Edith Brugger:Die Integration von Kindern und Jugendlichen mit einer Behinderung in einem inklusiven Bildungssystem am Beispiel Italien - Südtirol

Abstract: Die Entwicklung der Ingtegration in Intalien hat nicht erst mit der Verabschiedung der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung begonnen, sondern geht eigentlich zurück auf die Einführung der Einheitsmittelschule im Jahre 1962. Fortgeführt wurde sie durch die flächendeckende Einführung der Integration von Schülern und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung in die Regelklasse im Jahre 1977. Seither kann man eine Reihe von Entwicklungen nachverfolgen, die letzendlich zu einem inklusiven Bildungssystem geführt haben. Südtirol hat in seiner Brückenfunktion zwischen Norden und Süden dabei eine besondere Rolle gespielt. Aufgezeigt werden aber nicht nur die besonderen Rahmenbedingungen für ein inklusives Bildungssystem, sondern auch die zahlreichen immer noch bestehenden Stolpersteine und Altlasten, insbesondere in der Ausbildng der Lehrpersonen, die diesen Weg des gemeinsames Lernens auch immer wieder behindern.

Stichworte: Bildungssysteme im Vergleich; Schulgesetzgebung; Lehrerbildung

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkungen
  2. Das derzeitige Bildungssystem
  3. Grundsätzliche Rechte der Kinder und Jugendlichen mit einer Beeinträchtigung
  4. Meilensteine der Entwicklung ab 2006
  5. Übergang von der Integration zur Inklusion - Recht auf Integration in einem inklusiven Bildungssystem
  6. Von der verbalen Bewertung zur Rückkehr zu den Ziffernnoten
  7. Das neue Landesgesetz „Teilhabe und Inklusion von Menschen mit einer Behinderung“
  8. Aktuelle Daten und Ressourcenzuweisung
  9. Die Lehrerbildung: Entwicklung – Versäumnisse und derzeitige Situation
  10. Die Besonderheiten der Fakultät für Bildungswissenschaften in Brixen
  11. Beispielhafte Praxen
  12. Der gesetzliche Rahmen und die Realität
  13. Literatur

 


1. Vorbemerkungen

Die Entwicklung der Integration von Kindern, Schülern und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung[1] geht in Italien zurück auf die 70er Jahre, als die Integration aller Kinder mit einer Beeinträchtigung in die Regelklassen und Regelschulen flächendeckend gesetzlich verankert wurde (MIUR, legge 517/77). Daher hat die Verabschiedung der UN Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die in Italien  mit Gesetz  vom 3. März  2009 Nr. 18 ratifiziert wurde, keine größere Diskussion ausgelöst. Es wurde zwar eine nationale Beobachtungsstelle eingerichtet mit der Aufgabe, die Umsetzung der Konvention laufend zu überprüfen, aber die Effizienz dieser Kommission ist kaum spürbar. Deshalb wird dieser Artikel die Wesenszüge der schulischen Integration in Italien und Südtirol aufzeigen ohne auf die Verabschiedung der UN-Konvention Bezug zu nehmen, aber auch deren Weiterentwicklung hin zu einem inklusiven Bildungssystem mit all den Widersprüchen,  die diesem System bis heute zugrunde liegen.

2. Das derzeitige Bildungssystem

Das Besondere an unserem Bildungssystem ist sicher die einheitliche Schule der 6 – 14 Jährigen, die bereits seit dem Jahr 1962 (MIUR, 1962) besteht. Italien kann also auf eine langjährige Erfahrung der gemeinsamen Beschulung zurückblicken, wenn auch im Laufe der Jahre Anpassungen und auch tiefgreifende Reformen, so z.B. die Integration der Kinder und Jugendlichen mit einer Beeinträchtigung im Jahre 1977, die ursprüngliche Form z.T. grundlegend verändert haben. Aber niemand würde heute mehr an dieser einheitlichen Ausrichtung der gemeinsamen Schule der 6 – 14 Jährigen rütteln.


Alter

Klassenstufe

Schultyp

14-19

9 - 13

Oberschule/Berufsbildung

11-14

6 - 8

Mittelschule

Einheitliche Rahmenrichtlinien von der 1. – 8. Klasse

6-11

1- 5

Grundschule

3-6

Kindergarten als Teil des Bildungssystems

Abb. 1 Überblick über das Bildungssystem
Der Großteil der Grund- und Mittelschulen des Landes ist zu schulstufenübergreifenden Schulsprengeln[2] zusammengefasst. Dies erleichtert einen nahtlosen Übergang zwischen Grundschule und Mittelschule ohne jegliche Zwischenprüfungen. Diese Kontinuität wird auch durch die einheitlichen Rahmenrichtlinien von der 1.- 8. Klasse  (Autonome Provinz Bozen 2009a) unterstrichen, Kontinuität, die sowohl in der Bearbeitung der Themenbereiche als in einer einheitlichen didaktisch-pädagogischen Grundausrichtung ihren Niederschlag findet.

3. Grundsätzliche Rechte der Kinder und Jugendlichen mit einer Beeinträchtigung

In Bezug auf die schulische Integration wird z.T. von Beginn an  klar das Recht auf Erziehung und Bildung in den Regeleinrichtungen sämtlicher Bildungsstufen bis zur Universität[3] gewährleistet. Dieses Recht darf nicht durch Schwierigkeiten im Lernen oder durch andere Schwierigkeiten, die sich aus der jeweiligen Beeinträchtigung ergeben, eingeschränkt werden. Demnach darf keinem Kind, Schüler, keiner Schülerin der Zugang zum Kindergarten bzw. zu einer schulischen Einrichtung im jeweiligen Einzugsgebiet verwehrt werden; es gibt nicht das Prinzip der Nicht-Beschulbarkeit. Gleichzeitig werden bestimmte Rechte für Kinder, Schüler und Schülerinnen mit einer nachgewiesenen Beeinträchtigung gesetzlich verankert (Autonome Provinz 1983, L.G.20/83, Art. 21ter und 21 quater ); so das Recht auf einen auf die jeweiligen Lernvoraussetzungen und Lernmöglichkeiten abgestimmten Individuellen Bildungsplan und auf eine entsprechende individuelle Bewertung, auf die Möglichkeit differenzierter Schulabschlüsse, auf differenzierte Lernmaterialien und Unterrichtsbehelfe sowie die Zuweisung zusätzlicher personeller Ressourcen und, wo notwendig, auf einen speziellen Schülertransport.
Die Notwendigkeit eines Individuellen Bildungsplans ergibt sich aus der Tatsache, dass es in Italien nur einheitliche Rahmenlehrpläne, aber keine spezifischen Lehrpläne für bestimmte Behinderungsarten gibt. Dies, weil man davon ausgeht, dass auch Kinder, Schüler und Schülerinnen mit derselben Diagnose bzw. Behinderungsart grundsätzlich verschieden sind in ihren Lernmöglichkeiten, Fähigkeiten und Kompetenzen und sich diese Komplexität nicht auf einzelne Kategorisierungen mit entsprechenden Lehrplänen reduzieren lässt. Im Vordergrund steht das Kind, nicht die Diagnose, weshalb man insgesamt von Kindern mit einer Funktionsdiagnose spricht, ohne Unterscheidung nach spezifischen Behinderungsarten. Deshalb gilt es, für jeden Schüler, für jede Schülerin den aktuellen Entwicklungsstand zu erfassen und darauf aufbauend die für das jeweilige Schuljahr zu erreichenden Kompetenzen zu definieren. Sicher keine leichte Aufgabe für die Lehrpersonen, die oft nur zu schnell diese Aufgabe an die Integrationslehrperson delegieren. Während zu Beginn die „Individuellen Erziehungspläne“ [4] noch stark defizitorientiert waren und meist sehr speziell auf den einzelnen Lernenden mit einer Beeinträchtigung und auf seine/ihre spezifische Förderung ausgerichtet waren, losgelöst von den Lernsituationen der restlichen Mitschüler und Mitschülerinnen, so hat im Laufe der Jahrzehnte offiziell, wenn auch nicht immer in der konkreten Umsetzung, eine Weiterentwicklung stattgefunden. Man sieht zunehmend die Notwendigkeit, dass der Individuelle Bildungsplan eng verknüpft sein muss mit den Rahmenrichtlinien und dem Jahresplan der Fachlehrpersonen für die jeweilige Klasse und damit in gemeinsamer Verantwortung aller Lehrpersonen erstellt und umgesetzt werden muss. Ansonsten läuft man Gefahr, dass die beiden Pläne immer mehr auseinanderdriften und jeder seinen Weg geht, anstatt, ausgehend von gemeinsamen Themen, gemeinsame Lernsituationen zu schaffen, welche die Teilhabe aller Lernenden auch jener mit einer Beeinträchtigung ermöglichen.
Um die Integration im Klassenverband besser zu gewährleisten, werden den einzelnen Bildungseinrichtungen zusätzliche Personalressourcen in Form von Integrationslehrpersonen und/oder Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen für Integration zugewiesen. (Brugger 2015). Integrationslehrpersonen verfügen über dieselbe Grundausbildung wie Regellehrpersonen. Zudem sollten sie über eine Spezialisierung für den Unterricht mit Kindern, Schülern und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung verfügen. Integrationslehrpersonen sind gleichberechtigte Lehrpersonen und werden den Klassen nicht den einzelnen Schülern oder Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung zugewiesen. Dies war bereits der Geist des Gesetzes 517/77. Die Anzahl der zugewiesenen Wochenstunden hängt vom Schweregrad der Beeinträchtigung ab. In den Leitlinien zur schulischen Integration  wird mit Nachdruck auf die gemeinsame Verantwortung der Lehrpersonen hingewiesen „Integration darf nicht dem Zufall oder der Initiative von Integrationslehrpersonen überlassen werden, die getrennt vom restlichen Klassenkontext und von der erziehenden Gemeinschaft wirken. Das gesamte Lehrpersonal, also Regellehrpersonen und Integrationslehrperson, muss einbezogen werden … Um die Lernziele und die Ziele des gemeinsamen Lernens zu berücksichtigen, müssen die Tätigkeiten von allen Regellehrpersonen gemeinsam geplant werden: Zusammen mit der Integrationslehrperson legen sie die Lernziele für die Schüler und Schülerinnen mit Behinderung fest, in Bezug auf die Inhalte für die gesamte Klasse. Die Regel- und Integrationslehrpersonen müssen gemeinsam, mit derselben Verantwortung, den Individuellen Erziehungsplan erstellen. Nur durch diese verantwortungsbewusste Teamarbeit lassen sich die Ziele des Gesetzes zum Schutz des Rechts auf Bildung korrekt umsetzen.“ (MIUR, Deutsches Schulamt, 2009, Leitlinien für schulische Integration, 14) Nur so kann sicher gestellt werden, dass auch in jenen Stunden, in denen die Integrationslehrperson nicht in der Klasse ist, die spezifischen Maßnahmen für Schüler und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung weitergeführt werden. Voraussetzung dafür ist, dass Lehrpersonen des Klassenrates auch ein gemeinsames Unterrichtskonzept entwickeln (Autonome Provinz Bozen, 2008a, LG. 5/2008, Art. 17. Abs. 4). Integrationslehrpersonen sind gleichwertige Mitglieder der jeweiligen Klassenräte und Teams und somit auch bei allen Entscheidungen von der Planung bis zu Bewertung aller Schüler und Schülerinnen stimmberechtigt. Die spezifische Professionalität der Integrationskindergärtner_innen und Integrationslehrpersonen liegt im Besonderen darin, Fähigkeiten und Möglichkeiten des Kindes, Schülers, der Schülerin mit einer Beeinträchtigung aber auch der Gruppe/Klasse zu erfassen und den Bedürfnissen entsprechend pädagogisch-didaktische Modelle zu erarbeiten, in denen ein inklusiver Unterricht stattfinden kann. Nicht die spezifische Förderung des einzelnen Kindes, Schülers, der einzelnen Schülerin mit einer Beeinträchtigung steht im Vordergrund, sondern die Gestaltung von Lern- und Unterrichtssituationen, die es auch diesen Lernenden ermöglichen – unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Bedürfnisse - gewinnbringend am gemeinsamen Lernprozess teilzunehmen. Ein sehr hochgestecktes Ziel, das an der Realität jedoch sehr oft vorbeigeht.
Bei umfassenden Beeinträchtigungen werden zusätzlich noch Mitarbeiter_innen für Integration zugewiesen. Bei diesem Berufsbild handelt es sich nicht um Lehrpersonen. Ihre Aufgabe liegt vielmehr darin, Kinder mit einer Beeinträchtigung in der Entwicklung ihrer persönlichen und sozialen Autonomie und bei der Bewältigung der Anforderungen des täglichen Lebens zu unterstützen (Deutsches Schulamt 2010, Informationsbroschüre für Mitarbeiter_innen für Integration ). Mitarbeiter_innen für Integration werden den einzelnen Kindern mit einer umfassenden Beeinträchtigung zugewiesen, können aber unter Anleitung des pädagogischen Personals auch mit kleinen Gruppen arbeiten, um so auch die Integration in die Gruppe/Klasse besser zu gewährleisten.

Die Beanspruchung all dieser Rechte hängt jedoch von einer klaren Diagnose ab, die von den Diensten der Sanitätsbetriebe auf der Grundlage der ICD-10 und DSM IV erstellt wird. Genau definiert sind die Diagnosen, die Anrecht auf spezifische Maßnahmen geben (Deutsches Schulamt 2013, Leitlinien für die Zuweisung von zusätzlichem Personal). Diese immer noch stark medizinische Ausrichtung und insbesondere die Koppelung an das Recht auf spezifische Maßnahmen stehen eigentlich im Gegensatz zu einem inklusiven Ansatz im Bildungswesen und haben immer noch die Etikettierung der Kinder, Schüler und Schülerinnen zur Folge. Dies auch dann, wenn die eigentliche Diagnose ergänzt wird durch eine auf der ICF beruhenden Beschreibung, die sich an den Kompetenzen des Kindes, nicht an seinen Defiziten orientieren sollte (Autonome Provinz Bozen  2013, Programmabkommen zwischen Kindergärten, Schulen und territorialen Diensten) Sicher ist im Fall funktionaler Schädigungen eine professionelle Abklärung notwendig und auch hilfreich, um Barrieren für das Lernen und die Teilhabe besser erkennen und in der Folge zu vermindern bzw. abbauen zu können. Nur sollte diese Abklärung nicht die Voraussetzung für die Anerkennung bestimmter Rechte darstellen. Hier sollte in erster Linie die diagnostische Kompetenz der Lehrpersonen greifen, die für alle Kinder und Schüler und Schülerinnen deren Entwicklungsstand, ihre persönlichen Stärken und Kompetenzen erheben und daraufhin individuell abgestimmte Angebote planen.

Die Zusammenarbeit zwischen den Bildungseinrichtungen und den Diensten des Südtiroler Sanitätsbetriebes ist durch ein Programmabkommen zwischen Kindergärten, Schulen und territorialen Diensten geregelt (ebd.), das auch die Zuständigkeiten der verschiedenen Abkommenspartner klar definiert. So fallen die medizinisch-psychologische Diagnostik sowie sämtliche Therapien [5] klar in den Aufgabenbereich der Dienste des Sanitätsbetriebes während jene der pädagogischen Diagnostik, der Lernprozessdiagnostik und der Lernbegleitung sowie der Planung der didaktischen Maßnahmen und Unterstützungsangebote sowie die Bewertung in den Aufgabenbereich der Schule fallen. Durch die kontinuierliche Zusammenarbeit und Absprache zwischen den einzelnen Professionen, unter Einbeziehung auch der Eltern und ab einem bestimmten Alter auch der Schüler und Schülerinnen, sollte ein möglichst koordiniertes und aufeinander abgestimmtes Bildungsangebot entstehen. Der Vorteil einer solchen interdisziplinären Zusammenarbeit liegt gerade in den unterschiedlichen Kompetenzen, die zur Verfügung gestellt werden. Nur das, was auf dem Papier sehr klar konzipiert erscheint, stößt in der Umsetzung immer noch auf erhebliche Probleme. Die Schwierigkeit entsteht, wenn nicht alle dasselbe Grundverständnis, in diesem Fall jenes einer inklusiven Schule, verfolgen, wenn die einzelnen Verwaltungen nicht genügend zeitliche und personelle Ressourcen zur Verfügung stellen, wenn sich die verschiedenen Professionen nicht auf gleicher Augenhöhe begegnen und nicht allen mit Respekt und Wertschätzung begegnet wird, seien dies nun Professionelle oder Eltern oder Schüler und Schülerinnen.

4. Meilensteine der Entwicklung ab 2006

Nach Einführung der Integration in den verschiedenen Bildungsstufen und einer detaillierteren Festigung der verschiedenen Rechte der Schüler und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung durch das staatliche Rahmengesetz 104/1992 (MIUR 1992[6])  wurde es ziemlich still rund um die schulische Integration. 2007,  also 30 Jahre danach,  auch in Erinnerung an Don Lorenzo Milani (La scuola di Barbiana, Lettera a una professoressa, 1976), hat das Ministerium für Unterricht, Universität und Forschung ein großangelegtes Fortbildungsprogramm gestartet „I Care“ (Imparare Comunicare Agire in una Rete Educativa) mit dem Ziel,  Schulen als professionelle Lerngemeinschaften zu etablieren, die ihren Weiterbildungsbedarf erheben, eigenverantwortlich entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen planen, um Themen rund um den Schwerpunkt Beeinträchtigung zu vertiefen, zu reflektieren und didaktische Maßnahmen zu planen, die eine effektive schulische Integration im Alltag zum Ziel haben. Insgesamt haben 250 Schulen auf Staatsebene daran teilgenommen.
Ein weiterer wichtiger Meilenstein waren die umfassenden Leitlinien zur schulischen Integration der Schüler mit einer Behinderung (MIUR, 2009b). Es galt in einem Dokument die wichtigsten Grundsätze und Ausrichtungen, die sich aufgrund der Entwicklung der letzten Jahre ergeben hatten, zusammenzufassen. Und dies in einer klar verständlichen und leicht lesbaren Form. Als wesentliche Neuerungen werden die UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung und der neue Blickwinkel, der sich durch die ICF ergibt, angegeben. Die ICF eröffnet durch den Übergang vom vordergründig medizinischen  zum bio-psycho-sozialen Modell einen neuen Zugang zur Behinderung. Behinderung wird nicht mehr als Konstante des einzelnen Menschen gesehen, sondern als Ergebnis der Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt, „wobei als „Barriere“ alles bezeichnet werden kann, was die Aktivität und die Beteiligung am gesellschaftlichen Leben von Menschen mit Behinderung beeinträchtigt, und als fördernd all das, was ihnen die Beteiligung erleichtert“ (MIUR 2009b, Deutsches Schulamt, Leitlinien für schulische Integration von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung, 10). Dadurch wird der Schule als Bildungseinrichtung eine hohe Verantwortung zugeschrieben, und zwar jene, die Barrieren bestmöglich zu beseitigen und förderliche Bedingungen für Lernen und Teilhabe der Schüler und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung zu schaffen. Hier wird erstmals in einem offiziellen nationalen Dokument der Begriff „Inklusion“ verwendet, wenn auch in einer sehr ambivalenten Form  „integrazione/inclusione“, also als Synonyme.  Es geht in diesen Leitlinien vordergründig um die Gestaltung der Rahmenbedingungen für eine gelingende schulische Integration. „In diesem Sinne ist die Anwesenheit von Schülern und Schülerinnen mit Behinderung keine Notfallsituation, die bewältigt werden muss, sondern eine Gegebenheit, die eine Umgestaltung des Systems erfordert, eine Umgestaltung, die bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden sollte und die gesamte Schulgemeinschaft bereichern kann.“ (ebd.,12) „Im Widerspruch… steht die Errichtung von Lernwerkstätten, in denen mehrere Kinder oder Jugendliche mit Behinderung auch nur für einige Stunden, aber auch länger bzw. wiederholt, von den anderen Lernenden getrennt werden.“ (ebd.,14) Und weiter „Integriert in ein Umfeld oder Teil dieses Umfelds ist nämlich nur, wer Erfahrungen und Lernprozesse gemeinsam mit anderen erlebt, wer Ziele und Arbeitsstrategien mit anderen teilt; nebeneinander her leben oder nebeneinander sitzen allein reicht nicht aus, um Menschen zu integrieren.“ (ebd., 10) Besondere Bedeutung wird in diesem Zusammenhang der Rolle der Schulführungskraft zugesprochen.  Durch eine überzeugte und entschlossene Leadership sorgt sie für die Gestaltung der Rahmenbedingungen, indem sie Projekte und Maßnahmen unterstützt, Fortbildungen plant, Netzwerke organsiert, Eltern und andere außerschulische Akteure einbindet und die Gestaltungsfreiräume der autonomen Schule nutzt, um den Bildungserfolg aller Schüler und Schülerinnen zu ermöglichen. Sehr differenziert werden auch im Programmabkommen des Landes Südtirol die Aufgaben der Schulführungskraft im Rahmen der schulischen Integration aufgezeigt (Autonome Provinz Bozen  2013, Programmabkommen, 11ff).
Diese insgesamt sehr fortschrittliche Gesetzgebung hat dazu geführt, dass Italien auch international immer noch als führend im Bereich der schulischen Integration von Kindern, Schülern und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung gesehen wird. So wurde Italien  im Februar 2016 im Rahmen der Jahreskonferenz des „ Zero Projects“ in Wien für seine fortschrittliche Gesetzgebung in diesem Bereich ausgezeichnet (MIUR, 2016 ).

5. Übergang von der Integration zur Inklusion - Recht auf Integration in einem inklusiven Bildungssystem[7]

Dieser Übergang zeichnet sich einerseits bereits im Landesgesetz zur Autonomie der Schulen (Autonome Provinz Bozen 2000, L.G. 12/2000) ab. Wenn man dort auch noch nicht von Inklusion spricht, so kann die Grundaussage sehr wohl in diese Richtung verstanden werden. Besondere Beachtung findet dies im Rahmen der didaktischen Autonomie. Hier geht es darum, „die allgemeinen und spezifischen Ziele in Lernwege umzusetzen, die das Recht aller Schüler und Schülerinnen auf Bildung und Erziehung gewährleisten. Sie [die Schulen] erkennen und nutzen die Unterschiede, fördern die Fähigkeiten jedes Einzelnen, indem sie alle zweckdienlichen Maßnahmen treffen, um den Bildungserfolg zu erreichen.“ (ebd. Art. 6, Abs.1). Hier spricht man nicht von einzelnen Kategorien von Schülern und Schülerinnen, sondern der Auszug bezieht sich auf alle, unabhängig vom sozialen, kulturellen, sprachlichen Hintergrund oder von den kognitiven Voraussetzungen. Bildungsauftrag der Schule ist nicht die Selektionsfunktion, sondern die Erreichung des Bildungserfolgs. Dem widerspricht die immer noch bestehende Möglichkeit der Nichtversetzung von Schülern und Schülerinnen, wenn dies auch prozentuell nur zu einem geringen Prozentsatz [8]erfolgt und sicher nicht in erster Linie Schüler und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung betrifft (Autonome Provinz Bozen 2015, Landesinstitut für Statistik,  15ff ).  

In der offiziellen italienischen Übersetzung der UN-Konvention (Ministero del Lavoro, della Salute e delle Politiche Sociali  2009) wird im Art. 24 das Recht auf ein inklusives qualitativ hochwertiges Bildungssystem unterstrichen. Doch hat sich Italien sehr schwer getan zu definieren, was man unter einem inklusiven Bildungssystem versteht. Vielfach wurden die Begriffe synonym verwendet, so z. B.  wenn es heißt: „Das Schulprogramm (Piano dell’ Offerta Formativa, POF) ist inklusiv, schließt also Menschen mit Behinderung mit ein, wenn es im Schulalltag Handlungen, Maßnahmen und Projekte vorsieht, die effektiv den individuellen Erziehungsbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung Rechnung tragen.“ (MIUR, Deutsches Schulamt. Leitlinien zur schulischen Integration von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung 2009, 12). Auch in den wissenschaftlichen Veröffentlichungen findet das erweiterte Verständnis von Vielfalt nur langsam Einzug in den Sprachgebrauch und in das Denken der Menschen, auch der Wissenschaftler (Ianes 2008; Dovigo 2007, Pavone 2012, Fiorin 2012).Eine weitere Einschränkung des Begriffs finden wir auch, wenn sich Inklusion nur auf Schüler und Schülerinnen mit spezifischen Bildungsbedürfnissen beschränkt (Ianes 2008, 44).

In Zusammenhang mit dem ersten Erscheinen des Index für Inklusion von Booth und Ainscow, der in Italien sehr früh Anklang fand (Booth& Ainscow 2008), hat sich auch eine neue Sichtweise, ein neuer Zugang zur Inklusion entwickelt. Im Gegensatz zur Integration, die insbesondere die spezifischen Bedürfnisse der Lernenden mit einer Beeinträchtigung im Fokus hatte und zudem meist von einer defizitorientierten Sichtweise ausging, wurde Inklusion verstanden als Anerkennung und Wertschätzung der individuellen Vielfalt in all ihren Facetten, die eine systemische Veränderung notwendig erscheinen ließ aber insbesondere Haltungen und Werte in den Mittelpunkt rückte. Aufgabe der Schule sollte es sein, einen Rahmen zu bieten, der allen Kindern mit ihren unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedürfnissen Entwicklungsmöglichkeiten bietet (Davigo 2008, Canevaro 2013).

Diese neue Sichtweise finden wir auch in den Rahmenrichtlinien des Landes für die verschiedenen Bildungsstufen, vom Kindergarten bis zur Oberstufe, wieder. Man begann, die Diversität aller Kinder und Schüler und Schülerinnen in den Mittelpunkt zu stellen:
„Unterschiedlichkeit bedeutet Reichtum, denn daraus erwachsen beziehungsreiche Lernsituationen, die zu größerem, individuellem und gemeinsamem Lerngewinn führen. Das Konzept der inklusiven Bildung erkennt in der Vielfalt menschlicher Ausdrucksformen einen besonderen Wert. …Kinder, die durch gemeinsames Leben und Lernen lebendige Vielfalt erfahren, können zu einer solidarischen Kindergemeinschaft zusammenwachsen und auf diese Weise die grundlegenden Kompetenzen zur Bewältigung der Herausforderungen in einer globalisierten Welt erwerben. (Autonome Provinz Bozen, Rahmenrichtlinien Kindergarten 2008, 17)
Derselbe Grundsatz wird auch in den Rahmenrichtlinien für die Unterstufe weitergeführt:
„Die Schule baut durch einen auf dem Grundgedanken der Inklusion beruhenden Unterricht die Haltung auf, Unterschiede der Personen und Kulturen als Bereicherung zu verstehen und dem Anderssein mit Respekt und Offenheit zu begegnen.“ (Autonome Provinz Bozen, Rahmenrichtlinien der Unterstufe 2009, 17)

Dies kann nur gelingen, wenn der Bildungsprozess gekennzeichnet ist durch vielfältige Formen von Individualisierung und Differenzierung der Angebote (ebd.17). Hier wird erstmals der Begriff der inklusiven Bildung im Sinne einer Bildung für alle unter Anerkennung der individuellen Unterschiede als grundlegende Norm unseres Bildungssystems und unseres Bildungsverständnisses festgelegt. Wenn in diesem Zusammenhang von Kindern, Schülern und Schülerinnen gesprochen wird, so sind damit alle gemeint, auch Kinder, Schüler und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung, aber auch solche mit Migrationshintergrund, mit besonderen Bildungsbedürfnissen im Lernen oder etwa mit einer Hochbegabung.

Diese Grundhaltungen finden wir auch im Qualitätsrahmen für die Deutsche Schule wieder (Deutsches Schulamt, Neuer Qualitätsrahmen für die Deutsche Schule 2014), der dem Bereich „Individuelle Förderung und Inklusion“ einen eigenen Punkt widmet und differenziert Strategien und Maßnahmen aufzeigt wie eine inklusive Schule dieser Vielfalt begegnen kann, wie sie durch einen hochwertigen qualitätsvollen Unterricht auf diese spezifischen Bedarfe eingehen kann und soll.
„7.1 Individuelle Begabungen und besondere Fähigkeiten der Lernenden werden erkannt und gefördert.
7.2 Heterogenität wird als gewinnbringender Wert gesehen. Die inklusive Haltung der Schule zeigt sich
in konkreten Maßnahmen.
7.3 Schülerinnen und Schülern mit sozialen, psychischen oder physischen Benachteiligungen oder
Problemen erhalten von der Schule Hilfe.
7.4 Der Unterricht sieht Möglichkeiten der inhaltlichen und/oder leistungsmäßigen Differenzierung vor
und bietet entsprechende Übungsfelder.
7.5 Schüler und Schülerinnen mit Lernrückständen oder Lernschwierigkeiten erhalten wirksame
Unterstützung.
7.6 Die Schule gibt Kindern aus anderen Sprach- und Kulturkreisen Hilfen zur schulischen, kulturellen
und gesellschaftlichen Eingliederung.
7.7 Die Pflichtquote mit Wahlmöglichkeit ergänzt in pädagogisch begründeter Weise den Kernunterricht.
7.8 Das Wahlangebot deckt vielfältige unterschiedliche Interessen ab und ist am Schulprogramm
orientiert.
7.9 Die Lernenden erhalten Information und Orientierung im Hinblick auf die weitere Ausbildung und die Berufsmöglichkeiten.
7.10 Die Schule gibt Unterstützung bei Schul- und Klassenwechsel.“(Deutsches Schulamt, Qualitätsrahmen für die deutsche Schule in Südtirol – Indikatoren 2014 b,  3)

Das italienische Bildungssystem wird sich zunehmend dieser Vielfalt an Lernvoraussetzungen und spezifischen Bedürfnissen der Lernenden gewahr und versucht mit einer Reihe von rechtlichen Bestimmungen den Rahmen abzustecken. So erscheint 2010 das Gesetz Nr. 170 (MIUR 2010b), das die Rechte der Schüler und Schülerinnen mit spezifischen Lernstörungen regelt. Gemeint sind damit Dyslexie, Dysgraphie, Dysorthographie und Dyskalkulie.  Diese Schüler und Schülerinnen werden nicht Schülern mit einer Beeinträchtigung  gleichgesetzt, auch ihnen werden aber, sofern ein klinisch psychologischer Befund vorliegt, sowohl Kompensations- als auch Befreiungsmaßnahmen zugesichert. In der Folge werden diese Bestimmungen immer wieder nachgebessert und die Gruppe der Betroffenen wird ausgeweitet. Es scheint so, als würde sich Italien erst jetzt dieser Diversität bewusst. Sehr differenzierte Leitlinien[9] sollen im Sinne der Gesetzgeber Lehrpersonen und Schulen im Umgang mit diesen unterschiedlichen Bedürfnissen mehr Sicherheit geben. Außerdem sehen sie eine Reihe von Kompensations- und Befreiungsmaßnahmen vor im Sinne eines Nachteilsausgleichs auch in Bezug auf die Leistungsbewertung. In der Tat wurden dadurch nur neue Kategorien etabliert, die ihrerseits wieder einen Sonderstatus in der bereits komplexen Schülerlandschaft erhielten. Zudem sind die Abgrenzungen nicht immer so eindeutig und die gewährten Maßnahmen nicht immer ausreichend, um auch diesen Schülern und Schülerinnen das Erreichen der geforderten Kompetenzen auf den jeweiligen Schulstufen zu ermöglichen. In Wirklichkeit wird dadurch alles noch stärker reglementiert, werden eher Barrieren für das Lernen und die Teilhabe auf- anstatt abgebaut, weil es immer darum geht, wer wohl in welches Kästchen passt und welche besonderen Rechte auf spezifische Maßnahmen damit verbunden sind. Eine solche Zugangsweise steht im Widerspruch zur Inklusion und führt vielmehr zu einer noch stärkeren Etikettierung und Ausdifferenzierung und in der Folge zu einer Aussonderung von Schülern und Schülerinnen in einem inklusiven Bildungssystem. Man setzt immer noch am einzelnen Schüler an und nicht am Umfeld, am Setting. Indem man Lernenden besondere Bedürfnisse zuschreibt, geht man bereits von einer defizitorientierten Sichtweise aus, werden bestimmte Kinder eben als „besonders“ im Vergleich zum Rest der Lerngruppe, im Vergleich zu einer fiktiven Norm hervorgehoben. Es geht nicht darum immer genauer die besonderen Bedürfnisse zu diagnostizieren, sondern darum, die Vielfalt an Lernvoraussetzungen, Kompetenzen und Fähigkeiten als die Norm eines inklusiven Bildungssystem anzusehen und entsprechend die Bildungsangebote zu gestalten. In letzter Zeit werden zunehmend Stimmen laut, die diese „Etikettierungs- und Diagnosewut“ kritisch betrachten (Dovigo 2015, Gasteiger-Klicpera &Wohlhart 2015, Fiorin 2016). Es sollte doch wohl möglich sein, aufgrund einer guten pädagogischen Diagnostik für alle Schüler und Schülerinnen Lernangebote so zu gestalten, dass alle ihren Möglichkeiten entsprechend erfolgreich am gemeinsamen Lernen teilhaben können, all jene Unterstützungen  erhalten, die sie brauchen und für die jeweils notwendige Zeit, ohne dafür Diagnosen zur Rechtfertigung zu brauchen. Eigentlich bräuchte es für alle Schüler und Schülerinnen individuell angepasste Bildungspläne, d.h. es braucht einen allgemeinen Bildungsplan, der an die unterschiedlichen Bedarfslagen angepasst wird. Sicher Lehrpersonen brauchen spezifisches Wissen und Kompetenzen, um diesen vielfältigen Anforderungen gerecht zu werden, aber in erster Linie sind Haltungen gefragt, die allen Kindern Wertschätzung entgegenbringen, aber auch allen Kindern Entwicklungsmöglichkeiten zutrauen und zumuten.

Durch die Zuwanderung von Familien nicht deutscher Muttersprache, hat sich das Spektrum an Vielfalt weiter erhöht. Und auch hier gilt es, spezifische Angebote zu machen und Maßnahmen zu planen. Wertvolle Arbeit liefern hier die Sprachenzentren in den einzelnen Bezirken der Provinz Bozen. Ihre Hauptaufgabe ist es, Kindern und Jugendlichen den Zugang zu den Bildungseinrichtungen zu erleichtern, Eltern dabei zu beraten, Schulen zu unterstützen, Sprachfördermaßnahmen zu planen und durchzuführen, sowohl für Kinder, als auch in Zusammenarbeit mit andern Institutionen für Erwachsene; des Weiteren die Bereitstellung von didaktischem Material, die Unterstützung von Sprachförderprojekten, die Erarbeitung von spezifischen Fortbildungen für Kindergärten und Schulen. Auch dies erfolgt unter einem inklusiven Ansatz. Schüler und Schülerinnen werden ihrem Alter entsprechend wohnortnah Klassen zugewiesen. Dort werden die notwendigen Maßnahmen geplant und umgesetzt. Zur Unterstützung wurde ein Maßnahmenpaket 2016-2021 (Deutsches Schulamt 2015 b) beschlossen, das ebenso den Grundgedanken der Inklusion unterstreicht: „Mehrsprachigkeit ist in der Welt keine Ausnahme, sondern die Norm. Mehrsprachigkeit wird als Reichtum angesehen, als kultureller Schatz und als Chance für vielfältige Kommunikation. Mehrsprachigkeit ist keine Gefahr für die Erstsprache Deutsch, wenn der Erstsprache die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet wird. Mehrere Sprachen befruchten sich gegenseitig und können das Sprachbewusstsein erhöhen.“ (ebd. S.2)

6. Von der verbalen Bewertung zur Rückkehr zu den Ziffernnoten

Als Italien sich für die bedingungslose Integration aller Kinder mit einer Beeinträchtigung entschieden hat, wurde mit demselben Gesetz (MIUR 1977, l. n. 517/1977) auch die Bewertung an diese neue Situation angepasst. So wurden die Nachprüfungen im Herbst abgeschafft und die Ziffernbewertung wurde in der Grundschule und in der Mittelschule durch eine verbale Bewertung ersetzt, da man damit besser auf die individuellen Eigenarten der Lernenden eingehen kann. Nur im Rahmen der Abschlussprüfung über die Mittelschule wurden synthetische Bewertungen[10] vergeben. Gleichzeitig wurde auch die verbindliche Planung im Rahmen der Kollegialorgane (Klassenräte und Teams) eingeführt und damit die Vernetzung und Rückkoppelung zwischen Planung und Bewertung als pädagogisches Prinzip gesetzlich festgelegt. Diese Neuerung traf Lehrpersonen und Eltern völlig unvorbereitet und hat insbesondere zu Beginn zu Verunsicherungen und Widerständen geführt. Auch war die verbale Bewertung mit erhöhtem Arbeitsaufwand für die Lehrpersonen verbunden und hätte, um transparent und aussagekräftig die Lernentwicklungen der Lernenden darzustellen, auch einer umfassenden Fortbildung bedurft, die es aber nicht gegeben hat. So blieben viele Lehrpersonen, Eltern, Schüler und Schülerinnen in ihren Vorstellungen weiterhin an den Ziffernnoten verhaftet. Kaum ein Bereich im Bildungssystem wurde so oft „reformiert“ wie die Bewertung (Tirittico 2009). Für eine förderorientierte Bewertung hatte sich die Unterrichtsministerin Moratti eingesetzt (MIUR 2004, Decreto legislativo 19 febbraio 2004, n. 59 , Allegati)  und neue Instrumente dafür eingeführt: das Portfolio als Dokumentation der Lernentwicklung und eine kontinuierliche Lernberatung. Und dies verbunden mit einer umfassenden Fortbildung. Nur stießen diese beiden Instrumente bei Gewerkschaften und Lehrpersonen auf großen Widerstand (Tirittico 2008), da dadurch der Arbeitsaufwand noch größer wurde. Im Hinterkopf vieler Lehrpersonen standen immer noch die Ziffernnoten, da diese für viele die einzige Möglichkeit einer eindeutigen Leistungsbeurteilung darstellten. 2008 wurden denn auch im Hauruckverfahren durch die Unterrichtsministerin Gelmini die Ziffernnoten für alle Schüler und Schülerinnen ab Klasse 1 der Grundschule wieder eingeführt, da, so ihre Aussagen, nur durch Ziffernnoten die Leistung der Schüler und Schülerinnen eindeutig definiert werden könne. Ein totaler Rückschritt und Widerspruch, wenn man dies in Verbindung mit der Zunahme der Heterogenität in den Klassen sieht. Und doch hat es damals kaum heftige Kritik gegen diese Maßnahme gegeben (D’Avolo, P., Monachesi, E.). Die häufigen Neuerungen in der Bewertung hatten viele mürbe gemacht und man war froh wieder eine einfache und leicht zu handhabende, „transparente und gerechte“ Form der Leistungsbeurteilung gefunden zu haben. Nach wie vor liegt die Verantwortung für die periodische und die Jahresbewertung bei allen Lehrpersonen des Klassenrates (Beschluss L.R. vom 12. Oktober 2009, Nr. 2485, Art. 6, Abs.1). Während des Schuljahres erfolgt die Bewertung „kontinuierlich, ist förderorientiert und berücksichtigt Fähigkeiten, Fertigkeiten, Haltungen und Kenntnisse in Form von verbalen Beschreibungen und Ziffernnoten“ (ebd. Art. 7, Abs. 1), wobei man aus pädagogischen Überlegungen sich auf die Notenskala von fünf bis zehn beschränken sollte.[11] In der Grundschule kann der Klassenrat nur in Ausnahmefällen, mit besonderer Begründung und mit Stimmeneinhelligkeit Schüler und Schülerinnen nicht in die nächste Klasse der Grundschule sowie in die erste Klasse der Mittelschule versetzen (ebd. Art. 8). In der Mitteschule erfolgen Nicht-Versetzungen mit Mehrheitsbeschluss des jeweiligen Klassenrates (ebd. Art. 15). Besondere Vorgehensweisen sind für Schüler und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung, mit Lernstörungen und mit Migrationshintergrund vorgesehen, wo entweder differenzierte Bewertungskriterien oder entsprechende Befreiungs- und/oder Kompensationsmaßnahmen zum Tragen kommen. Derzeit wird in Südtirol der Entwurf für ein neues Bildungsgesetz diskutiert, in dem man wieder bis zum Ende des zweiten Bienniums der Oberstufe die Möglichkeit einer kompetenzorientierten Bewertung vorsieht (Landesgesetzentwurf „Unsere gute Schule“ 2015, Art. 1 septies)[12]. Auf der Grundlage dieses Bewertungskonzeptes kann auch auf die Bewertung mittels Ziffernnoten verzichtet werden. Damit wäre ein wichtiger Schritt in Richtung  einer inklusiven Bewertung gegeben, d.h. nicht mehr aufbauend auf der Vergleichbarkeit durch Noten, sondern durch Kompetenzen, die auch auf sehr unterschiedlichem Niveau erreicht werden können. Auch im Staatsgesetz „La buona scuola“ (MIUR, l.107/13 luglio 2015) ist ein Passus enthalten, mit dem eine Überarbeitung der bisherigen Bewertungsmodalitäten vorgesehen wird. Wichtig in diesem Bereich ist nur, dass häufige Wechsel der Bestimmungen vermieden werden. Nur so kann sich eine Bewertungskultur auch langfristig etablieren.

7. Das neue Landesgesetz „Teilhabe und Inklusion von Menschen mit einer Behinderung“

Einen letzten nicht unbedeutenden Schritt in Richtung Inklusion stellt das neue Landesgesetz (Autonome Provinz Bozen 2015, G. Nr. 7) dar. Typisch für sämtliche Gesetze in diesem Bereich ist die Tatsache, dass es sich um umfassende, sämtliche Lebensbereiche betreffende Gesetze handelt; Schule und Bildung ist nur ein Bereich von vielen.

Diese Einbettung in einen globalen Lebenszusammenhang ermöglicht einerseits eine gute Verknüpfung und Anbindung zwischen den verschiedenen Bereichen aber auch eine gute Lesbarkeit. Im Abschnitt „Schule und Bildung“  (ebd. Art.6 – 13) wird nochmals eindeutig das Recht aller Kinder sowie der Schüler und Schülerinnen mit Behinderungen auf eine Schule bestätigt, „die das Prinzip der Inklusion“ (Art. 6, Abs.1) verwirklicht. In der Folge wird dieses Recht noch genauer definiert. Es geht um ein Bildungssystem, das „die Vielfalt und individuelle Unterschiede aller Kinder, Schülerinnen und Schüler als Normalität und Ressource betrachtet,… das die vielfältigen Bedürfnisse, Lernmöglichkeiten, Interessen und Begabungen der Kinder, Schülerinnen und Schüler [berücksichtigt] und spezifische, auf die einzelne Person abgestimmte Maßnahmen und Bildungsangebote [verwirklicht], das Barrieren in Bildung und Ausbildung [beseitigt] (ebd. Art. 6, Abs.1). Diese Definition von Normalität steht im Gegensatz zu einem Diskurs, der Normalität aufgrund vordefinierter Standards definiert. Wer dem nicht entspricht, ist „besonders“. Unterstrichen wird auch die Notwendigkeit einer inklusionsorientierten Aus- und Fortbildung des gesamten Personals, sowie die Zuweisung von Personal mit spezifischen Kompetenzen. Hier wird nicht von spezifischen Berufsbildern gesprochen, da man der Vielfalt an den Schulen nicht mehr nur mit spezifischen Berufsbildern begegnen kann, vielmehr müssen der Vielfalt der Lernenden vielfältige Kompetenzen auf Lehrerseite entsprechen. Diese können sowohl durch verschiedene Master, aber auch durch eine kontinuierliche Fortbildung erworben werden. Neben den spezifischen Fortbildungsangeboten auf Landesebene, hat sich in den letzten Jahren auch der Index für Inklusion als wichtiges Instrument für die Selbstevaluation und Prozessbegleitung der Schulen etabliert (Brugger, E. et al. 2013). Um diesen Ansatz zu unterstützen werden Schulen besonders gefördert, die Projekte im Sinne des Index für Inklusion initiieren und umsetzen (Deutsches Schulamt, Mitteilung des Schulamtsleiters vom 25.3.2015). Das Gesetz für die „Gute Schule“ (Gesetzesentwurf „Änderung zu Landesgesetzen im Bereich Bildung, Art. 12-novies) sieht außerdem erstmals wieder seit vielen Jahren eine für alle verpflichtende Fortbildung vor, die von den einzelnen Schulen entsprechend der jeweiligen Bedürfnisse geplant, durchgeführt und verantwortet werden muss. Alles kleine Schritte hin zu einer Qualitätssteigerung einer inklusiven Schule. Der Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen, wird es wohl auch nie sein.

8. Aktuelle Daten und Ressourcenzuweisung

Aktuelle Daten zur schulischen Integration gibt es nur bezogen auf die gesamtstaatliche Situation[13]. Prozentuell hat sich die Anzahl der Kinder, Schüler und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung in den letzten 10 Jahren fast verdoppelt. Italienweit wurden im Schuljahr 2015/16  223.567 Kinder, Schüler und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung gezählt. Davon fallen 7,4% auf den Kindergarten, 36% auf die Grundschule, 29% auf die Mittelschule und 27% auf die Oberschule. Der stärkste  Anstieg an Schülern und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung ist an der Oberschule zu verzeichnen[14] (Govi 2016, 16); dies in Folge der Anhebung der Bildungspflicht und des Bildungsrechts für mindestens 12 Jahre bzw. bis zur Erlangung einer mindestens dreijährigen beruflichen Qualifikation (Autonome Provinz Bozen, LG. Nr. 5/2008). Gleichermaßen angestiegen ist auch die Anzahl der Stellen für Integrationsunterricht, die sich im selben Zeitraum ebenfalls mehr als verdoppelt hat (Govi 2016, 14) Rein numerisch würde damit pauschal das Verhältnis Integrationslehrperson/Schüler und Schülerin mit einer Beeinträchtigung 1,73 betragen. Die Realität sieht dann etwas komplexer aus. In Südtirol erfolgt die Zuweisung der Integrationslehrpersonen an allen staatlichen Schulen unter Berücksichtigung der Chancengerechtigkeit und unter Anwendung transparenter Kriterien im Rahmen eines von der Landesregierung beschlossenen Landesstellenplans. Schüler-innen  mit einer Beeinträchtigung werden nach Schweregrad in drei Gruppen zusammengefasst; für jede Gruppe wird dieselbe Mindestanzahl von Integrationsstunden pro Schüler und Schülerin vorgesehen. Aufgrund der jeweiligen Schulsituation werden die restlichen Stunden laut eigenen Kriterien (Klassen- und Schulgröße, Komplexität des jeweiligen Sprengels usw.) der Schule zugewiesen. Auch hier kommt wieder der Grundsatz zum Tragen: Integrationslehrpersonen werden dem Schulsprengel[15] nicht dem einzelnen Schüler, der einzelnen Schülerin mit einer Beeinträchtigung zugewiesen. Es ist dann Aufgabe der Schulführungskraft  die Integrationsstunden aufgrund der jeweiligen Schulsituation und der internen Ressourcen den einzelnen Klassen zuzuweisen, wobei die Förderung der Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigung Vorrang hat und bestmöglich garantiert werden muss. Zusätzlich kann um Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter für Integration angesucht werden, wenn im Vordergrund pflegerische oder rehabilitative Maßnahmen stehen (Deutsches Schulamt, Leitlinien für die Zuweisung zusätzlicher Personalressourcen 2013). Derzeit verfügt in der Grundschule in Südtirol der Großteil der Integrationslehrpersonen über eine spezifische Zusatzqualifikation, während wir in der Mittelschule nur auf 30% und in der Oberschule auf 28% kommen (Deutsches Schulamt 2015 c). Die restlichen Integrationslehrpersonen haben zwar eine universitäre Ausbildung als Lehrpersonen, verfügen aber nicht über die Zusatzqualifikation für den Unterricht mit Schülern und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung. Diese rechtlich prekäre Situation führt auch zu einem hohen Lehrerwechsel gerade bei Integrationslehrpersonen und diese mangelnde Kontinuität wirkt sich negativ auf die Arbeit im Lehrerteam, aber insbesondere auch in der Begleitung der Familien und der Schüler und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung aus.

9. Die Lehrerbildung: Entwicklung – Versäumnisse und derzeitige Situation

Wenn auch Italien von der gesetzlichen und wohl auch von der gesellschaftlichen Ausrichtung her sehr fortschrittlich ist in Bezug auf das Recht aller Kinder auf einen gemeinsamen Unterricht in einer gemeinsamen Schule, so hat es doch die dazu notwendige Ausbildung der Lehrpersonen sträflich vernachlässigt. Erst im Jahre 2000 wurde die Lehrerausbildung für Kindergarten und Grundschule auf universitärem Niveau eingeführt. Für die Sekundarschulen, war bis zum Jahr 2012 nur eine fachspezifische universitäre Ausbildung vorgesehen (als Physiker, Mathematiker, Biologe, Architekt usw.) aber ohne weitere pädagogisch-didaktische Ausbildung. Und auch derzeit sind die Universitären Berufsbildungskurse und Sonderlehrbefähigungskurse für Sekundarschulen ersten und zweiten Grades, noch sehr begrenzt, insbesondere was den Bereich der Inklusion betrifft. Ein inklusiv ausgerichtetes Bildungssystem erfordert auch eine entsprechende Ausbildung des Personals. Dies kann aber nur gelingen, wenn bereits im Grundstudium zukünftige Kindergärtnerinnen und Lehrpersonen auf die Aufgabe vorbereitet werden, sich für die gesamte Gruppe/Klasse mit all den Facetten an Heterogenität zuständig zu fühlen. Es gilt, ein Grundverständnis für diese Thematik aufzubauen, Studierende für den Themenbereich zu sensibilisieren, Haltungen aufzubauen, die eigene Lernbiografie in Bezug auf Anderssein zu thematisieren. Dies ist ein nicht immer leichter Weg, weil es auch nicht leicht ist, Altlasten abzuwerfen und neue Weg zu beschreiten. Bis vor Kurzem hatten Studierende der Bildungswissenschaften ab dem 3. Studienjahr, als Ergänzung zum Grundstudium, die Möglichkeit die Zusatzbefähigung für den Integrationsunterricht zu erlangen. Dafür waren jedoch nur insgesamt 400 Stunden vorgesehen, 100 davon für Praktika in integrierenden Gruppen und Klassen. Eine Ausbildung, die für alle ziemlich unbefriedigend war, da sie zeitlich zu gedrängt war und somit nicht zur Erlangung der für diese Spezialisierung erforderlichen Kompetenzen führte. Integrationskindergärtnerinnen und –lehrpersonen verfügen demnach über eine vertiefte Ausbildung im Vergleich zu ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Regelunterricht. Dies ermöglicht es dem spezialisierten Personal bei grundlegenden pädagogisch-didaktischen Entscheidungen, die Gruppe, Klasse betreffend, kompetent mit zu reden, aber auch den Unterricht für die gesamte Klasse zu übernehmen. Der Schwerpunkt der Zusatzqualifikation liegt nicht in der Fachdidaktik, sondern vielmehr im Erfassen und Erkennen von Situationen, individuellen Bedürfnissen, in der Planung und Ausarbeitung entsprechender inklusiver Lernsituationen, in der Unterstützung der Fachkräfte bei der Differenzierung und Individualisierung der Angebote, aber auch in Kenntnissen über bestimmte Behinderungsarten und Störungsbilder. Weiter gehören dazu besondere diagnostische Kompetenzen, Kompetenzen in der Planung individuell auf die Bedürfnisse von Kindern mit Beeinträchtigung abgestimmter Maßnahmen und der Evaluation derselben.

Mit dem Übergang zum fünfjährigen einstufigen Masterstudium für Kindergarten und Grundschule hat man nun versucht, eine Reihe von Lehrveranstaltungen den Bereich Integration und Inklusion betreffend in diese Grundausbildung einzubauen, so Integrative Didaktik und Integrationspädagogik, Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, Pädagogik der Inklusion, Sprachenvielfalt und Lernen, Interkulturelle Pädagogik in multikulturellen Gesellschaften, Neuropsychiatrie des Kindesalters, Klinische Psychologie, Diversität, Lernschwierigkeiten und Lernbeeinträchtigungen, Pädagogik der Sehbeeinträchtigungen Pädagogik der Hörbeeinträchtigungen (Freie Universität Bozen, 2015) [16] Damit wird für das Grundstudium ein Modell vertreten, das abgeht von der immer genaueren Kategorisierung von Kindern hin zu einem Bildungsangebot, das die Diversität als grundlegendes Paradigma anerkennt. Gelingen kann dies nur, wenn Studierende auch in den Praktika entsprechende Erfahrungen machen, wenn die Größe der Lerngruppe reflexives Arbeiten ermöglicht, wenn das gesamte Curriculum nach diesen Grundsätzen ausgerichtet ist und unter den Dozenten und Dozentinnen ein gemeinsames Verständnis, eine gemeinsame Philosophie der Inklusion besteht. Noch scheinen Integrationspädagogik und –didaktik als Parallelveranstaltungen zur Allgemeinen Pädagogik und Didaktik auf. Und gerade darin liegt der Widerspruch. Wenn wir den Auftrag der Rahmenrichtlinien  ernst nehmen, dann kann es eigentlich nur eine Pädagogik und Didaktik geben, die alle Kinder und Schüler und Schülerinnen mit ihren individuellen Interessen, Fähigkeiten und Bedürfnissen in den Mittelpunkt der Bildungsarbeit stellt, also eine „Allgemeine inklusive Pädagogik und Didaktik“. Die inklusionsorientierten Grundsätze müssen als durchgehendes Prinzip in allen Lehrveranstaltungen auch in den Fachdidaktiken grundgelegt werden, auch wenn der Begriff „Inklusion“ nicht im Titel der Veranstaltung aufscheint. Inklusion kann nicht an einzelne Lehrveranstaltungen delegiert werden.  2011 hat die Europäische Agentur für Entwicklung in der sonderpädagogischen Förderung einen Bericht herausgegeben zu einer inklusionsorientierten Lehrerbildung. Teil dieses Berichtes ist ein „Profil für inklusive Lehrerinnen und Lehrer“ (Europäische Agentur für Entwicklungen in der sonderpädagogischen Förderung 2012),  das die Grundlage für die universitäre Ausbildung darstellen kann.  Der Fakultätsrat der Bildungswissenschaftlichen Fakultät das Profil für inklusionsorientierte Lehrerbildung  als verbindliche Grundlage für alle Lehrveranstaltung beschlossen. Nun gilt es dies auch in allen Lehrveranstaltungen konsequent umzusetzen. Aufgabe der universitären Ausbildung ist es, dafür zu sorgen, dass zukünftige Kindergärtner und Kindergärtnerinnen sowie Lehrpersonen aller Bildungsstufen die notwendige Professionalität erwerben, um mit der wachsenden Diversität der Schüler und Schülerinnen kompetent umzugehen, ohne sich andauernd überfordert zu fühlen.  

Die derzeitige Ausbildungsstruktur sieht für alle Lehrpersonen der verschiedenen Bildungsstufen vor, dass sie vorerst eine Grundausbildung absolvieren. Erst im Anschluss kann man sich für die Zusatzausbildung entscheiden. Diese Zusatzqualifikation hat eine Dauer von einem Studienjahr (60 CP, davon mindesten 12 CP für das Praktikum, MIUR; 2010a) wurde aber in Brixen noch nicht durchgeführt, weil das Gesetz 107/2015  bereits eine weitere Reform dieser Ausbildung vorsieht, man weiß aber noch nicht, wie diese strukturiert sein wird. Im Rahmen der Tagung „La Qualità dell'integrazione scolastica e sociale“, die alle zwei Jahre in Rimini stattfindet und diesmal von 5.000[17] Teilnehmer_innen besucht war, wurde ein Abschlussdokument verabschiedet (Centro Studi Erickson 2015), das ein inklusives Curriculum für die gesamte Lehrerausbildung einfordert, ebenso wie vielfältige Zusatzqualifikationen, welche das gesamte Spektrum an Diversität und Vielfalt umfassen sollen. Also nicht eine nur auf den Bereich „Beeinträchtigung“ reduzierte Spezialisierung, sondern eine Ausbildung, die transversal vielfältige Formen der Kompetenzerweiterung vorsehen soll, damit diese Lehrpersonen, sowohl spezifische Einzelfall bezogene Kompetenzen, aber auch Beratungskompetenzen für Lehrpersonen und für die gesamte Schulgemeinschaft erwerben können. Auf alle Fälle vermieden werden sollten getrennte Ausbildungen zwischen Regellehrpersonen und Integrationslehrpersonen. Derzeit werden erstmals Wettbewerbe für den Integrationsunterricht für die verschiedenen Bildungsstufen ausgeschrieben. Damit will man eine bessere Gewähr der spezifischen beruflichen Qualifikationen der Integrationslehrpersonen sichern. 

Im Vorwort zum Bericht der Expertengruppe der EA zur inklusionsorientierten Lehrerbildung in Europa betont der Direktor der EA Cor Mejor die Bedeutung der Lehrkräfte: „Wir können auf vielen Ebenen über Inklusion sprechen … aber am Ende ist es immer noch die Lehrkraft, die mit den unterschiedlichsten Schülern und Schülerinnen im Unterricht zurechtkommen muss! Es sind die Lehrkräfte, die die Grundsätze der inklusiven Bildung umsetzen müssen. Wenn eine Lehrerinnen und ein Lehrer nicht in der Lage ist, in der Regelschule Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Bedürfnissen zu unterrichten, sind alle guten Absichten einer inklusiven Bildung wertlos.“ (Europäische Agentur für Entwicklungen in der sonderpädagogischen Förderung 2011, 5)

10. Die Besonderheiten der Fakultät für Bildungswissenschaften in Brixen

Die Bildungswissenschaftliche Fakultät in Brixen ist überhaupt erst mit Beginn dieser Ausbildung, im Jahre 1999, entstanden. Dies hat seine Vorteile, weil die Chance und Herausforderung des Neuanfangs bestand. Es bedeutete aber auch, Vieles erst neu „erfinden“ zu müssen, erst ein Dozententeam aufzubauen und was in Brixen noch als Besonderheit hinzukommt, zwischen zwei Universitätskulturen – der deutschen, da viele Dozenten aus dem deutschsprachigen Ausland kommen,  und der italienischen - zu vermitteln,  manchmal auch „Übersetzungsarbeit“ zu leisten – oder aus beiden das beste herauszuholen. Zudem kommen die Dozenten auch von unterschiedlichen Bildungssystemen, was gerade im Bereich Integration und Inklusion eine zusätzliche Erschwernis bedeutet, da nicht alle mit einer flächendeckenden Integration in Kindergarten und Schule und den damit verbundenen besonderen Rahmenbedingungen vertraut sind. Wichtig wäre es, die vorhandenen unterschiedlichen Kulturen als Bereicherung wahrzunehmen und durch einen regen gemeinsamen Austausch etwas Neues zu entwickeln. Dazu eine breite Plattform anzubieten, könnte eine Zukunftsaufgabe der Fakultät sein. Im neuen Gesetz zur Teilhabe und Inklusion von Menschen mit Behinderungen ist die Errichtung eines Kompetenzzentrums für Inklusion vorgesehen, das neben anderen Aufgaben auch „die spezifische Forschung zur Umsetzung der Inklusion im Bildungssystem sowie den wissenschaftlichen Austausch mit anderen in diesem Bereich tätigen Institutionen“ (Autonome Provinz Bozen, 2015, LG. 7/2015, Art. 13, Abs. 1b und c). Der Standpunkt Brixen würde sich auch für einen wertvollen Austausch zwischen verschiedenen Bildungskulturen und –systemen nördlich und südlich des Brenners sehr gut eignen.

11. Beispielhafte Praxen

Italien hatte es nicht notwendig, durch gezielte Forschung zu beweisen, dass man auf dem richtigen Weg war mit der schulischen Integration. Entsprechend spärlich sind denn auch Forschungsergebnisse. Dazu kommt, dass es bis zu Beginn dieses Jahrtausend keine spezifische Lehrerausbildung  auf universitärer Ebene und damit auch keine Lehrstühle für Integrative Pädagogik und Didaktik gab. Diesen Mangel finden wir auch in der Dokumentation beispielhafter Praxen. Sicher gibt es eine Reihe guter auch beispielhafter Praxen, die seltensten davon wurden und werden wissenschaftlich erforscht und dokumentiert. Vielfach werden sie im Rahmen von Tagungen vorgestellt aber nicht weiter veröffentlicht. Dies gilt nicht nur für Südtirol, sondern auch für das restliche Staatsgebiet. Für das Schuljahr 2013/14 hat der Arbeitskreis Eltern Behinderter (Arbeitskreis Eltern Behinderter 2014) einen Integrations/Inklusionspreis „ Bestes Beispiel für Inklusion/Integration von Menschen mit Beeinträchtigung in der Schule oder im Kindergarten gesucht!“ ausgeschrieben, an dem insgesamt 10 Kindergärten und Schulen der verschiedenen Bildungsstufen in Südtirol teilgenommen haben. Der Fokus des Wettbewerbs waren Kinder und Jugendliche mit und ohne Beeinträchtigung, das Eingebundensein in gemeinsame Lernprozesse, die sozialen Kontakte in und außerhalb der Schule, die gegenseitige Wertschätzung, aber auch der Umgang mit Belastungen und schwierigen Situationen in der Klasse. Es wurden auch die Haltungen der Lehrpersonen hinterfragt, ihre Kompetenz, unterrichtliche Arrangements für einen diversitätssensiblen Unterricht zu gestalten und Beziehungen zu knüpfen. Ebenso wurden die Eltern der Kinder und Jugendlichen mit und ohne Beeinträchtigung in die Erhebung über die jeweils wahrgenommene Qualität des Unterrichts für Ihre Kinder mit einbezogen (AEB, unveröffentlichte Bewertungskriterien). Die eingegangenen Berichte waren denn auch sehr vielfältig und z.T. auch sehr kreativ. Sie haben sicher in den teilnehmenden Gruppen und Teams dazu beigetragen, dass sich alle nochmals kritisch mit der Thematik auseinandergesetzt haben. Auffallend ist, dass sich die Projekte jeweils auf eine einzelne Klasse bezogen haben und nicht die gesamte Schulgemeinschaft eingebunden war. Es war aber ein erster bedeutsamer Schritt, eine erste wichtige Dokumentation. Wünschenswert wäre bei einer eventuellen Neuauflage des Wettbewerbs eine von wissenschaftlichen Kriterien geleitete Qualitätsmatrix, da es nicht immer leicht ist, die verschiedenen Aussagen miteinander zu vergleichen, sowie die Veröffentlichung der einzelnen Berichte, damit auch andere Schulen dadurch motiviert würden, ihre Best-Practices mit anderen zu teilen. Viel Spannendes, was in den Schulen geschieht, bleibt für die Außenwelt, manchmal sogar für die eigene Schule unentdeckt. Verschriftlichung und Dokumentation sind zudem hervorragende Formen einer Reflexion der eigenen Praxis und wo nötig auch Grundlage für eine Neubesinnung.

Auf nationaler Ebene nimmt ein Beispiel eine besondere Position ein: Daniela Boscolo, eine Integrationslehrperson an einer Berufsschule in Porto Viro (Region Venetien), wurde 2014 im Global teacher Price unter die 50 besten Lehrpersonen der Welt  gereiht (Vareky, 2014). Sie hatte an dieser Schule ein besonderes Projekt geplant und umgesetzt, bei dem Schüler mit einer Beeinträchtigung mit Unterstützung ihrer Mitschüler und Mitschülerinnen in einem vorerst an der Schule simulierten Supermarkt auf spezifische Kompetenzen vorbereitet wurden, die sie dann in Stages in Supermärkten in der Umgebung der Schule verfeinern und trainieren konnten.
Seit 2006 haben zudem mehrere Studierende mit Down Syndrom an verschiedenen Universitäten Italiens in ganz unterschiedlichen Studiengängen Hochschulabschlüsse erreicht. Auch dies sind Beispiele positiver Praktiken (Leucci 2011, Tiso 2011).

12. Der gesetzliche Rahmen und die Realität

Eines ist die gesetzliche Realität, und da kann Italien in vielen Bereichen eine Vorreiterrolle zuerkannt werden, anders ist, wie die gesetzlichen Vorgaben umgesetzt, gelebt und wahrgenommenen werden.
Realität ist/sind,

Realität ist aber auch, dass bestimmte Grundsätze, die bereits im Gesetz 517/77 verankert waren, noch immer nicht für alle zur Selbstverständlichkeit geworden, so z.B.,

Von Inklusion im eigentlichen Sinn können wir erst dann sprechen, wenn die Vielfalt nicht als Belastung, sondern als Bereicherung erlebt wird, wenn sie von allen als die Normalität empfunden wird, wenn die dafür notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen als systemimmanente Grundausstattung gesehen werden und nicht als Mehrausgabe, an der man immer wieder feilen und Abstriche machen kann. Und dies macht sich  insbesondere in Krisenzeiten bemerkbar.

13. Literatur

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(2008) Legge 30 ottobre 2008, n. 169 "Conversione in legge, con modificazioni, del decreto-legge 1º settembre 2008, n. 137, recante disposizioni urgenti in materia di istruzione e università"
(2009a) DPR 22. giugno 2009, n. 122 - regolamento sulla valutazione
Direzione generale per lo Studente, l’integrazione, la Partecipazione e la Comunicazione (2009b): Linee guida per l’integrazione scolastica degli alunni con disabilità. http://www.istruzione.it/web/istruzione/prot4274_09 ; deutsche Übersetzung: Deutsches Schulamt – Bozen: Leitlinien zur schulischen Integration von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung. http://www.provinz.bz.it/schulamt/download/Leitlinien_zur_schulischen_Integration.pdf
(2010a) DECRETO 10 settembre 2010, n. 249 Regolamento concernente: «Definizione della disciplina dei requisiti e delle modalita' della formazione iniziale degli insegnanti della scuola dell'infanzia, della scuola primaria e della scuola secondaria di primo e secondo grado, ai sensi dell'articolo 2, comma 416, della legge 24 dicembre 2007, n. 244»
(2010b) Legge 8 ottobre 2010 , n. 170, Nuove norme in materia di disturbi specifici di apprendimento in ambito scolastico, Deutsche Übersetzung: Deutsches Schulamt – Bozen: Neue Bestimmungen im Bereich spezifischer schulischer Lernstörungen, http://www.provinz.bz.it/schulamt/download/G_2010-170.pdf
(2011) Linee guida per Il Diritto allo Studio degli alunni e degli studenti con Disturbi Specifici di Apprendimento, http://hubmiur.pubblica.istruzione.it/alfresco/d/d/workspace/SpacesStore/76957d8d-4e63-4a21-bfef-0b41d6863c9a/linee_guida_sui_dsa_12luglio2011.pdf , Zugriff 12.02.2016
(2012) Strumenti d’intervento per alunni con bisogni educativi speciali e organizzazione territoriale per l’inclusione scolastica. Deutsche Übersetzung: Schulamt für die Deutsche Schule http://www.provinz.bz.it/schulamt/download/Ministerialrichtlinie_vom_27._Dezember_2012.pdf http://hubmiur.pubblica.istruzione.it/alfresco/d/d/workspace/SpacesStore/8d31611f-9d06-47d0-bcb7-3580ea282df1/dir271212.pdf, Zugriff 12.02.2016
(2013) (C.M. n. 8 del 6 marzo 2013) Indicazioni operative concernenti la direttiva ministeriale 27 dicembre 2012 recante "Strumenti di intervento per alunni con bisogni educativi speciali e organizzazione territoriale per l'inclusione scolastica" http://hubmiur.pubblica.istruzione.it/alfresco/d/d/workspace/SpacesStore/9fd8f30a-1ed9-4a19-bf7d-31fd75361b94/cm8_13.pdf ; Deutsche Übersetzung: Schulamt für die Deutsche Schule http://www.provinz.bz.it/schulamt/download/Ministerialrundschreiben_Nr._8_vom_06.03.2013.pdf
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[1] Der Begriff „Behinderung“ wurde zur Beginn der schulischen Integration verwendet. Italien hat in der Folge mit verschiedenen Begriffen experimentiert („alunno con handicap, alunno in situazione di handicap, alunno diversamente abile…) Im Laufe der Jahrzehnte, auch in Zusammenhang mit der Begriffsklärung der UNO hat sich im schulischen Bereich in Italien der Begriff „alunno con disabilità“,  in Südtirol der Begriff „Beeinträchtigung“ durchgesetzt im Sinne einer funktionalen  kindbezogenen Störung, während man unter dem Begriff „Behinderung“ mehr die Barrieren im Umfeld versteht. In der Folge finden sich beide Begriffe in verschiedenen offiziellen Dokumenten wieder. In diesem Artikel wird der Begriff Beeinträchtigung überall dort verwendet, wo es sich nicht um Zitate aus offiziellen Dokumenten handelt.

[2] Ein Schulsprengel besteht in der Regel aus ein bis zwei Mittelschulen und mehreren Grundschulen.

[3] Die Integration in die Oberschule wurde 1987 geregelt, jene in die Universität mit dem Rahmengesetz 104/92.

[4] Diese Bezeichnung wurde im Jahre 2013 mit dem neuen Programmabkommen ersetzt durch „Individueller Bildungsplan“

[5] Diese Angebote sind in der Regel unentgeltlich. Therapien sind tickettpflichtig.

[6] MIUR ist die gebräuchliche Abkürzung für „Ministero dell’Istruzione, dell’Università e della Ricerca“.

[7] Damit meint man das Recht auf spezifische Maßnahmen für Kinder, Schüler und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung in einem inklusiven Bildungssystem. Diese Rechte werden durch die Inklusion nicht aufgehoben.

[8] Bezogen auf das Schuljahr 2014/15 sehen die Repetentenquoten folgendermaßen aus: Repetenten Grundschule 0,3%, Mittelschule 2,2%, in den Oberschulen 6.2%, wobei anhand der Daten keine Unterscheidung zwischen Schülern und Schülerinnen mit und ohne Beeinträchtigung möglich ist.

[9] Ministro dell’Istruzione, dell’Università e della Ricerca. Direttiva ministeriale 27/12/2012:  Strumenti d’intervento per alunni con bisogni educativi speciali e organizzazione territoriale per l’inclusione scolastica, http://hubmiur.pubblica.istruzione.it/alfresco/d/d/workspace/SpacesStore/8d31611f-9d06-47d0-bcb7-3580ea282df1/dir271212.pdf
Circolare Miur n.8 del 6 marzo 2013: Indicazioni operative alunni con BES

[10] ungenügend, genügend, gut, sehr gut und ausgezeichnet

[11] In Italien ist 10 die beste Note, 5 ist ungenügend.

[12] Hier ist noch die Genehmigung durch das Ministerium für Unterricht, Universität und Forschung abzuwarten.

[13]Für Südtirol gibt es aus Gründen der Privacy keine offiziellen Daten zu den Kindern, Schülern und Schülerinnen mit einer Beeinträchtigung.

[14] von 11,7 im Jahre 1997/98 bis auf 27% in diesem Schuljahr.

[15] Ein Schulsprengel besteht in der Regel aus mehreren Schulstellen bis zu einem Maximum von 500-700 Schülern. Hier spielt auch die Entfernung der einzelnen Schulstellen und deren Erreichbarkeit eine wesentliche Rolle bei der Zuweisung von zusätzlichen Personalressourcen. In der Grundschule sind die Hälfte der Schulen niederorganisierte Schule, d.h. diese Schulen haben weniger als 5 Klassen. In Italien hat die Grundschule eine fünfjährige Laufzeit.

[16] In keinster Weise ist derzeit diese Vielfalt an Lehrveranstaltungen im Bereich Integration und Inklusion in der Grundausbildung der Sekundarschullehrpersonen abgesichert.

[17] Es handelt sich nicht um einen Tippfehler!