Abstract: Der folgende Text nimmt die Entwicklung des Diskurses über schulische Inklusion und seine bildungspolitischen, verbandlichen und wissenschaftlichen Teildiskurse im Hinblick auf Veränderungen innerhalb der vergangenen zehn Jahre kritisch in den Blick. Dabei geht er insbesondere auf interessengeleitete und als Bewältigung einer Krisensituation interpretierbare Phänomene ein und zeigt in einem Ausblick, wie bildungspolitisch und wissenschaftlich am Thema schulische Inklusion angemessen weitergearbeitet werden kann.
Stichworte: Diskurs, schulische Inklusion, Inklusive Pädagogik, Widerstände bei Veränderungen, Change Management, Bildungspolitik, Sonderpädagogik, Inklusionsbegriff
Ausgabe: 1/2013Inhaltsverzeichnis
Es ist nun etwas mehr als zehn Jahre her, dass der pädagogische Inklusionsbegriff in den deutschen Sprachraum eingeführt wurde. Damals war es das Anliegen, in den Diskurs einzubringen, worum es bei der internationalen Debatte um Inklusion geht, denn von dieser Debatte war der deutsche Sprachraum weitgehend abgetrennt. Selbst in der viel zitierten Salamanca-Erklärung von 1994, mit der immer wieder fälschlich der Beginn des Inklusionsdiskurses bezeichnet wird, der bereits in den 1970er Jahren in den USA begann, wurde in der deutschsprachigen Fassung ‚Inclusion‘ mit ‚Integration‘ übersetzt (Flieger 1996) – eben weil der pädagogische Inklusionsbegriff hier unbekannt war.
Heute ist die Situation anders: In der Folge der UN-Behindertenrechtskonvention (vgl. UN 2008) wird in einem Ausmaß über Inklusion diskutiert, das vor wenigen Jahren unvorstellbar war. Und wie bei jedem Begriff, der eine neue Orientierung repräsentiert und damit allzu schnell zum unscharfen bis konturlosen Modebegriff wird (vgl. Haeberlin 2007), ist es auch bei Inklusion so, dass inzwischen nahezu alles als Inklusion deklariert wird, was sich positiv und fortschrittlich darstellen möchte. Das ist logisch und gleichzeitig dramatisch, weil damit die inhaltliche Klarheit dessen, was Inklusion ursprünglich als Innovationsperspektive bedeutet, immer mehr verloren geht. Innerhalb dieser kurzen Spanne ist beim Thema Inklusion der Weg von der kompletten Unkenntnis zu immer stärkerer Unkenntlichkeit zurückgelegt. Nahezu alles was bisher unter Integration firmierte – und womöglich noch viel mehr –, wird inzwischen als Inklusion bezeichnet. Diese Gleichsetzung wurde auch bereits bei der offiziellen Übersetzung der Konvention als interessengeleitete Strategie der Sozial- und Bildungspolitik deutlich (vgl. Netzwerk Artikel 3 o. J.).
Auf dieser Basis nimmt der folgende Text den aktuellen Diskurs in den Blick und versucht zu analysieren, welche Tendenzen sich in ihm finden lassen. Bereits kurze Zeit nach dem Auftauchen des Inklusionsbegriffs gab es recht typische Reaktionen, die auf Abwehr schließen ließen: Inklusion wurde einerseits als kurzfristiger, nichtssagender Modebegriff gebrandmarkt (Ellger-Rüttgart 2002) und andererseits als geradezu dämonische Tendenz mit Exorzismus gegenüber schlechter Integrationspraxis in Verbindung gebracht (vgl. Preuss-Lausitz 2005) – zweites eine recht aggressive Form der Abwehr, die eine Abwertung der Integration durch den neuen Begriff festzustellen meinte. Dabei ging es nicht um eine – allein schon vor dem jeweiligen eigenen biographischen Hintergrund unsinnige – Abwertung der Integration, sondern um die adäquate Herstellung der Verbindung zum internationalen pädagogischen Inklusionsdiskurs (vgl. Sander 2002, 2003, Hinz 1996, 2000, 2002, 2004).
Wie immer, wenn eingeführte Begriffe und Orientierungen durch neue in Frage gestellt werden und damit womöglich neue Ansätze oder zumindest neue Akzente verbunden sind, lassen sich also auch beim Inklusionsthema Krisenreaktionen feststellen. In der Regel gibt es bei solchen Innovationsprozessen verschiedene typische Reaktionen: Zunächst wird Neues häufig ignoriert, später, wenn es nicht mehr ignorierbar ist, kommt es zu Auflehnung, aggressiver Abwehr und u. U. zu Beschimpfungen und Verteufelungen. Wenn sich das Neue auch so nicht beseitigen oder zumindest massiv diskreditieren lässt, wird es tendenziell umgeformt, also in das Bestehende eingefügt, so dass es nicht mehr bedrohlich ist – sei es als direkte Umformung oder als Omnipotenz-Gebaren nach dem Motto ‚alles nichts Neues – das machen wir schon seit 20 Jahren‘. Deutlich weniger vertreten ist eine Reaktion, die das Neue als Chance sieht und die verunsichernden Herausforderungen der Neuerung als Perspektive der Weiterentwicklung begreifen. Ebenso kommt auch eine Reaktion weniger vor, die in (selbst-) kritischer Rückschau die ursprünglich angestrebten Ziele der Integration in ihren vielen Übereinstimmungen mit den aktuellen der Inklusion abgleicht und sich beispielsweise auch der Frage zuwendet, was zu deren Umformungen und Verwässerungen geführt hat. All dies ist nachvollziehbar und wird auf Gesetzmäßigkeiten von Systemen zurückgeführt, die naturgemäß dazu tendieren, sich gerade nicht zu verändern, sondern Bestehendes zu bewahren und neue Herausforderungen an sich und die eigene institutionelle und Handlungslogik anzupassen (vgl. hierzu auch Schley 1990). Schley zeichnete im Zusammenhang mit der Integrationsentwicklung der 1990er Jahre ein Bild von „Verlustverarbeitung und Neuorientierung“ und bezog sich dabei auf Bowlby und Kübler-Ross. Interessanterweise folgt auf die Leugnung und die Auflehnung bei ihm die Unterwerfung, bevor der notgedrungene Aufbruch zu einer Neudefinition erfolgt. Hier scheint es aktuell eher vielfältige Phänomene der Umformung (vgl. Reiser 1997, 2002) zu geben, was auch mit der Lokalisierung der Debatte zu tun haben mag – Schley betrachtete eher die Situation von Praktiker_innen, hier wird eher der Diskurs in Bildungsverwaltung, Verbänden und Wissenschaft betrachtet.
Ähnliche Phasenmodelle sind aus jüngerer Zeit auch aus dem Change Management bekannt, wenngleich dort klarere Hierarchien und andere Durchsetzungsstrategien vorhanden sind. So stellt Roth (2000) ein Phasenmodell unter Einbeziehung der Emotionen Beteiligter vor, bei dem manche Parallelen mit den Aussagen von Schley auffallen (vgl. Abb. 1).
Abb. 1: Ein Phasenmodell der Veränderung. Die Perspektive der emotionalen Prozesse (Roth 2000, 16)
In der Phase (1) der Vorahnung dominiert die Sorge, was da wohl Neues auf die Menschen zukommt. Sie geht recht plötzlich über in die Phase (2) des Schocks, in der der Schreck über das vorherrscht, was nun auch offiziell verlangt wird. Auf den Schreck folgt als Phase (3) die Abwehr gegenüber dem Wandel, die sogar eine erhöhte Produktivität – allerdings im Sinne des alten ‚Weiter so!‘ – hervorbringen kann. Nun dominiert der Ärger, der sich gegen ‚böse Verantwortliche‘ richten kann, jeder Mensch weiß, was nun zu tun ist, Schuldzuweisungen sind am Platz – nur die eigene Veränderungsnotwendigkeit wird nicht zugelassen, und das umso weniger, je grundlegender die Veränderung ist. Auf diese Phase der Abwehr folgt eine Phase (4) der rationalen Akzeptanz; nun wird vor allem versucht, den unangenehmen Spannungszustand zu beenden, indem unwesentliche Veränderungen begonnen werden, die wiederum zu Frustration führen, da sie am Kern der Veränderung vorbeigehen. Dieser rationalen Phase folgt die Phase (5) der emotionalen Akzeptanz, die mit Trauergefühlen über das nun verflossene Alte zu tun hat und den wesentlichen Einbruch an Aktivität bedeutet. Erst wenn dieses ‚Tal der Tränen‘ durchschritten ist, kann es mit Phase (6) zur Öffnung für das Neue und zu Neugier und womöglich vorübergehendem Enthusiasmus mit einer grundlegenden Neuorientierung kommen. Hier findet das Lernen des Neuen statt, das schließlich in einer letzten Phase (7), von Roth als „Integration des Neuen“ bezeichnet, zu neuem Selbstvertrauen führt – und hier kommt es schließlich auch zu einem Anstieg der Leistung des Systems. Begründet wird dieses Modell damit, dass es über die schlichte Frage nach drängenden Momenten von Veränderungen und dem entsprechenden Widerstand gegen sie hinausgeht, indem es danach fragt, welche Phasen modellhaft vorkommen, welche Funktion sie aufweisen und mit welchen Gefühlen bei den Beteiligten sie verbunden sind.
Gleichwohl sind sie in ihrer Übertragbarkeit auch begrenzt, wenn Phase 1 der Vorahnung der Planung zugerechnet wird, mit der Veröffentlichung in den Phasen 2 bis 5 die Realisierung stattfindet und nach der Einführung mit den Phasen 6 und 7 neue Produktivität entsteht. Schaut man sich die Debatte um Inklusion an und nimmt die UN-Behindertenrechtskonvention als ein solches Ereignis, dann zeigt sich, dass die Veröffentlichung über Jahre – und schon gar nicht sofort, wie das Bild der ‚Schabowski-Phase‘ in Anlehnung an dessen berühmte Pressekonferenz 1989 illustriert – eine Schreckreaktion nach sich zog; eher ist vier Jahre nach Inkrafttreten immer noch festzustellen, dass eine realistische Wahrnehmung der Herausforderung weder bei allen zuständigen Fachgremien und Institutionen, noch in der Gesellschaft als Ganzes angekommen ist.
Dennoch kann das „Phasenmodell der Veränderung“ von Roth, vielleicht mehr noch als Schleys Krisenbewältigungsschema, einen Hinweis darauf geben, welcher Phase welche Reaktion zugerechnet werden kann. Insbesondere wird hier auch klar, welche Bedeutung die wenig produktiven Phasen 3 und 4 mit vorherrschendem Ärger und dominierender Frustration haben, denn in Phase 3 kommt es zu eher aggressiver Abwehr, während in Phase 4 demonstrierte Aktivitäten – beispielsweise in Form von Aktionsplänen oder neuen ‚inklusiven‘ Studiengängen, um nur zwei mögliche Beispiele aus verschiedenen Feldern zu nennen – Tendenzen zu Umformungen zeigen. Hier deutet sich an, an welcher Stelle sich der Inklusionsdiskurs insgesamt und die verschiedenen Teildiskurse in Politik, Verbänden und Wissenschaft befinden – und es wird auch klar, wie weit die Aktivitäten noch von einer produktiven Gestaltung entfernt sind. Und es könnte dem Phasenmodell auch entnommen werden, welche Innovationsstrategien sinnvoll zu gehen wären.
Ein Beispiel für recht aggressive Stellungnahmen der jüngeren Zeit ist auch ein mehrfach publizierter Beitrag von Herz (2010, 2011), der dem bekannten Muster folgt, zunächst einen verzerrt dargestellten ‚Inklusions-Pappmann‘ aufzubauen und ihn dann zu demontieren. Dies ist offenbar umso leichter, je weniger jemand von den Aktivitäten des Kritisierten weiß – und deshalb soll hier auch nicht weiter auf solche unangemessenen Einlassungen eingegangen werden. In eine ähnliche Richtung gehen ebenso polemische Stellungnahmen wie die von Winkel (2011) und teilweise auch von Ahrbeck (2011), die viele alt bekannte Argumentationen wiederholen, die in den 1990er Jahren gegen die „totalen Integrationisten“ (vgl. z. B. Myschker & Orthmann 1999) vorgebracht wurden. Was wurde denen schon damals nicht alles vorgeworfen – Ideologie natürlich, Kommunismus, Totalitarismus, Verleugnung von Behinderung, Hysterie, Trotzkismus, Idealismus, Illusionismus und vieles mehr. Offenbar kehrt alles bei neuen, von außen verursachten Veränderungsimpulsen wieder. Auch dies kann als Beispiel dafür gedeutet werden, dass mit grundlegender Verunsicherung häufig eher aggressiv abwehrend als reflexiv umgegangen wird – in letzter Zeit bedauerlicherweise auch innerhalb der integrationsorientierten Szene mit Begrifflichkeiten wie der „heiligen Inklusion“, „Inklusionisten“ und „Inklusiokalen“ (Jantzen 2012) – was immer das heißen soll. Mit solchen Äußerungen beginnen die Grenzen zwischen der berechtigten kritischen Betrachtung von Diskursen, bildungspolitischen Entscheidungen und Praxisentwicklungen und der diskreditierenden Verunglimpfung von Begriffen und Konzepten zu verschwimmen.
Deutlich bedenklicher stimmt es allerdings schon, wenn grundlegendste theoretische Aussagen der Integrationspädagogik wie das Theorem der Dialektik von Gleichheit und Differenz (vgl. Reiser 1991, Prengel 1993), das auch die Basis für die ‚Pädagogik der Vielfalt‘ (vgl. Hinz 1993, Prengel 1993, Preuss-Lausitz 1993) bildet, von Kritiker_innen offenbar über Jahrzehnte nicht wahrgenommen worden sind und Menschen mit Beeinträchtigungen anscheinend immer noch komplett andersartig gedacht werden als Menschen mit anderen zugeschriebenen Besonderheiten (so etwa Bonfranchi 2011, vgl. hierzu kritisch Hinz 2011; ebenso Ahrbeck 2011, s. u.). Hier dürfte eine Rolle spielen, dass häufig wenig über den Rahmen der Sonderpädagogik oder nicht einmal über den der eigenen sonderpädagogischen Fachrichtung hinausgedacht und die Legitimation des eigenen Fachgebiets nicht angetastet wird.
Dass die Inklusionsdebatte durch die UN-Behindertenrechtskonvention massiv angeschoben worden ist, ist schon mehrfach als zweischneidiges Phänomen angesprochen worden (z. B. Boban & Hinz 2009, 2011, Hinz 2009). Neben ihrem unbezweifelbar produktiven Effekt, die Diskussion überhaupt verstärkt zu haben, bestärkt sie als zweite, problematische Seite der Medaille die Tendenz, Inklusion als Spezialthema mit einer spezifischen Zielgruppe – Menschen mit Beeinträchtigungen – aufzufassen. Diese Tendenz besteht jedoch auch international bereits vor der Behindertenrechtskonvention, wie die Betrachtung von Diskursen in verschiedenen Kontexten – etwa in der Literatur Indiens und Südafrikas – zeigt (vgl. Boban & Hinz 2008a).
Dass Sozial- und Bildungspolitik ebenso wie die Bildungsverwaltung die Chance wahrnehmen, Inklusion spezieller und damit weniger umfassend zu verstehen, so dass sie auch leichter als erfolgreich ‚bewerkstelligt‘ gelten kann, ist nachvollziehbar und logisch und entspricht damit Veränderungsphase 4. Zudem können mit einem solchen Zugang Konflikte im bildungspolitischen Raum vermieden oder verringert werden, die mit der Frage nach dem grundsätzlichen Umgang mit Heterogenität und einer ‚gefährliche Nähe‘ zu alten Schulstrukturdebatten aufflammen könnten. Bildungspolitiker_innen wenden sich verständlicherweise von radikalen, also an die Wurzeln gehenden Vorstellungen ab und bestehen darauf, dass es lediglich um die organisatorische Veränderung der Beschulung von Schüler_innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf gehe – und alle weitergehenden Überlegungen werden als Träumerei und Ähnliches diskreditiert. Im Originaltext liest sich dies so: Einen größeren Fokus in den Blick zu nehmen, wird als Versuch der „Verwirklichung von Großtheorien“ kritisiert, hier bestehe die Gefahr, „dass betroffene Kinder zu Versuchskaninchen unserer ungebremsten Ambitionen werden. Nicht die Verwirklichung der eigenen Weltanschauung darf im Zentrum stehen, sondern ausschließlich das Wohl der Schüler und Lehrkräfte“ (Brodkorb 2012, 22). Es gehe im Übrigen nicht um die „bessere Individualisierung von Leistungsansprüchen, sondern eine bessere Individualisierung der Förderarrangements, um das Leistungsniveau möglichst aller zu heben“ (ebd.). Hier handelt es sich offenbar um eine spezifische Art der ‚Akzeptanz von Unterschieden‘, die mit dem Inklusionsdiskurs wenig zu tun hat und vor allem unter dem Aspekt problematisch erscheint, dass eine ‚gemäßigte Umsetzung‘ von menschenrechtsbasierten Anforderungen à la Brodkorb ein Widerspruch in sich selbst bleibt (vgl. kritisch Boban, Kruschel & Wetzel 2013).
Ein anderes Beispiel: Eine Mitarbeiterin eines anderen Kultusministeriums benutzt auf einer Tagung ohne jede kritische Reflexion Begriffe wie „Einzelinklusion“, „Inklusionskinder“ und „Inklusionsklassen“. Hier wird offensichtlich, dass lediglich der – schon in dieser Weise problematisch benutzte – Integrationsbegriff gegen den der Inklusion ausgetauscht wurde und damit zu demonstrieren versucht wird, dass den Herausforderungen der Behindertenrechtskonvention entsprochen wird (vgl. etwa BSUK 2011/2013).
Bei einer solchen Sicht gibt es zwei massive Probleme: Zum einen wird bei diesem bildungspolitischen Diskurs zwar rhetorisch über Inklusion gesprochen, es geht jedoch weitgehend um De-Segregation, wie Tony Booth im Anschluss an eine Podiumsdiskussion in Halle im Januar 2012 richtigerweise anmerkte. Hierzu ein kleiner Exkurs, der die Diskrepanz deutlich macht: Nach einem Vortrag von Tony Booth darüber, was Deutschland beim Thema Inklusion von internationalen Entwicklungen lernen könne, wendete sich eine anschließende Podiumsdiskussion der Frage zu, wie denn die Situation in Sachsen-Anhalt aussehe und welche notwendigen und möglichen Schritte gangbar seien, auch unter dem Gesichtspunkt der Kostenneutralität. Hier wurden zwei Themen relativ unverbunden nebeneinander bearbeitet: einerseits die Frage des Vortrags, also internationale Impulse der Inklusionsentwicklung, die dagegen beim zweiten Teil keine Rolle mehr spielten, wo die Frage der quantitativen und qualitativen Weiterentwicklung des Gemeinsamen Unterrichts, gesetzlicher und finanzieller Rahmenbedingungen sowie die subjektiv so wahrgenommenen Gefahren des Abbaus von Förderschulen dominierten. Im ersten Teil war Inklusion das Thema, im zweiten Teil De-Segregation angesichts einer nach wie vor massiven Separierung von Schüler_innen mit zugeschriebenen besonderen Förderbedarfen in Förderschulen.
Insofern ist es folgerichtig, dass sich die Zentrierung auf diejenigen richtet, die bisher segregiert wurden und für die nun juristisch, durch die Behindertenrechtskonvention ausgelöst, De-Segregation gefordert ist. Dieser Fokus kann dann auch als Fortsetzung einer veränderten Sonderpädagogik verstanden werden, und es ist logisch, dass in Kultusministerien die Referent_innen für Sonderpädagogik für diese Fragstellungen federführend sind. Es stellt sich allerdings die Frage, was dieser Diskurs mit Inklusion zu tun hat – jedenfalls dann, wenn man dem internationalen Diskurs in der Weise folgt, dass das Thema von Inklusion im Feld der Pädagogik in einer zunehmenden Fähigkeit von pädagogischen Einrichtungen besteht, unterschiedlichen Bedürfnissen und Bedarfen aller Beteiligten in einem gemeinsamen Reflexions-, Planungs- und Entwicklungsprozess in immer größerem Maße gerecht werden zu können (vgl. Booth 2008, 2012).
Gleiches gilt auch für die immer wieder beschriebenen und gern für eigene Erfolge legitimatorisch benutzten „Inklusionsquoten“; hier werden die bisherigen „Integrationsquoten“ schlicht umbenannt, wobei sich die Frage stellt, welchen Sinn Inklusionsquoten machen sollen, wenn der Umgang mit den meisten Aspekten von Vielfalt sich ohnehin in der allgemeinen Schule abspielt. Auch ist wohl noch keine Exklusionsquote aufgrund des sozialen Milieus oder aufgrund sexueller Orientierung erhoben worden. Exklusiv um sonderpädagogischen Förderbedarf – hinter dem sich logischerweise andere Aspekte von Heterogenität verbergen – geht es bei den Integrationsquoten; daher wäre es sachlich angemessen und klärend, sie weiterhin als solche zu benennen und nicht über sie Inklusion zu verunklaren.
In einer jüngst fertig gestellten Dissertation wird für die deutsche Situation konstatiert, dass es zwei völlig unverbundene parallele Entwicklung gibt: zum einen den administrativen Umbauprozess „im Sinne einer Integration von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in die Regelschulen“ (Köpfer 2012, 278) – hierbei ist bezeichnend, dass „in die“ und nicht etwa „in der“ allgemeinen Schule integriert wird, was exakt die Sicht von Booth auf den Prozess der De-Segregationsprozess wiedergibt – und zum anderen die Entwicklung inklusiver Strukturen und Haltungen innerhalb einzelner Schulen als bottom-up-Prozess entsprechend Booths Verständnis von Inklusion, „die sich loslösen von der ausschließlichen Perspektive auf Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf und den Unterstützungsbedarf aller Kinder mit unterschiedlichen Heterogenitätsdimensionen in den Blick nehmen“ (ebd.).
Zum anderen verkennt der hiesige Diskurs oft, dass es bei der Behindertenrechtskonvention nicht um besondere Rechte für eine besondere Gruppe von Menschen geht, sondern lediglich darum, dass allgemeine Rechte für eine spezifische Gruppe nochmals betont und konkretisiert werden, weil es offensichtlich notwendig ist. Dies war bei der Kinderrechtskonvention so, bei der Konvention über die Rechte von Frauen – und nun eben auch bei der Behindertenrechtskonvention. Durch günstige Umstände und einzelne Akteur_innen hat diese Konvention einen Entwicklungsschub der De-Segregation ausgelöst – zumindest in der Diskussion, in kleinen Schritten auch quantitativ in Statistiken und qualitativ. Gleichwohl sind insgesamt keine massiven Veränderungen zu verzeichnen.
Als Zwischenfazit kann festgehalten werden, dass sich der bildungspolitische Diskurs zwar rhetorisch um Inklusion dreht, realiter jedoch auf die De-Segregation von Schüler_innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf zentriert ist. Da verwundert es dann auch nicht, wenn
Dieses kritische Zwischenfazit hat allerdings auch etwas mit der weitgehenden Verengung dieses rhetorischen ‚Inklusionsdiskurses‘ auf Schule zu tun und kommt unter der Tradition schulischer Segregation zustande.
Dass Bildungspolitik und -verwaltung häufig in dieser Weise argumentieren und agieren, lässt sich mit einer gewissen Logik nachvollziehen; wenn Wissenschaftler_innen in der Rolle der Politikberatung ebenfalls diese Verkürzung und Verkleinerung mitvollziehen, ist dies dagegen zumindest ambivalent. Das prominenteste Beispiel hierfür dürften die Gutachten namhafter Kollegen für verschiedene Bundesländer sein, die in Abkehr von jeglichen (auch eigenen) Konzepten der Pädagogik der Vielfalt aus den 1990er Jahren Landesministerien empfehlen, wie sie den Prozess der Umsteuerung von der Segregation zur De-Segregation gestalten und bewerkstelligen können, und dies auch noch mit einer Tendenz, den Prozess zunächst prioritär auf drei Förderschwerpunkte Lernen, Sprache und emotional-soziale Entwicklung zu beziehen (vgl. Klemm & Preuss-Lausitz 2011, Preuss-Lausitz 2011). So hilfreich es für diesen Prozess der Umsteuerung in den Bundesländern sein kann, konkrete Planspiele zur Verfügung zu haben, so problematisch erscheint es, wenn Wissenschaftler der massiven inhaltlichen kultusministeriellen Verkürzung eines internationalen Diskurses folgen und sich damit auch für ministerielles Handeln instrumentalisieren lassen – und das Ganze dann als Inklusion bezeichnen.
Zudem dürften hier mit einiger Wahrscheinlichkeit Bestrebungen bedeutsam sein, sich mit der bisherigen und nun in Frage gestellten exklusiven Zuständigkeit für eine spezifische Gruppe von Menschen auseinanderzusetzen. Logischerweise profiliert sich hier vor allem der Verband Sonderpädagogik (vds), demzufolge Inklusion auf Professionalität angewiesen ist. Dem ist sicher nicht zu widersprechen, es stellt sich allerdings die Frage, welche Professionalität gemeint ist, und insbesondere ist zu hinterfragen, welche sonderpädagogischen Kompetenzen für ertragreiche inklusive Bildung erforderlich sind und welche eher verlernt werden müssen (vgl. hierzu Hinz 2009 sowie Wocken 2011). Bereits im Kontext der Gestaltung integrativer Situationen war es nicht selten die Profession der Sonderpädagogik, die sich mit wenig Passung zu integrativen Vorstellungen einbrachte und nicht den eigentlich erhofften adaptierenden Beitrag für alle Schüler_innen leistete.
Die 2008 verabschiedeten „Standards für inklusive Bildung“ des vds bilden hier eine wesentliche Wegmarke (vgl. vds 2008). Bei ihnen wird von vornherein davon ausgegangen, dass es eine klar definierbare Gruppe gibt, deren Interessen der vds ebenso wie die Sonderpädagog_innen als für sonderpädagogische Förderung zuständige Profession vertritt: „benachteiligte und behinderte Menschen“ (ebd., 44). Sonderpädagogische Förderung – in ihrer Spezifik nirgends erklärt, geschweige denn von pädagogischer Förderung abgegrenzt – „orientiert sich an den Bildungsstandards der allgemeinen Schule“ und ergänzt diese durch „ein zeitlich und inhaltlich abgestimmtes, systematisches und kumulativ aufbauendes Lernen für Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf, das die Erreichung der Bildungsstandards der Allgemeinen Schulen durch möglichst alle Lernenden sicherstellen soll“ (ebd.). Dies gilt allerdings nicht für Schüler_innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf mit den Schwerpunkten Lernen und Geistige Entwicklung.
Bei gemeinsamer Zuständigkeit von Lehrer_innen allgemeiner Schulen und für sonderpädagogische Förderung soll ein „duales Curriculum“ realisiert werden (ebd.): Das Curriculum der allgemeinen Schule wird „durch das sonderpädagogische Curriculum zur individuellen Förderung der Lernenden mit besonderem pädagogischem Förderbedarf ergänzt“ (ebd., 45). Dabei sind Sonderpädagog_innen zum einen im Bereich des allgemeinen Curriculums für dessen Adaptierung – sei es innerhalb oder außerhalb der Lerngruppe –, zum anderen für die Erstellung des sonderpädagogischen Curriculums auf der Basis individueller Förderpläne zuständig. Insbesondere wird auf das Erlernen kompensatorisch ersetzender oder ergänzender Kompetenzen und auf die Förderung basaler Lernvoraussetzungen verwiesen (vgl. ebd.).
Mit dieser Grundlegung – unabhängig von den einzelnen sonderpädagogischen Förderschwerpunkten – sind die wesentlichen Aspekte geklärt: Es gibt eine klar abgrenzbare Gruppe von Menschen mit sozialen Benachteiligungen und Behinderungen, für die einerseits ein Bereich gemeinsamer Zuständigkeit von Schul- und Sonderpädagogik vorgesehen ist, andererseits jedoch ein quasi exklusiver Raum für die Spezialist_innen für individuelle Förderung vorgesehen wird. Somit ist klar, was thematisiert und was nicht thematisiert wird: Hier wird eine „assimilatorische Sichtweise“ der Integration (Booth 2008, 56) deutlich, die Schüler_innen an die bestehenden Methoden und (Mono-)Kulturen von Schulen anpassen will – oder angesichts bestehender Standards zu müssen meint –, und soweit dies nicht realisierbar erscheint, auf additive Formen individueller Förderung zurückgreift. Nicht thematisiert wird dagegen eine „transformelle Sichtweise auf Inklusion“, die „den Abbau aller Formen von Ausgrenzung“ ebenso wie eine ständige Reflexion und Veränderung von Inhalten und Methoden beinhaltet (ebd.). Die Standards für sonderpädagogische Förderung des vds können nicht als Hilfe dafür verstanden werden, wie Barrieren für das Lernen und die Teilhabe aller Menschen im Zusammenhang einer gemeinsamen Schule abgebaut werden können, denn sie halten an einer Zentrierung auf einen spezifischen Personenkreis und seine (vor allem) direkte individuelle Unterstützung fest, anstatt sich auf das System Allgemeine Schule insgesamt zu beziehen.
Ebenso wie in der Sozial- und Bildungspolitik sowie in der Verbandsperspektive gibt es ähnliche Tendenzen im wissenschaftlichen Diskurs. Auch hier finden sich deutliche Tendenzen zur Sonderpädagogisierung. Sie stehen in einer längeren Tradition einer sonderpädagogischen Schieflage, die bereits die Integrationspädagogik über Jahrzehnte kennzeichnet. Der Hintergrund hierfür dürfte mit dem Engagement für marginalisierte Menschen zusammenhängen, das der Sonderpädagogik immer schon eigen ist, bei dem es jedoch schon immer schwierig war und nur in wenigen Fällen gelungen ist, Aufmerksamkeit in der Schulpädagogik und anderen Disziplinen der Erziehungswissenschaft zu gewinnen. Gleichzeitig ist ebenso richtig, dass diese Aufmerksamkeit von der wissenschaftlichen Sonderpädagogik zeitweise nur sehr eingeschränkt gesucht wurde und die Situation in einer wissenschaftlichen Nische ohne die Konfrontation mit anderen bereits befriedigend war. Mit diesen Andeutungen soll keineswegs eine Analyse der Marginalisierung der wissenschaftlichen Sonderpädagogik geleistet, sondern lediglich angedeutet werden, dass der Inklusionsdiskurs auf eine Konstellation trifft, die von Marginalisierung und Selbstsegregation gekennzeichnet ist – und insofern Analogien zur Situation in der Bildungspolitik und noch viel mehr in der Bildungsverwaltung aufweist.
So finden sich zahlreiche Versuche, inklusive Pädagogik als Kontinuum bisheriger Heil- oder Sonderpädagogik zu konstruieren, etwa als Einführung in diesen Bereich bei Biewer (2009) oder als Diskursanalyse bei Lee (2010). Diesen – wie auch anderen – Darstellungen ist gemeinsam, dass sie ihren Gegenstandsbereich extrem eng fassen, indem sie auf Menschen mit Beeinträchtigungen fokussieren. Damit bleiben nahezu alle anderen Differenzlinien außerhalb der Betrachtung – bestenfalls soziale Differenzen, evtl. auch Gender kommen hier noch vor. Zudem finden sich in der Analyse von Lee (2010) massive methodologische und forschungsmethodische Fragwürdigkeiten (vgl. hierzu die aussagekräftige Rezension von Schnell 2011). Eine solche, etwa von Biewer behauptete Kontinuität zwischen Sonder- und inklusiver Pädagogik wäre auch nur legitim, wenn die Sonderpädagogik an der Segregation in Geschichte und Gegenwart keinerlei Anteil gehabt hätte, was Interessen und postulierte Notwendigkeiten angeht – und so war die Entwicklung und ist die Situation allemal nicht.
Zu einem erheblichen Anteil findet sich ebenso wie in der bildungspolitischen Debatte auch in der wissenschaftlichen Literatur die oben beschriebene Verwischung zwischen Inklusion und De-Segregation. In ihnen taucht Inklusion im Titel und als zentraler Begriff auf, es geht aber letztlich immer wieder ausschließlich – um nicht zu sagen: exklusiv – um die Integration von Schüler_innen mit Beeinträchtigungen, wie an einigen Beispielen aus dem Jahr 2012 deutlich wird:
Bei all diesen in kurzer Zeitspanne erschienenen Publikation hätte ohne jede Bedeutungsverschiebung ebenso im Titel stehen können: „Integration von behinderten Schüler_innen“ – ein massiv verengter Fokus von Inklusion also. Auch hier ist deutlich, dass es vor allem um das Ringen um De-Segregation eines spezifischen Personenkreises geht und nicht um Inklusion mit ihrer umfassenden Intention und mit ihrem Barrieren für alle abbauenden Anliegen.
Hier erscheint ein weiterer Kommentar notwendig: Solche Untersuchungen wie die oben genannten werden nicht inhaltlich kritisiert oder gar abgewertet. Die kritische Kommentierung bezieht sich ausschließlich darauf, dass ‚Inklusion‘ für sie kein angemessener Begriff ist und ‚Integration‘ dort deutlich passender wäre, wo es um Menschen mit Beeinträchtigungen und ihre Zugänge zur allgemeinen Schule, Kita etc. geht. Damit ist auch keineswegs irgendeine Form von Abwertung von Integration verbunden, vielmehr handelt es sich im Gegenteil um den Versuch, den Ansatz der Integration in seinem Bezugsrahmen aufrechtzuerhalten, als sinnvoll und legitim herauszustellen und damit zu unterstützen (vgl. Hinz 2008).
Leider wird im interessanten aktuellen Versuch, eine „Behinderungspädagogik“ zu formulieren, in der die Inklusive, die Integrationspädagogik und die Disability Studies zusammenfließen sollen, Inklusion ebenfalls nur noch auf den Aspekt Behinderung reduziert (vgl. Mecheril & Hazibar 2013 in dieser Ausgabe) und damit ihre Umformung bzw. Reduzierung unterstützt – angesichts des auch dort beschriebenen allgemeineren Zugangs zu Inklusion ein Widerspruch, der im Text selbst enthalten ist, aber nicht thematisiert wird.
Weiter finden sich inzwischen einige Aussagen, wie sich Sonderpädagogik mit ihren spezifischen Kompetenzen in inklusive Pädagogik einbringen kann. In weiten Bereichen ist das Ergebnis eindeutig: Die bisherige Kompetenz der Sonderpädagogik soll schlicht und ergreifend weitergeführt werden, eine Ausweitung auf einen größeren Personenkreis wird angestrebt, essentielle Infragestellungen und Veränderungen erscheinen nicht erforderlich. Ein Beispiel mag dies verdeutlichen; es wird hier deshalb ausgewählt, da der hinter ihm stehende Zugang offenbar zunehmend Bedeutung gewinnt.
Im „Rügener Inklusionsmodell“ werden alle Kinder in der Grundschule intensiv diagnostisch begleitet und zu verschiedenen Zeitpunkten in den Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen getestet, in Abhängigkeit von den Ergebnissen werden individuelle Fördermaßnahmen eingeleitet (vgl. Mahlau et al. 2011). Was dieses Modell mit Inklusion zu tun hat, bleibt jedoch relativ unklar; es geht nicht um Gender-Fragen, nicht um soziale Heterogenität, nicht um weltanschauliche, religiöse oder sexuelle Orientierung – es geht einzig und allein um die Vermeidung von Schulversagen. Für solche Ansätze gibt es seit den 1970er Jahren den Begriff des ‚Präventionsversuchs‘ (vgl. Hinz 1993, 25f.). Mit diesem Kommentar soll nicht etwa im Vorwege die Sinnhaftigkeit solcher Ansätze in Frage gestellt werden, sondern ihre inklusive Tragfähigkeit. Seit vielen Jahren ist ihre Ambivalenz hinreichend beschrieben, indem sie einerseits für zusätzliche individuelle Unterstützung sorgen und andererseits bestimmte Kinder als besonders förderungsbedürftig zu diskreditieren drohen, da an einheitlichen Zielsetzungen festgehalten wird – und damit werden diese Kinder als Andere konstruiert (vgl. Prengel 1993/2006) und, was diese Ambivalenz genau auf den Punkt bringt, „positiv diskriminiert“ (Czock & Radtke 1984). Der deutlichste Widerspruch zu inklusiven Vorstellungen dürfte darin bestehen, dass bei Prävention der Anschluss an die allgemeine Entwicklung angestrebt wird und Inklusion genau die Freiheit für das Gegenteil postuliert, nämlich die Legitimität individueller Lernwege und Entwicklungen.
Dies war im Übrigen exakt die Kontroverse im Hamburger Modellversuch der „integrativen Grundschule im sozialen Brennpunkt“ (vgl. Hinz u. a. 1998), dem nach wie vor inklusivsten Konzept in deutschen Landen – in heutigen Begrifflichkeiten die Kontroverse zwischen Prävention und Inklusion. Bedauerlich ist im Rückblick allerdings, dass dieses Spannungsfeld durch die Forschungsgruppe nicht gemeinsam reflektiert wurde, sondern lediglich (allerdings auch immerhin) in zwei unversöhnlich nebeneinander stehenden Positionen transparent gemacht wurde. So dürfte es kein Zufall sein, dass mehrere Personen nach Erscheinen des Beitrags über das Rügener Präventionsmodell sich und anderen die Frage stellten, was das denn mit Inklusion zu tun habe – gepaart mit der verunsichert-selbstkritischen Anmerkung, ob sie bisher womöglich ein völlig falsches Verständnis von Inklusion hätten. Die Tendenz ist nicht von der Hand zu weisen, dass hier einem Präventionsmodell ein ‚trendiges‘ inklusives Begriffsmäntelchen umzuhängen versucht wird. Dass auch dieser Versuch zweischneidig zu sein scheint, zeigt sich daran, dass vom Kultusministerium nach deutlichen Protesten von Eltern und Lehrer_innen seine Ausweitung auf weitere Kreise in Mecklenburg-Vorpommern gestoppt wurde. Überdies wäre eine Diskussion über die Tragfähigkeit und Zumutbarkeit von Versuchen mit immer wieder durchzuführenden, standardisierten Screenings und Testreihen zu führen, aber das ist ein eigenes Thema, das hier nicht weiter verfolgt wird.
Weiter fällt auf, dass in mehreren Bundesländern Lehrer_innen eine aufwendige Fortbildung zum Thema Inklusion angeboten wird, bei der behauptet wird, Lehrer_innen würden auf inklusive Pädagogik vorbereitet. In der Tat handelt es sich jedoch auch hier um eine Qualifizierung in präventiven Formen sonderpädagogischer Förderung mit den Schwerpunkten Lernen und Verhalten. Jüngst wird sogar ein „inklusiver Paradigmenwechsel in der Sonderpädagogik“ mit diesem Konzept verbunden (vgl. Huber & Grosche 2012). Was allerdings eine „engmaschige Lernverlaufsdiagnostik“ mit Inklusion – und das schließt u. a. die Akzeptanz von individuellen Unterschieden, von im wahrsten Sinne des Wortes eigenwilligen Lernverläufen ein – zu tun hat, lässt sich kaum erschließen, zumal es auch nicht thematisiert wird. Hier wird eine Intensivierung sonderpädagogischer Arbeit, verbunden mit ihrer Ausweitung auf 25 % aller Schüler_innen betrieben – und dann als Inklusion ausgegeben. Da kann es nicht verwundern, wenn Praktiker_innen eine solche Fortbildung besuchen und sich hinterher fragen, ob sie bisher eine völlig irrige Vorstellung von Inklusiver Pädagogik gehabt haben oder ob ihnen hier ein sonderpädagogischer Bär mit Orientierung an der Organisationsform Integration als Inklusion aufgebunden wird. Inklusion besteht dann – ansonsten inhaltsleer – nur noch darin, dass die Kinder in einer Schule sind. Dieser Ansatz wird nun sogar als neues Paradigma präsentiert, als ob es die jahrelange Diskussion um die Übertragbarkeit und die Sinnhaftigkeit der Debatte um den Paradigmenwechsel in den Sozialwissenschaften nicht gegeben hätte – das Postulieren eines solchen Wechsels scheint wiederum eher dem Bedürfnis nach Bedeutsamkeit des eigenen Ansatzes zu dienen, wie schon in den letzten Jahrzehnten verschiedentlich kritisiert wurde.
Gleichwohl lohnt sich ein etwas genauerer Blick auf den dahinter stehenden Zugang, der offenbar in letzter Zeit Raum gewinnt. Schnell taucht dabei das Response-To-Intervention-Modell (RTI-Modell) auf, insbesondere für diagnostische Fragen – oder moderner formuliert: für Fragen des Assessment – Inklusiver Pädagogik wird es als besonders geeignet angesehen (vgl. Liebers & Seifert 2012). Abgesehen von den vorstehend benannten paradigmatischen Überhöhungen – ausgerechnet ein „inklusiver Paradigmenwechsel“ wird verkündet, bei dem unklar bleibt, worin er bestehen soll – stellt sich die Frage, worum es dabei geht.
Aus dem nordamerikanischen Kontext kommend, zielt dieser Ansatz mit drei Stufen der Förderung auf eine frühzeitige „Identifikation und Prävention von Lern- und Verhaltensproblemen durch eine integrative Organisation pädagogischer und sonderpädagogischer Förderung“ (Liebers & Seifert 2012). Auf der ersten, der Basisstufe finden regelmäßige Screenings mit allen Schüler_innen statt, zudem wird mindestens drei Mal im Jahr der Lernstand erhoben, darüber hinaus vielfältige Informationen von den Lehrkräften gesammelt. Auf diese Stufe bauen die zweite Stufe mit der Analyse der individuellen Lernfortschritte der als auffällig ermittelten Schüler_innen als Reaktion auf die eingeleiteten Intervention auf der Basis engmaschiger Lernerfolgskontrollen ein- bis zweimal pro Woche sowie die dritte Stufe mit einer weiteren Intensivierung individueller Förderung über längere Zeiträume oder umfangreiche Differenzialdiagnostik mit weiteren standardisierten „Tests zur Erfassung der kognitiven, sozial-emotionalen, sprachlichen, motorischen und rezeptiven Kompetenzen“ (ebd., vgl. Huber & Grosche 2012) auf. Relativierend schreiben Liebers & Seifert (2012) allerdings selbst, dass es hier um „inklusive und präventive Lernsettings“ gehe, allerdings ohne die Frage zu thematisieren, was beide gemeinsam haben und wo Widersprüche zwischen ihnen bestehen. Trotz dieser sicher verkürzten Skizzierung des RTI-Modells wird deutlich, dass es um einen präventiven Ansatz geht – und dies wird auch in der Literatur lediglich kurz thematisiert (vgl. z. B. Mahlau u. a. 2011), ohne dass eine Auseinandersetzung mit Prävention und Inklusion geführt wird.
Die extreme Ausrichtung an Tests und Standards und der Glaube an sie, zumal mit einer linearen Verbindung von Diagnostik und Förderung, die schon lange problematisiert wird (vgl. Schlee 1985 sowie Kautter, Klein, Laupheimer & Wiegand 1998), führen jedoch zu noch größeren Fragezeichen im Hinblick auf ihrer Passung mit inklusiver Pädagogik. Bei dem RTI-Modell scheint ein deutlich behavioristischer Zugang durch, der von einer linearen Vorstellung des Lernens ausgeht, eine massive Verstärkung der Kontrolle von Leistungsentwicklungen anstrebt und offenbar dem Glauben folgt, sie fern jeglicher Bezüge zur Lebenswelt durch Intervention zur Normalentwicklung bringen zu können. So wird das für die Pädagogik notwendigerweise vorhandene „Technologiedefizit“ (Tenorth 1986) ausgeblendet – Pädagogik hat es eben nicht mit der Produktion von Gegenständen zu tun, sondern mit handelnden Subjekten, bei deren Entwicklung immer ein Stück weit intransparent und unabsehbar bleibt, welche pädagogischen Angebote welche Wirkungen oder Nebenwirkungen haben. Für das RTI-Modell ist dagegen eine massive Steuerung der Lernprozesse durch Lehrer_innen erforderlich, und so wird eine massive Hierarchie zu den Schüler_innen konstruiert, die letztlich zu eher passiven Empfänger_innen ihrer „individuellen Förderung“ mit allen pädagogisch-aggressiven Untertönen werden (vgl. hierzu kritisch Muth 1986, 76, der von Lehrer_innen schon vor langer Zeit das Aufgeben pädagogischer und didaktischer Aggressivität forderte; ebenso Speck 1995 sowie Boban & Hinz 2008b).
All das steht im krassen Widerspruch zu Inklusiver Pädagogik mit ihrer Vorstellung des Lernens als aktivem, wenn nicht sogar expansivem Prozess, der Akzeptanz individueller Lernwege und der Begleitung (einschließlich produktiver Reibung) zwischen allgemeinen Entwicklungsvorstellungen und individuellen Ausformungen von Interessen, Lernschritten und Lernwegen in positiver Interdependenz, etwa im Kooperativen Lernen (vgl. Johnson, Johnson & Holubek 2005), aber auch im Pluralistischen Lernen demokratischer Bildung (vgl. Boban & Hinz 2008c) und in kreativen Ergänzungserfahrungen (vgl. Burow 1999, 2011).
Die Basis des RTI-Modells besteht zudem in der Rückkehr zum medizinischen Modell von Behinderung in seiner psychologischen Variante – hier wird versucht, die Kinder zu üblichen und offenbar selbstverständlich vorausgesetzten Entwicklungswegen ‚hinzufördern‘, sie sind und haben ‚das Problem‘, und wenn sie sich nicht entsprechend den Vorgaben fördern lassen, tritt die nächste Stufe des Modells mit noch massiveren Tests und Interventionen – und ggf. der Überführung in eine Förderschule – in Kraft. Hier ist massiv und aggressiv fördernde und fordernde Sonderpädagogik am Werk, das hat nichts mit Inklusion zu tun. Verbunden wird dieser evidenzbasierte Ansatz teilweise mit einer massiven Abwertung bisheriger integrationspädagogischer Forschung, der vorgeworfen wird, ihre Ergebnisse seien alle nur mit elitären Modellbedingungen erzielt worden, zudem mit ausgewählten sonderpädagogischen Förderschwerpunkten und allzeit motivierten Lehrer_innen und Eltern (vgl. Hillenbrand 2011, 7) – als hätte es etwa den mit durchaus größer dimensionierten und gerade in benachteiligten Milieus angesiedelten Hamburger Schulversuch „Integrative Grundschule in sozialen Brennpunkten“ (vgl. Hinz u. a. 1998) nicht gegeben. So sehr sich selbstverständlich die Frage der Übertragbarkeit von Ergebnissen aus Modellversuchen in allgemeine Praxis stellt, so wenig können Ergebnisse von Black-Box-Untersuchungen der jüngeren Zeit (vgl. etwa Huber 2009a, 2009b) mit ungewöhnlichen, weil extrem reduktionistischen Konstruktionen von Heterogenität (vgl. Huber 2009b) und ihrer geringen Aussagekraft bezüglich Rahmenbedingungen, didaktischen Konzepten etc. sie relativieren oder gar korrigieren – zumal dann, wenn sie auch noch alle Schüler_innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf als eine homogene Gruppe behandeln. Angesichts dieser Diskrepanzen zwischen dem RTI-Modell und inklusiver Pädagogik sind zwar bei dem Versuch, das Modell für „inklusives Assessment“ zu nutzen, gewisse Annäherungstendenzen über die Einbeziehung von Selbst- und Peer-Evaluation erkennbar (Liebers & Seifert 2012), sie kaschieren aber bestenfalls grundlegende Widersprüche anstatt eine produktive Weiterentwicklung bieten zu können.
Letztlich bleibt zu resümieren, dass mit dem RTI-Modell ein Ansatz vorliegt, mit dem auf eine spezifische Art und Weise präventiv in der allgemeinen Schule gearbeitet und mit dem die Zuständigkeit der sonderpädagogischen Profession auf etwa 25 % aller Schüler_innen ausgeweitet wird – der ambivalente Bezug zwischen Prävention und Inklusion und die grundlegenden Widersprüche zwischen dem Selbstverständnis des RTI-Modells und inklusiver Pädagogik werden jedoch ausgeblendet. So kann der begründete Eindruck entstehen, dass hier Sonderpädagogik versucht, neues Terrain zu erschließen und sich über eine Intensivierung der Kooperation mit der Schulpädagogik ein inklusives Etikett zu verschaffen. Das Resümee über einen niedersächsischen Grundschulversuch zur ‚Prävention von Schulschwäche‘ in den 1980er Jahren, zieht zu dieser Frage ein deutliches, systemtheoretisch begründendes Resümee, dessen Aktualität sofort ins Auge fällt: „Eine Sonderpädagogik, die allzu früh und bereitwillig ihre Dienste anbietet, reproduziert genau jene Verhältnisse, an denen Schüler schulschwach werden müssen. Ein Teufelskreis entsteht. Eine unbeweglich bleibende Grundschule lernt Hilflosigkeit aus der falsch plazierten Hilfsbereitschaft der Sonderpädagogik. Beide können einen Bonus für sich buchen, denn beide sorgen sich ‚rechtzeitig’ und ‚gezielt’ um das ‚schulschwache Kind’. Daß die einen es mit Hilfe der anderen herstellen und die anderen es – wiederum mit Hilfe der anderen – identifizieren und benennen, bleibt unerkannt und verschwiegen. Die Grundschule hat dann die Sonderpädagogik, die sie verdient (und umgekehrt)“ (Fechler 1987, 53). Dass derartige Stigmatisierungsfolgen einer kooperativen Herstellung von ‚Schulschwäche’, wie Fechler sie herausarbeitet, nicht nur Thema theoretischer Erörterungen sind, zeigt die große – und ebenso keineswegs elitäre – Schweizer Untersuchung aus den 1990er Jahren (vgl. Haeberlin u.a. 1990): Demnach ist das Selbstwertgefühl von ‚schulschwachen Kindern’, die eine solche auf das Individuum zentrierte, direkte Förderung durch die ambulante ‚Heilpädagogische Schülerhilfe’ erhalten, niedriger als das ‚schulschwacher Kinder’, die diese Förderung nicht direkt erhalten. Es wäre interessant, diese älteren Befunde mit dem RTI-Modell und dem „Rügener Inklusionsmodell“ in Beziehung zu setzen und zu diskutieren. Auch wenn die Ausweitung des „Rügener Inklusionsmodells“ gestoppt worden ist – im Grunde genommen weisen hier die wissenschaftliche Umformung in ein präventives Modell und die bildungspolitische Verkürzung des Diskurses zugunsten der De-Segregation eine hohe Übereinstimmung auf. Nur mit Inklusion haben beide nicht wirklich etwas zu tun.
Im Kontext von Inklusiver Pädagogik gibt es vielfältigste wissenschaftliche Fragestellungen mit einem weitaus breiteren Spektrum, als die oben aufgezählten Beispiele zeigen.
Beispielsweise zeigen Untersuchungen auf, wie die Neugestaltung der Schuleingangsphase der Grundschule im Spannungsfeld von Segregation und Inklusion gestaltet wird und unter welchen Aspekten Schritte in Richtung Inklusion gegangen werden (vgl. Geiling 2011). Im Zuge der Umsetzung der Ganztagsschule durch das „Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung“ (IZBB) der damaligen Bundesregierung werden sieben Schulen in Sachsen-Anhalt über drei Jahre in ihren Bemühungen um inklusive Schulentwicklung begleitet und untersucht. Dabei zeigt sich, dass Inklusion auf zwei Ebenen eine Rolle spielt, zum einen auf der prozessualen Ebene, indem Schulentwicklung als kontinuierlicher Prozess mit allen Beteiligten gestaltet wird und somit Partizipation einen wesentlich höheren Stellenwert erhält, zum anderen auf der inhaltlichen Ebene, wo die Schulen weitere Schritte unternehmen, den unterschiedlichen Bedarfen aller Beteiligten besser zu entsprechen als bisher. Dabei kann die Differenzlinie der Beeinträchtigung eine Rolle spielen, indem etwa eine Sekundarschule dem regionalen Förderzentrum beitritt, dies muss aber nicht so sein, etwa in einem Landesgymnasium, in dem es um die Veränderung der ganztägigen Zeitstrukturen geht, so dass sie für alle Schüler_innen angemessener werden (vgl. Hinz, Boban et al. 2013).
Weiterführend sind auch Überlegungen, was sinnvolle Kriterien für eine inklusive Schule sein könnten, wenn sie diesen Anspruch erfüllen können soll (vgl. Moser 2012), oder wie Schulen sich dem Ziel der Bildungsgerechtigkeit annähern können, indem sie diskriminierende Praktiken abbauen (vgl. Reich 2012). In solchen Überlegungen kommen Fragen des Nachteilsausgleichs ebenso selbstverständlich vor wie Konzepte vorurteilsbewusster Bildung und Erziehung – hier ist eine schulpädagogische Perspektive deutlich zu erkennen, in die integrationspädagogische Fragen eingebettet sind (vgl. etwa Lindmeier 2011). Ebenso produktiv verspricht auch ein Forschungsprojekt zu sein, das der Frage der Passung von Hochbegabungsförderung und inklusiver Pädagogik nachgeht (vgl. Seitz, Pfahl & Scheidt 2012), mit dem der Fokus auf Heterogenitätsfragen und Alltagsbegriffe von Heterogenität gerichtet wird. Dass bei solchen Untersuchungen und Überlegungen Wechselwirkungen und Widersprüche thematisiert werden, etwa zwischen Gleichheit und Differenz, zwischen Heterogenität und Homogenisierung, zwischen Strukturen und Prozessen, zwischen Demokratie und Hierarchie, auch zwischen Konzept und Praxis – das ist selbstverständlich.
Auch Berichte aus der Praxis weisen mitunter einen breiteren, dann inklusiven Fokus auf, wenn etwa der Zusammenhang von Heterogenität und Altersmischung reflektiert wird und die Fähigkeiten der Grundschule Berg Fidel in Münster aufgezeigt werden, wie inklusive Pädagogik in einer staatlichen Grundschule ‚ohne elitäre Sonderbedingungen‘ realisiert wird (vgl. Stähling 2010, Stähling & Wenders 2009, 2012). Hier geht es tatsächlich um alle Kinder in ihrer Individualität, in ihrer Gleichheit und Verschiedenheit – und dies auch im bereits mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilm „Berg Fidel – eine Schule für alle“ mit vier Protagonist_innen aus dieser Schule (vgl. Wenders 2011). Es ist kein Zufall, dass aus dieser Grundschule heraus das Konzept einer Schule von Klasse 1 bis 13 entwickelt und zu realisieren versucht wird (vgl. Stähling 2012).
Es könnte an dieser Stelle das Missverständnis aufkommen, dass an solchen Überlegungen und Untersuchungen Fragen der Unterstützung von Schüler_innen, für die sich bisher vor allem die Sonderpädagogik zuständig fühlt, nicht beteiligt sein dürften. Wenn in solchen – natürlich auch kritischen – Reflexionen mehr als die sonderpädagogische Perspektive enthalten ist und u. a. die schulpädagogische Perspektive eingebunden wird (vgl. z. B. Jennessen & Wagner 2012), haben sie deutliches Potenzial, zu einer Weiterentwicklung des Diskurses wie auch praxisbezogener Überlegungen beizutragen und über die wechselseitige polarisierende Anklage hinauszuführen. Allzu häufig kommt diese Erweiterung der Perspektive jedoch, wie oben beschrieben, nicht vor. Zumindest dürfte zu erwarten sein, dass bei einer Zentrierung auf sonderpädagogische Fragen der Fokus insgesamt reflektiert wird.
Gleichzeitig ist es auch lohnend zu untersuchen, wie der Diskurs um Inklusion in verschiedenen Feldern der Schulpädagogik und darüber hinaus wahrgenommen wird. Vor allem unter diesem Aspekt ist der Sammelband von Schwohl & Sturm (2010) aufschlussreich, denn in ihm wird deutlich, in welchem Maß der Inklusionsdiskurs sonderpädagogisch und in welchem Maß er inklusiv wahrgenommen wird. Gleiches gilt auch für eine Reihe von Beiträgen in der Zeitschrift Behindertenpädagogik (Heft 4, 2012), in denen gleichzeitig auch eine Reihe von Kenntnislücken, aber auch vorgeblich selbstverständlichen, unter inklusiven Vorzeichen kritisch zu reflektierenden Setzungen aus der Allgemeinen Pädagogik deutlich wird. Der Diskurs scheint nun vermehrt auch dort wahrgenommen zu werden, wo er eigentlich inhärent sein müsste – in der Allgemeinen und in der Schulpädagogik. Dabei kommen auch Querverbindungen zu anderen Disziplinen der Erziehungswissenschaft verstärkt in den Blick, etwa die Soziale Arbeit mit ihrem eher soziologischen als pädagogischen Zugang zur Inklusion (vgl. Balz, Benz & Kuhlmann 2012). Dies macht den Diskurs komplexer und stellt eine anregende Herausforderung dar.
Und ein dritter Gedanke liegt nahe, nämlich mit der Forschungsperspektive der Intersektionalität an Untersuchungen heranzugehen, bei der von vornherein mehrere Differenzlinien in den Fokus gerückt werden. Dass dies zum einen anspruchsvolle Forschungsdesigns nach sich zieht und zum anderen auch nicht ohne Widersprüche von statten gehen kann, bei denen neben der hohen Komplexität auch die Auseinandersetzung mit „falschen Universalismen“ eine Herausforderung darstellt, liegt auf der Hand (vgl. zu dieser Auseinandersetzung bereits Prengel 1993, aktuell Schildmann 2012). Dabei ist allerdings wichtig, nicht in ein Baukastensystem unterschiedlicher Zugehörigkeiten zu verfallen, bei denen eine Person das eine Mal der privilegierten und das andere Mal der benachteiligten Gruppe angehört, sondern analog zu Mecherils u. a. (2010) Überlegungen in der Migrationspädagogik die Konstruktion als Konstruktion des Anderen zu reflektieren und so ein pädagogisches Denken in zwei bzw. multiplen Gruppen zu vermeiden und stattdessen das Spektrum ununterteilbarer Individualität – und nicht etwa Nivellierung, wie immer wieder fälschlich kritisiert wird – in den Blick zu bekommen.
Wie weit diese Überlegungen von sonderpädagogischem Denken entfernt sind, wird etwa bei Ahrbeck deutlich, der offenbar nichts damit anfangen kann, wenn die analogen Gefahren der Assimilationsstrategie in den Feldern der Koedukation, der Interkulturellen Erziehung und der Integration als diskriminierende Normalitätskonzepte mit sexistischen, rassistischen oder sozialdarwinistischen Tendenzen (vgl. Hinz 1993) resümiert werden: „Was der Autor damit genau meint, bleibt im Dunkeln; er verrät es uns nicht“ (Ahrbeck 2011, 71). Abgesehen davon, dass genau dies das Thema einer Dissertation ist und detailliert – auch im Internet als Volltext – nachgelesen werden kann, verwundert es schon, wenn Gedanken, die über den Tellerrand der Sonderpädagogik hinausgehen und unterschiedliche differenztheoretische Diskurse in der Erziehungswissenschaft in Beziehung setzen, offenbar nicht nachvollzogen werden können.
Auch für die Bildungspolitik und -verwaltung kann ein intersektionales Denken einen bedeutsamen Impuls für Entwicklungsschritte und -strategien geben: Sie könnten sich die Diskussion um Einiges erleichtern, wenn sie statt des ‚Aufbürdens weiterer Probleme‘ auf die Schultern der allgemeinen Schule mit entsprechenden emotionalen Reaktionen beteiligter Akteur_innen deutlich machen würden, dass es in erster Linie darum geht, dafür zu sorgen, dass die allgemeine Schule in ihrer aktuellen Situation konkrete Schritte gehen muss, die dazu führen, dass sie – wie oben ausgeführt – den Bedarfen und Bedürfnissen aller Beteiligten, das meint sowohl Schüler_innen als auch mehr oder weniger bezahlte Erwachsene, besser gerecht wird als bisher. Dann ginge es zunächst einmal darum, die bisher so wenig gut gelösten Probleme mit der vorhandenen Heterogenität besser gestalten zu können. Und wenn dies geschieht – und Schulen angesichts der vorhandenen Kontrollen und Inspektionen sich dazu in der Lage sehen können –, bedeutet es angesichts eines angemesseneren Umgangs mit der vorhandenen Heterogenität keine so große Quelle von Angst mehr, jemanden in die Schule aufzunehmen, der bisher vor allem anderen als anders galt. Eine solche prozessorientierte Innovationsstrategie verlangt allerdings neben vorübergehenden zusätzlichen finanziellen Mitteln einen Fokus, der neben dem bisher weitgehend exklusiv auf die Strukturen gerichteten Blick einen ebensolchen auf die Prozesse richtet und Schulen darin unterstützt, die u. U. massiven Veränderungen auf dem Weg zu mehr Inklusion auch bewältigen zu können – z. B. über begleitende prozess- und teamorientierte Fortbildungsangebote, die allerdings ebenso thematisieren, wie Schulen unterschiedliche bis gegensätzliche Agenden bedienen und sowohl der Standardisierung als auch der Inklusion gerecht werden sollen (vgl. Plate 2012). Eine solche Strategie hätte zudem den Vorteil, dass die Koalition derer, die in allgemeinen Schulen Angst vor zusätzlich aufgebürdeten ‚schwierigen Schüler_innen‘ haben, und derer, die den Verlust ihres Förderschulkontextes befürchten, ein Stück weit – auch über transparente Zeitpläne – beruhigt werden könnte, denn zunächst geht es im Grundsatz darum, der vorhandenen Heterogenität besser gerecht zu werden, auch wenn dies mit den unmittelbaren Rechtsansprüchen auf der Basis der Behindertenrechtskonvention in Widersprüche gerät. Wie weit eine solche größere zeitliche Perspektive und eine solche prozessorientierte Sicht in Bildungspolitik und -verwaltung eine Chance haben könnte, muss allerdings dahingestellt bleiben. Das Recht auf einen qualitativ hochwertigen Unterricht für alle zu definieren und zu realisieren, wäre ein Handeln, das dem menschenrechtsbasierten Anliegen der Behindertenrechtskonvention und dem menschenrechtsbasierten Anliegen der inklusiven Pädagogik entspricht – und das täte sowohl dem Diskurs der Bildungspolitik und Bildungsverwaltung, als auch dem verbandlichen Diskurs gut.
Volker Schönwiese hat vor einigen Jahren dazu aufgerufen, um die eigenen Begriffe zu kämpfen, gerade auch dann, wenn Ansätze von ihrer Entstehung her mit sozialen Bewegungen verbunden und damit schon von vornherein politisch verankert sind. Diesen Appell bezieht er auch ausdrücklich auf die Inklusion, deren Kraft er schon durch die zunehmende Vermischung zwischen pädagogischem und soziologischem Zugang geschwächt sieht. Mit einem verkürzten und unkritischen systemtheoretischen Zugang, dem zufolge jeder Mensch immer sowohl ‚drinnen‘ als auch ‚draußen‘ ist und insofern auf der Organisationsebene Sonderschüler_innen in Sonderschulen inkludiert sind und in die allgemeine Schule exkludiert würden, verwischt sich die Analyse sozialer Benachteiligung und von Marginalisierung und beraubt damit den Inklusionsbegriff seiner klärenden, neue Orientierung gebenden politischen Kraft (vgl. Schönwiese 2009). Dies belegt die Äußerung eines Ministerialrats im Kontext der Behindertenrechtskonvention, dass Deutschland „systemtheoretisch betrachtet“ seit Mitte des 20. Jahrhunderts „ein inklusives Bildungssystem“ habe (Asmussen 2012, 362). So kann juristischer und politischer Veränderungsdruck interessengeleitet und zudem sozialwissenschaftlich begründet wegdefiniert werden. Gleichwohl bleibt richtig, dass mit einem systemtheoretischen Zugang bestehende Inklusions- oder sich so benennende Praktiken kritisch hinterfragt werden können und insofern allgemein alles Bestehende mit einer kritischen Inklusionsorientierung im Hinblick auf Exklusionsrisiken auf den Prüfstand gestellt werden kann. So kann der Gefahr eines möglichen, auf Strukturen verkürzenden Mottos ‚Alle drin, alles gut‘ entgegengewirkt werden.
Dieser Beitrag ist ein Versuch, vielfältige Abwehrformen gegenüber und Kontroversen um Inklusion, – seien sie ignorierend, aggressiv verunglimpfend oder vor allem entsprechend der eigenen Systemlogik oder eigenen Interessen umformend – hier im Kontext von Schule zu reflektieren und in Erinnerung zu bringen, worum es bei dem pädagogischen Begriff und Konzept von Inklusion eigentlich geht. Damit ist nicht die Illusion verbunden, jede Verwässerung und Verfälschung des Ansatzes verhindern und zu einer ‚lupenreinen inklusiven Praxis‘ kommen zu können. Vielmehr besteht das Ziel darin, über die allgemeine Darstellung von Veränderungsprozessen die Reflexion darüber anzustoßen und zu ihr beizutragen, sodass Zusammenhänge zwischen dem Verständnis von Inklusion und seinen Umformungen ebenso wie Zusammenhänge zwischen Inklusion und anderen Ansätzen wie Prävention stärker diskutiert werden und Praktiken wie Untersuchungen auch in ihrer Widersprüchlichkeit eingeordnet werden können. Vielleicht sind die Hürden für derartige Reflexionsprozesse angesichts der weithin zögerlichen Umsetzung von schulischer Integration (oder eher De-Segregation?), geschweige denn Inklusion, vergleichsweise hoch, denn dieser Ansatz scheint zurzeit tendenziell fast zwischen finanzpolitischen Setzungen der Kostenneutralität, mangelhaften bis fehlenden Innovationsstrategien von Ministerien und bei allen beteiligten Professionen und Gruppierungen vorhandenen Ängsten bzw. Polemiken und Vorwürfen zerrieben zu werden. Umformungen sind mit Sicherheit weiterhin zu erwarten, aber dieses Faktum kann nicht verhindern, die ursprüngliche Idee von Inklusion und die Diskrepanzen zum aktuellen Diskurs zu thematisieren, zumal es Untersuchungen und z. B. mit dem Index für Inklusion (vgl. Boban & Hinz 2003) Materialien zum grundsätzlichen Reflektieren und zum pragmatischen Agieren im Sinne des inklusiven ‚Nordsterns‘ gibt, die sofort in der nächsten Woche pragmatisch genutzt werden können, ohne ihn aus den Augen zu verlieren (vgl. Hinz, Boban u. a. 2012a, 2012b). Und immerhin gibt Roths (2000) Phasenschema für Veränderungsprozesse eine Perspektive, die über den Ärger von Phase 3 und die Frustration von Phase 4 in substanziellere Auseinandersetzungen und produktivere Aussichten weist.
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