Abstract: Mit dem Text möchte ich an Hand pädagogischer Grundbegriffe Zusammenhänge zwischen Allgemeiner Pädagogik und Inklusionpädagogik aufzeigen, die das ungeklärte Verhältnis der beiden Teilbereiche beschreibt. Darüber hinaus ist dies der Versuch Elemente kritischer (Theorie) Pädagogik dafür fruchtbar zu machen.
Stichworte: Inklusion; Kritische Erziehungswissenschaft; Bildung
I
  Auf der  Inklusionsforscher_innentagung in Wiesbaden-Naurod wurde immer wieder Bezug zur  Kritischen Theorie hergestellt ohne konkret Theoretiker_innen oder  theoretisches zu formulieren und zum anderen kam doch auch die Frage zum  Vorschein, welche Gesellschaft denn mit Inklusion angestrebt wurde. Dabei wird  stillschweigend vorausgesetzt, dass es um Veränderungen geht, ohne diese näher  zu bestimmen oder wenigstens wie eine kritische Theorie dies als Negation des  Bestehenden zu beschreiben. Hier soll kursorisch versucht werden kritische  Erziehungswissenschaft mit der Frage der Inklusion zu verbinden. Dabei geht es  um eine Haltung zur Frage der praktischen Umsetzung der theoretisch gedachten  Inklusion, die sich mit Gruschka in etwa so zuspitzen lässt: „Der notorische  Streit um das Theorie-Praxis-Verhältnis in der Pädagogik wird erst  verständlich, wenn man die Unzufriedenheit mit der Praxis nicht nur als Symptom  einer für die Pädagogik typischen hypertrophen Normenbildung, projektiven Wahns  oder chronischer enttäuschungsresistenter Omnipotenzphantasien begreift; wenn  man also nicht die Norm für die Verwirrungen verantwortlich macht, wie es heute  in zunehmendem Maße von Erziehungswissenschaftlern betrieben wird, ohne dass  diese deswegen konservative Positionen beziehen müßten. Auch wenn wir genauer,  als es der Fall ist, wüssten, welche Wirkungen Erziehung und Bildung erzielen,  würde das die Unsicherheit darüber, was gefordert werden muss und was die  Pädagogen können, nicht wirklich beseitigen. Denn so würde lediglich skalierbar  und damit differenziert, was bislang mit der Figur von Erfolg und Scheitern  belegt wird. Die Relevanz des Problems wird erst deutlich, wenn man sich  ernsthaft mit den Unzulänglichkeiten und Anomalien des Systems beschäftigt“  (Gruschka 1994, S.137f). Als Ausgangspunkt, als eine der Anomalien, könnte die  Skizzierung der disziplinären Logik von Allgemeiner und Spezieller Pädagogik in  Deutschland sein, welche die eigenartige Konstruktion hervorgebracht hat, dass  Allgemeine Pädagogik zugleich eine Teildisziplin unter mehreren (vielen)  darstellt. Somit fehlt eine einheitliche übergeordnete Adresse an die Inklusion  gerichtet werden kann, wenn es das Fach selbst gar nicht als strukturierte  Einheit gibt. Hinzuweisen ist bei dieser verzwickten Lage weiterhin noch auf  die Tatsache, dass Integration als der ältere Begriff vornehmlich von der  Subdisziplin Sonderpädagogik diskutiert wurde (und wird?), die sich letztlich  auf eine „Dimension von Anderssein“ (Dammer 2012: 355) bezog, weniger auf eine  Allgemeine Heterogenität schlechthin. Dammer sieht damit die  Inklusionspädagogik vor das Problem gestellt, das Erbe der  Integrationspädagogik anzutreten, ohne deren Problematiken lösen zu können, weil  die argumentativen Grundmuster die gleichen bleiben.[1] Hier im speziellen geht es um das scheinbare Ungenügen der  Integrationspädagogik, der keine positive Inklusionspädagogik entgegengehalten  werden kann. Und hier könnte bereits mit einer Figur kritischer Theorie  festgehalten werden, dass es eben nicht um die objektive Beschreibung des  status-quo geht, sondern vielmehr darum Gesellschaft an ihren eigenen Maßstäben  zu messen oder der Pädagogik einen Spiegel vorzuhalten, um die Fragen der  Inklusion dazu zu benutzen, ihre Funktion vielleicht genauer zu analysieren. 
  Es soll hier auch um einen  Aspekt innerhalb der Inklusionspädagogik gehen, der leider immer wieder  vernachlässigt wird, auf den vor allem Kritische Erziehnungswissenschaft  verweist: Gesellschaft ist ein Zwangszusammenhang, was auch für Inklusion gilt,  und Soziale Integration, so der ältere gesellschaftstheoretische Begriff der  Inklusion, ist somit eine Vermittlungsaufgabe für die Pädagogik allgemein und  für die Schule im besonderen. Das Verhältnis von Gesellschaft und Individuum  ist die Institution Schule betreffend sehr offensichtlich eines, welchem wir  unterworfen sind, eines, dass wir uns nicht aussuchen können, wie Wolfgang  Jantzen dies immer wieder betont hat. In der Inklusionsdebatte vermisse ich die  Beschreibung dieser Aufgabe als Widerspruch von “Bildung und Herrschaft”  (Heydorn).
Das, was wir als Menschlichkeit  verstehen, unterliegt keiner geschichtlichen Denkentwicklung, schreibt der  Psychoanalytiker A. Gruen. Menschlichkeit entwickelt sich nicht aus dem  Nachdenken über moralische Werte, wie es im allgemeinen dargestellt wird, die  Moralität kommt aus Kräften, die vitaler sind als eine dem Menschen aufgesetzte  Denkweise, nämlich aus dem Handeln und dem sozialen Umgang der Menschen innerhalb  von Gesellschaft. Wo die Moralität auf etwas Äußerlichem basiert, werden auch  die Bedingungen aller Unmoralität und letztlich Unmenschlichkeit zu finden sein  (vgl. Gruen 1989).[2] Dieser Soziale Sinn, ich nenne ihn hier Inklusion, muss immer wieder neu  hergestellt werden, denn Soziale Kontexte organisieren sich besonders in der  modernen Gesellschaften institutionell, d.h. im Rahmen von (durchaus  ritualisierten) sozialen Austauschformen dessen, was man tut. Nur in ihr und  durch sie, können sich die einzelnen Individuen zu autonomen Personen  entwickeln. Jeder Einzelne ist hierbei in bestehende Strukturen eingebunden,  die auf ihren Institutionalisierungsgrad hin analysiert werden müssen. Oder  andersformuliert: Es ist zu untersuchen, in welcher Weise die Austauschverhältnisse  der Institutionen die Entwicklung jedes Einzelnen bestimmen[3](vgl.  Jantzen 2004, 1998, Ritsert 1988).
  Wie Adorno zu Gesellschaft  festhält, bindet bspw. das Tauschgesetz alle, ganz gleich, ob sie selbst mit  ihm konform gehen oder nicht. “Primär ist der Profit. Noch die als Kundenschaft  eingestufte Menschheit, das Subjekt der Bedürfnisse, ist über alle naive  Vorstellung hinaus gesellschaftlich präformiert, und zwar nicht nur vom  technischen Stand der Produktivkräfte, sondern ebenso von den wirtschaftlichen  Verhältnissen, so schwer das auch empirisch sich kontrollieren lässt. Die  Abstraktheit des Tauschwerts geht vor aller besonderen sozialen Schichtung mit  der Herrschaft des Allgemeinen über das Besondere, der Gesellschaft über ihre  Zwangsmitglieder zusammen” (Adorno 2003a:13f). Dies trifft natürlich auch die  Schule und ihre Funktion, wie bspw. auch die großen Träger der Behindertenhilfe  und wirkt bis auf die einzelnen Individuen. Behinderte gehören nicht ganz  zufällig zu jenen Gruppen der Gesellschaft, deren Soziale Integration am  meisten Fragen und Problematiken aufwirft. Innerhalb dieser sehr spezifischen  Tauschgesellschaft gibt es keine Gleichheit in dem Sinne, dass alle überall von  den gesellschaftlichen Errungenschaften gleichermaßen profitieren. Die  “vorkapitalistischen Rudimente und Enklaven” (Adorno) sind keineswegs etwas  Fremdes, Relikte der Vergangenheit, sondern notwendig. Denn: “Der  Vergesellschaftungsprozeß vollzieht sich nicht jenseits der Konflikte und  Antagonismen oder trotz ihrer. Sein Medium sind die Antagonismen selbst, welche  gleichzeitig die Gesellschaft zerreißen” (Adorno 2003a: 14f). Soziale  Integration/Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die ein  Zusammenleben der einzelnen Individuen erzwingt und nur so das Überleben  garantiert. Die angedeutedeten gesellschaftlichen Widersprüche binden die  Individuen zwar aneinander, die unterschiedlichen Interessen und ihre  Durchsetzung reissen Gesellschaft tendenziell auch wieder auseinander.  Kritische Theorie verweist in ihrer materialistischen Perspektive darauf, dass  die Einrichtung der Gesellschaft menschlichen Ideen entsprang und nun den  Menschen scheinbar übermächtig gegenüber steht (vgl. Adorno 2003a, 2003c;  Dahmer 1973). So wird nach Adorno der “Klassenunterschied” immer größer und  wirkt in die Existenz der Menschen hinein. Wichtig zu ergänzen: Auch wenn der  Begriff der Klasse sehr unmodern klingt, ist bei Adorno etwas ganz spezifisches  gemeint. “Klasse war durch die Stellung zu den Produktionsmitteln bestimmt, nicht  durchs Bewusstsein ihrer Angehörigen” (Adorno 2003c: 358). Gemeint sind also  Herrschaftsprozesse, Macht und Gewalt bzw. Ohnmacht und Verletzlichkeit. Nicht  ohne Grund ist gerade Gewalt nach Jantzen ein wesentlicher Bestandteil der  Institution “Geistigbehindertsein” (Niedecken), die sich durch Diagnosen,  Therapien und damit fester gesellschaftlicher Bilder von Behinderung durch  Dauerhaftigkeit auszeichnet (vgl. Jantzen 2004, 1998; Niedecken 2009, 2003).  Die Kategorie der “Isolation”, bei Jantzen die Widerspiegelung der  gesellschaftlichen Verhältnisse von Inklusion und Exklusion, zeigt in ihrer  zweifachen Dimension, individuell und sozial, die fehlende Vermittlung (vgl.  insbesondere Jantzen 1990, Feuser 1995). Die Frage ist also, wohin inkludiert  werden soll und welche Begriffe und Konzepte dafür benutzt werden.
Die Auseinandersetzung um Inklusion bezieht sich auf drei Dimensionen: die ökonomische Teilhabe[4], die institutionellen Teilhabe (formal die Gewährung und Garantie der Bürgerrechte, die in exkludierenden sozialen Einrichtungen permanent verletzt werden) und die Dimensionen der sozialen Beziehungen (ökonomisch, politisch und anderweitige Sozialbeziehungen). So entsteht ein dialektisches Verhältnis, welches als Spannungsverhältnis zu kennzeichnen ist, nicht als dichotomer Gegensatz von Exklusion und Inklusion. Dammer verweist zurecht bspw. auf den doppelten Bezug des älteren Integrationsbegriffs. Er meint nicht nur den Prozess der sozialen Integration einzelner Individuen bzw. Gruppen in die Gesellschaft, sondern auch den gesamtgesellschaftlichen Zustand ihrer Strukturen zur Möglichkeit der Integration, kurz dass der gesellschaftliche Zusammenhalt gesichert ist. Dies ist ein Zusammenspiel von funktionaler Koordination, moralischer Integrität und expressiver Gemeinschaft. „Die Befriedigung expressiver Bedürfnisse hängt nicht primär von zugestandenen Freiräumen, sondern von den materiellen Möglichkeiten der Individuen ab, also ihrer funktionalen Integration in den ökonomischen Betrieb. Misslingt sie, so ist auch die Selbstverwirklichung gefährdet“ (Dammer 2012: 363). Die gelingende oder problematische Integration ist dabei kein objektives Faktum, sondern eine Frage der theoretischen Perspektive, denn ein gut ausgebautes Netz an Sonderinsitutionen ist eben eine andere Soziale Integration als ein Netz an Institutionen, die am gleichen Ort für Alle zuständig ist.[5] Und hier wird ersichtlich woran der Inklusionsbegriff krankt. In seiner Unschärfe wird nicht deutlich, wohin inkludiert werden soll, da es umstritten, also Aushandlungsgegenstand, ist, und ob es ausreicht, gleiche Lehrpläne in verschiedenen Schulformen zu haben oder doch alle in die gleiche Schulform gehen sollen. Mit Kronauer verweist Dammer auf den Ansatz der Armutsforschung, „die Exklusion nicht abstrakt als ein Funktionsproblem, sondern als spezifisches soziales und empirisch konstatierbares Problem in einer bestimmten geschichtlichen Konstellation“ (Dammer 2012: 359) zu verstehen.[6] Armutsforschung hat drei Kriterien: der Beteiligung am Erwerbsleben und den daraus resultierenden sozialen Bezügen, den Rechtsansprüchen, die sich aus dem Bürgerstatus ergeben und die Teilhabe an freundschaftlichen und familiären Nahbeziehungen. Festzustellen ist die Tendenz der Verstärkung von Exklusion durch das Überspringen von einer Dimension auf die andere. Wer seinen Lebensunterhalt nicht durch Lohnarbeit sichern kann, hat weniger Nahbeziehungen oder auch, wer den Bürgerstatus eingeschränkt wahrnehmen kann, hat Probleme seinen Lebensunterhalt mit Lohnarbeit zu sichern und ist deshalb auf die Hilfe aus dem sekundären Sozialsystem angewiesen. Dies ist, so Kronauer, eine Exklusion in der Gesellschaft nicht aus ihr. Behinderung wird in dieser Hinsicht von Maschke (2007; 2002) als marginalisierte Lebenslage begriffen, die sich auf alle drei Dimensionen bezieht. Behinderte werden diskriminiert, ihr Bürgerstatus ist nicht gesichert oder wird verletzt, sie sind oder werden arm und haben durch die institutionalisierte oder eingeschränkte Lebenslage an reichhaltigen Nahbeziehungen gehindert.
Gerade die bürgerliche  Gesellschaft lebt von der Vergemeinschaftung von Individuen auf Grund von  Normen, die eine spezifische gesellschaftliche Normalität hervorbringt und  beides, Vergemeinschaftung und Norm; hängen eng miteinander zusammen. Die  Normen der funktionalen Koordination (Bildungssystem, Eingliederungshilfe) sind  dabei andere als die der expressiven Gemeinschaft (Schule, Wohnort). Die Normen  können dabei auch in Widerspruch zueinander geraten, „so dass gesellschaftliche  Integration stets ein prekäres Unterfangen bleibt, da sich die Gesellschaft  ohne den Geltungsanspruch moralischer Normen den sie konstitutierenden  Individuen gegenüber nicht legitimieren könnte, die Verwirklichung der Normen  aber immer im Kontext funktionaler Koordination stattfindet, die, folgt man  Adorno, stets das letzte Wort hat. “Sie sind, Triumph der Integration, bis in  ihre innersten Verhaltensweisen hinein, mit dem identifiziert, was mit ihnen  geschieht” (Adorno 2003a:18).[7].  Dieses Dilemma führt zur Tatsache, dass die meisten ihr gesellschaftliches  Schicksal nicht mehr in der Hand haben, obwohl sie als Subjekte an der  gesellschaftlichen Entwicklung beteiligt sind. Jedes einzelne Individuum muss  seine indivudelle Existenz nach den Lücken, die die Gesellschaft lässt,  ausrichten, weniger nach dem, was ihm für seine eigene Bestimmung vor Augen  steht. Dammer hat wiederholt die Frage gestellt, wie integrativ die momentane  Gesellschaft noch wirkt (Dammer 2012, 2008; vgl. auch Negt 2013). Durch  verschiedene Einrichtungen wie Lohnarbeit, Warenangebot, Kulturindustrie,  Bildungssystem werden die Subjekte planvoll von ihrer eigenen Subjektivierung  ferngehalten. Anpassung an gesellschaftliche Verhältnisse und Prozesse  verhindert die Emanzipation aus diesem Zwangzusammenhang.[8] 
  Die Einrichtung der  Gesellschaft nach den Bedürfnissen der Menschen wird also zu nichte gemacht,  wenn sie von Profit und Machtinteresse durchdrungen sind. Die Individuen sind  Objekte von dem, was Politik, Sozialpolitik, Wirtschaft, Recht, Bildung gennant  wird. Adorno bezeichnet die Gesellschaftsstruktur als irrationalistisch, weil  sie nicht mehr zentral, z.b. durch die Übergabe der Lenkung von ökonomischen  Prozessen an die politische Macht, gesteuert werden kann. Adorno spricht sich  aber ebenso gegen einen Dirigismus aus, weil dies Zentralismus und  Konzentration erfordert, die jedoch wieder nur ein “notwendig falsches  Bewusstsein” von Gesellschaft, ihren Strukturen und Gebilden liefert, dies im  Grunde nur die Irrationalität noch erhöhen würde. Es gibt kein  “gesellschaftliches Gesamtsubjekt” (Adorno) und auch kein äußerlicher  Standpunkt, von dem aus die Veränderungen herangetragen werden können. Weder  lässt sich aus den Produktivkräften allein Gesellschaft entwickeln noch aus dem  Tauschprinzip, welches das gesamte Leben überzieht. Vielmehr sind die  notwendigen Unstimmigkeiten, Antagonismen und Widersprüche aufzunehmen, die den  Zwangszusammenhang darstellen. Zunächst gilt es theoretisch den ideologischen  Schein zu durchbrechen, etwa die Frage der Marktgläubigkeit oder die einer  bürgerlichen Gesellschaft, um damit Aufklärung im besten Sinne zu sein (vgl  Adorno 2003b). 
  Besonders problematisch erweist  sich hier der Bezug auf den Begriff der Gemeinschaft, der besonders mit seinen  historischen Konnotationen gefährliche Nähe zur Zwangsvergemeinschaftung  aufweist, wie er nicht nur in den großen Sondereinrichtungen der  Behindertenhilfe immer wieder anzutreffen ist, sondern eben auch  gesamtgesellschaftlich gedacht wird. Die Unterschiedlichkeit der Prinzipien von  Gemeinschaft und Gesellschaft muss stets bewusst bleiben und damit auch „die  Tatsache, dass gelingende Integration – oder wenn man es so nennen möchte:  Inklusion – in eine Gemeinschaft nicht gleichzusetzen ist mit einer  funktionalen Integration in die Gesellschaft, deren Praxis auf der ‘Normalität’  instrumenteller Vernunft basiert und dementsprechend Anpassungsleistungen  fordert, unabhängig davon, inwieweit ein Individuum dazu überhaupt in der Lage  ist bzw. die geforderte Anpassung mit seinem Identitätskonzept vereinbaren kann  oder will“ (Dammer 2012: 371). Dieses theoretisch nicht genügend geklärte  Verhältnis von Normalität führt zur unklaren Haltung des Inklusionsdiskurses  der Schule gegenüber, deren wesentlicher gesellschaftlicher Zweck die Normalisierung  ist.
  Auf der anderen Seite der  Sozialen Integration/Inklusion des Individuums, bedeutet dies z.B.: Die  sozialpsychiatrische Variante des klassischen medizinischen Heilungsanspruches,  und dies gilt es vor allem zu bedenken, ist nach Klaus Dörner der Integrationsanspruch,  der an jeden Einzelnen herangetragen wird. Er ist aber in der Regel gleich dem  Heilungsanspruch verfehlt und daher abzulehnen, da er die Eigenart und  Besonderheit des Menschen durch den Fokus auf Normen leugnet, dessen Leben  bspw. von einer Krankheit oder Behinderung chronisch geprägt ist. Zu  integrieren und passend zu machen sind nicht die Menschen, sondern die  gesellschaftliche Lebenswelt, sowohl innerhalb als auch außerhalb der  Institution (vgl. Dörner 2001).[9] Für Anne Waldschmidt steht bezüglich von Behinderung fest, dass bspw.  Sozialleistungen und Bürgerrechte allein nicht genügen, um Teilhabe oder  Anerkennung oder eine kulturelle Repräsentation zu erreichen. „Individuelle  gesellschaftliche Akzeptanz wird erst dann möglich sein, wenn behinderte  Menschen nicht als zu integrierende Minderheit, sondern als integraler  Bestandteil der Gesellschaft verstanden werden“ (Waldschmidt 2007a: 166).  Wichtig scheint mir, zu betonen, dass dieser Anspruch darauf verweist, die  Verhältnisse in den Blick zu nehmen und sie in Bewegung zu halten, nicht auf  Dauer zu stellen. Ungleichheiten zwischen „Behinderten“ und „Nichtbehinderten“,  so Rösner, sind heute weniger rechtlich verbürgt als symbolisch (Institution  Geistigbehindertsein) verankert. Sie sind kaum wahrnehmbar unterhalb einer  normativ kodifizierbaren Gerechtigkeitssphäre, in Bereichen, in denen Menschen  nicht so sehr als Personen formaler Rechte in Erscheinung treten, sondern als  ethische Personen mit Anspruch auf ein nicht verfehltes Leben und gelungener  Identitätsbildung (Rösner 2002, 2006). Es lässt zeigen, dass es außerhalb  sonderpädagogischer Institutionalisierung keine Nische gibt (vgl. Niedecken  2003) und sie innerhalb der Sonderinstitutionen unweigerlich die Frage der  Gewalt mit ins Spiel bringt, deren Kern (besonders geistige) Behinderung  darstellt (vgl. Jantzen 2003). Hier wird das “Behindert werden” als „ein  Wundmal.“ (Horkheimer/Adorno), die Verweigerung von Bildung als Erziehung zur  Mündigkeit sinnbildlich. Weiter heißt es dort: “Sie kann sich auf eine Leistung  unter vielen oder auf alle, praktische und geistige, beziehen. Jede partielle  Dummheit eines Menschen bezeichnet eine Stelle,   wo das Spiel der Muskeln beim Erwachen gehemmt anstatt gefördert wurde”  (Horkheimer/Adorno 1989: 282).
Grundlegend für die Analyse von  Gesellschaft ist ein Begriff von Geschichte, der die Menschen als  geschichtsbildend betrachtet. Dabei gibt es keine logische Entwicklung zu immer  mehr gesellschaftlicher Vernunft, sondern diese von der Kritischen Theorie als  dialektischer Prozess gefasste kulturelle Entwicklung bringt Widersprüche und  Konflikte hervor, in denen die Menschen die Vernunft immer wieder neu  aushandeln, sie immer wieder zur Reflexion auf die bestehenden Möglichkeiten  nötigt, um ihren (utopischen) Gehalt einzulösen. Vernunft ist somit keine  festgelegte Kategorie, von der sich die Gestaltung der Praxis einfach ableiten  ließe. Wird Vernunft nämlich als auf ein spezifisches Ziel hin zweckgerichtet  verstanden, wird sie zur „instrumentellen Vernunft“ (Horkheimer), die Normen  oder gar Ideale verabsolutiert und in ihrem Namen Ausgrenzungen, gar  Unmenschlichkeit hervorruft (vgl. Demirovic 2005). 
  Die Frage nach Bildung und  Entwicklung der Individuen innerhalb von Gesellschaft ist also auch die Frage  nach dem Grad der Institutionalisierung des Bildungssystems, der das Verhältnis  von Gesellschaft und Individuum in der modernen Gesellschaft bestimmt. Dieser  durch Institutionen geregelte Rahmen kann demnach enger oder weiter bestimmt  sein. Er ist am weitesten definiert, (1) wo allen Beteiligten entsprechende  Vernunftfähigkeit zugestanden wird, (2) wo die Anwendung von Macht  institutionell und rechtlich so geregelt ist, dass ein freier Diskurs  stattfinden kann, sowie (3) eine Anwendung von Gewaltmitteln gegen Beteiligte  weitgehend unterbleibt. Dies alles ist nicht der Fall, wo Vernunft abgesprochen  wird, Macht und Ohnmacht sich auf unterschiedliche Gruppen verteilen sowie  legitimierte Gewaltformen der einen Gruppe gegen die andere den Austausch so  strukturieren, dass Herrschaft aufrechterhalten bleibt (vgl. Jantzen 2004,  1998). Wie sich in der historischen Beschreibung gesellschaftlicher  Institutionalisierung darstellen lässt, ist ein grundlegender Effekt der  Ausdifferenzierung von und des gesellschaftlichen Umgangs mit „Behinderung“ das  Absprechen von Vernunft[10].  Wenn aber „Vernunftfähigkeit selbst zu den Grundgütern menschlicher Natur  gehört [...] liegt das Problem nunmehr darin, dass unter bestimmten Umständen  ein sozialer Zusammenhang verloren geht, in dem die Vergesellschaftung von  Vernunftfähigkeit auch sozial als Vernunft erscheint“ (Jantzen 1998: 42). Die  Gestaltung der Gesellschaft durch abgetrennte Sphären der Vernunft und  Unvernunft hat/te einen Ausschluss zur Folge, der bestimmte Verhaltensweisen  als unvernünftig, ja bedrohlich (für die Gesellschaft) charakterisierte (vgl.  Basaglia-Ongaro 1985; Castel 1983; Foucault 1994, 1980; Jantzen 2004, 1990;  Kastl 2010; Rohrmann 2011) und dies in den Menschen lokalisiert(e) und  bekämpft(e).
  Rationalität darf nicht zum  Ausschlusskriterium werden, derart, sich nicht mit jenen Menschen zu befassen,  die den (instrumentellen) Rationalitätsstandards nicht gerecht werden können.  Dieses nach Linke (2005) von Kant bis Habermas reichende Problem der Exklusion  von Menschen mittels des Konzeptes der Vernunft bzw. Rationalität ist höchst  gravierend und es ist bedenklich, dass die verschiedenen Versuche – Linke nennt  Levinas und Derrida als Beispiel - das Angesprochensein durch das Antlitz des  Anderen, eben die Gerechtigkeit als unendliche Aufgabe zum Teil eher als  Irritation der Rationalität, also als Irrationalität wahrgenommen wurden, statt  als Möglichkeit, dem Menschen unmittelbarer zu begegnen.[11] 
  Vernunft ist für die  menschliche Kommunikation, aber nicht nur sie, außerordentlich wichtig, wie  auch die traditionelle Konzeption der Vernunft, da sie für die Einheit des  Verstandes des Einzelnen zu sorgen vermag. Wird die einheitsstiftende Leistung  der Vernunft jedoch als einzige Aufgabe der Vernunft verstanden, so ist damit  eine gelingende Kommunikation noch nicht unbedingt ausreichend gebahnt.  Wichtiger wäre zunehmend zu lernen, mit Überraschungen in der Kommunikation  umzugehen und sich dabei nicht einfach auf einen feststehenden Kanon der  Vernunft berufen zu wollen. Wir bedürfen der Freiheit, damit wir in der  Kommunikation immer wieder neu entscheiden können, wie „die Dinge“ gerecht  auszubalancieren wären. „Dann aber ist Freiheit nicht mehr einfach als Konzept  der Entgegensetzung zur Natur zu konzipieren, bei der die Freiheit einen feststehenden  Kanon von Gründen gegen die Natur durchzusetzen hätte, sondern vielmehr als das  Vermögen anzusehen, nötigenfalls zum Behuf gelingender Kommunikation auch  einmal auf einheitsstiftende Funktionen für das eigene Selbst und den eigenen  Verstand zu verzichten” (Linke 2005: 135). Anhand der langen  Rezeptionsgeschichte gewinnt Linke den Eindruck, “dass Vernunft zu einem Mittel  der Abwehr bzw. zumindest Exklusion von Menschen benutzt wird, wenn auch deren  Wohlgeformtheit für eine abgestimmt funktionierende Gesellschaft von höchster  Bedeutung und keinesfalls abzuwählen ist“ (Linke 2005: 115). 
  Vernunft und Freiheit wären  dann die Vermögen, auf kreative und stets neue Weise bereit zu sein, mit den  unterschiedlichen Auswahlstrategien der Menschen umzugehen. Mit der Vernunft  sind wir, so Linke, noch nicht in der Position der Unendlichkeit, wie das zu  manchen Zeiten vermutet wurde, und müssen uns daher daran gewöhnen, dass wir  uns in der Kommunikation bisweilen umso mehr der Herausforderung der  Endlichkeit stellen müssen. Freiheit wäre dann das Vermögen, diese  Nichtunendlichkeit, die zugleich Aufforderung zum unendlichen Handeln ist (das  natürlich nicht ganz realisiert werden kann), zu akzeptieren und immer neue  Auswahlversuche für eine handelnde Vernunft zu gestalten (Linke 2005: 136). 
  Vernunft und Freiheit wären  ebenso das Vermögen, sich auf die Zerklüftungen des Anderen einzulassen.  Vernunft als Fähigkeit zum Erspüren der Besonderheiten des Anderen wäre dann  nicht einfach nur ein passives Vernehmen, aber auch nicht Vernehmen im Sinne  eines polizeilichen Verhörs, mit der Fragestellung, ob ein imaginärer Kanon der  Vernunft eingehalten wird. Freiheit ist bspw. bei Zirfas der Ausgangspunkt, von  dem aus auch eine Beschreibung von „Behinderung“ und ihrer Anerkennung starten  kann (vgl. Zirfas 1998). Aus der Perspektive der Emanzipation, der Autonomie  des Einzelnen innerhalb von Gesellschaft kann es nach Demirovic weder um die  Selbstunterordnung der Vernunft unter einen Bereich des Irrationalen noch darum  gehen, das endgültige System zu schaffen. Die gesellschaftlichen Widersprüche  lassen sich nicht einfach beseite stellen und ignorieren. Sie lassen sich aber  auch nicht logisch durch noch so kluge Deduktionen beseitigen. Sie sind kein  Denkfehler, sondern konkreter praktischer Widerspruch. Die Erfahrung konkreter  Widersprüche sind der Ausgangspunkt und der Anlass dafür, die Verhältnisse in  Frage zu stellen, die sie erzeugen. Vernunft wäre der Maßstab die Vielfalt des  Lebens in gesellschaftliche Gestaltung einzubeziehen, die Vermittlung von  Individuum und Gesellschaft nicht zu einer Seite hin aufzulösen (vgl. Demirovic  2005), sie ist der gesellschaftliche Gradmesser für die Schaffung  demokratischer Verhältnisse (vgl. Dahmer 1973; Jantzen 2004).
Kritische Pädagogik beschäftigt  sich mit spezifischen Fragestellungen, nach Miedema und Wardekker bspw. mit der  „sozialen Involviertheit von Erziehung und ihrem unvermeidlichen politischen  Charakter in der zeitgenössischen westlichen Gesellschaft“ (Miedema/Wardekker  1999: 93). Ein wesentliches Kennzeichen ist die Vermittlung von Wissen und die  Produktion von Personen, die sich in die gesellschaftlichen Strukturen ohne  Probleme anpassen können. Die scheinbare logische Konsequenz der  Persönlichkeits-Bildung kann nicht als mögliches Ergebnis angenommen werden.  Die Bildung ist eine der „Halbbildung“ als Einübung in die bereits existierende  Gesellschaft. Die Rolle der gesellschaftlichen Strukturen wird durch die  Kritische Pädagogik nicht geleugnet, sind sie doch wesentlich für eine Gesellschaft,  die nur durch Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten innerhalb  spezifischer Institutionen Wissen transparent macht. „Denn es ist die Kultur,  die den Menschen über den Stand des Tieres hebt und ihn von dem Zwang der  gegebenen Situation befreit und somit ein geplantes, verständnisvolles,  vernünftiges Verhalten möglich macht. Die kulturelle Konstruktion von Sinn  macht, indem sie internalisiert wird, Entwicklung und die Identität einer  Person möglich.“ (Miedema; Wardekker 1999: 95) Lernen und Entwicklung stehen in  einem besonderen Verhältnis zwischen dem Individuum und den „objektiven  kulturellen Werten“. Identität ist als aktive Konstruktion des Individuums  anzusehen. Die Individuen benutzen und verändern die Kultur, in der sie sich  befinden. Der kulturelle Kontext bestimmt die Un/Möglichkeiten der Bildung  personaler Identität. Persönlichkeitsbildung ist in der Kritischen Pädagogik  kein transzendentes Prinzip sondern ein widersprüchliches Ideal. Das  Bildungsziel einer selbstidentischen und konsistenten Person wird als Ziel  jedoch nicht verleugnet, wesentlich im Gegensatz zur gesellschaftlichen  Zweckrationalität. Die Antworten auf die damit gestellte Frage der  Verwirklichung dieses Ideals einer konsistenten Person sind daher von Bedeutung  und auch die Frage nach den Gründen der Verhinderung. Mündigkeit wäre bspw. der  beständige Stachel im Bildungssystem und das Kriterium bzw. die  Reflexionsinstanz dafür, dass Schule innerhalb von Gesellschaft vernünftig  eingerichtet ist. 
  Ausgangspunkt ist in der Kritischen  Erziehungswissenschaft das unterstellte Interesse aller an einer vernünftigen  Organisation der Lernprozesse als Aneignung des kulturellen Erbes - kurz der  Integrationsanspruch des Bildungsystems als Ermöglichung von Mündigkeit. “Eine im Sinne der Kritischen Theorie konsequente  Erziehungswissenschaft geht davon aus, dass Schule in der bürgerlichen  Gesellschaft sich weder durch ihre Systemfunktionalität noch durch die Berufung  auf pädagogische Normen allein legitimiert, sondern durch ihren Anspruch, zwischen  beidem erfolgreich vermitteln zu können, also zugleich die pädagogischen Normen  Subjektivität, Mündigkeit und Autonomie durchsetzen und systemfunktionale  Individuen formen zu können” (Dammer  2008:20). Zu sehen ist, dass Schule als  Institution mit ihrem Verzweigungen bzw. Schultypen und mit ihr jede  eingerichtete Sonderschule die Frage von Mündgkeit und Autonomie sehr  spezifisch beantwortet. Nimmt man die Frage der Funktion, also der  Inklusion/sozialen Integration, wird deutlich, wie sehr Schule die Autonomie  der einzelnen Schülerinnen behindert.[12] So wird auch deutlich, was dies mit Teilhabe, auch und besonders die Frage der  Aneignung und Gerechtigkeit zu tun hat (vgl. Ritsert 2004, Schnurr 2011,  Weisser 2012)[13]. 
  Nachdem die Arbeitsverhältnisse  ihre Dauerhaftigkeit verloren haben und immer mehr Flexibilität der Einzelnen  erfordern, ist die Institution Schule diejenige, deren Wirkungen am  nachhaltigsten sind.[14] Je länger die Verweildauer, und dies sind zwischen 8 und 13 Jahren, umso mehr  Anpassung wird erzwungen, mit mehr oder weniger drastischen Maßnahmen. Dass die  zur Teilhabe an Gesellschaft notwendige Bildung innerhalb der Institution  Schule erworben wird, verleitet zum Fehlschluss, dass es nur in diesem  vorgefundenen Rahmen funktioniert. Die Ausnahmen, nämlich diejenigen, die sich  nicht anpassen müssen, die einen, weil sie sich jegliche Bildung kaufen können  oder die anderen, bei denen dies schlicht egal ist, verweisen auf das oben  beschriebene Profitmotiv. Die einen können mit anderen Mitteln die Teilhabe an  der Gesellschaft erreichen, während die anderen nahezu gänzlich ausgeschlossen  werden, durch Einschluss Institutionen des Sozialsystems wie  Komplexeinrichtungen, Dorfgemeinschaften, Psychiatrien, Pflegeeinrichtungen,  Werkstätten. Es erscheint mir eine Überlegung wert, dass bei gelungener  Sozialisation, was auch immer das ist, von der Leistungsfähigkeit der  systematischen Erziehung ausgegangen wird, während im umgedrehten Falle, das  Versagen den einzelnen Schüler_innen in die Schuhe geschoben wird, was ähnlich  auch für die Arbeitsverhältnisse zutrifft.
  “Auch wenn „Subjektivität“ und  „Mündigkeit“ bezeichnenderweise im gegenwärtigen pädagogischen mainstream kaum  noch auftauchen, erscheint es gleichwohl zunächst wenig plausibel,  „Subjektivität“ zu einer im eben genannten Sinne gefährdeten Kategorie zu  erklären, leben wir doch – so der Tenor vieler soziologischer Studien – in  einer Epoche der Individualisierung. Dies ist zwar richtig, jedoch nicht nur  als ein gesellschaftliches Zugeständnis an die Subjekte, sondern auch als ein  Zwang mit weit reichenden Folgen zu verstehen, wie R. Sennett exemplarisch in  seinen Fallstudien zum flexiblen Menschen zeigt. Dieser neue Bürgertypus, den  Sennett in unterschiedlichen sozialen Milieus findet, erlebt Individualisierung  als die Nötigung, seinen Lebensentwurf dauerhaft an die rapide sich  verändernden Reproduktionsbedingungen des globalisierten Kapitalismus’  anzupassen. Er ist um seines Selbsterhalts willen gezwungen, gegebenenfalls  private, soziale oder kulturelle Bindungen aufzugeben und mit der permanenten  Entwertung seiner Erfahrungen und Fähigkeiten zu leben, aus deren Kontinuität  erst das konkrete Bild einer individuellen Persönlichkeit entstehen kann. Das  einzig stabile Merkmal dieses Typus’ ist eben seine Flexibilität, mit der das  Risiko des Scheiterns auf ihn allein abgewälzt wird” (Dammer 2008:10).
Mit der Frage der Bildung ist  der zentralste Begriff der Pädagogik angesprochen und damit welchen Gehalt sie  in der Gesellschaft hat oder haben soll. Bildung als dynamisches  emanzipatorisches Projekt von Pädagogik muss immer wieder neu entscheiden, was  deren Inhalte sind. Er umfasst die gesamte menschliche Gattung und damit  gesellschaftliche Entwicklung ebenso wie die spezifische individuelle innerhalb  einer Gesellschaft. Sie ist daraus folgend ein vor allem auch praktisches  Problem der Verwirklichung von Emanzipation. Hier ist die Anlehnung an die  Kritische Theorie offensichtlich, denn mit der Analyse der gesellschaftlichen  Widersprüche als Selbstreflexion wird es möglich andere  Entwicklungsperspektiven zu gewinnen (vgl. Miedemma/Wardekker 1999).
  Hier sind aber auch die  Schnittpukte von Allgemeiner Pädagogik und Inklusionspädagogik zu suchen und  besonders von letzterer auch einzufordern (vgl Moser 2003), selbst wenn sie nur  zwei unter mehreren Disziplinen sind. Denn: von ihrer Sicht auf Bildung und die  Institution Schule können alle Kinder und Jugendlichen profitieren. Gegenüber  der „Erziehung“ besitzt der Bildungsbegriff den Vorteil das Paradoxieproblem  der Erziehung zu thematisieren. Damit die Menschen ihren Grund in sich selbst  finden, wie Schäfer formuliert, das heißt, ihre Autonomie, muss ihnen im  gesellschaftlichen Rahmen mit Hilfe von Bildung die Möglichkeit gegeben werden,  ihre individuelle Persönlichkeit auszuformen. Die Bildungstheorie als  wissenschaftliche Beobachtung betrachtet die Personwerdung unter dem  Gesichtspunkt der Eigenaktivität des sich Bildenden innerhalb der jeweiligen  Kultur. Deshalb ist sie immer kritisch gegenüber den pädagogischen Verantwortungs-  und Steuerungsansprüchen, die durch die gesellschaftliche Instanz der Pädagogik  an das Individuum herangetragen werden. „Es geht um die Angabe von Bedingungen,  die einen Prozess der Selbstbildung möglich machen sollen“ (Schäfer 2005: 154).  Gefragt wird damit nach den optimalen (gesellschaftlichen) Voraussetzungen, und  das für Alle, die Personwerdung selbst bleibt aber an das „sich bildende  Selbst“ gebunden, was ebenso für Alle, auch die Person im Wachkoma gilt.
  Bildung ist demnach keine  ausschließliche Aufgabe der Pädagogik in dem Sinne, dass sie möglichst perfekt  und zwingend zu gestalten ist, sondern reflexiv als Erfahrung. Erfahrung  wiederum kann nicht als kumulatives Modell verstanden werden, im Sinne einer  stufenweise erweiterbaren Persönlichkeit. Das Ergebnis der Erfahrung ist nach  Schäfer im Anschluss an Adorno immer eine doppelte Fremdheit, eine zur Welt und  zu sich selbst. Erst wenn diese doppelte Differenz wahrnehmbar ist, spricht  Adorno laut Schäfer von Bildung. Adorno wendet sich damit gegen das  „identifizierende Denken“, als eindeutige und endgültige Bestimmung der  Vorgänge in der Welt. „Das – und damit ein anderes Verhältnis zur Welt wie zu  uns selbst in ihr, ein Verhältnis, das nicht auf einer Selbst und Welt  verdinglichenden Selbstbehauptung beruhen würde – wäre für Adorno das  Kennzeichen einer gelingenden, einer bildenden Erfahrung“ (Schäfer 2005: 166).  Man muss sich, so Schäfer der bleibenden Fremdheit von Selbst und Erfahrung  stellen. „Man kann nicht anders als zu versuchen, die Welt in Begriffe zu  fassen. Die Grenzen des begrifflichen Denkens zeigen sich in seinem Vollzug:  Erst mit ihm wird deutlich, dass die Welt im Begriff nicht aufgeht. Dieser  Nichtidentität gerecht werden zu wollen, setzt eine Distanz des erkennenden  Subjekts sich selbst gegenüber ebenso voraus wie gegenüber der vermeintlich  erfassten Welt“ (Schäfer 2005: 167 FN). Schäfer verweist auf die  Nachträglichkeit und die Reflexion, durch die sich diese Differenz ein Stück  weit wieder einholen lässt und sich das Selbst vergegenwärtigen kann, Hörster  wiederum ergänzend darauf, dass der Bezug zu einer „höheren Bildung“ nicht  tragfähig ist, auch nicht in einer Idealisierung von bestimmten Inhalten  (Hörster 2002). Ergänzend hinzuzufügen wäre vielleicht die Reflexion der gesellschaftlichen  Erfahrung, die besonders für Sonderschüler_innen durch Ausschluss,  Stigmatisierung, Diskriminierung gekennzeichnet ist. Will man Behinderung  kennzeichnen, ergibt sich angelehnt an die Erkenntnisse der Disability Studies  das Wechselspiel von “Behindert-Werden” und “Behindert-Sein”, nicht als  essentialistisches individuelles Merkmal, sondern als Wahrnehmung persönlicher  und sozialer Grenzziehungen. Dies ist auch in und durch Schule möglich. Wird  Bildung ernst genommen, sind die Dinge erfahrend zu durchdringen vom Lernenden  selbst und in der je individuellen Weise. Bildung glückt dort, wo die  Individuelle zur Allgemeinen Kultur beiträgt. Dies gilt auch für Kinder und  Jugendlichen mit Erfahrungen im Sinne der Disabilitiy-Studies, die genau die  “Erfahrung von Behinderung” in den Erfahrungszusammenhang Schule einbringen  könn(t)en. Die individuellen Interessen und Anlagen zu bilden, kann so helfen  die Gesellschaft kultivierter zu machen, auch wenn dies als Ideal gefährlich  ist. Denn mit ihr drohen all jene zur Unvernunft abgestempelt zu werden, die  dem Ideal nicht entsprechen. Aber es verweist erneut auf den sozialen Bezug,  der mit aller Individualität verbunden ist (vgl. Gruschka 1988; Schäfer 2005).  Aber gerade der individuelle Umgang und der anschließend geteilte  Erfahrungshorizont sind die wesentlichen Mechanismen einer Bildungstheorie, die  den Kindern und Jugendlichen ein „bei der Sache sein“, Sprache, Urteil, Kritik  in ernsthafter Auseinandersetzung mit den Dingen, die sie selbst angehen  wollen, ermöglicht (vgl. Gruschka 1994). Lernen ist die Vorstufe für  Erfahrungen, kann sie jedoch nicht ersetzen. Dies wird besonders an den  Inhalten der Sonderschulen deutlich, wo letztlich doch auch nur für die  lebenspraktischen Dinge gelernt wird oder überhaupt keine Abschlüsse mehr im  Vordergrund stehen. 
Im Rückgriff auf Rousseus  Erziehungsroman Emile zeigt Dammer, dass Pädagogik in einem Spannungsverhältnis  gefangen ist, was sich als Anpassung an gesellschaftliche Fungibilität auf der  einen Seite und dem legitimen Anspruch auf individueller Entfaltung auf der  anderen Seite charakterisieren ließe.[15] Die gesellschaftliche Legitimation von Schule besteht also nochmals weder in  der Erfüllung moralisch-expressiver Normen noch in der Durchsetzung  funktionaler Norm allein, sondern im Anspruch der Vermittlung zwischen ihnen.  Daran muss sich auch „inklusive Pädagogik“ messen lassen. Betrachtet man das  Bildungssystem, so wird offensichtlich, dass Integrationspädagogik ihren Fokus  auf die Grundschule legte und dort Erfolge vorzuweisen hat, während ab der  Sekundarstufe die Zahl der integrativ beschulten Kinder ebenso abnimmt, wie die  Anzahl der integrativen Schulversuche. Damit bleibt die strukturelle Logik der  gesellschaftlichen Normalität von Integration durch Selektion erhalten, wobei  die Kritik an diesem selektierenden Schulsystem vornehmlich durch die  Integrationspädagogik getragen und durch die UN-Behindertenrechtskonvention  nochmals verstärkt wurde.[16] „Der Unterschied zwischen dem Inklusions- und Integrationskonzept besteht  darin, dass diese Diskriminierung nun nicht mehr gruppenspezifisch kritisiert  und überwunden werden soll, sondern gesamtgesellschaftlich, wobei, wie es  scheint, der Pädagogik eine Schlüsselrolle zugeschrieben wird“(Dammer  2012:368). Welche Funktion Schule hier übernimmt, bereit ist zu übernehmen bzw.  ihr zugeschoben wird, ist auch Diskussionsgegenstand ihres disziplinären  Verständnisses. Nur: “Jenseits aller richtigen Einsichten eines Parsons,  Dreeben und Fend in die objektiven gesellschaftlichen Funktionen von Schule  scheint ihre Hauptaufgabe darin zu bestehen, dass sie den Anspruch  aufklärerischer Pädagogik, Individualität für den wahren Fortschritt der  Gesellschaft zu entfalten, möglichst glaubhaft verkörpert bzw. von sich  behauptet, die dabei gesellschaftlich entstehenden Widersprüche kitten zu  können” (Dammer 2012: 374). 
  Ist Heterogenität und der  kreative Umgang mit ihr als einer der zentralsten Eigenschaften, die Inklusion  zugeschrieben werden, ernst gemeint, sind homogene Altersgruppen ebenso in  Frage zu stellen wie homogene Leistungsgruppen oder spezifische  Sondereinrichtungen. Jenseits aller ideologischen Sichtweisen auf die Funktion  von Schule sind die Vorteile von “Diversity” klar zu benennen. Hier kann in  einem klar strukturierten Rahmen all das gelernt werden, was Manager bspw.  aktuell in Weiterbildungen und Coaching-Seminaren nachholen und unter dem Titel  der “soft-skills” verhandelt wird. Selbst unter dem Stichwort Prävention lassen  sich die Vorteile erahnen: Umgang mit Vielfalt erhöht die Kreativität, die  Resilienz gegenüber Unwägbarkeiten und Krisen und das Wissen über Lernwege und  -strategien, die mitunter einmalig sind. Die Frage der Gewichtung von Bildung  innerhalb der Lebenswege und der ihr zugeschriebenen Wirkungen lässt sich hier  anschließen. Und: Es lässt sich auch verstehen, weshalb sich sowohl Lehrende  als auch Schüler_-innen der zahlreichen Sonderschulen gegen ihre Schließung  wehren. Sie haben dort ihre “Nische”, in der es nicht mehr um Leistung oder  Noten geht. Dies für alle Kinder und Jugendlichen anzustreben, mindestens für  eine gewisse Zeitspanne, wäre ein nicht unwesentliches Ziel.
  Zusammenfassend sieht Dammer  die Inklusionspädagogik vor das Problem gestellt, das Erbe der  Integrationspädagogik anzutreten, ohne deren Problematiken lösen zu können.  Zeitdiagnostisch aber könnte mit Inklusionspädagogik eine Schulstrukturdebatte  wiederbelebt werden, „also ein integriertes Schulsystem zu fordern, das  offensichtlich nicht verwirklicht werden konnte oder sollte, obwohl seit rund einem  halben Jahrhundert in vielen Studien dessen Chancenungerechtigkeit nachgewiesen  wurde. Eine solche Strukturdebatte hätte inzwischen eine andere Qualität als  vorher, die auch die normative Emphase des Inklusionsdiskurses rechtfertigen  könnte, denn das gegliederte Schulsystem steht heute vor einem strukturellen  Problem, das längerfristig seine Legitimität gefährden könnte“ (Dammer  2012:376). Kurz: Hier geht es um das Bildungssystem als Ganzes. Es ist also die  Frage zu stellen, wie ein inklusives Schulsystem aussehen soll, wenn die  Vermittlung von Norm und ethischem Anspruch gelingen soll. Dabei wären  Vorstellungen zu formulieren, die wenn auch nur vorübergehend, festlegen, ob  und wie lange Alle Kinder in einer “Schule für Alle” lernen sollen und wie dies  methodisch ausgestaltet werden soll. Damit geht es dann ganz unweigerlich um  Konzepte der Inklusionspädagogik, die allen Kindern zu gute kommen. 
  Zu bedenken ist aber, dass  schulische Inklusion keine gesellschaftliche Integration garantieren kann,  zumal darüber auch nicht in der Schule allein entschieden wird. Andererseits  bleibt ohne den gesellschaftlichen Bezug unklar, in welche gesellschaftliche  Totalität inkludiert werden soll, woran die künftigen Bürger teilhaben sollen,  worauf das stationäre Sondersystem der Behindertenhilfe immer wieder verweist.  Beispiel ist auch der Selbstbestimmungsdiskurs, der von allen Individuen  fordert die individuelle Anpassung an Gesellschaft selbst zu vollziehen, ohne  die „homogenisierende Kraft der ökonomisch bestimmten Kultur- und  Identitätsindustrie, vor allem aber der (Lohn-)Arbeit unterschätzt” (Dammer  2012:377; vgl. auch Waldschmidt 1999). Dies ist Inklusionspädagogik erst, wenn  sie die Gewalt der Norm, die im Gewande der Individualisierung daherkommt,  analysiert und bedenkt, welche Anpassungsleistung oder welches  Nicht-Mitmachen-Können die Forderung nach pädagogischer Teilhabe aller an einer  pädagogisch konstruierten Gemeinschaft impliziert. „Eine sich so verstehende  Inklusionspädagogik könnte ihre Energie dann auf den Entwurf (und nicht nur das  Postulat) eines Gesellschaftsmodells verwenden, in dem man, wie Adorno es  einmal formulierte ‘ohne Angst verschieden sein’ kann und zwar nicht nur in der  Schule“ (Dammer 2012:378). Einzufordern ist eine Bildung für Alle, ganz gleich,  welchen Arbeitsplatz die Person später einnehmen sollte. Diese Intention ist  gegen die Ausrichtung der Bildungsidee an einer Schicht von Gymnasiasten, die  doch nur Spezialistentum und Halbbildung hervorbringt, weil sich nur an  Inhalten orientiert wird, nicht am bewussten Umgang mit ihnen in förderlichen  sozialen Umwelten. Aufgabe einer Inklusionspädagogik ist, dies konkret zu  benennen und welche Voraussetzungen im Bildungssystem dabei erfüllt werden  müssen. 
  
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[1] Ein Hinweis darauf scheint mir zu sein, dass es immerhin die 25. Tagung war, bei der noch immer die Sonderpädagogen praktisch unter sich bleiben. Vielleicht auch deshalb das Stillschweigen gegenüber manchen Tatsachen, die relativ neue Zuhörer_innen vielleicht vermissen oder kennenlernen sollten.
[2]Der englische Dramatiker Bond hat dies als fünfte Dimension bezeichnet und darauf verwiesen, dass diese Dimension immer wieder neu herzustellen ist: durch die Gestaltung der menschlichen Beziehungen und gesellschaftlichen Strukturen (Bond 2001). Und sie ist eben nicht das bloße Nachdenken darüber, sondern deren Verwirklichung im Leben. „Entsprechend zeigt die Genesis der gesellschaftlichen Verhältnisse als Prozeß der Herausbildung der Noosphäre, von Arbeit und Kultur, Sprache und Produktion usw. nicht nur eine auf die Bedeutungssphäre bezogene Genesis der Vernunft sondern ebenso auf die Herausbildung von sinnbildenden Instanzen und Zentren im sozialen Verkehr“ (Jantzen 2004: 264).
[3] Bestimmen heißt mit Ritsert (1988) im Anschluss an Adorno keine festgelegten Entwicklungspfade, bedeutet aber die Einschränkung der “Bedingungen der Möglichkeit”.
[4] Hier ist die sozialphilosophische und gesellschaftstheoretische Frage der Teilhabe zu verorten. Wie Weisser (2012) und Schnurr (2011) darlegen, ist die demokratische Gestaltung der Institutionen entscheidend. Teilhabe kann als radikal demokratisch und damit immer wieder neu ausgehandelt werden oder ist durch eine pragmatisch-instrumentelle Haltung in formalen Strukturen fest gebunden.
[5] Hier deutet sich an, was die systemtheoretische Inklusion vermissen lässt: Geht man von Inklusion und Exklusion als „normale“ Erscheinungen aus, fällt die Normgröße weg, die jedoch unerlässlich ist und sich in allen Gesellschaften findet. Deshalb kommt Dammer hier auch auf die Frage der „Normalität“ zu sprechen. Der Bezug zu Foucault und Link ist hier unabdingbar. Hirschberg hat dies für die WHO-Definition von Behinderung anschaulich gemacht.
[6] Hier gibt es eine Nähe zu Demirovic` Verständnis von Gesellschaft als zeitliche Übereinkunft der Mitglieder einer Gesellschaft, auch wenn dieser „Kompromiss“ auf herrschaftlichen Prozessen beruht und Emanzipation noch immer zu verwirklichen ist.
[7] Dies ist sowohl denkbar in Hinsicht auf die Frage von ambulanten Wohnformen, die durch die Eingliederungshilfe angeboten werden können oder nicht, als auch hinsichtlich der Frage des Bldungssystems als Selektionsinstanz gesellschaftlicher Rollenzuweisungen. Dies bedeutet: Die Norm der Inklusion wird durch die stationären Hilfeleistungen ebenso verfehlt wie die Zerklüftungen des Schulsystems. Normalisierung heißt dann eben Segregation, weil der Umgang mit Differenz anders nicht gedacht werden kann. Das ist vor allem mit Bezug auf Foucault und Link als Normalismus gekennzeichnet worden und bspw. von Hirschberg (2002) in der Behinderungsdefinition der WHO gut herausgearbeitet.
[8] Für Bildung bedeutet dies bspw. dass ihre Charakterisierung als “Halbbildung” (Adorno) für alle dem Bildungssystem unterworfenen gleichermaßen gilt, auch wenn einzelne diesem Bild nicht entsprechen. Der Zusammenhang von Schule und Gesellschaft kann mit Dahmer entsprechend als Emanzipation von der Arbeitsgesellschaft gekennzeichnet werden.
[9] Dies ist genau betrachtet keine Kritik an Inklusion oder auch Teilhabe als Konzept oder Modell, sondern der Hinweis auf die Analyse der gesellschaftlichen Praktiken bzw. Vermittlungsprozesse, die z.B. das Normalisierungsprinzip dahin missverstehen, dass Normalisierung Anpassung an die Normalität bedeutet . Weiterhin ist daraus zu entnehmen, dass es keine (!) Grenze der Inklusion geben darf, sondern nach den Grenzen der Institution(en) gefragt werden muss.
[10] Wesentlich hervorgebracht durch das Medizinsystem und ihren sezierenden Blick, gewonnen aus der Pathologie und der Übertragung auf Lebendiges. Die Verquickung von Diagnose der Behinderung und medizinischem Blick ist noch immer gegenwärtig, wenn auch differenzierter und gebrochener.
[11] Hier ist die Frage der Ausschließuung relevant, die besonders durch die Instutionalisierung reflektiert werden muss und ob Institutionen bzw. Organisationen die Aneigung gesellschaftlicher Errungenschaften ermöglichen oder verhindern.
[12] Auch hier nochmals: Es geht nicht darum, Sonderschulen pauschal abzuwerten und ihnen Qualität abzusprechen. Die Frage bleibt aber bestehen: Welchen Anteil an gesellschaftlichen Errrungenschaften können sich Schüler_innen der Sonder- oder Förderschulen aneignen, welcher wird ihnen zu Teil. Gleiches gilt für die außerschulische Behindertenhilfe und ihre Ausrichtung auf stationäre Angebote für Wohnen und den Werkstätten für das Arbeiten.
[13] Für Schnurr (2011) ist bezüglich der Sozialen Arbeit eine wesentliche Dimension von Teilhabe deren Erlernen innerhalb des Bildungssystems unter dem Aspekt der demokratischen Mitbestimmung. Dahingehend weisen die Insitutionen des Bildungssystem erhebliche Defizite auf bzw. orientieren sich an einem pragmatischen Partizipationsbegriff, der den Individuen Nichtteilnahme unterstellt, ohne zu berücksichtigen, dass diese in den ungenügenden Strukturen zu suchen ist.
[14] Mit Dahmer (1973) ist weiterhin darauf hinzuweisen, dass Demokratisierung und Emanzipation erst dann voll durchgesetzt werden können, wenn die Frage der Lohnarbeit zur Diskussion steht. Auch hier sind die Behinderten ein guter Gradmesser, denn ihre scheinbare “Minderwertigkeit” als Arbeitskraft wirft immer wieder die Frage auf, was man mit ihnen macht. Hier wird dann auch offensichtlich, dass ganz viele Projekte in Werkstätten und Wohnheimen sehr kreative künstlerische Ideen entwickeln und umsetzen. Hier sind Nischen der Beschäftigung mit anderen Dingen als Stückzahlen, Unterordnung unter Arbeitsdisziplin und können eben auch auf die Schule übertragen werden, wo es nicht mehr darauf ankommt, Leistungen und Noten zu vergeben, sondern sich am gemeinsamen Gegenstand Zugang zur Kultur zu erabeiten und Lernwege zu erproben.
[15] Gruschka (2011; 1988) weist darauf hin, dass damit ein spezifischer Erziehungsbegriff verbunden ist, der nicht auf Zucht und Disziplin ausgerichtet ist, sondern auf den Widerspruch von “Bildung und Herrschaft”, der in den Strukturen angelegt ist. Am deutlichsten wird dies im sogenannten “heimlichen Lehrplan”, der wesentlichen Einfluss auf die Kinder und Jugendlichen ausübt.
[16] Dies sehen Rohrmann/Schädler (2011) für die außerschulische Debatte ähnlich. Die Behindertenrechtskonvention nimmt das auf, was seit Jahrzehnten benannt wird.