung deutlich darauf hingewiesen, dass „Armut entweder als Problem einer kulturell verwahrlosten Unterschicht zu deuten oder als kollektive Abstiegsbedrohung der gesamten Gesellschaft zu dramatisieren“ (Groh-Samberg 2007 S. 177) definitiv an der Realität vorbeigeht. Und mit den politischen Diskussionen um die sozialstaatlichen Reformen der vergangenen Jahre entstand der Begriff der „inneren Armut“ (vgl. Gaschke 2000), der sich auf die psychosozialen und emotionalen Folgen materieller Armut bezieht.
Spricht man von Kinderarmut in Deutschland, bietet es sich daher an, von äußerer und innerer Armut zu sprechen, um mit diesen gegensätzlichen und doch miteinander verbundenen Begriffen die vielschichtigen Dimensionen von Armut zu fassen und ihre wechselseitigen Wirkweisen zu verdeutlichen.

In Abgrenzung zur inneren Armut lässt sich zu äußerer Armut all das zählen, was offensichtlich ist. Damit deutet sich bereits an, dass äußere Armut in ihrer Konkretheit eher einen Zustand darstellt, während innere Armut stärker mit Prozessen, Bewegungen und Veränderungen zu tun hat. Zur Konkretheit der äußeren Armut gehört an erster Stelle die materielle Armut, die sich durch einen Mangel an allem Möglichen zeigt: so fehlt beispielsweise ausreichend Wohnraum, ein eigenes Zimmer, ein eigener Schreibtisch oder ein eigenes Bett. Aber auch nicht vorhandene, der Jahreszeit angemessene Kleidung, minderwertige Nahrungsmittel oder nur spärlichste Spielsachen zählt man zur materiellen Seite von Armut. Gleichzeitig können auch soziale Aspekte zu Formen der äußeren Armut gezählt werden. Sie wird immer dann offensichtlich, wenn Kinder und Jugendliche an sozialen Situationen keinen Anteil mehr haben. So kann beispielsweise das Geld für den Schulausflug fehlen, eine Geburtstagseinladung von Freunden nicht wahrgenommen werden, weil das Geld für ein Geschenk nicht reicht oder die Wohnung nachmittags zum Spielen nicht verlassen werden, weil man auf jüngere Geschwister aufpassen muss u. ä.

Zudem kommen mehr und mehr Kinder in Deutschland in Familien zur Welt, in denen Bildung kaum eine Rolle spielt oder nie Platz finden konnte, wo aber gleichzeitig auch die Fähigkeiten wie Fertigkeiten zu einer selbst verantworteten Lebensführung mehr und mehr verloren gegangen sind. „Nicht Kinder machen arm, sondern Armut gebiert Kinder. Sie beginnt mit dem Fehlen materieller und kultureller Ressourcen, übersetzt sich in Frustration und Verlust an Bindungsfähigkeit (...) und damit schließt sich der Teufelskreis der Armut und Chancenlosigkeit für Kinder“ (Nolte 2006 S. 149).

Mehr noch: Mit dieser ‚Übersetzung’ beginnt der Weg von äußerer zu ‚innerer Armut’. Für die Entwicklung von Familienstrukturen brachte der Schritt von der modernen zur postmodernen Gesellschaft durch die Auflösung patriarchalischer Ordnungsstrukturen einerseits Liberalisierung, Selbstverwirklichungsmöglichkeiten und die Chance, sich von nicht mehr tragfähigen Beziehungen verabschieden zu können. Andererseits fehlt es den neu entstandenen Familienstrukturen, besonders in den sozial bedrängenden Lebenslagen und unteren Schichten an Fähigkeiten, an kulturellen wie emotionalen Kompetenzen, um das neu entstandene Leben aufzufangen und tragfähig zu gestalten. Paul Nolte geht sogar soweit zu behaupten: „Die postmoderne Glorifizierung der Patchworkfamilie ist ein akademisch-intellektueller Lebensentwurf, der in anderen sozialen Schichten vermehrt in Erziehungskatastrophen, in Vernachlässigung, Verwahrlosung, im Extremfall in Gewalt mündet. (...) Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen Armut und Einsamkeit“ (Nolte 2006 S. 99).

Versucht man die hier nur angerissenen Zugänge zusammenzufassen, so lassen sich verschiedene Aspekte ausmachen, die sich, mehr oder weniger ausgeprägt, als Aspekte äußerer wie innerer Armut ausmachen lassen.

Aspekte äußerer Armut

Aspekte innerer Armut

  • Hunger, minderwertige Nahrungsmittel, unregelmäßige Essenszeiten
  • fehlende, schlechte, kaputte, nicht saisongerechte Kleidung
  • minderwertige, unzureichende Schulmaterialien
  • sozialstaatliche Transferleistungen, Leben am Existenzminimum
  • unzureichende, beengte Wohnsituation, kein eigenes Zimmer, kein eigener Schreibtisch, kein eigenes Bett
  • mangelnde Hygiene
  • fehlendes adäquates kulturelles Angebot
  • fehlende Möglichkeiten, an kulturellen Veranstaltungen, Einrichtungen (z.B. Vereine) teil zu haben
  • nicht alteradäquate Rollen übernehmen müssen
  • familiärer Instabilität ausgesetzt sein
  • fehlende Unterstützung in der personalen und sozialen Entwicklung
  • Streit, Konflikten und Gewalt ausgesetzt sein
  • auffällige Verhaltensweisen in Folge sozialer Benachteiligung und unverhältnismäßiger Bedürfnisaufschübe
  • keine Veränderungen mehr ermöglichen können, sich äußeren wie inneren Zuständen ausgeliefert erleben
  • keine Lebensalternativen (mehr) denken und leben können
  • keine vielfältigen Deutungen der eigenen Lebensgegebenheiten, aber auch des Lebens als solchem
  • bei dem bleiben müssen und dem ausgeliefert sein, wie sich ‚das Leben’ ergibt
  • das eigene Leben und Erleben zu keiner positiv besetzten, zukunftsorientierten Identität zusammenfügen können
  • alleine sein, auf sich selbst verwiesen sein, hoher Eigenverantwortlichkeit ausgesetzt sein
  • sich und anderen nicht (mehr) sozial ausgewogen wie emotional offen begegnen
  • stark an allem Materiellen ausgerichtet sein (müssen), so dass das Leben stark am Haben hängt
  • ein Leben ohne Rituale, Rhythmen, Strukturen, Orientierung und stützende Begrenzungen
  • ein von Lieblosigkeit geprägtes Leben, frei von verlässlicher Zuwendung und emotionaler Wärme durch direkte Bezugspersonen
  • sprachliche Armut: eigene Bedürfnisse, Erwartungen und Gefühle nicht adäquat ausdrücken können
  • fehlende Möglichkeiten, kulturschaffend und kreativ tätig zu sein

 

Alle aufgeführten Aspekte machen zusammen jene Kulminierung aus, die für Kinder in Armutslagen zu sozialer Exklusion und zur Verhinderung gesellschaftlicher Teilhabemöglichkeiten führen. Oft schon in Armut geboren, stehen sie nach nur wenigen Lebensjahren einer bedeutsamen Sozialisationsinstanz gegenüber, die sie eigentlich auf ein Leben und eine ihren Fähigkeiten und Potentialen entsprechende Teilhabe an der Gesellschaft vorbereiten will: der Schule. Die Schule und ihre Lehrer aber scheinen kaum auf ihre in diesem Zusammenhang durchaus spezifischen Aufgaben vorbereitet zu sein.

 

3. Kinderarmut aus Sicht von Grundschullehrern

Die Grundschule und auch die Grundschulpädagogik haben sich bislang kaum (vgl. Richter 2000 und Toppe 2000) mit dem vielschichtigen Phänomen der Kinderarmut auseinandergesetzt, obwohl die Grundschule als „gesellschaftliche Basisinstitution“ (Faust-Siehl 1997 S. 12) alle Kinder, unabhängig von ihrer Religion, ihrem Geschlecht, ihrer Kultur und eben auch ihrer sozialen Herkunft zusammen bringt. Auch in den zahlreichen Ausführungen zu den sich verändernden Lebenswelten von Kindern durch Medien, Konsum sowie plurale Familien- und Erziehungsverhältnisse (vgl. Fölling-Albers 2001) fehlen eindeutige Hinweise auf die auch sozial sich verändernden und bedrängenden Lebenswelten von mittlerweile mehr als 2,5 Millionen Kindern und Jugendlichen in Deutschland.
Spätestens seit Ende der sechziger Jahre hat es sich die Grundschule zur Aufgabe gemacht, unterschiedliche Schuleingangsvoraussetzungen auszugleichen. Im Frankfurter Grundschulkongress von 1969 wurde vor allem ein Ausgleich unterschiedlicher Schuleingangsvoraussetzungen gefordert und durch die ‚Kompensatorische Erziehung’ in der sich anschließenden Reform zu verwirklichen gesucht.
Dazu gehört es auch, Bildungsbenachteiligungen, die aus differierenden sozialen Lebenslagen entstehen, zumindest zu mildern. Faktisch verhält es sich aber anders: Im dritten Teil der AWO-ISS-Studie konnte nachgewiesen werden, dass Benachteiligungen aufgrund von Armut, die bereits im Vorschulalter vorlagen, nicht nur nicht ausgeglichen, sondern vielmehr noch verschärft wurden. Des Weiteren wurde festgestellt, dass sich die Lebenslagen armer und nicht armer Kinder am Ende der Grundschulzeit erheblich voneinander unterscheiden (Holz u.a. 2005 S. 4f.). Dass dies geradezu dramatische Auswirkungen auf Übertrittsempfehlungen zur Folge hat, muss wohl kaum erwähnt werden. Besonders die Lehrkräfte gerieten im Zuge dieser Studie, wie auch schon bei der LAU-Studie (vgl. Lehmann / Peek / Gänsfuß 1997) in die Kritik, da nachgewiesen werden konnte, dass ärmere Kinder in fast allen Fächern bei gleicher Leistung schlechter benotet wurden als andere Kinder. „Unter den für sie typischen Lebensbedingungen können Kinder aus Armutsverhältnissen in der sehr kurzen Grundschulzeit (…) den Bildungshabitus nur schwer entwickeln, der für eine Empfehlung für eine weiterführende Schule erforderlich ist“ (Edelstein 2006 S. 121).
Nach der Studie des DPWV sind bei einer durchschnittlichen Klassenstärke von 28 Schülern mehr als drei Kinder einer Klasse als materiell arm zu bezeichnen. Auch wenn Familien und Kinder in materieller Armut oft alles dafür tun, den Schein des Wohlstandes und der Normalität aufrecht zu erhalten und so eine realistische Wahrnehmung innerhalb einer Schulklasse sicher nicht immer einfach zu gewinnen ist, erstaunt doch, wie wenig Interesse das Thema der Kinderarmut trotz geradezu medialer Überflutung und Dokumentation auf der Seite der Schule und Pädagogik erfährt. „Eine hohe Sensibilität gegenüber Auffälligkeiten wie Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsstörungen oder Hochbegabung ist momentan weit verbreitet und durchaus angebracht, aber umso verwunderlicher ist es auch, dass sozialer Benachteiligung bei Kindern bis jetzt so wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde“ (Cramer 2006 S. 46; vgl. auch Koch 2004 S. 135).
Eine der Ursachen könnte darin bestehen, dass der Großteil der Lehrkräfte nach wie vor der Mittelschicht entstammt. Die Lebenswelt armer Kinder unterscheidet sich aber frappierend von diesen Lebenslagen. So entsteht die Vermutung, dass spezifisches Wissen über das Leben in Armut und sozialer Bedrängnis einerseits schlichtweg fehlt, und andererseits Armut mit der „Brille der Mittelschicht“ angeschaut und bewertet wird. „Dieses Nicht- oder Halbwissen und Bewusstsein drückt sich (...) in der Praxis entweder in Ohnmachtsgefühlen aus, d.h. in der Überzeugung ‚machtlos’ zu sein und an den ungerechten ‚Realitäten nichts ändern zu können’, oder in wohlmeinenden, aber geradezu naiven Handlungsmustern, die soziale Chancen(un)gleichheit eher reproduzieren als ausgleichen“ (Schumacher 2002 S. 267f.). Edelstein stützt diese Vermutung, wenn er schreibt, dass diese Lehrkräfte „dann die Folgen von Deprivation mit mangelnder Intelligenz“ (vgl. 2006 S. 120) verwechseln. Und Weiß fügt aus heilpädagogischer Sicht hinzu: „Ein wesentlicher Grund dafür liegt darin, dass sich – auf der Ebene der (heil-)pädagogischen Praxis oftmals zwei ganz unterschiedliche ‚Welten’ – begegnen, die sich gegenseitig fremd sind: die mittelschichtspezifisch-(klein-)bürgerliche Welt und Lebensform der Professionellen (z. B. Lehrer/innen) und jene der Familien in benachteiligten Lebenslagen (vgl. Weiß 2003). Die zwischen ihnen bestehenden sozial-kulturellen Distanzen und Diskrepanzen, aber auch Halb- und verzerrtes Wissen um die Lebenssituationen der Familien können Vorurteile aufbauen und die Zusammenarbeit erheblich belasten“ (Weiß 2006 S. 25).
Es wird deutlich, dass die materiellen und sozialen Momente von Kinderarmut sowie ihre möglichen kulturellen und inneren Auswirkungen den Aufgaben- und Wirkungskreis der Grundschule und der an ihr tätigen Lehrer stark betreffen. Darüber hinaus zeigt sich deutlich, dass Lehrer, wenn auch vermutlich ungewollt, zur Exklusion von armen Kindern beitragen.
Um genauere Kenntnisse über die Wahrnehmung und Handlungsweisen der Lehrer an Grundschulen zu erhalten, wurde im Jahr 2006 eine Befragung von Grundschullehrern im Raum Regensburg durchgeführt.

Mit einer Einstiegsfrage nach der persönlichen Einschätzung der eigenen Kenntnisse zur Lebenslage ihrer Schüler sollten die Lehrer zum Reflektieren angeregt werden. Insgesamt ging es darum, eine erste, generelle Tendenz herauszuarbeiten. Die breite Streuung der Antworten lässt die Folgerung zu, dass große Unterschiede vorhanden sind, die sicherlich u.a. von der jeweiligen Selbsteinschätzung der Lehrkräfte, den unterschiedlichen Klassenstufen oder dem individuellen Klassenklima herrühren. Es zeigte sich auch, dass Lehrer an Brennpunktschulen nicht über weniger Informationen bezüglich der Lebenslage ihrer Schüler verfügen, als jene an ‚normalen’ Grundschulen. Die Hälfte aller Befragten kennt, laut eigenen Angaben, die Lebensverhältnisse ihrer Schüler nur in eingeschränkter Weise, und von vielen wird dieses Defizit auch in den weiteren Antworten wiederholt beklagt – ohne jedoch das Thema der Selbstverantwortung in diesem Zusammenhang zu thematisieren. Die Wichtigkeit solcher Informationen, besonders wenn es darum geht, die von Armut betroffenen oder gefährdeten Kinder zu unterstützen und ggf. vor weiteren Folgen bewahren zu können, scheint den Lehrern durchwegs bewusst zu sein. Umso verwunderlicher ist es aber, dass sie, wenn es um ‚Informationsbeschaffung’ geht, eher die Eltern und die zuständigen Ämter als Quellen ansehen, als sich und ihre Schüler selbst.
Befragt nach der Anzahl der von Armut betroffenen Kinder in der eigenen Klasse fielen die Ergebnisse vergleichsweise hoch aus, da viele Lehrkräfte im Vorfeld behauptet hatten, dass sie in ihrer Klasse oder Schule nicht wirklich betroffen wären. Bei der Auswertung war zu beachten, dass den Einschätzungen der Lehrer verschiedene Auffassungen und Bewertungskriterien von Armut zugrunde liegen. Trotz der teilweise sehr hohen Zahlen, die von den Lehrern an Brennpunktschulen angegeben wurden, beläuft sich das Ergebnis auf durchschnittlich drei arme Kinder pro Klasse. Im Vergleich dazu sind die genannten Zahlen der Lehrer an „normalen“ Schulen (im Durchschnitt zwei Kinder) nicht ganz so hoch. Armut von Grundschulkindern ist also nicht nur das Problem von Schulen in sozial besonders schwachen Gebieten, sondern betrifft inzwischen fast alle Schulen. Insgesamt decken sich die Angaben mit den Zahlen der DPWV-Studie von 2005.
Die Wahrnehmung armer Schüler in der Klasse macht sich bei den meisten der Befragten zunächst am äußeren Erscheinungsbild fest. Vor allem die Kleidung schien für mehr als die Hälfte ein entscheidendes Indiz für die soziale Lage des Kindes zu sein. Hinweise, die eine materielle Unterversorgungslage der Schüler vermuten lassen, wurden sehr häufig bemerkt und detailliert beschrieben. Dieses Ergebnis scheint nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass für einen Großteil der Bevölkerung Armut ausschließlich über die Einkommenslage oder das Vorhandensein materieller Ressourcen definiert wird. Da sich etwa die Hälfte der Aussagen zudem auf die sozialen und inneren Aspekte beziehen, scheint unter den Befragten generell eine gewisse Sensibilität für die Vielschichtigkeit von Armut im Sinne einer äußeren wie inneren Armut vorhanden zu sein.
Allgemein ließen die Antworten auf die Frage nach innerer Armut darauf schließen, dass diese oft ausschließlich als Defizit hinsichtlich der Kenntnisse der deutschen Sprache und Kultur interpretiert wurde. Darüber hinaus erwähnten die Befragten z.B. wenig Zuwendung durch die Eltern oder Isolation, also Aspekte, die eher der emotionalen, inneren Dimension von Armut zuzuordnen sind (vgl. Müller 2005 S. 248 und Müller 2008). Die teilweise ungenau gegebenen Antworten lassen bei dieser Frage den Schluss zu, dass über die inneren Aspekte von Armut bei vielen Lehrern Unsicherheit herrscht.
Die verschiedenen Verhaltensweisen und Reaktionen von Schülern, die Lehrer in ihren Klassen beobachten, zeigen, dass sie durchaus Rückschlüsse auf Armut ziehen. Die genaue Beschreibung von Beispielen offenbart, dass viele Lehrer das Verhalten ihrer Schüler genau beobachten, analysieren und mit dem Vorliegen einer Armutssituation in Verbindung bringen. Nicht nur erhöhte Aggressivität, Angeben und hysterisches Verhalten wurden beschrieben, sondern nahezu genauso oft Zurückhaltung, Schüchternheit und Resignation.
Eine sich anschließende Frage zum Umgang mit betroffenen Schülern wurde ähnlich ausführlich beantwortet. Obwohl die Aussagen zu materiellen und finanziellen Hilfeleistungen zahlenmäßig leicht überwogen, wurden sehr viele Beispiele für emotionale Unterstützung (z.B. Stärkung des Selbstbewusstseins, besondere Sensibilität, Gesprächsbereitschaft signalisieren) und soziale Förderung (z.B. Förderung der Integration, Thematisierung im Klassengespräch) angeführt. Die Vielzahl der erwähnten Möglichkeiten und der bereits gemachten Erfahrungen im Umgang mit betroffenen Schülern weisen darauf hin, dass Grundschullehrer Armut in ihren Klassen sehr engagiert gegenüber zu treten scheinen und allem Anschein nach oft nach besten Möglichkeiten und mit viel Eigeninitiative versuchen, Schülern zu helfen, sowie Defizite auszugleichen. Angesichts der Kritik, in die die Lehrer aber aufgrund der Ergebnisse der AWO-ISS-Studie gerieten, bliebe dennoch zu hinterfragen, inwieweit hier im Sinne sozialer Erwünschtheit geantwortet wurde.
Die zahlreichen, teilweise gegensätzlichen Verhaltensweisen, die die Lehrer als innere Auswirkungen von Armut deuteten, zeigen, wie sehr das Gefühlsleben der betroffenen Kinder in Mitleidenschaft gezogen wird. Besonders oft wurde Aggressivität genannt, was wohl damit zu begründen ist, dass diese Verhaltensweisen im Unterricht besonders offensichtlich sind und somit von Lehrern auch am ehesten wahrgenommen werden. Genauso oft jedoch wurde sozialer Rückzug auf das Vorliegen einer Armutslage zurückgeführt.
Abwertendes Verhalten gegenüber Klassenkameraden, das aufgrund starker Konsumorientierung entstehen könnte, scheint in der Grundschule noch kein allzu großes Problem darzustellen oder aber wird als solches nicht wahrgenommen. Obwohl mehr als die Hälfte der Grundschullehrer die Frage im ersten Teil negativ beantwortet hatten, gaben sie im zweiten Teil zahlreiche Beispiele und Möglichkeiten an, wie sie dieser Haltung bei Kindern begegnen.
Die Antworten machen deutlich, dass viele Lehrer das Thema Kinderarmut im Unterricht behandeln. Obwohl die Angaben zum Religionsunterricht überwiegen, wurde auch eine Vielzahl anderer Lernbereiche und Themenstellungen angegeben. Leider lässt sich an den zahlreichen Beispielen und Vorschlägen aber auch ablesen, dass die Frage nach Kinderarmut in Deutschland fast nie thematisiert wurde. Der Unterschied zwischen arm und reich sowie der Umgang mit unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen werden oft nur in Bezug auf ärmere Länder erarbeitet. Exkludierende Konsequenzen im Zusammenhang von Kinderarmut in Deutschland werden nicht thematisiert.
Die Aufgaben der Grundschule hinsichtlich der Bewältigung von Armut und der Gewährung gleicher Chancen schätzt der Großteil der Befragten als überaus bedeutsam oder zumindest bedingt wichtig ein. Natürlich könnte man dieses Ergebnis darauf zurückführen, dass sich die Lehrer in ihren Antworten von sozialer Erwünschtheit leiten ließen. Generell stimmten sie aber zu, dass die Grundschule, und somit auch sie selbst, wichtige Beiträge leisten können, um betroffene Schüler zu unterstützen und ihnen nach Möglichkeit gleiche Chancen zu gewähren.
Die zahlreichen Verbesserungsvorschläge, die vor allem auf institutioneller Ebene auch hinsichtlich der finanziellen Unterstützung Betroffener geschehen müssten, sowie die durchwegs kritische Einstellung der befragten Lehrkräfte zu Sparmaßnahmen (z.B. Kürzung der Lehrmittelzuschüsse), zeigen, dass sie besonders politische Entscheidungen für herrschende Defizite verantwortlich machen.
Auch die schulische Arbeit, und dabei in besonderer Weise die Sozialerziehung der Schüler, muss nach Meinung der Lehrkräfte verbessert werden, um der Armut von Grundschulkindern sachgerechter begegnen zu können. Zwar wurde überwiegend mehr politisches und gesellschaftliches Engagement gefordert, die Antworten der Befragten zeigten aber auch, dass sie den Beitrag ihrer eigenen Arbeit für eine bessere Lage benachteiligter Kinder und günstigere Zukunftschancen hoch einschätzen und auch hier Verbesserungsmöglichkeiten sehen.

 

4. Kinderarmut aus Sicht von Sonderschullehrern

Den hier dargestellten Ergebnissen der Befragung von Grundschullehrern ging im Jahr 2004 eine qualitative Befragung von Sonderschullehrern im Regierungsbezirk Oberpfalz, Bayern, voraus. Die grundsätzliche Fragestellung war die gleiche wie in der Befragung von Grundschullehrern 2006: Wie nehmen Sonderschullehrer Kinderarmut in ihrer Schule wahr? Ausgangspunkt dieser früheren Studie war die Untersuchung von Funke und Thimm (vgl. 1977), nach der 90% aller armen und sozial benachteiligten Kinder in Deutschland die Förderschule besuchten. Daher geriet auch die Förderschule als erstes in den Fokus des Forschungsinteresses.
Der Einstieg in die qualitativen Experteninterviews erfolgte über die materielle Seite von Kinderarmut. Keiner der Befragten hatte Schwierigkeiten, verschiedene Kinder zu benennen, die ihnen als materiell arm erschienen. Das Ausmaß materieller Armut wurde differenziert beschrieben. Schwerer fiel es den meisten, prozentuale Angaben über den Anteil sozial benachteiligter oder von Armut betroffener Kinder an ihrer Förderschule zu machen. Keiner wollte die von Thimm und Funke in den Siebzigerjahren ermittelten 90% bestätigen. Die Einschätzungen bewegten sich zwischen 30% und 70%, wobei niedrigere Prozentwerte häufiger angegeben wurden als höhere. Es kann als relativ sicher angenommen werden, dass sich seit der Untersuchung durch Thimm und Funke von 1977 die Schülerschaft an Förderschulen in ihrer Zusammensetzung sowie in der Qualität der jeweiligen Förderbedarfe erheblich verändert hat. Besonders der steigende Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, aber auch die Anhebung des allgemeinen Lebensstandards dürften dazu beigetragen haben. Zahlen über die materielle Armut von Förderschülern wurden jedoch seit 1977 nicht mehr flächendeckend für Deutschland erhoben. Ausgehend von der Einschätzung der befragten Lehrer könnte es also sein, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die unter heutigen Lebensumständen als materiell arm und sozial benachteiligt gelten, im Vergleich zur Untersuchung von Thimm und Funke zurückgegangen ist. Eine andere Vermutung für die Schwierigkeit der Interviewpartner, sich prozentual zur Kinderarmut an ihrer Schule zu äußern, könnte auch darin liegen, dass Formen materieller Armut an Förderschulen so stark vorhanden sind, dass sie nicht so sehr ins Auge fallen, wie wenn es sich um einen kleineren Prozentsatz handelte: Armut als Normalfall. Festzuhalten bleibt, dass die materielle Armut von Kindern und Jugendlichen an Förderschulen, indiziert durch Hunger, schlechte Kleidung und fehlende Schulmaterialien etc., für die befragten Lehrer offensichtlich ist. Um genauere Aussagen machen zu können, wäre eine aktuelle, bundesweite Untersuchung zur Armutslage von Kindern an Förderschulen dringend nötig.
Ganz anders stellte sich die Wahrnehmung der kulturellen Armut der Schülerschaft im Sinne gesellschaftlicher Teilhabemöglichkeiten dar. Die Aussagen über die Möglichkeiten der Schüler, an kulturellen Angeboten wie Kino, Theater oder Sportvereinen teilzuhaben, müssen als relativ undifferenziert eingestuft werden. Konkrete Aussagen wurden kaum getroffen, was wohl daran liegen dürfte, dass ein Großteil der befragten Lehrer nicht weiß, womit, mit wem und wie ihre Schüler die Zeit außerhalb der Schule verbringen. Zwar wurde in der Frage nach dem Wissensstand zur Lebenswelt der Kinder meist angegeben, man wisse vieles durch die Erzählungen der Schüler; fehlende Möglichkeiten, sich kulturell zu betätigen bzw. integriert zu sein, wurden jedoch kaum wahrgenommen. Dagegen fiel den meisten Lehrern die Spracharmut ihrer Schüler als eine Dimension innerer Armut auf, die sie auch mit zahlreichen Beispielen zu belegen wussten. Es lässt sich zusammenfassend sagen, dass alle Befragten der Ausweitung des Armutsbegriffes auf die kulturelle, an der Gesellschaft teilhabende Ebene zustimmten, diese Ebene von ihnen bislang jedoch eher randständig wahrgenommen wurde.
In der theoretischen sonderpädagogischen Auseinandersetzung zur Selbstwahrnehmung von Kindern aus Armutslagen an Förderschulen gibt es bislang keine Untersuchungen. Die Einschätzung der befragten Lehrer wies zwar eindeutig dahin, dass Armut von Kindern an Förderschulen von diesen selbst auf verschiedenen Ebenen wahrgenommen wird. Das Ergebnis fiel jedoch nicht eindeutig aus: Viele Interviewpartner waren sich unsicher in ihrer Antwort. Selbst wenn Kinder aus Armutslagen, die eine Förderschule besuchen, relativ stark in ihrem eigenen Umfeld verbleiben, so ist dennoch mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sie nicht zuletzt über verschiedene Medien einem Vergleich mit anderen Lebenslagen ausgesetzt sind. Ob daraus ein hohes Maß an Bewusstheit über die eigene Lebenslage folgt, lässt sich nicht beantworten. Recht wahrscheinlich erscheint jedoch, dass der Großteil der Kinder gerade aufgrund der Erfahrung von Exklusionsprozessen und fehlenden Teilhabemöglichkeiten ein Gefühl für die eigene benachteiligte Lebenslage entwickelt.
Im Anschluss stellte sich die Frage nach den Umgangsmöglichkeiten von Kindern an Förderschulen mit ihren unterschiedlichen Armutslagen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die befragten Lehrer ihre Schüler für wenig kompetent ansahen, ihrem personalen Vermögen sowie den Möglichkeiten ihres Lebensfelds entsprechend, Umgangsformen oder sogar Strategien im Sinne von Resilienz zu entwickeln, die zu einer Verbesserung ihrer Lebenslage führen könnten. Auffällig war, dass viele Interviewpartner angaben, sich nicht zu diesen Fragen äußern zu können. Es kann also davon ausgegangen werden, dass sich mögliche Versuche ihrer Schüler, in Umgangs- und Bewältigungsformen (Coping-Strategien) mit und von Armut zu finden, der Wahrnehmung der Lehrer größtenteils entziehen. Daher bleibt aktuell nur zu vermuten: Zum einen haben Kinder aus Armutslagen, die eine Förderschule besuchen, weniger Möglichkeiten als andere Kinder, ihre Lage selbst zu verbessern bzw. ihre Armut partiell zu bewältigen. Zum anderen lässt sich jedoch der befragten Lehrerschaft eine fehlende Sensibilität für kleinste und feine Versuche ihrer Schüler, die Armutslage zu verbessern oder zu bewältigen, attestieren. So hielt es auch der Großteil für wahrscheinlich, dass ihren Schülern das Phänomen der Lernbeeinträchtigung in seinen vielfältigen Erscheinungen im Weg stehe, die eigene Lage dauerhaft und erfolgreich zu verbessern bzw. Armut zu bewältigen. Zudem ließen sie es nicht gelten, dass diese Erklärung als reduktionistisch oder defizitär orientierter Blick auf ihre Schülerschaft angesehen werden könnte. Vielmehr bezeichneten sie dies als realistischen Sachverhalt, der ihre Schüler nicht diskreditiere, sondern ein genaues Bild von ihnen zeichne. Es kann also trotz aller Gefahr eines exkludierenden Blicks auf Kinder an Förderschulen angenommen werden, dass individuelle Schwierigkeiten, die sich unter dem Phänomen der Lernbeeinträchtigungen summieren lassen, einem erfolgreichen Umgang mit Armut entgegenwirken. Gleichzeitig muss dennoch vermutet werden, dass die Einschätzung seitens der Interviewpartner nicht frei von defizitären Perspektiven war, weil nur etwa ein Drittel angab, Schüler als ‚begabt’ oder findig zu erleben, wenn es darum gehe, das Beste aus der eigenen Lage zu machen. Eine derart geringe Wahrnehmung für die Möglichkeiten wie Fähigkeiten der Förderschüler aus Armutslagen erscheint wenig geeignet, ihnen über ihre individuellen Schwierigkeiten sowie die Benachteiligungen durch ihr soziales Umfeld hinwegzuhelfen.
Sehr viel deutlicher wurden die Aussagen der Interviewpartner, als es darum ging, was ihre Schüler erlernen oder entwickeln müssten, um die eigene Lage dauerhaft zu verbessern. Kritikfähigkeit, Urteilsvermögen, Selbstreflexion sowie Selbstbewusstsein wurden am häufigsten genannt. Auffällig ist dabei, dass Fähigkeiten angeführt wurden, die ein hohes kognitives Potential erfordern. Genau dieses vielfältig beeinträchtigte Potential ist es aber, was einen Großteil der Schüler an die Förderschule bringt. Wie dieses Problem zu lösen sei, ohne das kognitive Vermögen der Schüler zu überfordern, wurde von keinem der befragten Lehrer beantwortet.
Auf eine Frage nach der Hilfe und Begleitung der einzelnen Schulen für ihre von Armut betroffenen Schüler wurden lediglich einige materielle oder institutionelle Aspekte genannt, die sich jedoch fast alle nicht direkt auf Kinderarmut bezogen. Die Hälfte der Interviewpartner gab sogar an, sich darüber noch keine Gedanken gemacht zu haben bzw. darüber nichts sagen zu können. Dies zeigt deutlich eine Schnittstelle in der Wahrnehmung von Kinderarmut an Förderschulen durch Sonderschullehrer: Die materielle und in Ansätzen auch die kulturelle Armut der Schüler wurde eindeutig wahrgenommen. Auch bei der Frage nach der Bewertung des Themas für die Förderschule wurde die Brisanz des Themas ‚Armut von Kindern an Förderschulen’ deutlich herausgestellt. Die Wahrnehmung führt jedoch nicht so weit, dass ganze Schulen die Einzelwahrnehmungen ihrer Lehrer zusammenführen und die Armut ihrer Schüler zur Aufgabe der Schule machen. Das heißt, Armut von Kindern an Förderschulen wird wahrgenommen, nicht aber zu einer gemeinsamen, gesamtschulischen Aufgabe im Sinne des gesellschaftspolitischen Auftrags von Schule gemacht.
Ähnlich verhält es sich mit der Planung und Gestaltung des Unterrichts der befragten Sonderschullehrer. Obgleich Kinderarmut auf verschiedenen Ebenen wahrgenommen wird, geben zwei Drittel an, sich darüber in Konsequenz für ihren Unterricht noch keine Gedanken gemacht zu haben. Kinderarmut verhaftet damit also in der Wahrnehmungsperspektive und wird nicht zum handlungsleitenden Ausgangspunkt für unterrichtliches Planen und Gestalten. Lediglich über bestimmte Inhalte des Lehrplans wird Armut zum Unterrichtsthema. Dies ist nach Aussage der Befragten jedoch eher ein Nebeneffekt als Ergebnis gezielter Überlegungen, die von den Armutslagen der Schüler ausgehen. Schulisch gesehen, lässt sich also festhalten, dass Kinderarmut an Förderschulen in Einzelbereichen erkannt wird, sich aber bislang nicht zu einer gemeinsamen Aufgabe von Schülern und Schule entwickelt hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es nicht Anliegen der befragten Interviewpartner wäre, den Tatbestand der Armut und sozialen Benachteiligung von Kindern an Förderschulen mehr in den Mittelpunkt des unterrichtlichen wie erzieherischen Tuns zu stellen. Immerhin gab ein Drittel an, sich eine Ganztagsschule bzw. mehr Personal zu wünschen, um so der Lebenslage ihrer Schüler gerechter werden zu können.
Entscheidend für Ausmaß und Qualität der Wahrnehmung von Kinderarmut durch die Interviewpartner ist die Frage danach, wie sie etwas von der Lebenswelt ihrer Schüler in Armutslagen erfahren. Der Großteil gab an, das eigene Wissen auf die Erzählungen der Schüler zu stützen. Es zeigte sich deutlich die Schwierigkeit, der Lebenssituation dieser Schüler näher zu kommen. Die wenigen Befragten, die Erfahrungen mit Hausbesuchen gemacht hatten, gaben an, es als sehr schwierig erlebt zu haben und zum Teil auch, wohl aus Scham seitens der Eltern, nicht in die Wohnung der Familien Einlass erhalten zu haben. Gleichzeitig wurde während der gesamten Interviews immer wieder die Elternarbeit als einerseits fehlend, andererseits aber als sehr wünschenswert benannt. Weshalb trotz der Schwierigkeiten nicht stärker versucht wird, den Wunsch nach mehr Elternarbeit umzusetzen, konnte nicht beantwortet werden. Es wird deutlich, dass Lehrer an Förderschulen wohl tatsächlich nur das über die von Armut und Benachteiligung gekennzeichnete Lebenslage ihrer Schüler wahrnehmen können, was ihnen von Schülern erzählt wird. Dies verunmöglicht eine tiefer gehende und mehrdimensionale Wahrnehmung der Armutslagen von Kindern an Förderschulen. Auch wenn das Wahrnehmungsspektrum, bezogen auf die Lebenswelt der Schüler, sich als relativ eng erweist, war sich dennoch mehr als die Hälfte der befragten Lehrer darüber einig, dass die höchsten Anforderungen an die Kindheit ihrer von Armut betroffenen Schüler im emotionalen, also inneren Bereich lägen: Als größte Anforderung wurde beschrieben, dass sich die Kinder sehr viel selbst überlassen seien, ihnen Halt, Sicherheit und Unterstützung fehlten. Damit unterstrichen die befragten Lehrer erneut das innere Moment von Kinderarmut, das von sonder- und schulpädagogischer Seite aus bislang nicht ausführlich untersucht oder beschrieben wurde (vgl. Müller 2008). Lediglich aus dem Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie liegen Untersuchungen von Köttgen zu den seelischen Verletzungen vor, die durch das Erleben von Armut bei Kindern entstehen können:

Darüber hinaus gibt es im Bereich der Sozialpädagogik erste Überlegungen zu den psychosozialen Folgen von Kinderarmut (vgl. z.B. Andrä 2000). Im Verhältnis zu den in der Literatur bearbeiteten materiellen und soziokulturellen Aspekten der Kinderarmut taucht diese existentiell innere Dimension kaum oder gar nicht auf. Die befragten Lehrer nannten jedoch in aller Breite die von Köttgen ausgemachten Gründe für seelische Verletzungen und emotionale Armut. Zwar waren sich die Interviewpartner in der Frage nach den Anforderungen an eine von Armut geprägte Kindheit relativ einig, ihre Einschätzungen drifteten aber bei der detaillierteren Frage nach dem Umgang ihrer Schüler mit dem Spannungsfeld von Armut, Konsum und Lebensstil wieder völlig auseinander.
Hier zeigt sich erneut, was an anderer Stelle bereits angedeutet wurde: Es lässt sich auf Seiten der befragten Lehrer eine recht klare Wahrnehmung bzgl. der Belastungen und Anforderungen von Kinderarmut ausmachen – ein differenzierter Blick auf die einzelnen Probleme innerhalb der Lebenssituation ‚Armut’, ‚Benachteiligung’ und ‚Exklusion’ fehlt jedoch meistens. Dies mag zum einen an der fehlenden Sensibilisierung der Lehrer für das Thema Kinderarmut an Förderschulen liegen, zum anderen ist es sicher auch auf die unzureichenden Möglichkeiten der Lehrer zurückzuführen, Einblick in die Lebenswelt ihrer von Armut betroffenen Schüler zu erhalten. Obwohl die Interviewpartner immer wieder die emotionalen Belastungen ihrer Schüler hervorhoben, konnte dennoch ein Viertel keinen Zusammenhang zwischen auffälligen Verhaltensweisen und Armut sehen. Aggression, Gleichgültigkeit und Frustrationen, aber auch Gewaltbereitschaft und Kriminalität waren die häufigsten genannten Verhaltensweisen, die die Befragten auf das Erleben von Armut zurückführten. Auf genauere Nachfrage wurde deutlich, dass der Großteil einen Zusammenhang zwischen dem Erleben von Benachteiligung und Armut und einem daher besonders hoch ausgeprägten Geltungsbedürfnis sieht. Dass die befragten Lehrer entsprechende Verhaltensweisen also durchaus kausal wahrnehmen, zeigt sich auch darin, dass viele nicht durch Sanktionen und Strafen auf in diesem Zusammenhang entstehende Verhaltensauffälligkeiten reagieren, sondern versuchen, diesen mit individuellen Absprachen und Einzelgesprächen, insgesamt regulierend, beizukommen. Insgesamt hielt der überwiegende Anteil der befragten Lehrer Kinderarmut für ein an der Förderschule brisantes Thema.

 

5. Zum Vergleich der Untersuchungen

Weder die Grundschulpädagogik noch die Heil- und Sonderpädagogik haben sich dem Thema Kinderarmut jemals besonders intensiv gewidmet. Sicherlich gibt es im Gegensatz zur Grundschulpädagogik einige einschlägige Studien, Aufsätze und Arbeiten auf sonderpädagogischer Seite. Die Relevanz innerhalb der heil- und sonderpädagogischen Disziplin ist jedoch stets recht gering geblieben. Im Vergleich zu beispielsweise der Soziologie oder der Sozialpolitik kann man festhalten, dass Kinderarmut im Grunde nie zu einem ‚echten’ Thema der speziellen pädagogischen Fachrichtungen wie auch der Pädagogik im Allgemeinen geworden ist.
Die beiden hier vorgestellten Studien ändern daran nicht allzu viel. Versucht man sie in einen Vergleich zueinander zu setzen, so muss man zunächst unterscheiden, dass die Grundschullehrer mit einem Fragebogen konfrontiert wurden, während die Sonderschullehrer sich alle etwa einstündigen Experteninterviews stellten. Dies führte zu qualitativen Unterschieden in der Differenziertheit der Ergebnisse. Während der Fragebogen zudem stärker offen ließ, im Sinne sozialer Erwünschtheit zu antworten, ließ sich dies bei den Interviews durch gezielte Nachfragen, ausgehend vom Leitfaden, eher ausschließen. Die angesprochenen Bereiche und Aspekte von Armut sind in beiden Instrumenten aber durchaus vergleichbar.
Beide Befragungen begannen im quantitativen Bereich und zielten darauf ab, wie viele Kinder in einer Klasse von Lehrern als arm wahrgenommen werden. In beiden Untersuchungen wurden in diesem Zusammenhang materielle Aspekte als ‚Erkennungsmerkmal’ herangeführt, wenn auch die Sonderschullehrer differenziertere Angaben zu den äußeren Momenten der Armut ihrer Schülerschaft machten. Beide Lehrerschaften beklagten in gleicher Weise, dass man nicht allzu viel über diese Kinder wisse. Ursächlich gaben sie ganz verschiedene Gründe an. Auffällig ist, dass sowohl Grund- als auch Sonderschullehrer sich einerseits über ihren spärlichen Wissensstand beklagten, andererseits aber keinerlei Veranlassung sahen, sich selbst besser zu informieren bzw. die eigene Verantwortlichkeit an dieser Stelle ins Feld zu führen.
Insgesamt wurde Armut in beiden Befragungen ‚flächendeckend’ wahrgenommen. Die Grundschullehrer, die alle im Stadtgebiet Regensburg befragt wurden, nannten in allen Stadtteilen Kinder, die sie für arm hielten. Die Sonderschullehrer, die in der ganzen Oberpfalz unterrichteten, machten Armut auf dem Land genauso aus wie in der Stadt. Es wurde durch beide Befragungen sehr deutlich, dass Kinderarmut nicht nur ein zentrales Thema sozial schwacher Stadtteile ist, sondern überall zu finden ist.
Im Themenfeld der ‚inneren Armut’ ist beiden Untersuchungen gemein, dass Aspekte sprachlicher Armut von den Lehrern besonders herausgestellt wurde. Auf der Seite der Sonderpädagogen wurden zudem weitere Aspekte innerer Armut genannt wie Vereinsamung, emotionale Verwahrlosung, fehlender Halt etc. Beide Lehrerschaften zeigten offensichtliche Unsicherheiten und eine kaum differenzierte Wahrnehmung im Kontext dieser Aspekte von Armut. Auch wurden Armut, soziale Benachteiligung, Exklusion und spezfisiche Verhaltensweisen nur sehr wage miteinander in Verbindung gebracht.
Auffällig in der Befragung der Grundschullehrer war im Besonderen, dass sie Kinderarmut über die materielle Dimension durchaus wahrnahmen, ihre Reaktionen in der Schule in Form von Stärkung des Selbstbewusstseins etc. aber dem Bereich der inneren Armut zuzuordnen sind. Die Grundschullehrer traten in der Frage des Umgangs mit Kinderarmut in ihren Schulen sehr selbstbewusst auf und schienen vielfach von der Wirksamkeit ihres Handelns überzeugt zu sein, während die Sonderschullehrer ihre Möglichkeiten, etwas dauerhaft für sozial benachteiligte und arme Kinder bewirken zu können, eher zurückhaltender einschätzten. Gemeinsam haben beide Lehrerschaften, dass sie Kinderarmut im Unterricht nur im Rahmen des Lehrplans thematisieren, wenn es beispielsweise um Länder der Dritten Welt oder ethische und moralische Fragen im Rahmen des Religionsunterrichts geht. Kinderarmut, soziale Benachteiligung und die damit in einem Zusammenhang stehenden Exklusionserfahrungen als real existierender Tatbestand innerhalb der eigenen Schule werden weder in den Lehrerkollegien und der Schule im Allgemeinen zum Thema, geschweige denn, dass es im Unterricht eine Rolle spielt. Es lässt sich festhalten, dass Kinderarmut an der materiellen Oberfläche wahrgenommen wird, dies aber so gut wie keine Auswirkungen auf die schulische Handlungskultur oder die Planung und Gestaltung von Unterricht hat.
Grundschullehrer wie auch Sonderschullehrer wünschen sich Verbesserungen auf der institutionellen und finanziellen Seite. Teilhabemöglichkeiten zumindest zu erhalten und Exklusionserfahrungen zu mildern oder aufzuarbeiten sahen die Lehrer nicht als Bestandteil ihrer Aufgabe an. Letztlich wurden die Möglichkeiten einer inklusiven Einflussnahme durch die eigene Lehrerperson völlig unterschätzt und als Aufgabe nicht aufgegriffen.

 

6. Zusammenfassung

Die Armut von Kindern an Förderschulen ist bisher in wissenschaftlichen Untersuchungen und Beschreibungen ein Randthema. Auch in der Sonder- und Schulpädagogik taucht sie nur punktuell auf. Qualität und Quantität der Armut von Kindern an Förderschulen wurde seit den siebziger Jahren nicht mehr ausführlich empirisch untersucht. In soziologischen, sozialpädagogischen und sozialpolitischen Untersuchungen spielten bisher besonders das materielle und das soziale Moment der Kinderarmut eine große Rolle. Es liegen vielschichtige sozialpolitische und soziologische Versuche vor, Armut, und auch im Speziellen Kinderarmut, zu erfassen und zu definieren. In diesem Zusammenhang werden die sozialen Bedingungen der Lebenssituationen dieser Kinder untersucht und durch verschiedene Ansätze dargestellt. Die von den befragten Lehrern für existentiell gehaltenen inneren Aspekte von Armut sind nur in ersten Ansätzen beschrieben (vgl. Andrä 2000; Köttgen 1998; Müller 2008). Grundlegende empirische Untersuchungen liegen dazu trotz der unterstrichenen existentiellen Bedeutung nicht vor. Gleichzeitig weisen viele wissenschaftliche Auseinandersetzungen einen eng gefassten Kulturbegriff auf, der wichtige Dimensionen außer Acht lässt und Teilhabemöglichkeiten der betroffenen Kinder und Jugendlichen somit von vorneherein verhindert. Die „eigentümliche (theoretische) ‚Enthaltsamkeit’ der Allgemeinen Pädagogik, aber auch der Heilpädagogik gegenüber Armut und Benachteiligung kann angesichts der Tatsache nur verwundern, dass im Zeitalter des globalen Kapitalismus Prozesse der Pauperisierung, sozialen Polarisierung und ökonomischen Exklusion in Deutschland wie weltweit insbesondere im Kontext von Dauerarbeitslosigkeit und „working poor“ zunehmen (Butterwegge et al. 2005 S. 51ff.; Kronauer 2002) und dadurch ein offensichtlich wachsender Anteil von Kindern und Jugendlichen in ihren Entwicklungs-, Bildungs- und gesellschaftlichen Teilhabechancen massiv eingeschränkt und ‚behindert’ wird. Der Einwand, es handle sich hier primär um ökonomische und politische Veränderungen, die sich einer (heil-)pädagogischen Einflussnahme und Verantwortung entziehen, ist sicher richtig. Er dispensiert jedoch nicht von der Aufgabe, die Folgen dieser Entwicklung auch aus einer heilpädagogischen Perspektive, d. h. auf der Ebene von Erziehung und Bildung unter erschwerten Bedingungen, genauer in den Blick zu nehmen“ (Weiß 2006 S. 18).

Aus verschiedensten empirischen Erhebungen lässt sich eindeutig erkennen, dass die Armut von Kindern in den letzten Jahren in Deutschland gestiegen ist und weiter steigt. Dabei treten immer deutlicher nicht nur die offensichtlichen materiellen Mängel und sozialen Probleme in den Vordergrund, sondern auch kulturelle und innere Belastungen wie Auswirkungen. Diesen gilt es besonders in der Schule als einer wesentlichen Sozialisationsinstanz verstärkt Aufmerksamkeit und Forschungsinteresse zukommen zu lassen.

 

7. Mögliche Aufgaben von Lehrern zur Inklusion armer Kinder und Jugendlicher

Im Folgenden werden einige mögliche Aufgaben aufgeführt, die sich aus der Problematik der Kinderarmut und sozialen Benachteiligung, Ergebnissen der Befragung und Interviews sowie dem Anliegen der UN-Behindertenrechtskonvention ergeben:

Diese Aufzählung soll deutlich machen, dass Lehrer nicht unbedingt mitwirken müssen, die „Armutsfalle“ (Edelstein 2006 S. 121) schulisch zu stützen, sondern im Gegenteil viele Möglichkeiten haben, „den Betroffenen durch ein gestärktes und gesundes Selbstbewusstsein und eine gesicherte Bildungsgrundlage bessere Zukunftschancen zu bieten“ (Cramer 2006 S. 49) und ihrem kompensatorischen Auftrag gerecht zu werden.

 

8. Literatur

Andrä, Helgard (2000): Begleiterscheinungen und psychosoziale Folgen von Kinderarmut. In: Butterwegge, Christoph (Hrsg.): Kinderarmut in Deutschland. Frankfurt a. M.: Campus

Bauman, Zygmunt (2005): Verworfenes Leben. Hamburg: Hamburger Edition

BMGS (2005) (Hrsg.): Lebenslagen in Deutschland. Der 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Berlin

Büchel, Felix / Diewald, Martin / Krause, Peter / Mertens, Antje / Solga, Heike (2000) (Hrsg.): Zwischen drinnen und draußen. Wiesbaden: VS Verlag, Leske und Budrich

Bude, Heinz / Willisch, Andreas (2006): Das Problem der Exklusion. Ausgegrenzte, Entbehrliche, Überflüssige. Hamburg: Hamburger Edition

Butterwegge, Christoph / Klundt, Michael / Zeng, Matthias (2005): Kinderarmut in Ost- und Westdeutschland. Wiesbaden: VS Verlag

Byrne, David (1999): Social Exclusion. Buckingham: Open University Press

Castel, Robert (2000a): Die Metamorphosen der sozialen Frage. Eine Chronik der Lohnarbeit. Konstanz: Uvk

Castel, Robert (2000b): Die Fallstricke des Exklusionsbegriffs. In: Mittelweg 36. Hamburg (3)

Chitre, Dilip (2006): Bombay Quartett. München: A1-Verlag

Cramer, Barbara 2006: Armut in der Grundschule. Zulassungsarbeit. Regensburg: unveröffentlicht

Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband (DPWV) (2005): Kinderarmut hat mit Hartz IV Rekordniveau erreicht. Zitiert aus http://www.paritaet.org/ am 25.08.2005, 11.30Uhr

Edelstein, Wolfgang (2006): Bildung und Armut. Der Beitrag des Bildungssystems zur Vererbung und zur Bekämpfung der Armut. In: Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation, 26, 2006, 2, S. 120-134. Weinheim: Juventa

Engelbert, Angelika (1999): Familien im Hilfenetz. Bedingungen und Folgen der Nutzung von Hilfen für behinderte Kinder. Weinheim: Juventa

Europäische Kommission (2004): Gemeinsamer Bericht über die soziale Eingliederung. Generaldirektion Beschäftigung und Soziales. Brüssel

Faust-Siehl, Gabriele (1997): Auf dem Weg – Zur Situation und Perspektive der Grundschule. In: Gesing, Harald: Pädagogik und Didaktik der Grundschule. Neuwied: Luchterhand

Fölling-Albers, Maria (2001): Veränderte Kindheit - revisited. In: Fölling-Albers, Maria / Richter, Sigrun / Brügelmann, Hans / Speck-Hamdan, Annette (Hrsg.): Jahrbuch Grundschule III. Frankfurt a. M.: Arbeitskreis

Gaschke, Susanne (2000): Die ‚innere Armut’. In: Die Zeit 55 (41). Hamburg: Zeit-Verlag

Goldthorpe, John (2003): Globalisierung und soziale Klassen. In: Berliner Journal für Soziologie 13 (3). Berlin, Heidelberg: Springer

Groh-Samberg, Olaf (2007): Armut in Deutschland verfestigt sich. In: Wochenbericht 74 (12) Berlin: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung

Häußermann, Hartmut / Kronauer, Martin / Siebel, Walter (Hrsg.) (2004): An den Rändern der Städte. Frankfurt a. M.: Suhrkamp

Hills, John / Le Grand, Julien / Piachaud, David (Ed.) (2002): Understanding Social Exclusion. Oxford: Oxford University Press

Holz, Gerda / Richter, Antje / Wüstendorfer, Werner / Giering, Dietrich 2005: Zukunftschancen für Kinder!? – Wirkung von Armut bis zum Ende der Grundschulzeit. Zusammenfassung des Endberichts der 3. Phase der AWO-ISS-Studie. AWO-Bundesverband e.V.

Hübinger, Werner (1999): Prekärer Wohlstand. Spaltet eine Wohlstandsschwelle die Gesellschaft? In: Aus Politik und Zeitgeschichte. B 18. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung

Klein, Gerhard (2002): Frühförderung für Kinder mit psychosozialen Risiken. Stuttgart: Kohlhammer

Koch, Katja (2004): Die unauffällig Auffälligen – sozial benachteiligte Kinder in der Grundschule. In: Götz, Margarete (Hrsg.): Auffällige Kinder in der Grundschule. Donauwörth: Auer

Köttgen, Charlotte (Hrsg.) (1998): Wenn alle Stricke reißen. Bonn: Beltz

Kronauer, Martin (2002): Exklusion. Die Gefährdung des Sozialen im hoch entwickelten Kapitalismus. Frankfurt a. M., New York: Campus

Lehmann, Rainer / Peek, Rainer / Gänsfuß, Rüdiger (1997): Aspekte der Lernausgangslage von Schülerinnen und Schülern der fünften Klassen an Hamburger Schulen. Hamburg: Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung, Amt für Schule

Meyer-Wolters, Hartmut (1992): Koexistenz und Freiheit. Diss. Würzburg: unveröffentlicht

Müller, Thomas (2005): Armut von Kindern an Förderschulen. Beschreibung und Analyse des Phänomens der Armut von Kindern an Förderschulen sowie empirische Untersuchung seiner Wahrnehmung bei Förderschullehrern. Hamburg: Dr. Kovac

Müller, Thomas / Cramer, Barbara (2006): Armut von Kindern im Grundschulalter. Ein aktuelles Problem darf nicht länger ignoriert werden. In: Die Deutsche Schule. Braunschweig 8 (3): 311  - 321

Müller, Thomas (2006): Armut von Kindern an Förderschulen. Zur Wahrnehmung eines vielschichtigen Phänomens durch Lehrer an Förderschulen. In: Behinderte in Familie, Schule und Gesellschaft. Graz 29 (1): 42 – 55

Müller, Thomas (2008): Innere Armut. Kinder zwischen Mangel und Überfluss. Wiesbaden: VS Verlag

Nassehi, Armin (2006): Die paradoxe Einheit von Inklusion und Exklusion. In: Bude, Heinz / Willisch, Andreas: Das Problem der Exklusion. Ausgegrenzte, Entbehrliche, Überflüssige. Hamburg: Hamburger Edition, 41 - 69

Nolte, Paul (2006): Riskante Moderne. Die Deutschen und der neue Kapitalismus. Bonn: Bundeszentrale für Politische Bildung

Richter, Antje (2000): Wie erleben und bewältigen Kinder Armut? Aachen: Shaker

Schumacher, Elisabeth (2002): Die soziale Ungleichheit der Lehrer/innen – oder: Gibt es eine Milieuspezifität pädagogischen Handelns? In: Mägdefrau, Jutta / Schumacher, Elisabeth (Hrsg.): Pädagogik und soziale Ungleichheit. Bad Heilbrunn: Klinkhardt

Thimm, Walter / Funke, E.H. (1977): Soziologische Aspekte der Lernbehinderung. In: Kanter, Gerhard / Speck, Otto (Hrsg.): Handbuch der Sonderpädagogik. Bd. 4, Berlin: Marhold

Toppe, Sabine (2001): Kinderarmut in Deutschland. In: Zeitschrift Grundschule 33 (1): 16-18, Braunschweig: Westermann

UNESCO (2005): Guidelines for Inclusion: Ensuring Access to Education for All

Unicef (2007): Unicef-Bericht zur Situation von Kindern in Industrieländern. Köln: Unicef

Vogel, Berthold (2006): Soziale Verwundbarkeit und prekärer Wohlstand. Für ein verändertes Vokabular sozialer Ungleichheit. In: Bude, Heinz / Willisch, Andreas (Hrsg.) (2006): 342 - 355

Weiß, Hans (2001): Armut und soziale Benachteiligung: Was bedeutet sie für die Heil- und Sonderpädagogik? In: Die neue Sonderschule 46: 350–368

Weiß, Hans (2003): Begegnung mit dem „Fremden“: Zur Arbeit mit Familien in Armut und Benachteiligung. In: Wilken, U.; Jeltsch-Schudel, B. (Hrsg.): Eltern behinderter Kinder. Empowerment – Kooperation – Beratung. Stuttgart, 117 – 131: Kohlhammer

Weiß, Hans (2006): Kinderarmut und ihre Bedeutung für die Heil- und Sonderpädagogik. In: Z Behinderte (1) Graz: Initiativ für behinderte Kinder und Jugendliche