Jaqueline & Toni Simon: Inklusive Diagnostik – Wesenszüge und Abgrenzung von traditionellen "Grundkonzepten" diagnostischer Praxis. Eine Diskussionsgrundlage

Abstract: Im Beitrag soll einerseits ein prägnanter Vergleich wesentlicher Ausrichtungen von Diagnostik in pädagogischen Settings, wie sie in der pädagogischen Alltagspraxis wiederzufinden sind, angestellt werden. Andererseits sollen grundlegende Wesenszüge einer inklusiven Diagnostik skizziert und zur Diskussion gestellt werden.

Stichworte: Diagnostik, Inklusion, ‚klassische‘ Diagnostik, Förderdiagnostik, inklusive Diagnostik

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Gegenüberstellung von ‚klassischer‘ Diagnostik, Förderdiagnostik und inklusionsorientierter bzw. inklusiver Diagnostik
  3. Grundlegende Wesenszüge einer inklusionsorientierten bzw. inklusiven Diagnostik
  4. Literatur

1. Einleitung

Ein konsequentes und ‚breites‘ pädagogisches Inklusionsverständnis (vgl. Hinz 2013) eröffnet im Kontext der Theorie und Praxis von (Schul)Pädagogik grundlegend eine Vielzahl von Möglich- aber auch Notwendigkeiten bisherige Strukturen, Konzepte, Praxen, Traditionen etc. kritisch-konstruktiv infrage zu stellen. Damit einhergehen können Unsicherheiten, Ängste, Fragen, Herausforderungen und Hoffnungen. Inklusion ist nach wie vor einer der stärksten Anreize (wenn nicht der stärkste Anreiz) für Diskussionen um tiefgreifende Veränderungen im deutschen Bildungswesen. Obgleich Inklusion – konsequent gedacht – ein extrem breites Spektrum an Veränderungen nach sich zieht, bedeutet dies jedoch nicht, dass im Rahmen des Pädagogischen das Rad neu erfunden werden muss. Zwar werden nicht alle pädagogischen Ansätze ‚inklusionstauglich‘ sein, im Umkehrschluss bedeutet Inklusion jedoch auch nicht, dass alles, was bisher als gut oder pädagogisch wertvoll galt, an Bedeutung oder Legitimation verliert. Es geht vielmehr um die Suche nach Ansätzen, die mit dem Anspruch inklusiver Pädagogik und seiner originären Tragweite zu vereinbaren sind – so auch in Bezug auf eine inklusive Diagnostik (vgl. Boban/Hinz 1998). Entsprechend dieses Grundgedankens soll in diesem Beitrag der Fokus auf Diagnostik und damit auf einem ausgewählten Aspekt pädagogischer Theorie und Praxis gelegt werden. Einerseits wird ein prägnanter Vergleich wesentlicher Ausrichtungen von Diagnostik in pädagogischen Settings, wie sie in der pädagogischen Praxis wiederzufinden sind, vorgenommen werden. Andererseits sollen Wesenszüge einer inklusiven Diagnostik skizziert werden.
Mit seiner tabellarischen Gegenüberstellung der Praxis der Integration und der Inklusion sowie ihrer jeweiligen „Blickwinkel“ und „Zielrichtungen“ hat Andreas Hinz (2002) die Umsetzung integrativer Ansätze bis zum Anfang der 2000er Jahre kritisiert und gleichsam dazu beigetragen, den Inklusionsbegriff sowie die dahinterstehende Theorie und angezielte sowie bereits tatsächlich existente Praxis von jener der Integration abzugrenzen und damit den Inklusionsdiskurs in Deutschland wesentlich voranzubringen. Auch nach über zehn Jahren verhilft Hinz‘ Gegenüberstellung dazu, dem Ansatz der Inklusion eine deutliche Kontur zu verleihen und die wesentlichen Unterschiede zur Praxis der Integration prägnant hervorzuheben. Angesichts des zum Teil widersprüchlichen und unreflektierten Inklusionsdiskurses (vgl. Hinz 2013) genießt Hinz‘ zusammenfassende Gegenüberstellung durchaus ungebrochene Aktualität. In Kreisen von Sonder-, Integrations- und Inklusionspädagog_innen wurde sich durchaus kritisch mit der hinz‘schen Abgrenzung integrativer und inklusiver Praxis auseinandergesetzt. So wurde Hinz unter anderem eine illegitime Abwertung der Integration und ein fragwürdiger, konzeptionell unbegründeter Begriffswechsel vorgeworfen (z.B. Knauer 2003, Liesen/Felder 2004, Wocken 2010). Bedeutsam ist, dass es Hinz nicht um eine Kritik an der Theorie integrativer Pädagogik ging (wobei von der Theorie integrativer Pädagogik ohnehin keine Rede sein kann…), sondern um eine Kritik ihrer überwiegenden Praxis, sodass „die ‚bad practice‘ der Integration nicht einer ‚bad theory‘ zugeschrieben werden darf“ (Schür 2013: 50). Liesen und Felder (2004: 6) merkten dieser Vorgehensweise kritisch an, dass Hinz lediglich die nordamerikanische inklusionspädagogische Praxis jener der deutschen integrationspädagogischen gegenüberstelle. Inwiefern dies heutzutage grundlegend anders wäre, bleibt offen, da für den schulischen Bereich nach wie vor nicht verlässlich gesagt werden kann, in welchem quantitativen und qualitativen Maße von einer inklusiven Praxis die Rede sein kann (vgl. Speck 2011: 78) – von einer veränderten Sachlage ist jedoch auszugehen.
Die unten stehende tabellarische Gegenüberstellung traditioneller diagnostischer Konzepte mit dem Konzept der Förderdiagnostik und dem einer inklusiven bzw. inklusionsorientierten Diagnostik ist dennoch in derselben Weise wie Hinz‘ Gegenüberstellung der integrativen und inklusiven Praxis zu verstehen: Es geht um den Vergleich der überwiegenden Praxis von Diagnostik in pädagogischen Settings und um die Extrapolation wesentlicher Charakterzüge von Diagnostik innerhalb der pädagogischen Alltagspraxis. Demnach ist es nicht das Anliegen im Rahmen dieses Beitrages, die Vielfalt diagnostischer Ansätze (vgl. z.B. Bundschuh 2007) mitsamt ihrer Verfahren und Instrumente abzubilden und diese zu diskutieren. Es geht vielmehr um eine Zusammenfassung der kritischen Auseinandersetzung mit diagnostischer Praxis, wie sie intensiv im Zuge der Diskurse integrativer und inklusiver Pädagogik vorgenommen wurde (z.B. Feuser 1995, Belusa/Eberwein 1997, Knauer 1998, Eggert 1998, Boban/Hinz 1998, Eberwein 1999, Boban 2007, Prengel 2011, Wocken 2013, Geiling/Hinz/Simon i.E., Simon i.E.). In Bezug auf die Praxis einer inklusiven Diagnostik stößt die unten stehende Tabelle an dieselbe ‚Grenze‘ wie die Tabelle der Praxis der Integration und der Inklusion von Hinz (2002): Sie bezieht sich in Sachen inklusiver Diagnostik auf eine Praxis, die in keiner vergleichbaren Quantität vorzufinden ist, wie die der ihr gegenübergestellten Ansätze der ‚klassischen‘ Diagnostik und der Förderdiagnostik.

2. Gegenüberstellung von ‚klassischer‘ Diagnostik, Förderdiagnostik und inklusionsorientierter bzw. inklusiver Diagnostik

„Das Wort „Diagnostik“ geht zurück auf das griechische Verb „diagignóskein“, das unterschiedliche Aspekte eines kognitiven Vorganges bezeichnet“ (Fisseni 2004: 4). In seinem Abriss diagnostischer Modelle und Vorgehensweisen stellt Bundschuh (2007: 43ff.) ‚klassische‘ bzw. traditionelle diagnostische Ansätze und neuere Ansätze psychologisch-pädagogischer Diagnostik gegenüber. Zu den ‚klassischen‘ Ansätzen zählt er das medizinische Modell klinischer Diagnostik, das psychologisch-diagnostische Modell sowie die verhaltensorientierte Diagnostik. Diesen Ansätzen ist gemein, dass sie Ursachen für Störungen oder Probleme in Defiziten einer Person suchen, mit dem Ziel diese Defizite durch Interventionen zu beseitigen. Anregungen für Interventionen (und auch präventive Maßnahmen) sind die Ergebnisse diagnostischer Prozesse (vgl. Bundschuh 2007). ‚Klassische‘ Diagnostik dient dazu, „menschliches Verhalten „gründlich kennen[zu]lerne[n]“, um bei Störungen zum Zwecke einer Abhilfe „Entscheidungen“ oder gar „Beschlüsse“ herbeizuführen“ (Fisseni 2004: 4).
Zu den neueren Ansätzen zählt Bundschuh das gesellschaftswissenschaftliche Modell, diagnostische Ansätze mit didaktischer Orientierung, den systemischen Ansatz, das epistemologische Subjekt-Modell, die Normalisierungs- und Integrationsdiagnostik sowie die Bildbarkeits- und Förder(ungs)diagnostik (vgl. Bundschuh 2007: 55ff.). Bei der nachfolgenden tabellarischen Übersicht wird die ‚klassische‘ Diagnostik mit der inklusiven Diagnostik – deren Charakter am Ende dieses Beitrages beschrieben wird – und dem Ansatz der Förderdiagnostik, als ‚prominente‘ und für die integrative Pädagogik besonders bedeutsame Vertreterin neuerer diagnostischer Ansätze gegenübergestellt. Mit dem Terminus Förderdiagnostik „sollte die Zielsetzung zum Ausdruck gebracht werden, die Aufmerksamkeit nicht, wie bislang, auf die Defizite eines Kindes im Hinblick auf schulisches Lernen zu richten, sondern zum einen die individuellen Stärken und die im Umfeld liegenden Ressourcen aufzudecken und zum anderen das schulische Angebot mit diesen Voraussetzungen zur Passung zu bringen“ (Knauer 1998: 57). Im Gegensatz zur ‚klassischen‘ Diagnostik geht es im Rahmen der Förderdiagnostik auf Grundlage einer Kind-Umfeld-Analyse (vgl. Sander 1993) um die Beschreibung von Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen des Menschen (vgl. Eggert 1998) mit dem Ziel die bestmögliche Entfaltung der Persönlichkeit zu gewährleisten, zu deren Zwecke pädagogische Angebote optimiert werden sollen (Kretschmann 2004: 181, vgl. auch Belusa/Eberwein 1997). Förderdiagnostik versteht sich also selbst als Kritik an den traditionellen Ansätzen von Diagnostik und wird daher auch direkt mit dieser und einer inklusiven Diagnostik gegenübergestellt. Trotzdem sich Förderdiagnostik als Gegenentwurf zur ‚klassischen‘ Diagnostik versteht, ist es ihr nicht gelungen, sich aus dem „Grunddilemma pädagogischer Diagnostik im administrativen Zusammenhang eines selektiven Schulwesens“ (Boban 2007: 139, vgl. auch Boban/Hinz 1998: 151ff.) zu lösen.
Die Gegenüberstellung der Konzepte der ‚klassischen‘ Diagnostik, der Förderdiagnostik und der inklusiven Diagnostik orientiert sich nachfolgend an elf Kriterien, die einen prägnanten, unmittelbaren, systematischen Vergleich der dargestellten ‚Konzepte‘ ermöglichen und kurz beschrieben werden sollen: Das erste Kriterium sind Termini (1), die mit dem jeweiligen diagnostischen Konzept in Verbindung stehen. Diese jeweils zugeordneten Begriffe sind stets als beispielhaft zu verstehen, erheben also keinen Vollständigkeitsanspruch. Die Zielgruppe (2) beschreibt die Klientel, für die das jeweilige diagnostische Konzept seine primäre Gültigkeit beansprucht bzw. über die sich die vorgestellten Konzepte legitimieren. Des Weiteren wird zwischen dem Anlass (3) und dem unmittelbaren Zweck (4) von Diagnostik unterschieden. Mit dem Anlass ist gleichsam eine bestimmte diagnostische Haltung und Perspektive i.S. einer spezifischen Aufmerksamkeit für als diagnostisch relevant eingeschätzte ‚Phänomene‘ aber auch der Grund für das Zustandekommen diagnostischer Tätigkeiten gemeint. Der unmittelbare Zweck versucht wiederum die grundlegende Intention diagnostischen Handelns zu bestimmen. Ferner wird der Blick auf den Umgang des jeweiligen diagnostischen Konzeptes mit Vielfalt gelegt (5), wobei in Anlehnung an Weinert (1997) grundsätzlich zwischen einer passiven, substitutiven, aktiven und proaktiven Reaktionsform unterschieden werden kann. Die passive meint das überwiegende Ignorieren bspw. von Lern- und Leistungsunterschieden. Die Lehr-Lernplanung orientiert in der Konsequenz dessen an einem fiktiven Durchschnittsschüler, weshalb didaktisch-methodische Maßnahmen der Differenzierung nicht nötig erscheinen. Die substitutive Reaktionsform meint das Bestreben der Anpassung an den Kontext, was i.d.R. bedeutet, dass Unterschiede durch Maßnahmen der Homogenisierung und Anpassung reduziert werden. Praktisch kann dies im Spektrum von Prävention über Förderung/Trainings bis hin zu Selektion erfolgen. Die aktive Reaktionsform bedeutet wiederum eine teilweise Anpassung des Unterrichts an die lernrelevanten Unterschiede zwischen den Schüler_innen durch Differenzierungsmaßnahmen, vor allem durch zieldifferenzielle Lernangebote entsprechend unterschiedlicher Lernvoraussetzungen der Schüler_innen. Die proaktive Reaktionsform meint letztlich die Anpassung des Kontextes an die Bedürfnisse des einzelnen Kindes, wodurch Förderung und Individualisierung ein Anspruch für alle Kinder sind und es zu einem zielgleichen aber individualisierten Lernen kommt („ein individualisiertes Curriculum für alle“ (Hinz 2002: 359)). Ein weiteres Kriterium des Vergleichs bildet die Flexibilität der diagnostischen Ansätze (6), die das jeweilige Konzept bestimmen. Damit verbunden sind sowohl Möglichkeiten der Verwendung standardisierter und nichtstandardisierter Verfahren, als auch generell unterschiedlicher Verfahren und Instrumente bspw. im Spektrum quantitativer und qualitativer Zugänge zu Ausschnitten von respektive Annäherungen an soziale(r) Realität. Eng damit verbunden ist der Umgang mit den klassischen Hauptgütekriterien (7) der Forschung bzw. Diagnostik (z.B. Bortz/Döring 2006, Bühner 2011)[1]. Hinter dem Kriterium Erkenntnisgrad (8) verbirgt sich der (Selbst)Anspruch des jeweiligen diagnostischen Konzeptes tatsächliche ‚Wahrheiten‘ bzw. ‚wahre Aussagen‘ und damit objektive Daten zu produzieren, die es ermöglichen Ist-Aussagen zu treffen. Anschließend wird die Rolle der Diagnostiker_innen charakterisiert (9), die wiederum Rückschlüsse auf die Rolle weiterer an Diagnostik beteiligter oder von ihr mittel- und unmittelbar betroffener Personen und Personengruppen zulässt. Mit dieser Rollenbeschreibung verbunden ist auch die Charakterisierung der Interaktionen zwischen den Diagnostiker_innen und weiteren an Diagnostik beteiligten oder von ihr mittel- und unmittelbar betroffenen Personen und Personengruppen (10). Schlussendlich wird der Kern des Charakters des jeweiligen diagnostischen Ansatzes zusammen zu fassen versucht (11).
Tab.: Gegenüberstellung traditioneller Ansätze von Diagnostik, von Förderdiagnostik sowie inklusionsorientierter Diagnostik

 

Traditionelle
diagnostische
Konzepte

Konzept der
Förderdiagnostik

Inklusive bzw. inklusionsorientierte Diagnostik

Termini (beispielhaft)

‚klassische‘ Diagnostik, medizinisch-psychologische Diagnostik, Verhaltensdiagnostik

Förderdiagnostik, Lernförderungsdiagnostik, Entwicklungsdiagnostik, pädagogisch psychologische Diagnostik

inklusionsorientierte/ inklusive Diagnostik, pädagogische Diagnostik, willkommen heißende Diagnostik

Zielgruppe

Klientelspezifik: Kinder mit vermutetem und/ oder diagnostiziertem sonderpädagogischem Förderbedarf, ‚Problemkinder‘; Zwei-Gruppen-Theorie

Klientelspezifik: Kinder mit vermutetem und/ oder diagnostiziertem sonderpädagogischem Förderbedarf, ‚Problemkinder‘; Zwei-Gruppen-Theorie

„Support- und Serviceleistung“ für alle Kinder (Wocken 2013); Überwindung von Klientelspezifik und Zwei-Gruppen-Theorie

Anlass/ Perspektive

Störung/ Probleme beim/ im Kind; defizitorientiert und personenzentriert

Störung/ Probleme beim/ im Kind, fehlende Passung zwischen Bedürfnissen und Bedingungen, Probleme der Kind-Umfeld-System-Beziehung (Sander 1993)

Informationsgewinnung als generelle Grundlage pädagogischer Handlungsplanung und -reflexion, Fremdheitshaltung und Offenheit

unmittelbarer Zweck

Problemidentifikation, Intervention zur Problembehebung, Anpassung des Individuums, Legitimation von Selektionsprozessen, personengebundene Ressourcenlegitimation

Problemidentifikation, Erstellen von Förderplänen, Planung pädagogischer Angebote, Adaption von Aufgaben und Lernumgebung, personengebundene Ressourcenlegitimation

Erstellung von Lehr-, Lern- und Förderplänen (Prengel 2011), Planung pädagogischer Angebote, Barrieren identifizieren, mindern und beheben, Adaption von Aufgaben und Lernumgebung

Umgang mit Vielfalt

substitutive Reaktionsform (Weinert 1997); Separierungsmodell (Hinz 1995); Defizitorientierung, Vergleich & Stigmatisierung, Selektion & Platzierung

eher aktive Reaktionsform (Weinert 1997); Separierungs- & Anpassungsmodell (Hinz 1995); Ressourcenorientierung, Vergleich & Stigmatisierung, Selektion & Platzierung

proaktive Reaktionsform (Weinert 1997); Ergänzungsmodell (Hinz 1995); Prinzip der Anerkennung und Nicht-Diskriminierung (Prengel 2011, Prengel/Liebers/Geiling 2013, Simon i.E.)

Flexibilität diagnostischer Instrumente

nicht individualisierbar, normorientiert, überwiegend formelle, quantitative Verfahren

z.T. individualisierbar, z.T. normorientiert, formelle und informelle, quantitative und (vermehrt) qualitative Verfahren

individualisierbar, flexibel, formelle und informelle, quantitative und (vermehrt) qualitative Verfahren

Hauptgütekriterien

gelten uneingeschränkt

gelten eingeschränkt, Notwendigkeit weiterer Gütekriterien wird diskutiert (vgl. Belusa/ Eberwein 1997)

Gültigkeit wird in Frage gestellt; Notwendigkeit weiterer, neuer Gütekriterien

Erkenntnisgrad

Diagnostik bringt Erkenntnisse zu Tage, ermöglicht Ist-Aussagen

Bewusstheit begrenzter ‚Erkenntnis‘ (Speck 2008), bringt Arbeitshypothesen hervor (Prengel 2011, Prengel/       Liebers/Geiling 2013)

Bewusstheit begrenzter ‚Erkenntnis‘ (Speck 2008), bringt Arbeitshypothesen hervor (Prengel 2011, Prengel /Liebers/Geiling 2013)

Rolle des Diagnostikers

Monopol der Diagnostik und ihrer Legitimation, Bezugsdisziplinen sind v.a. Medizin und Psychologie, vgl. Laienmodell nach Speck (1989)

Diagnostik ist interdisziplinärer Prozess, vgl. Ko-Therapeutenmodell nach Speck (1989)

Diagnostik ist multiperspektivischer, ko-konstruktiv-dialo-gischer Prozess(Boban 2007, Boban/Kruschel 2012, Simon i.E.), vgl. Kooperationsmodell nach Speck (1989)

Charakter der Interaktion(en)

verdinglichende Haltung ggü. Kind (und Angehörigen) (Nussbaum 2002, Honneth 2005, Simon i.E.)

verdinglichende Haltung ggü. Kind (Nussbaum 2002, Honneth 2005, Simon i.E.)

anerkennende Haltung (Simon i.E.)

Disziplinärer Charakter

Spezialdisziplin (von Medizin, Psychologie und Sonderpädagogik) im administrativen Zusammenhang

Spezialdisziplin (v.a. von Sonderpädagogik) im administrativen Zusammenhang

keine Spezialdisziplin (Boban 2007, Wocken 2013), ko-konstruktive Disziplin der ‚Weisheit der Vielen‘ (Boban/ Kruschel 2012), Loslösung aus administrativem Zusammenhang

3. Grundlegende Wesenszüge einer inklusionsorientierten bzw. inklusiven Diagnostik

Sowohl im Rahmen der tabellarischen Gegenüberstellung als auch weiter oben wurde bereits der Versuch unternommen das Wesen ‚klassischer‘ Diagnostik, das der Förderdiagnostik und jenes der inklusiven Diagnostik zu beschreiben. Abschließend soll nun der Versuch unternommen werden das Wesen einer inklusiven Diagnostik weiter zu differenzieren. Dies erfolgt einerseits auf Grundlage des obigen tabellarischen Vergleichs der diagnostischen Ansätze und andererseits unter Rückgriff auf Beiträge zur Frage einer inklusiven Diagnostik (vgl. Boban/Hinz 1998, Boban 2007, Prengel 2011, Boban/Kruschel 2012, Gebauer/Simon 2012, Wocken 2013, Simon 2013, Simon i.E.). Das Wesen einer inklusiven Diagnostik ergibt sich aus spezifischen inklusionspädagogischen Forderungen an Diagnostik oder anders formuliert aus den Ansprüchen und Herausforderungen, die an eine inklusionsorientierte Diagnostik[2] gestellt werden. Diese Ansprüche ergeben sich letztlich wiederum aus dem konkreten zugrundeliegenden Inklusionsverständnis. Angesichts des widersprüchlichen Inklusionsdiskurses (vgl. Hinz 2013) sei daher an dieser Stelle der explizite Hinweis gegeben, dass das diesem Beitrag zugrunde liegende Inklusionsverständnis sich dem hinz’schen Inklusionsverständnis (z.B. Hinz 2002, 2013) anschließt und damit auch die Ansprüche an eine inklusive Diagnostik mitbestimmt.
Eine inklusionsorientierte bzw. inklusive Diagnostik knüpft an integrationspädagogische Diagnostik-Kritik an (vgl. z.B. Feuser 1995, Knauer 1998, Eggert 1998, Boban/Hinz 1998, Eberwein 1999), im Rahmen derer v. a. die Gefahr von Selektion, Platzierung, Zuwendung und Ressourcenverteilung sowie der (Re)Produktion von Ungleichheit(en) thematisiert und insgesamt das Grunddilemma pädagogischer Diagnostik im administrativen Zusammenhang beschrieben wird (vgl. Boban/Hinz 1998, Boban 2007), welches im Zuge integrationspädagogischer Bemühungen nicht erfolgreich überwunden werden konnte und somit eine bedeutsame Entwicklungsaufgabe von Diagnostik auf ihrem Weg zur Inklusion darstellt.
Nachfolgend werden zehn zentrale Wesenszüge einer inklusiven Diagnostik angeführt (ein ‚Dekalog inklusiver Diagnostik‘), die als Diskussionsgrundlage und als generell erweiterbar zu betrachten sind.

  1. Inklusive Diagnostik knüpft an den systemischen Blick der Förderdiagnostik an, wie er für die Kind-Umfeld-Analyse maßgeblich ist (Sander 1993) und fragt nach der Notwendigkeit der Passung von Rahmenbedingungen und kindlichen Bedürfnissen. Sie wehrt sich erstens dagegen als Instrument für interindividuelle oder normorientierte Vergleiche, für Selektions- bzw. Platzierungsprozesse, Bewertungen oder Zuordnungen missbraucht zu werden (vgl. Prengel 2011: 16), womit sie Etikettierungsprozesse und die mit ihnen verbundene Gefahr von Ausgrenzung und Beschämung vermeiden will.
  2. Sie zeichnet sich zweitens durch ihre Praxisrelevanz für pädagogisches Handeln aus (vgl. Prengel/Liebers/Geiling 2013, Wocken 2013). Sie unterstützt das Lehren und Lernen in heterogenen Gruppen und sichert diese ab, indem aus diagnostischer Tätigkeit gewonnene Hypothesen der Lehr-, Lern- und Förderplanung dienen und didaktische Entscheidungen sowie die Reflexion derer unmittelbar anregen (vgl. Prengel 2011). Aufgrund ihrer besonderen Affinität zur Didaktik bezeichnet Simon (i.E.) eine solche Diagnostik als Di(d)agnostik[3]. Sie dient nicht der Kategorisierung, sondern der Schaffung förderlicher Lernumgebungen, dem Aufdecken möglicher Barrieren und der Unterstützung individueller Lernwege (vgl. Seitz 2011, Gebauer/Simon 2012) womit sie maßgeblich zur Entwicklung einer inklusiven Perspektive beiträgt.
  3. Drittens knüpft sie nicht vordergründig an Lern- und Entwicklungsprobleme von Schüler_innen an (vgl. Gebauer/Simon 2012, Simon 2013, Simon i.E.), sondern stellt für und mit jedem Kind einer Lerngruppe gleichermaßen die Frage wie und mit welcher/wessen Hilfe es ausgehend von der Zone seiner aktuellen zur Zone der nächsten Entwicklung gelangen könnte (im Gegensatz dazu vgl. bspw. Hartke 2012, Huber/Grosche 2012, Kahlert/Heimlich 2012). Inklusive Diagnostik als „Serviceleistung“ für alle Kinder (vgl. Wocken 2013) erfüllt damit für alle Kinder den Anspruch auf Förderung ungeachtet von Problemlagen (ohne solche jedoch aus dem Blick zu verlieren), womit einer Verbesonderung bestimmter Kinder entgegengewirkt wird.
  4. Damit ist die inklusive Diagnostik viertens keine sonderpädagogische Spezialdisziplin mehr (vgl. Boban/Hinz 1998, Boban 2007) und trägt potentiell zur Überwindung der tradierten Zwei-Gruppen-Theorie und pädagogischen Dichotomie bei, welche als wichtiges Merkmal inklusiver Pädagogik (vgl. Hinz 2002) und als Indikator für Inklusion und inklusive Entwicklungen (vgl. Schwager 2005: 19ff.) betrachtet wird.
  5. Auch eine inklusive Diagnostik kann nur fragmentarische Momentaufnahmen sozialer Realität hervorbringen (bzw. Annäherungen an diese), die nicht zu Erkenntnissen, sondern zu Hypothesen führen (Geiling/Prengel 2007, Prengel 2011, Prengel/Liebers/Geiling 2013), welche verifiziert oder falsifiziert werden müssen und Ist-Aussagen ausschließen. Sie ist sich also fünftens ihrer generellen Begrenztheit bewusst (vgl. auch Speck 2008).
  6. Aus der Emanzipation von Diagnostik von ihrer Verankerung in der sonderpädagogischen Profession, ihrer Loslösung von einer Problemorientierung und Klientelspezifik i. S. einer „Serviceleistung“ für alle Kinder und der Bewusstheit immerwährender Erkenntnisgrenzen, ergibt sich für eine inklusive Diagnostik sechstens die Notwendigkeit eines erweiterten Kreises von am diagnostischen Prozess beteiligten Personen (vgl. Boban/Hinz 1998, Boban/Kruschel 2012). Diagnostik wird zu einem ko-konstruktiven, dialogischen Prozess (vgl. Boban 2007, Seitz 2008), in dem spezifische Expertisen und subjektive Perspektiven unterschiedlicher Akteur_innen, zu denen unbedingt auch die Perspektiven der Person gehören, für die und mit der Diagnostik betrieben werden soll, ergänzt werden. Inklusive Diagnostik macht sich die Weisheit der Vielen zu nutzen (Boban/Kruschel 2012), um individuelle und vielfältige Entwicklungen zu unterstützen und diese willkommen zu heißen.
  7. Siebtens bleibt für eine inklusive Diagnostik die Frage offen, ob bzw. wie diese sich mit den Hauptgütekriterien für Diagnostik vereinbaren lässt, oder ob nicht andere (Nebengüte-)Kriterien maßgeblicher sein müssten. In diesem Zusammenhang kann auf Belusa und Eberwein (1997: 261) verwiesen werden, nach denen Diagnostik, „die soziale Bedeutung sowie die interaktionistische Dimension von Lernsituationen kaum berücksichtigt“. Beide Autoren fordern eine flexible Abwandlung und Veränderung einer standardisierten Situation, um so differenzierte Einblicke zu erhalten und kritisieren vor allem eine „an der Objektivitätsforderung ausgerichtete Diagnostik“ (ebd.). Die Forderung der Individualisierung und Flexibilisierung von Diagnostika wirft zwar die Frage auf, ob und wie die Hauptgütekriterien der Objektivität, der Validität und der Reliabilität erfüllt werden können, jedoch schließt das keinen generellen Verzicht derselben mit ein.
  8. Weiterhin trägt inklusive Diagnostik achtens dazu bei Vielfalt zu kultivieren, indem individuelle Lernfortschritte aller Kinder ermittelt und wertgeschätzt werden. Damit trägt eine inklusive Diagnostik „zur Entwicklung inklusiver Perspektive […] bei [und, d. A.] ist die Grundlage zum Abbau von Barrieren“ (Boban 2007: 144). Die Wertschätzung von Vielfalt impliziert, dass jedes Kind das gleiche Recht hat, dass lernprozessbegleitend Barrieren aufgedeckt, gemindert oder verhindert werden, dass die Zone seiner aktuellen Entwicklung festgestellt wird, um daran anschließend passende pädagogische Angebote bereitzustellen. Jedes Kind hat das Recht auf individuelle Unterstützung seiner Lernwege, egal auf welcher Stufe es kompetent ist, denn jedes Kind ist auf (s)einer Stufe kompetent (vgl. Prengel/Liebers/Geiling 2013).
  9. Eine inklusive Diagnostik ist neuntens eine individualisierte, entwicklungssensible Diagnostik: Inklusion bedeutet die Sensibilität für alle Heterogenitätsdimensionen, das Wertschätzen und Unterstützen der wahrgenommenen Vielfalt sowie deren Berücksichtigung im pädagogischen Handeln. Für Diagnostika bedeutet dies, dass diese diesbezüglich individualisiert und flexibel gestaltet werden, entwicklungssensibel (vgl. Prengel/Liebers/Geiling 2013: 14f.) sowie individuell bedeutsam und sinnvoll sein müssen. Ausgehend von der Haltung, dass jedes Kind auf (s)einer Stufe kompetent ist (vgl. ebd., sowie Prengel 2011: 9), müssen Diagnostika nach ‚oben‘ und ‚unten‘ (im jeweils zu untersuchenden Entwicklungsbereich) offen sein bzw. sich anpassen lassen, m so differenzierte Einsichten in die Fähig- und Fertigkeiten jedes Kindes auf seiner jeweiligen Kompetenzstufe zu erhalten. Eine solche flexible und individualisierbare, entwicklungssensible Diagnostik ist passfähig zur Leistungs- und Begabungsheterogenität in Schule (vgl. Brügelmann 2003), aber auch zur Vielfalt an Interessen, Erfahrungen, Wünschen, Ängsten etc. Im Rahmen einer Individualisierung von Diagnostik sind quantitative und qualitative Zugänge mindestens gleichberechtigt. Nach Eberwein und Belusa (1997: 261) haben qualitative diagnostische Zugänge gar den Vorrang, weil sie es am ehesten ermöglichen, die Situation eines Kindes ganzheitlich und fallspezifisch zu erfassen.
  10. Ausgehend vom ko-konstruktivistisch-dialogischen Verständnis von Diagnostik sowie des menschenrechtbasierten, demokratischen Inklusionsbegriffes ergibt sich für eine inklusive Diagnostik zehntens ihr grundsätzlich anerkennender Wesenszug (vgl. Simon i.E.). Im Rahmen theoretischer und empirischer Analysen liefert die Anerkennungstheorie eine wichtige Grundlage für die gezielte Evaluation und Reflexion pädagogischer Handlungspraxis bzw. ganzer Settings, um letztlich konkrete Konsequenzen für die Ebene pädagogischer Alltagspraxis aus ihnen abzuleiten (vgl. Prengel 2012, Simon 2012). Die anerkennende Perspektive bzw. Haltung einer inklusiven Diagnostik, der der honneth‘sche Anerkennungsbegriff zugrunde liegt (Honneth 1994), geht mit der Forderung der Überwindung der dingähnlichen Behandlung von Kindern im Rahmen von Diagnostik einher und kommt der inklusionspädagogischen Forderung nach der Anerkennung des Subjektes und seiner Einzigartigkeit sowie der Menschenrechte und demokratischer Grundwerte nach. Für ‚klassische‘ Diagnostik und das Konzept der Förderdiagnostik wurde in obiger tabellarischer Gegenüberstellung eine verdinglichende Haltung identifiziert, die nach Honneth (2005) und Nussbaum (2002) als Anerkennungsvergessenheit bezeichnet werden kann und Interaktionspartner_innen als Objekt erscheinen lässt: „Verdinglichung impliziert, […] daß man etwas, was eigentlich gar kein Ding ist, zum Ding macht oder als Ding behandelt.“ (Nussbaum 2002: 102) Sie geht mit einer Entkräftung der grundlegenden Reziprozität interaktionaler Anerkennungsverhältnisse sowie Missachtungsprozessen einher. Für Diagnostik auf ihrem Weg zur Inklusion bedeutet dies eine weitere Entwicklungsaufgabe: Das Überwinden der verdinglichenden Haltung (Nussbaum 2002: 101ff.) und damit einhergehender Praxen im Rahmen von Diagnostik (vgl. auch Simon i.E.).

Im Konkreten bedeutet dies, dass im Rahmen von Diagnostik: erstens nicht über Kinder verfügt wird, als könne über sie verfügt werden wie über ein Ding; zweitens Kinder nicht instrumentalisiert werden, zum Beispiel zum Aufrechterhalten unterschiedlicher Professionen durch klientelspezifische Abgrenzung; drittens Kinder nicht ihrer Autonomie beraubt werden, indem ihr freier Wille und ihr Recht gehört zu werden nicht geachtet werden; Kinder viertens nicht als handlungsunfähig betrachtet, sondern als Professionelle ihrer selbst wahr- und ernstgenommen werden; Kinder fünftens nicht als austauschbar erachtet oder behandelt werden, was Selektions- und Platzierungsprozesse nach dem Motto „für jedes Kind die passende Schule“ ausschließt; sechstens das Verletzen (egal ob seelisch oder physisch) von Kindern nicht in Kaufgenommen oder ignoriert wird, so wie es in Schule mitunter der Regelfall ist (vgl. Simon/Kruschel 2013, Simon 2013a, Wocken 2013a); siebtens nicht mit Kindern umgegangen wird, als wären sie ein Besitztum, was mit der uneingeschränkten Achtung ihrer Selbstbestimmung und generellen Handlungsfähigkeit (ungeachtet der Quali- und Quantität derselben) und mit Enthierarchisierungsprozessen einhergeht.
Als Wesenszüge einer inklusiven Diagnostik wurden bis hier folgende Punkte zusammengetragen: Eine inklusive Diagnostik…

  1. …ist kein Instrument für interindividuelle oder normorientierte Vergleiche, für Selektions- bzw. Platzierungsprozesse, Bewertungen oder Zuordnungen.
  2. …besitzt Praxisrelevanz für pädagogisches Handeln und ist mit didaktischem Handeln unmittelbar verbunden.
  3. …ist „Serviceleistung“ für alle Kinder und knüpft nicht vordergründig an Lern- und Entwicklungsprobleme an.
  4. …ist keine sonderpädagogische Spezialdisziplin mehr.
  5. …kann nur fragmentarische Momentaufnahmen sozialer Realität hervorbringen und damit zu Arbeitshypothesen führen.
  6. …ist ein ko-konstruktiver, dialogischer Prozess.
  7. …geht reflexiv-flexibel mit den Gütekriterien für Diagnostik um.
  8. …trägt zur Kultivierung von Vielfalt und zur Entwicklung einer inklusiven Perspektive bei.
  9. …ist eine individualisierte, entwicklungssensible Diagnostik.
  10. …hat einen anerkennenden Charakter und überwindet die dingähnliche Behandlung von Kindern im Rahmen von Diagnostik.

Inklusive Diagnostik als „Serviceleistung“ für alle Kinder ist ein Instrument zur Suche nach passenden pädagogischen Angeboten und Inszenierungen und damit verbundenen Adaptionsleistungen des Settings an jedes einzelne Kind (vgl. Gebauer/Simon 2012), die mit einer kritischen Überprüfung von Institutionen und Konzeptionen auf ihre ‚Inklusionsfähigkeit‘ hin verbunden ist. Es geht bei ihr „um keine neue oder spezielle Diagnostik, sondern um eine Zusammenstellung von Verfahren, die mit deren [inklusionspädagogischen; d. A.] Anliegen konform gehen.“ (Boban/Hinz 1998: 151).

4. Literatur

Belusa, A./Eberwein, H. (1997): Förderdiagnostik – Eine andere Sichtweise diagnostischen Handelns. In: Eberwein, H. (Hrsg.): Handbuch Integrationspädagogik. 4. Auflage. Beltz, S. 260-268
Boban, I. (2007): Willkommen heißende Diagnostik – ein Schlüsselelement für Inklusion. In: Hinz, A. (Hrsg.): Schwere Mehrfachbehinderung und Integration – Herausforderungen, Erfahrungen, Perspektiven. Marburg: Lebenshilfe-Verlag, 139-145
Boban, I./Hinz, A. (1998): Diagnostik für Integrative Pädagogik. In: Eberwein, H./Knauer, S. (Hrsg.): Handbuch Lernprozesse verstehen. Weinheim: Beltz, 151-164
Boban, I./Kruschel, R. (2012): Die Weisheit der vielen Weisen – Zukunftsfeste und andere Weisen miteinander diagnostisch klug zu handeln: Inklusion als Prinzip sozialer Ästhetik. In: Zeitschrift für Inklusion, Nr. 3 (2012). URL: http://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion/article/view/168
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[1] Der Umgang mit den Nebengütekriterien Ökonomie, Vergleichbarkeit, Nützlichkeit und Normierung (vgl. Rentzsch/Schütz 2009: 237, Raithel 2006: 42, Bortz/Döring 2006: 195ff., Bühner 2011: 58ff.) wurde an dieser Stelle nicht in den Vergleich mit einbezogen.

[2] Während Annedore Prengel (2011) inklusive Diagnostik und pädagogische Diagnostik synonym verwendet und Ines Boban (2007) von „willkommen heißender Diagnostik“ schreibt, werden in diesem Beitrag die Begrifflichkeiten „inklusive“ bzw. „inklusionsorientierte Diagnostik“ verwendet.

[3] Auf sprachlicher Ebene gab es mit den Begriffen der „Pädagnostik“ (vgl. Kretschmann 2004) und „didaktische Diagnostik“ (vgl. Geiling/Prengel 2007) Versuche Diagnostik zu entpathologisieren. Der Begriff „Di(d)agnostik“ manifestiert nach Simon (i.E.) auf sprachlicher Ebene die Synergie zwischen Didaktik und Diagnostik in inklusiven bzw. inklusionsorientierten Settings.