Birgit Lütje-Klose, Phillip Neumann, Bettina Streese:Schulische Inklusion in Nordrhein-Westfalen (NRW) – sieben Jahre nach Ratifizierung der UN-BRK

Inhaltsverzeichnis

  1. Anlass und Zielstellungen von Inklusion in NRW
  2. Die Anfänge: Integration in Schulen NRWs
  3. Die aktuelle Situation – statistische Daten zur Inklusion in Schulen NRWs
  4. Entwicklungen und rechtliche Steuerungen in NRW seit Ratifizierung der UN-BRK
  5. Beispielhafte Praxen
  6. Quo vadis, NRW?
  7. Literatur

1. Anlass und Zielstellungen von Inklusion in NRW

Die Umsetzung des Rechtsanspruchs aller Kinder und Jugendlichen auf eine hochwertige inklusive Bildung, der sich aus der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen  (UN-BRK, 2006, Art. 24) ergibt, kann als eines der derzeit größten bildungspolitischen Reformvorhaben gelten. In den meisten deutschen Bundesländern werden – wenn auch in unterschiedlichem Umfang – massive Anstrengungen zur schnellen Reformierung des Schulsystems hin zur gemeinsamen Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderungen i.S. eines attestierten sonderpädagogischen Förder- bzw. Unterstützungsbedarfs unternommen. Das trifft auch für das bevölkerungsreichste Bundesland NRW zu: Ziel der seit 2010 bestehenden rot-grünen Landesregierung ist es erklärtermaßen, mit dem „Ersten Gesetz zur Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention in den Schulen (9. Schulrechtsänderungsgesetz)“ (MSW 2014) (schul-)gesetzliche Veränderungen auf den Weg zu bringen, um eine Umsteuerung von der Dominanz der exklusiven Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfen hin zur inklusiven Beschulung, zum Gemeinsamen Lernen zu erreichen. NRW sieht sich damit „auf dem Weg zur inklusiven Schule“ (Schulministerium NRW 2015b) und artikuliert nachdrücklich den politischen Willen zu einer Reformierung des Schulsystems in Richtung Inklusion. Andere Differenzlinien wie Geschlecht, ethnische Herkunft oder Sprache werden im Rahmen weiterer bildungspolitischer Reformanstrengungen, nicht aber unter dem Begriff der Inklusion adressiert.
Die bestehende menschenrechtliche Verpflichtung einer flächendeckenden Umsetzung des Inklusionsanspruchs für Menschen mit Behinderungen (Wrase 2015) in allen Schulformen und -stufen (UN-BRK Art. 24) kommt auf den verschiedenen Ebenen des Bildungssystems im Land allerdings erst nach und nach an. Auch wenn die Forderung einer inklusiven „Education for All“ international mit der Salamanca-Erklärung (UNESCO 1994) beginnend und verstärkt seit der Jahrtausendwende auf der Agenda steht (UNESCO 2005, 2009) und NRW bereits seit 1980 über Erfahrungen mit Modellen der gemeinsamen Beschulung verfügt, rückt die Reichweite dieser Verpflichtung erst allmählich ins öffentliche Bewusstsein. So gibt es im bildungspolitischen Raum NRWs zwar einerseits engagierte Streiter für das gemeinsame Lernen in verschiedenen Akteursgruppen (z.B. Elternverein mittendrin e.V., Montag-Stiftung), andererseits bestehen aber trotz einer erheblichen Ausweitung der Anteile inklusiv beschulter Kinder und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen angesichts einer als zu gering wahrgenommenen sonderpädagogischen Ressourcenausstattung erhebliche Vorbehalte in verschiedenen Akteursgruppen, u.a. von Seiten der Lehrerverbände (z.B. Mühlheimer Erklärung der Verbände GEW, VBE, vds und Philologenverband, 2016) und Elternschaft (Bertelsmann-Stiftung, 2015).
Vor diesem Hintergrund wird zur Kontextualisierung zunächst der bisherige Entwicklungsprozess NRWs auf dem Weg zur schulischen Inklusion in Bezug auf die bislang umgesetzten Modelle Gemeinsamer Unterricht (Primarstufe), Integrative Lerngruppen (Sekundarstufe), Einzelintegration und Kompetenzzentrum für sonderpädagogische Förderung skizziert, bevor die gesetzlichen Veränderungen im Hinblick auf das seit August 2014 vorgegebene Modell des Gemeinsamen Lernens, die Ressourcenzuweisung und Feststellung von sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf sowie die Berücksichtigung des Elternwillens dargestellt werden. Daran anschließend werden die aktuellen Daten und Fakten zur Umsetzung der schulischen Inklusion in NRW berichtet und Konsequenzen für die Weiterentwicklung und Aus- und Fortbildung diskutiert.
Die Darstellung fußt auf dem Konzept der Rekontextualisierung im Bildungssystem sensu Fend (2008). Demzufolge ist der Handlungsspielraum einzelner AkteurInnen in einem Mehrebenenmodell verortet, in dem Interdependenzen „nach oben“ und „nach unten“ ebenso wie horizontale Differenzen zwischen AkteurInnen Berücksichtigung finden. Auf jeder Ebene werden Gestaltungsfaktoren vorgegeben, die für die anderen Ebenen Rahmenbedingungen des Handelns implizieren. Steuerungsimpulse werden diesem Modell zufolge demnach unter Berücksichtigung des jeweils vorgegeben Handlungsrahmens, der antizipierten Wirkungen und im konkreten Kontext der jeweiligen AkteurInnen von diesen adaptiert (vgl. Fend 2008, 36f.). Die AkteurInnen auf den einzelnen Ebenen haben dabei eine mehr oder weniger große Autonomie, um vor dem Hintergrund ihrer je eigenen Handlungszusammenhänge und Erfahrungen die administrativen Vorgaben zu rekontextualisieren, sie also zu deuten und je unterschiedlich mit Leben zu füllen (vgl. auch Amrhein 2011).
In Anlehnung an Klemm & Preuss-Lausitz (2011) und vor dem Hintergrund dieses Modells werden im Folgenden die Entscheidungen der Bildungspolitik in NRW seit Ratifizierung der UN-BRK als „Umwelt des Handelns“ (Fend 2008, 34) für die darunterliegenden Akteursebenen (i.e. landesbezogene und kommunale Bildungsadministration, Einzelschule, Unterricht und einzelne Schülerinnen und Schüler) erläutert und exemplarische Einblicke auf den unterschiedlichen Ebenen gegeben. Zunächst wird dabei soziohistorisch die Entwicklung von den Anfängen schulischer Integration bis heute auf der Ebene des Landes in den Blick genommen.

Abbildung: Mehrebenensystem der Entwicklung inklusiver Schulen in NRW (in Anlehnung an Klemm/Preuss-Lausitz 2011)

 

2. Die Anfänge: Integration in Schulen NRWs

NRW hat eine lange Tradition des Gemeinsamen Unterrichts bzw. Integrativer Lerngruppen, vor allem in ausgewählten Grund- und Gesamtschulen. Als Beispiele können hier die Laborschule Bielefeld als Versuchsschule des Landes (Tillmann & Thurn 2011 u.a.), die Grundschule Berg Fidel in Münster (Stähling 2006), die Grundschule Harmonie in Eitorf (Hövel & Hövel-Resch 2012) oder die Gesamtschule Köln-Holweide (Decker 2012, Schwager 2013 u.a.) angeführt werden, die sich alle schon lange vor Ratifizierung der UN-BRK als „Schulen für alle Kinder“ verstehen und Pionierarbeit im Aufbau von Kulturen, Strukturen und Praktiken (Boban & Hinz 2013) integrativer Beschulung geleistet haben und weiterhin leisten.
Die oben genannten und weitere integrative Schulen in NRW wurden zum Teil seit den 1980er Jahren bei ihrer Arbeit systematisch wissenschaftlich begleitet (z.B. Dumke & Schäfer 1993) und haben durch die Evaluation ihrer Praxen maßgeblich zur Entwicklung von Prinzipien integrativer Schul- und Unterrichtsentwicklung beigetragen. Die dabei umgesetzten organisatorischen Modelle des Gemeinsamen Unterrichts in den Grundschulen (seit 1980) bzw. der Integrativen Lerngruppen in der Sekundarstufe I (seit 1995) basierten gleichwohl mehrheitlich auf dem organisatorischen Prinzip, dass eine (bei größeren Systemen ggf. zwei) von mehreren Parallelklassen als integrative Klasse arbeitete. Für diese Lerngruppen bestanden besondere Bedingungen wie eine reduzierte Klassenfrequenz und eine weitgehende Doppelbesetzung von schulformbezogener allgemeiner Lehrkraft und sonderpädagogisch ausgebildeter Lehrkraft, die gemeinsam eine festgelegte Anzahl von in der Regel fünf bis sieben Schülerinnen und Schülern mit ausgewiesenen sonderpädagogischen Förderbedarfen zusammen mit 15-20 weiteren Kindern oder Jugendlichen unterrichteten. Die einzelnen Schulen verwirklichten die personelle Ausstattung der integrativen Klassen in der Regel auf der Basis des Prinzips der Freiwilligkeit. Lehrkräfte der allgemeinen Schulformen konnten zumeist selbst entscheiden, ob sie in einer integrativen Klasse unterrichten und entsprechend mit einer sonderpädagogischen Lehrkraft zusammenarbeiten wollten. Die Lehrkräfte für Sonderpädagogik wurden zur Aufnahme ihrer Tätigkeit im Gemeinsamen Unterricht der Grundschule vom Personalkapitel der Förderschulen in das Personalkapitel der Grundschulen versetzt. Die Sekundarstufenschulen bekamen ihre sonderpädagogische Personalressource in der Regel auf der Basis einer Abordnung aus einer benachbarten Förderschule. Viele Schulen haben den Eltern von Kindern ohne Förderbedarf die Entscheidung überlassen, ob ihre Kinder in einer integrativen Klasse beschult werden. Aufgrund der im Vergleich zu den parallelen Regelklassen besseren Ausstattung gab es nicht selten deutlich mehr Interesse daran als Plätze zur Verfügung standen. Dabei wurden zum Teil beeindruckende Ergebnisse im Hinblick auf die Entwicklung integrativer Didaktik, die Kooperation der Lehrkräfte und weiteren Personals, die Schulleistungen und die soziale Akzeptanz der Schülerinnen und Schüler erreicht, wie die Begleitforschung dokumentierte (zsf. Lütje-Klose & Miller 2015).
Diese Vorzüge einer integrativen Pädagogik kamen jedoch nur einer Minderheit aller Schülerinnen und Schüler zugute und die integrativen Schulen oder sogar die einzelnen integrativen Klassen blieben in den meisten Fällen „Inseln“ (Amrhein 2011) in ansonsten weitgehend unverändert arbeitenden Einzelschulen und Regionen. Die weitaus meisten Kinder und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf waren weiterhin verpflichtet, die für ihren primären Förderschwerpunkt zuständigen Förderschulen zu besuchen. Mit dem einheitlichen Schulgesetz von 2005 wurden die Förderorte Förderschule und allgemeine Schule für die sonderpädagogische Förderung als gleichwertig anerkannt. Bei festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf entschied allerdings die Schulaufsicht über den Förderort und die Eltern konnten lediglich den juristischen Klageweg beschreiten, wenn sie die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs und/oder eine Überweisung zur Förderschule verhindern wollten.
Das Modell des Gemeinsamen Unterrichts weitete sich nicht selbstläufig in den Schulen und darüber hinaus im ganzen Land aus, wie im Anschluss an die KMK-Empfehlungen von 1994 mit der Etablierung Gemeinsamen Unterrichts als Regelform der Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf beabsichtigt. Die Dominanz der Förderschulen als primärer Beschulungsort blieb ungebrochen hoch. Dies weisen auch die KMK-Zahlen der Jahre 1995-2005 aus, die einen kontinuierlichen Anstieg und nicht etwa einen Abbau der Förderbeschulung bei insgesamt zunehmenden Förderquoten dokumentieren. Die Entwicklung in NRW stimmt diesbezüglich mit der durchschnittlichen Tendenz in ganz Deutschland überein (vgl. KMK 2016). Die Systeme Förderschule und integrative Schule arbeiteten (und arbeiten in vielen Regionen bis heute) weitgehend unverbunden nebeneinander.
Diese Zuweisungspraktiken sonderpädagogischer Ressourcen für den Gemeinsamen Unterricht bzw. die Integrativen Lerngruppen auf der Basis eines formal festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarfs erzeugten in NRW – wie in vielen anderen Bundesländern – das sog. Etikettierungs-Ressourcen-Dilemma (Füssel & Kretschmann 1993, 43): Um eine weitest mögliche Doppelbesetzung für eine integrative Klasse erreichen zu können, benötigte die Schule eine bestimmte Anzahl und Zusammensetzung von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarfen und konnte diese nur durch die „Etikettierung“ der Kinder als förderbedürftig bzw. behindert erreichen. Da dieser Zuweisungsprozess, wie immer wieder problematisiert und in verschiedenen Studien nachgewiesen wurde (vgl. Kottmann 2006, Mand 2002, Kottmann & Miller 2016), ein höchst störanfälliger und gutachterabhängiger Konstruktionsprozess ist, trug diese Praxis (nicht nur) in NRW zu einer Ausweitung der Förderquoten insgesamt bei. Zudem wurden weitere Differenzlinien wie die ethnische oder soziale Herkunft, die Familiensprache oder das Geschlecht in den integrativen Modellen nicht systematisch berücksichtigt, sondern es erfolgte – zumindest formal - im Sinne einer Zwei-Gruppen-Theorie (Hinz 2009) eine Begrenzung auf die binäre Unterscheidung behindert / nicht behindert. Präventive Maßnahmen z.B. für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Entwicklungsrisiken in den Parallelklassen der integrativen Klassen erfolgten kaum oder nicht systematisch, sodass immer wieder die paradoxe Situation auftrat, dass aus diesen Parallelklassen Kinder zur Förderschule überwiesen wurden, wenn die integrative Klasse schon ihre Kapazitäten ausgeschöpft hatte.
Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund führte die damalige CDU-geführte Landesregierung kurz vor der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2008 zusätzlich zum Gemeinsamen Unterricht in der Grundschule und den integrativen Lerngruppen in der Sekundarstufe das Modell des Kompetenzzentrums für sonderpädagogische Förderung ein, das in anderen Bundesländern (Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen u.a.) unter dem Namen Förderzentrum bereits eine längere Tradition aufwies (Wocken 1990, 1991 u.a.). Dahinter stand die Perspektive der Ausweitung gemeinsamer Beschulung und die Förderschulen nicht nur als Parallelsystem zu den Regelschulen zu nutzen, sondern in den Umgestaltungsprozess einzubeziehen, um „ein Gesamtkonzept pädagogischer Förderung unter Einschluss sonderpädagogischer Förderung in den jeweiligen Einzugsbereichen zu entwickeln“ (MSW NRW 2007, 2). Neben der Unterstützung für Kinder mit bereits diagnostiziertem sonderpädagogischen Förderbedarf sollte zudem vor der Feststellung ein adäquates Förderangebot durch Prävention ermöglicht werden (vgl. Pollmeier & Lütje-Klose, i.V.).
Eine Evaluation des Kompetenzzentrumsmodells in NRW erfolgte durch Werning & Lohse (2011) mittels Gruppendiskussionen und Schulleitungsinterviews in beteiligten Schulen. In ihrem Gutachten attestieren die Autoren dem Kompetenzzentrumsmodell zwar eine gewisse „Türöffner-Funktion“ hin zur schulischen Inklusion, arbeiteten aber gleichwohl die organisatorische Verortung der sonderpädagogischen Lehrkräfte an den Förder- statt an den Regelschulen als maßgebliches Hindernis heraus und empfahlen die durchgängige Verortung der sonderpädagogischen Ressourcen in den Regelschulen. Sie stellten fest, dass vom Kompetenzzentrumsmodell in der umgesetzten Form „nur begrenzte Impulse für die Entwicklung eines inklusiven Bildungssystems ausgehen. Das Konzept ermöglicht vielmehr eine flexiblere sonderpädagogische Unterstützung in den allgemeinen Schulen. Es reicht jedoch nicht aus, um hier nachhaltige inklusive Schulentwicklungsprozesse in den bestehenden widersprüchlichen Strukturen in Gang zu setzen“ (Werning & Lohse 2011, 17). Das Modell wurde vor diesem Hintergrund mit einer politischen Grundsatzentscheidung im Schuljahr 2014/2015 vom Modell des Gemeinsamen Lernens abgelöst (vgl. Kap. 3).
Evaluationen des Kompetenzzentrumsmodells im Hinblick auf die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler lagen zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Solche Ergebnisse wurden in der BiLieF-Studie generiert (Wild et al. 2015; Lütje-Klose et al. 2015 u.a.), im Rahmen derer die drei prototypischen Modelle Gemeinsamer Unterricht, Kompetenzzentrum und Förderschule Lernen in NRW von 2012-2014 auf der Grundlage von Daten der größten Gruppe förderbedürftiger Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Lernen zu Leistungs- und Wohlbefindensentwicklung vergleichend untersucht wurden. Die Ergebnisse zeigen zwar querschnittlich signifikante Unterschiede zwischen den Wohlbefindens- und Leistungswerten von Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Lernen in den verschiedenen Modellen zugunsten des Gemeinsamen Unterrichts und des Kompetenzzentrums gegenüber der Förderschule (ebenso wie andere Studien, vgl. Kocaj et al. 2014), längsschnittlich aber keine signifikanten Unterschiede in der Leistungsentwicklung zwischen den verschiedenen formalen Settings. Bemerkenswert ist insbesondere eine große Streuung der Leistungs- und Wohlbefindenswerte innerhalb der Schulformen (d.h. es bestehen sehr große Unterschiede zwischen den Einzelschulen innerhalb der jeweiligen Settings). Vor diesem Hintergrund wurden Schulen aller drei Settings (Förderschulen, KSF-Schulen und GU-Schulen) mit besonders positiven Werten vergleichend untersucht. Es stellte sich heraus, dass schulformübergreifend bestimmte Schulentwicklungsparameter prägend für ein entwicklungsförderliches Klima und günstige Lernbedingungen von Schülerinnen und Schüler mit Lernbeeinträchtigungen zu sein scheinen:

Vergleichbare Kriterien wurden in anderen Studien auch allgemein bei der Untersuchung „guter Schulen“ gefunden, für die inklusive Beschulung sind diese Aspekte aber nochmal besonders hervorzuheben (s. auch Arndt & Werning 2016).

 

3. Die aktuelle Situation – statistische Daten zur Inklusion in Schulen NRWs

Angesichts der Selbstverpflichtung durch die Ratifizierung der UN-Konvention ist ein deutlicher Handlungsbedarf in allen Bundesländern zu konstatieren (Biermann & Powell, 2015). Die Art und Geschwindigkeit der Reform variiert gleichwohl bundesländerspezifisch: So ist im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW die Zahl der Schülerinnen und Schüler an Förderschulen – anders als im Bundestrend – seit 2005 deutlich rückläufig (von 103.341 Schülerinnen und Schüler 2005 zu 82.273 Schülerinnen und Schüler im Jahr 2014; das entspricht anteilig an den Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf 90,48% im Jahr 2005 und 66,65% im Jahr 2014) (vgl. KMK 2016). Im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf an allgemeinen Schulen fast vervierfacht (von 10.867 Schülerinnen und Schülern im Jahr 2005 zu 41.167 Schülerinnen und Schülern im Jahr 2014; das entspricht anteilig an den Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf 9,52% im Jahr 2005 und 33,35% im Jahr 2014) (ebd.). Während an Grundschulen bereits seit längerem Anstrengungen zur Umsetzung von Inklusion unternommen werden – hier liegt die Inklusionsquote in NRW bei 46,9% vs. 29,9% in der Sekundarstufe – stehen viele weiterführende Schulen allerdings erst noch vor der Aufgabe, eine inklusive Beschulung zu realisieren (Klemm 2015). Dies bringt angesichts des Fachlehrerprinzips und eines stärker arbeitsteiligen Vorgehens für die beteiligten Professionellen besondere Herausforderungen für ihre intrainstitutionelle Kooperation ebenso wie für die interinstitutionelle Kooperation mit den Eltern mit sich. Eine Besonderheit NRWs ist dabei im Vergleich zu anderen Bundesländern, die eine Zweizügigkeit eingeführt haben (z.B. Bremen), eine starke Durchgliederung und Parallelstruktur mehrerer Schulformen in der Sekundarstufe: Neben den förderschwerpunktspezifischen Förderschulen können Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in NRW Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien, Gesamtschulen, Gemeinschaftsschulen, PRIMUS-Schulen (1-10), Sekundarschulen und Waldorf- oder andere Ersatzschulen besuchen (s. Tabelle 4).
 (a) Förderquoten insgesamt
In NRW sind die Förderquoten (= die relative Zahl der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf zur Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler), ähnlich wie in den meisten anderen Bundesländern und im Bundesdurchschnitt, trotz sinkender Schülerinnen und Schülerzahlen insgesamt angestiegen. Die Förderquote lag im Jahr 1991 (insgesamt 1.804.472 Schülerinnen und Schüler in der Primar- und der Sekundarstufe I) noch bei 4,4%, im Jahr 2015 dagegen (insgesamt 1.660.489 Schülerinnen und Schülern) bei 7,5% (vgl. MSW NRW 2015a &  MSW NRW 2016). Im letzten Jahr ist ein erneuter deutlicher Anstieg von 7,2 auf 7.5% erfolgt.
Die Anteile der einzelnen Förderschwerpunkte im Schuljahr 2015/2016 sind in Tab. 1 dargestellt.

Tabelle 1: Förderschwerpunkte im Schuljahr 2015/2016


Förderschwerpunkt

Förderquote

Lernen

31,0 %

Emotionale und soziale Entwicklung

23,3 %

Sprache

15,1 %

Hören und Kommunikation

4,0 %

Sehen

2,3 %

Geistige Entwicklung

16,4 %

Körperliche und motorische Entwicklung

7,8 %

Quelle: MSW NRW 2016

Während die Förderquoten innerhalb der einzelnen Förderschwerpunkte in der Zeit seit 1991 in Primar- und Sekundarstufe I mehr oder weniger konstant bleiben, ist im Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung seit 1991 ein kontinuierlicher Anstieg – insbesondere seit dem Schuljahr 2009 – festzustellen: In der Primarstufe stieg die Förderquote von 0,3% im Jahr 1991 auf 1,0% im Jahr 2009 (Steigerung: 0,7%) und dann auf 1,5% im Jahr 2014 (Steigerung 0,5%). In der Sekundarstufe ist dieser Anstieg noch deutlicher: Von 0,4% im Jahr 1991 auf 1,0% im Jahr 2009 (Steigerung 0,6%) und auf 1,7% im Jahr 2014 (Steigerung 0,7%) (vgl. MSW NRW 2015a, 72).

(b) Orte sonderpädagogischer Förderung
Die Inklusionsquote[1] der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf ist in NRW in allen Förderschwerpunkten sowohl in der Primar- als auch in der Sekundarstufe I seit 1991 kontinuierlich gestiegen (vgl. Tab. 2).

Tabelle 2 Inklusionsquoten in NRW (Prozentangaben)


Jahr

1994

...

1998

...

2003

...

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015*

Primarstufe

4,8

 

13,7

 

17,5

 

20,3

22,6

24,9

28,5

33,6

38,0

40,2

44,8

Sekundarstufe

1,1

 

2,5

 

4,4

 

8,1

9,1

11,1

14,0

18,4

23,9

30,0

35,3

Gesamt

2,5

 

6,7

 

9,2

 

12,9

14,6

16,7

19,8

24,6

29,6

34,0

39,1

Quelle: MSW NRW 2016; *prognostische Werte

Dabei differieren die Inklusionsquoten stark zwischen der Primarstufe und der Sekundarstufe I, auch bezogen auf die einzelnen Förderschwerpunkte innerhalb der beiden Stufen. So werden in den Förderschwerpunkten Sehen sowie Hören und Kommunikation prozentual mehr Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I inklusiv beschult als in der Primarstufe, während es sich in allen weiteren Förderschwerpunkten gegenteilig abbildet (vgl. Tab. 3)[2].

Tabelle 3 Inklusionsquoten nach Förderschwerpunkten im Jahr 2014 (Prozentangaben)

 

LE

ESE

SB

HK

SE

GG

KM

Primarstufe

66,3

51,7

32,7

21,9

15,4

18,4

34,8

Sekundarstufe I

35,1

38,3

54,8

32,5

30,8

3,6

19,8

Gesamt

42,4

43,3

38,3

25,8

20,0

8,1

26,4

Quelle: MSW NRW 2015a, 110

Die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf verteilen sich sehr ungleichmäßig in der Sekundarstufe I und werden vorrangig an Hauptschulen und Gesamtschulen inklusiv unterrichtet (vgl. Tab. 4). Die Gymnasien beteiligen sich, trotz ausdrücklichen politischen Willens auch zieldifferenter Beschulung in dieser Schulform in NRW, bis zu diesem Zeitpunkt noch wenig an der Aufgabe schulischer Inklusion. Die Daten für die neu gegründeten Gemeinschaftsschulen, Sekundarschulen sowie PRIMUS-Schulen sind aufgrund der kurzen Laufzeit noch nicht aussagekräftig.

Tabelle 4 Inklusionsquoten nach Schulform im Schuljahr 2015/2016 (Prozentangaben)


PRIMUS
-Schule

Hauptschule

Realschule

Sekundar-
schule

Gemein-schaftsschule

Gesamt-
schule

Gymnasium

Freie Waldorf-schule

0,1

11,0

5,4

3,6

0,5

12,8

2,1

0,7

Quelle: MSW NRW 2016

Parallel zum Anstieg der Inklusionsquoten wurden in NRW vor allem Förderschulen für den Förderschwerpunkt Lernen geschlossen bzw. mit anderen Schulen zusammengelegt. Insbesondere von 2014 bis 2015 ist eine gravierende Anzahl von Förderschulen Lernen geschlossen worden. Die Anzahl der Förderschulen für die weiteren Förderschwerpunkte bleibt hingegen über die Jahre stabil (vgl. Tab. 5).

Tabelle 5 Entwicklung der Anzahl der Förderschulen


Förderschwerpunkt der Schule

2002

2005

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

Lernen

326

 

326

 

318

317

310

306

284

249

180

Emotionale und soziale Entwicklung

97

 

101

 

103

103

102

102

103

99

94

Sprache

69

 

71

 

71

71

71

71

70

69

67

Hören und Kommunikation

18

 

15

 

15

15

15

15

15

13

13

Sehen

12

 

12

 

12

12

12

12

12

12

12

Geistige Entwicklung

111

 

115

 

115

115

116

117

116

116

116

Körperliche und motorische Entwicklung

34

 

34

 

36

36

36

36

36

35

35

Schule für Kranke

40

 

37

 

36

34

33

34

34

34

35

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gesamt

707

 

711

 

706

703

695

693

670

627

552

Eigene Darstellung nach: MSW 2016, 205

Die meisten Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf wechseln nach Abschluss der Sekundarstufe I in den berufsbildenden Bereich. Dabei kann zwischen allgemeinen Berufskollegs und Förderberufskollegs bzw. der Berufspraxisstufe für den Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung gewählt werden. Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf Lernen und Emotionale und soziale Entwicklung setzen ihre berufliche Bildung insbesondere an den Förderberufskollegs fort (vgl. MSW NRW 2015a).

 

4. Entwicklungen und rechtliche Steuerungen in NRW seit Ratifizierung der UN-BRK

NRW hat sich sowohl in Bezug auf die Schul- als auch übergreifend in Bezug auf die Sozialgesetzgebung zum Ziel gesetzt, als erstes Bundesland alle länderspezifischen gesetzlichen Grundlagen inklusiv ausgerichtet zu haben und „die Förderung und Stärkung inklusiver Lebensverhältnisse in Nordrhein-Westfalen sowie die Vermeidung der Benachteiligung behinderter Menschen“ zu erreichen (Inklusionsstärkungsgesetz 2015, § 1). Der Aktionsplan „Eine Gesellschaft für alle – NRW inklusiv“ beschreibt die Umsetzung der UN-BRK als einen Leitbildwechsel vom „Integrationsprinzip“ zum „Inklusionsauftrag“ und verortet Inklusion als gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe (vgl. Zwischenbericht zum Aktionsplan 2011). Dabei bildet die Ausformung der schulischen Bildung einen Teilaktionsplan in der Verantwortung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung (MSW). Der Entwicklungsweg der anderen Bereiche mündete in diesem Jahr in ein „Erstes allgemeines Gesetz zur Stärkung der Sozialen Inklusion in Nordrhein-Westfalen“, das sog. Inklusionsstärkungsgesetz. In diesem für die Träger der öffentlichen Belange gültigen Gesetz sind auf der Basis der UN-BRK rechtliche Grundsätze für NRW festgehalten, „die den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen fördern, schützen und gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde fördern“ (Inklusionsstärkungsgesetz §1). Alle Träger öffentlicher Belange sind – im Sinne gesellschaftlicher Vorbildfunktion – aufgefordert, die Ziele der UN-BRK im Rahmen ihres Zuständigkeits- und Aufgabenbereichs zu verwirklichen. Die zugrundeliegenden Werte sind im Sinne des Inklusionsstärkungsgesetzes, wie in § 1 ausgeführt wird, folgendermaßen gefasst:

„Von grundlegender Bedeutung für den Inklusionsprozess sind insbesondere
1. die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unabhängigkeit,
2. die Nichtdiskriminierung,
3. die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft,
4. die Achtung vor der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen und die Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit,
5. die Chancengleichheit,
6. die Zugänglichkeit, Auffindbarkeit und Nutzbarkeit,
7. die Gleichberechtigung von Mann und Frau,
8. die Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und die Achtung ihres Rechts auf Wahrung ihrer Identität“ (Inklusionsstärkungsgesetz 2015, §1).

4.1 Steuerungen und Entwicklungen auf der Ebene des Landes und seiner Gesetzgebung

Am 1. Dezember 2010 wurde im Landtag NRW der Antrag „UN-Konvention zur Inklusion in der Schule umsetzen“ beschlossen. Damit wurde der Rechtsanspruch auf Inklusion bzw. die Beschulung in der Allgemeinen Schule als Regelförderort unabhängig von einem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf grundgelegt und die Wahlmöglichkeit der Förderschule für die Eltern gleichzeitig beibehalten. Dieser Beschluss diente auch als Aufforderung an die Landesregierung, personelle und finanzielle Rahmenbedingungen für den Ausbau des Gemeinsamen Unterrichts in allen Schulformen zu schaffen, Transformationsprozesse durch eine breite Fortbildungsinitiative zu unterstützen, mit den Kommunen als Schulträgern eng zusammenzuwirken sowie zeitnah einen Inklusionsplan vorzulegen.
Im Dezember 2010 richtete das Ministerium für Schule und Weiterbildung (MSW) dazu eine „Projektgruppe Inklusion“ (mit Vertretung aller Abteilungen des MSW) ein. Darüber hinaus wurde ein „Gesprächskreis Inklusion“ (unter Beteiligung von Elternverbänden, Lehrerverbänden, Fachverbänden, Kirchen etc.) einberufen, welcher an allen konzeptionellen Überlegungen beteiligt wurde. Die „Projektgruppe Inklusion“ erhielt die Verantwortung zur Entwicklung von Maßnahmen zur Umsetzung eines inklusiven Bildungssystems sowie von Eckpunkten für ein Transformationskonzept zur Zukunft der sonderpädagogischen Förderung, Fortbildungen für Schulen, Koordinierung von Verbändebeteiligung, Barrierefreiheit und für übergreifende Fragestellungen zur Leistungs- und Kostenträgerschaft. Zudem bekam die Projektgruppe Inklusion den Auftrag, direkt den o.g. Landtagsbeschluss im Rahmen aller vorhandenen Möglichkeiten umzusetzen. Hierzu wurden u.a. gesetzliche Bestimmungen zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs geändert (VV § 37 AO-SF), wonach die Schulaufsicht in Abstimmung mit dem Schulträger angehalten wurde, dem Wunsch der Eltern nach integrativer Beschulung nachzukommen und dabei alle Schulformen im Sinne der Entwicklung einer inklusiven Bildungslandschaft mit einzubinden. Zur Planung konkreter Umsetzungsschritte „Auf dem Weg zur schulischen Inklusion in NRW“ wurden zwei zentrale Gutachten eingeholt, welche die Ausgangslage elaborieren und zielführende Entwicklungsschritte aufzeigen sollten (vgl. Klemm & Preuss-Lausitz 2011 und Werning & Lohse 2011, s.o.).

Das „Erste Gesetz zur Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention in den Schulen“ wurde im Oktober 2013 verabschiedet und trat zum 1. August 2014 in Kraft. Damit wurde festgeschrieben, dass das „Gemeinsame Lernen“ von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung in NRW per Gesetz der Regelfall ist.
Bezüglich der personellen Steuerungen (Lehrerstellen) wurde eine grundlegende Änderung vorgenommen. Während bis dahin in integrativen Modellen die Schülerinnen und Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung ihre sonderpädagogische Personalressource „mitbrachten“ und ggf. bei zieldifferenter Förderung noch ein Mehrbedarf an allgemeiner Lehrerstelle (für Integrative Lerngruppen maximal 10% einer allgemeinen Lehrerstelle pro zieldifferent zu förderndem Schüler oder Schülerin) geltend gemacht werden konnte, werden diese Schülerinnen und Schüler nun regulär an der besuchten Schule „gezählt“ und lösen – wie alle anderen Schülerinnen und Schüler der Schule auch - einen Stellenbedarf für Lehrkräfte der allgemeinen Schulformen aus. Die sonderpädagogische Stellenressource wird nun additiv hinzu gezählt und richtet sich nach folgenden Prinzipien:

 

Um mittelfristig eine nachhaltige Ausweitung inklusiver Beschulung bei gleichzeitigem Abbau von Sonderbeschulung erreichen zu können, sind Schulentwicklungsprozesse einschließlich umfassender Professionalisierungsmaßnahmen unumgänglich (Amrhein & Badstieber, 2013; Heinrich et al., 2013; Forlin 2012; Waitoller & Artiles, 2013). Nicht zuletzt durch die weiterhin bestehende Doppelstruktur führen die neuen personellen Regelungen dabei insbesondere zu einem erhöhten Bedarf an ausgebildeten Lehrkräften für sonderpädagogische Förderung: „In Nordrhein-Westfalen [steigt] das Angebot sonderpädagogischer Lehramtsstudiengänge an“ (Radhoff & Ruberg 2016, 60), die aktuelle Situation ist Tabelle 6 zu entnehmen. Die Landesregierung hat die Studienkapazitäten deutlich erhöht, neben den bisherigen Standorten Köln, Dortmund und Bielefeld wurden drei neue Studienstandorte (Paderborn, Siegen, Wuppertal) eingerichtet. Zusätzlich zu den bereits vorhandenen sind so bislang in hohem Umfang neue Studienplätze eingerichtet worden, Tendenz steigend: „70 Millionen Euro stellt das Wissenschaftsministerium bis 2018 für den Auf- und Ausbau von Studienplätzen für das sonderpädagogische Lehramt zur Verfügung. In den nächsten fünf Jahren sollen insgesamt bis zu 2.300 Studienplätze in Nordrhein-Westfalen neu geschaffen werden“ (MIWF NRW 2016).
Zur Abdeckung des kurzfristigen Bedarfs hat das MSW seit Februar 2013 zudem für Lehrkräfte allgemeiner Lehrämter die Möglichkeit eingerichtet, über eine bei den Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL) angesiedelte gesonderte berufsbegleitende Ausbildungsmaßnahme (VOBASOF) in einem Zeitraum von 18 Monaten zusätzlich das Lehramt für sonderpädagogische Förderung zu erwerben. Bis zum Jahr 2018 können in zehn Ausbildungsgängen bis zu 2500 Lehrkräfte entsprechend ausgebildet werden. Mit erfolgreicher Absolvierung kann ein Laufbahnwechsel in das Lehramt für sonderpädagogische Förderung mit der entsprechenden Besoldung vollzogen werden (vgl. Liedtke & Giersiefen 2013).
Für die Lehrerfortbildung werden im Rahmen einer groß angelegten landesweiten Maßnahme (9-12 Module) in mehreren Kohorten Lehrkräfte aller Lehrämter zu Moderatorinnen und Moderatoren für Inklusion fortgebildet, die in den 53 kommunal angesiedelten Kompetenzteams für Lehrerfortbildung Schulen für schulinterne Langzeitfortbildungen zur Verfügung stehen.
Darüber hinaus hat das Land für die kommunale Ebene Stellen zur inklusionsbezogenen Koordination (2x1/2 Stelle pro Schulamt seit 02/2011) und Fachberatung (1/2 Stelle pro Schulamt seit 08/2015) eingerichtet.

Neben dieser massiven Ausweitung der Sonderpädagogik – die unter dem Stichwort „Sonderpädagogisierung der Inklusion“ durchaus kritisch diskutiert wird (vgl. Hänsel & Miller 2014; Veber & Fischer 2016) – wurden auch für die allgemeinen Lehrämter Veränderungen im Lehrerausbildungsgesetz vorgenommen (LABG 2014). So wurde eine verbindliche Verankerung inklusionsbezogener Fragestellungen für alle Lehramtsstudiengänge in einem Umfang von 4-10 Leistungspunkten in den bildungswissenschaftlichen Studienanteilen und von insgesamt 10 Leistungspunkten in Fächern realisiert, die – z.T. gegen deutlichen Widerstand in den Fachwissenschaften – in den letzten Monaten zu Veränderungen in den Modulstrukturen und zur Ausschreibung einer Vielzahl entsprechend neu denominierter Stellen u.a. in den Fachdidaktiken führten.

Seit dem Schuljahr 2016/17 ist auch im Rahmen der Berufsschulpflicht eine gesetzliche Regelung getroffen: Das allgemeine Berufskolleg wurde zum Regelförderort erklärt. Außerdem wurden beamtenrechtliche Voraussetzungen für zur Besetzung von Funktionsstellen mit sonderpädagogischen Lehrkräften geschaffen: Diese können nun z.B. auch Funktions- oder Schulleitungsstellen an allgemeinen Schulen (Ausnahme: Gymnasium) übernehmen, was vorher in NRW nicht der Fall war.

Insgesamt gesehen hat das Land NRW den Rechtsanspruch auf inklusive Bildung auf verschiedenen gesetzlichen Ebenen verankert. Dies hat zu einer deutlichen Ausweitung des Gemeinsamen Lernens geführt. Rechts- und Verwaltungsvorschriften wurden und werden in Bezug auf Inklusion aktualisiert und angepasst. So gab es z.B. Veränderungen im Verfahren zur Feststellung des sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs (AO-SF), wobei das Land die Struktur der sonderpädagogischen Förderschwerpunkte beibehält (nach AO-SF §§4-8): Lernen (zieldifferent), Emotionale und soziale Entwicklung, Geistige Entwicklung (zieldifferent), Sprache, Körperliche und motorische Entwicklung, Hören und Kommunikation, Sehen. Inwieweit sich diese Maßnahmen auch auf den weiteren Systemebenen im Sinne einer zunehmend inklusiveren Praxis niederschlagen, wird im Folgenden thematisiert.

4.2. Steuerungen und Entwicklungen auf der Ebene der Region

Bedeutende Akteure auf regionaler Ebene sind in NRW die Obere (Bezirksregierung) und Untere Schulaufsicht (Schulämter für die Kommunen) sowie die Bezirksregierungen und die Kommunen als Schulträger. Analog zum MSW wurden auch auf der Ebene der fünf Bezirksregierungen jeweils eine „AG Inklusion“ eingerichtet. Auf der Ebene der Schulämter obliegt jeweils einer Schulrätin oder einem Schulrat die Generalie Inklusion, auf der operativen Ebene stehen Koordinatoren und Fachberatung für Inklusion zur Verfügung.
Gemeinsames Lernen wird an allgemeinen Schulen verschiedener Schulformen durch die jeweils zuständige Schulaufsicht unter Zustimmung des Schulträgers eingerichtet. Dabei obliegen dem Schulträger die Aufgaben der Schülerbeförderung der raum- und gebäudetechnischen Ausstattung der Einrichtung der Schulen. In der Regel gewähren Schulträger ihren Schulen ein Budget für das Gemeinsame Lernen, welches in der Aufbauphase höher ausfällt, um Erstausstattungen zu ermöglichen. Die konkrete Entscheidung über die Verausgabung obliegt zweckgebunden der Schule. Die Kommunen sind zudem Arbeitgeber für nicht-lehrendes Personal wie Schulsozialarbeit und Schulbegleitungen. Hier gibt es regional große Unterschiede zu beobachten. Derzeit steigt der Bedarf an Schulsozialarbeit stark an. [3]

Die Vertreterinnen und Vertreter der Schulaufsicht sind verpflichtet, Eltern von Kindern mit festgestelltem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf mindestens eine allgemeinen Schule mit Gemeinsamem Lernen vorzuschlagen, an der ihr Kind beschult werden kann (vgl. § 19 (5) SchG).
Die Schulaufsicht ist angehalten, bei ihren Beschulungsvorschlägen Einzelintegrationsmaßnahmen zu vermeiden, so dass Schülerinnen und Schüler und damit auch die sonderpädagogischen Personalressourcen an einzelnen Schulen gebündelt werden können. Die Schulleitung einer Sekundarstufenschule, an der Gemeinsames Lernen eingerichtet ist, kann im Einvernehmen mit dem Schulträger die durchschnittliche Klassengröße der fünften Klassen auf 27 Schülerinnen und Schüler begrenzen, sofern „rechnerisch pro Parallelklasse mindestens zwei Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf aufgenommen werden“ (§46(4) SchG).

Die sonderpädagogische Personalressource wird – nachdem die Bezirksregierung diese vom MSW erhalten hat – durch die Schulaufsichten auf die Förderschulen sowie die Standorte Gemeinsamen Lernens verteilt. Als Verteilungsschlüssel gelten die Vorgaben nach der Verordnung „Schüler je Stelle“ (§6 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG) für alle Förderschulen sowie für die Förderschwerpunkte Geistige Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung, Hören und Kommunikation und Sehen im Gemeinsamen Lernen. Für die Förderschwerpunkte Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung und Sprache im Gemeinsamen Lernen gilt ein Stellenbudget, welches nach systemischen Kriterien mit der Empfehlung einer halben Stelle pro Zug in der Grundschule und einer Stelle pro Zug in Schulen der Sekundarstufe I verteilt wird. Der Schulaufsicht werden hier entsprechende Spielräume für die Anpassung an die regionalen Gegebenheiten eingeräumt.
Vergleicht man diese Regelungen mit den Regelungen des Gemeinsamen Unterrichts oder der Integrativen Lerngruppen, so steht trotz aller Versuche der Landesregierung, die Bedarfe durch Ausweitung sonderpädagogischer Kapazitäten zu decken, durch die deutliche Ausweitung des gemeinsamen Lernens auf viele neue Standorte und damit verbunden einer Pluralisierung der Förderorte für die einzelne Lerngruppe i.d.R. deutlicher weniger sonderpädagogische Ressource zur Verfügung als in den integrativen Modellen. Dabei muss hier beachtet werden, dass die Schulen vormals für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf in der Regel keine allgemeine Stellenressource erhalten haben; dennoch bildet sich de facto ab, dass weniger spezifische sonderpädagogische Ressource vor Ort ist. Vormals war es Usus, dass Schulen mit Gemeinsamem Unterricht oder Integrativen Lerngruppen in der Regel eine Doppelbesetzung von allgemeiner und sonderpädagogischer Lehrkraft in den Kernfächern hatten. Dies ist nun kaum mehr möglich, und Schulen stehen vor der Aufgabe, ihre Konzepte zu überdenken und neu auszurichten (vgl. z.B. Krüger 2016, Meyer & Streese 2015).

Um die Schulen in diesem Schulentwicklungsprozess zu unterstützen, wurden – neben der o.g. Einrichtung von Koordinatorenstellen, Fachberatung und InklusionsmoderatorInnen – durch die Schulaufsicht sogenannte Hospitationsschulen (vormals Vorreiterschulen) benannt. Diese Schulen erhalten einige Entlastungsstunden und erfüllen dafür den Auftrag, interessierte Schulen bei ihrer Entwicklung zu beraten und für Hospitationen und Fragen zur Verfügung zu stehen.

4.3. Steuerungen und Entwicklungen auf der Ebene der Einzelschule 

Die Einzelschule als Entwicklungseinheit (Rolff, 2013) ist durch die rechtlichen Neuerungen und Umwälzungen auf Landesebene stark in der eigenen Positionierung und Entwicklung gefordert. Zunächst ist sie abhängig von den Entscheidungen der Schulaufsicht und des Schulträgers bzgl. der Einrichtung des Gemeinsamen Lernens am eigenen Standort und kann dies weder einfordern noch ablehnen. Auch bei der Aufnahme von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf ist die einzelne Schule abhängig von den Vorschlägen, die seitens des Schulamtes an die entsprechenden Schülerinnen und Schüler ergehen.
Für die konkrete Ausgestaltung des Gemeinsamen Lernens trägt sie dann jedoch die alleinige Verantwortung. Durch die neuen Regelungen auf Landesebene und die veränderten Ressourcenzuteilungen müssen zum Teil etablierte Konzepte neu überarbeitet werden. Dies betrifft auch Schulen mit lange entwickelten Strukturen für den Gemeinsamen Unterrichts oder Integrative Lerngruppen (vgl. Krüger 2016, Meyer & Streese 2015). Neben Fragen zur Klassenbildung sind auch Fragen der Kooperation in multidisziplinärer werdenden Kollegien zu klären. Insgesamt sind Rollen, Kommunikations- und Teamstrukturen zu überdenken und neu zu entwickeln (vgl. Lütje-Klose & Urban 2014), das gilt insbesondere auch für die Rolle der sonderpädagogischen Lehrkräfte (vgl. Lütje-Klose & Neumann 2015). Erschwerend für langfristig gedachte Entwicklungen ist hier in NRW, dass die Lehrkräfte für Sonderpädagogik zu einem Großteil im Status der Abordnung für ein Jahr an den allgemeinen Schulen tätig sind. Perspektivisch sollen sie – wie bereits vorher in vielen Grundschulen mit Gemeinsamem Unterricht – fest zum Kollegium der allgemeinen Schule gehören.
Auch die Veränderungen im Feststellungsverfahren des sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs (siehe Kap. 4.5.) und die damit verbundenen Verfahrensbeantragungen, die nicht mehr durch die Schulen, sondern nunmehr durch die Eltern erwirkt werden, verändern schulische Praktiken. Grundlegend muss zudem jede Einzelschule ihre Raumsituation überdenken und ggf. neue Raumkonzepte entwickeln (Hammon i.E.).

4.4. Steuerungen und Entwicklungen auf der Ebene des Unterrichts

 

Auf der Ebene des Unterrichts sind die Lehrkräfte gefordert, diesen im Spannungsfeld zwischen Individualisierung und Gemeinschaft, Entwicklungsorientierung und Sachorientierung, Schülerorientierung und Lehrerorientierung (vgl. Eckhardt, 2010) inklusiv auszurichten. Eine Überarbeitung der Schulcurricula unter Berücksichtigung der Bildungsgänge Lernen und Geistige Entwicklung wäre hier dringend erforderlich. Die curricularen Vorgaben in NRW geben bisher keine Anhaltspunkte für kompetenzorientiertes Lernen in diesen beiden zieldifferenten Bildungsgängen, es gibt lediglich den Auftrag, sich an den Vorgaben für die Grund- und Hauptschulen zu orientieren. So stellen sich für viele Lehrkräfte Fragen nach den Lernzielen bzw. zu erreichenden Kompetenzen für Schülerinnen und Schüler in zieldifferenten Bildungsgängen. Auch die Art der Leistungsbewertung und die etwaige Gewährung von Nachteilsausgleichen stellen Lehrkräfte im alltäglichen Unterricht vor neue Herausforderungen. Handreichungen zur Gewährung von Nachteilsausgleichen oder Zusammenstellungen zu den rechtlichen Vorgaben für die Leistungsbewertungen liegen auf abstrakter Ebene vor und müssen für den täglichen Unterricht individuell ausgeformt werden.
In Kap. 5 werden beispielhafte Praxen aus Grundschulen und weiterführenden Schulen in NRW dargestellt.

4.5. Steuerungen und Entwicklungen auf der Ebene der Schülerin /des Schülers

 

Die vorrangig mit dem 9. Schulrechtsänderungsgesetz veränderten rechtlichen Grundlagen in NRW haben den Elternwillen für ihre Kinder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf insofern gestärkt als Eltern nun für ihr Kind zwischen der Beschulung an einer Schule mit Gemeinsamem Lernen und einer Förderschule wählen können. Die Wahl einer konkreten Schule ist damit allerdings nicht verbunden, und es kann sein, dass die nächstgelegene Schule keine Schule gemeinsamen Lernens ist und der Schüler bzw. die Schülerin somit nicht mit den Nachbarkindern gemeinsam eine Schule besuchen kann.
Weiterhin sind die Eltern nun diejenigen, die in der Regel den Antrag auf Eröffnung eines Überprüfungsverfahrens zur Feststellung des sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs stellen (AO-SF 2014). Vormals war es dagegen in den meisten Fällen die Schule, die diesen Antrag stellte - auch gegen der Willen der Eltern. Die Schule kann den Antrag weiterhin in zwei Ausnahmefällen stellen: wenn zieldifferente Beschulung nötig wird oder wenn ein mit Fremd- und Selbstgefährdung einhergehendes Verhalten auftritt. In der Regel kann ein Antrag auf Feststellung des Förderbedarfs nunmehr nur noch zwischen dem 3.-6. Schuljahr gestellt werden. Insbesondere für den Förderschwerpunkt Lernen ist eine formale Feststellung in den ersten beiden Schuljahren nicht vorgesehen.
Mit der Feststellung eines sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs schlägt die Schulaufsicht den Eltern für ihr Kind mindestens eine allgemeine Schule vor, an der ein geeignetes Angebot des Gemeinsamen Lernens eingerichtet ist. Weiterhin kann die Schulaufsicht in Ausnahmefällen eine Förderschule statt der allgemeinen Schule oder die allgemeine Schule statt der Förderschule festlegen. Somit ist – im Widerspruch zur Betonung des Elternwillens – in Ausnahme- und Zweifelsfällen immer noch eine entsprechende Zuweisung zu einem Förderort und damit eine Entscheidung gegen den Willen der Eltern möglich.

5. Beispielhafte Praxen

Beispielhaft wird im Folgenden das Gemeinsame Lernen an ausgewählten Grundschulen und weiterführenden Schulen anhand der Erfahrungen von Bielefelder Hospitationsschulen vorgestellt, die sie im Rahmen einer Informationsveranstaltung für Eltern in der Region vorgestellt haben[4]. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die beschriebenen Ausstattungsbedingungen in den einzelnen Regionen NRWs stark variieren.

5.1 Grundschulen

In der Region Bielefeld ist aktuell an 19 von 46 Grundschulen Gemeinsames Lernen eingerichtet, einige dieser Schulen arbeiten bereits seit 30 Jahren integrativ. Die meisten dieser Grundschulen bilden derzeit in ihren Jahrgängen einzelne Schwerpunktklassen des Gemeinsamen Lernens, in denen pro Klasse etwa 18-20 Kinder ohne und 6 Kinder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf gemeinsam unterrichtet werden. In einzelnen Schulen werden die Kinder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf auch auf alle Klassen des Jahrgangs verteilt. Mit veränderter Rechtslage (Feststellungsverfahren erst ab Klasse 3, siehe Kap. 4.5; veränderte Ressourcenzuweisung, siehe Kap. 4.1) wird sich diese Praxis voraussichtlich erweitern.
Lehrerteams von Grundschullehrkräften und sonderpädagogischen Lehrkräften führen die Schülerinnen und Schüler durch den gemeinsamen Schulalltag, so dass in Schulen, die Kinder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf in einer Lerngruppe bündeln, vielfach in der Hälfte bis hin zu den meisten Unterrichtsstunden zwei Lehrkräfte in gemeinsamer Verantwortung arbeiten. In Schulen, die Kinder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf über den Jahrgang verteilt unterrichten, kommt die sonderpädagogische Expertise allen Schülerinnen und Schülern eines Jahrgangs zugute und kann präventiv und systemisch eingesetzt werden, steht in der einzelnen Lerngruppe aber entsprechend in deutlich geringerem Umfang zur Verfügung. Dabei ist der jeweilige Bedarf in den einzelnen Gruppen im Jahrgangs- und Schulteam abzustimmen.
Unterrichtlich werden in Grundschulen mit gemeinsamem Lernen Möglichkeiten zur individuelleren Begleitung bei Lernaufgaben und Partner- und Gruppenarbeiten geschaffen, wobei fast immer alle gemeinsam in einem Klassenraum sind. Gleichwohl gibt es auch Möglichkeiten zur Kleingruppenbildung. Die Bearbeitung gemeinsamer Themen mit unterschiedlichen Zugängen und Anforderungsniveaus, offenen Aufgaben mit verschiedenen Lösungswegen, Werkstattarbeit, Stationen oder Wochenpläne prägen den gemeinsamen Schulalltag. Für alle Kinder geht es im Alltag darum, angemessene Leistungsanforderungen zu bewältigen, wobei individuelle Lernziele auf der Basis von Förderplänen bearbeitet werden.
Die Grundschulen benennen für sich die Entwicklungsaufgabe, die ganze Schule als Schule mit Gemeinsamem Lernen zu entwickeln, wozu auch die Zusammenarbeit zwischen Ganztag und Schule gehört, um die Chancen des Gemeinsamen Lernens und des gegenseitiges Helfens und Unterstützens zu optimieren. Damit ist die Übernahme von Verantwortung für andere – auch unter den Schülerinnen und Schülern – gewährleistet und es ergeben sich viele Chancen zur Weiterentwicklung sozialer Kompetenzen: Die Akzeptanz von Eigenarten, Grenzen und Einschränkungen, Konflikte lösen lernen, das Erkennen und Annehmen eigener Stärken und Schwächen und schließlich die Empfindung, dass Verschiedenheit ein Gewinn für alle ist, kennzeichnen das Miteinander.

5.2 Sekundarstufenschulen

Eine Reihe von Sekundarstufenschulen in NRW verfügen über langjährige Erfahrungen mit dem Gemeinsamen Lernen: Es bestehen seit 1990 Integrative Lerngruppen mit Doppelbesetzungen durch allgemeine und sonderpädagogische Lehrkräfte und mit sozialpädagogischer Begleitung insbesondere an Gesamtschulen und Hauptschulen. Darüber hinaus haben weitere Sekundarstufenschulen Erfahrungen gesammelt mit der Einzelintegration zielgleich zu beschulender Schülerinnen und Schüler. So bieten z.B. in der Stadt Bielefeld bieten 18 Sekundarstufenschulen Gemeinsames Lernen an: alle Realschulen, drei von vier Gesamtschulen, vier von elf Gymnasien, eine Sekundarschule und die Laborschule. In den Bielefelder Sekundarstufenschulen sind zwei Formen des Gemeinsamen Lernens zu finden, die sich darin unterscheiden, dass innerhalb eines Jahrgangs einzelne Klassen des Gemeinsamen Lernens gebildet werden oder dass sich in allen Klassen des Jahrgangs Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf befinden.
Beim ersten Modell werden in den Klassen des Gemeinsamens Lernens – analog zum Vorgehen in den Grundschulen – in der Regel sechs Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf in einer Gruppe von bis zu 27 Schülerinnen und Schüler zusammen unterrichtet. Der Unterricht ist zu ca. 50 % doppelt besetzt durch eine allgemeine Lehrkraft plus einer sonderpädagogischen Lehrkraft oder einer sozialpädagogischen Fachkraft. Zur Bündelung der Kompetenzen gibt es multiprofessionelle Klassenleitungsteams. Die Förderung der Schülerinnen und Schüler wird als ein langfristiger pädagogischer Prozess verstanden, durch Differenzierungen ergeben sich individuelle Schullaufbahnen. Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf besuchen ab der 9. Jahrgangsstufe Schülerbetriebe, in denen sie lebenspraktische Kenntnisse und Fertigkeiten sowie vereinfachte fachbezogene Kompetenzen erwerben.
Im zweiten Modell des Gemeinsamen Lernens werden die Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf auf alle Klassen des Jahrgangs verteilt. Die Lehrkräfte der allgemeinen Schulform bilden zusammen mit den sonderpädagogischen Lehrkräften ein festes Jahrgangsteam, das im Sinne eines multiprofessionellen Teams ggf. ergänzt wird durch sozialpädagogische Fachkräfte, Schulbegleiterinnen oder Schulbegleiter etc. Bei diesem Modell gibt es eine phasenweise und bedarfsorientierte Doppelbesetzung der Klassen, phasenweise Kleingruppenarbeit aller zieldifferent zu unterrichtenden Schülerinnen und Schüler im Jahrgang sowie gemeinschaftliche, binnendifferenzierte Förderung im Klassenunterricht.
Bezüglich der Abschluss- bzw. Anschlussplanung werden bei beiden Modellen für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf individuelle Übergangsempfehlungen in Kooperation mit der Agentur für Arbeit entwickelt und begleitet. Alle Schülerinnen und Schüler erhalten entweder einen regulären Schulabschluss oder den Abschluss eines zieldifferenten Bildungsgangs.
Zentrale Gelingensbedingungen für Inklusion in Sekundarstufenschulen sind aus der Sicht der Bielefelder Schulen eine pädagogisch verantwortbare Passung zwischen der Anzahl der aufzunehmenden Schülerinnen und Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung und die zur Verfügung gestellten Personalressourcen. In Bezug auf die schulgesetzlich geregelte durchschnittliche Klassengröße von 27 Schülerinnen und Schülern für Schulen Gemeinsamen Lernens ist dringend geboten zu berücksichtigen, dass diese Anzahl nicht nur für den Aufnahmeprozess in Klasse 5 gültig ist, sondern über die Jahrgänge – auch rechtlich – verstetigt wird. Das neue Stellenbudget für die Förderschwerpunkte Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung und Sprache sollte nicht zu einer verschlechterten Ausstattung der Schulen mit sonderpädagogischen Lehrkräften führen – dies ist de facto jedoch bislang der Fall. Bezüglich der räumlichen Ausstattung ist es geboten, diese neu zu denken und auszurichten. Auch eine Ausweitung von Schulsozialarbeit und Schulpsychologie ist, wie die Schulen betonen, dringend erforderlich. Insgesamt sollte bei der Umsetzung von Inklusion in der Sekundarstufe aus Sicht der beteiligten Schulen der Auftrag der Inklusion mit dem Bildungsauftrag der jeweiligen Schulform vereinbar sein.

6. Quo vadis, NRW?

Die Entwicklung inklusiver Schulen in NRW ist ein komplexes Unterfangen, welches sich auf den unterschiedlichen Handlungsebenen abspielt, die aufeinander angewiesen und miteinander verwoben sind. Das Land hat in den letzten Jahren nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch konzeptionelle und gesetzgeberische Maßnahmen in die Weiterentwicklung der verschiedenen gesellschaftlichen Teilbereiche und insbesondere des Schulsystems auf dem Weg zur Inklusion investiert. Dabei lassen sich auf allen Ebenen „top-down“ und „bottom-up“ Prozesse beschreiben, aber auch unbeabsichtigte Nebeneffekte und Desiderata benennen
Spielt man das Modell des Gemeinsamen Lernens „bottom-up“, ausgehend vom einzelnen Kind, durch, wäre es u.a. wünschenswert, wenn für die Eltern die echte Wahl einer inklusiven Schule in Wohnortnähe realisiert würde, um Exklusionsprozesse z.B. mit Blick auf die Kinder in der Nachbarschaft zu vermeiden. Die Sicherstellung individuell angemessener Entwicklungsbedingungen bei pauschaler Ressourcenzuweisung stellt angesichts insgesamt knapper spezifischer Ressourcen – insbesondere in den ersten Schuljahren, in denen noch kein Förderbedarf festgestellt werden darf – für die Förderschwerpunkte Lernen, Sprache und Emotionale und soziale Entwicklung nach wie vor ein ungelöstes Problem dar.
Auf der Ebene des Unterrichts ist die Verwirklichung individualisierter Lernprozesse in der Gemeinschaft und zudem die Möglichkeit, ebenso eine individualisierte Leistungsbewertung vornehmen zu können, ein noch bei weitem nicht überall erreichtes Ziel. Hier sind die Rechtsvorgaben noch sehr starr gehalten, und ein inklusives Unterrichten erlaubt in NRW bisher noch  wenige Möglichkeiten inklusiven Bewertens (Streese et al. 2017).
Für die Handlungsebene der Einzelschule müssten verlässliche und kontinuierlich vorhandene multidisziplinäre Personalressourcen zur Verfügung stehen. Zudem sollten für alle Schulen auf dem Weg der inklusiven Entwicklung individualisierte, langfristige und auf Nachhaltigkeit angelegte, an den individuellen Bedarf angepasste Fortbildungen und für Inklusion kompetente Schulentwicklungsbegleitung angeboten werden.
Für Entwicklungen in den Regionen wäre es ratsam, Kommunen als Schulträgern Unterstützung für die regionale Schulentwicklungsplanung an die Hand zu geben. Zudem sind die schulaufsichtlichen Strukturen und Zuständigkeiten zu überdenken und regional auszurichten. Eine Vielzahl vorhandener Zuständigkeiten und/oder Doppelstrukturen in NRW lassen derzeit Entscheidungen und Prozesse langwierig werden. Das Beharren auf schulformbezogene Zuständigkeiten in alter Tradition hat sich mit der Entwicklung zur inklusiven Schule spätestens jetzt überholt. Dem Land ist noch mehr Mut zu wünschen für politische Beschlüsse, die Doppelstrukturen abbauen und einen gezielteren Einsatz der finanziellen und personellen Ressourcen ermöglichen würden.

Neben der schulischen Ebene ist dabei auch die Sozialgesetzgebung und kommunale Umsetzung von großer Bedeutung. Im öffentlichen Raum wird sich zur Umsetzung des rechtlichen Auftrags Inklusion insgesamt, insbesondere auf kommunaler Ebene, noch viel entwickeln müssen: Die Umformung von Formblättern in leichte Sprache, die Sicherstellung der Möglichkeit zur autonomen aktiven Ausübung des Wahlrechts, die selbstverständliche Nutzung von Kommunikationshilfen, die Prüfung des Öffentlichen Personennahverkehrs hinsichtlich der Barrierefreiheit – um nur einige Beispiele zu nennen.
Um die Prozesse zu stützen und in ihrer Entwicklung zu beobachten, wird auf Landesebene ein Inklusionsbeirat eingerichtet, der wiederum durch die Monitoringstelle des Bundes unterstützt wird.
Die Strukturen in Bezug auf mögliche Exklusionsrisiken zu reflektieren ist ein notwendiger Prozess, der auf allen genannten Ebenen entsprechend stattfinden muss. Alle Akteure des öffentlichen Raums – Kommunen wie Schulen – sind gefordert und das Land muss für das öffentliche Personal weiterhin in entsprechende Schulungen, Unterstützungen bzw. Fortbildungen investieren, damit die Weiterentwicklung auf dem Weg zu einem inklusiven Bildungs- und Gemeinwesen auf den verschiedenen Ebenen gelingen kann.

7. Literatur

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LABG NRW (2016). Gesetz über die Ausbildung für Lehrämter an öffentlichen Schulen (Lehrerausbildungsgesetz - LABG) Vom 12. Mai 2009 (GV. NRW. S. 308), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310). https://www.schulministerium.nrw.de/docs/Recht/LAusbildung/LABG/LABGNeu.pdf
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Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW (2014): Auf dem Weg zur Inklusiven Schule in NRW. Das „Erste Gesetz zur Umsetzung der VN- Behindertenrechtskonvention in den Schulen“  (9. Schulrechtsänderungsgesetz) und begleitende Maßnahmen, April 2014
Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW (2015a): Sonderpädagogische Förderung in NRW. Statistische Daten und Kennziffern zum Thema Inklusion – 2014/15
Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW (2016): Das Schulwesen in Nordrhein-Westfalen aus quantitativer Sicht. 2015/16. Statistische Übersicht Nr. 391. 1. Auflage. 16. September 2016. Verfügbar unter: https://www.schulministerium.nrw.de/docs/bp/Ministerium/Service/Schulstatistik/Amtliche-Schuldaten/Quantita_2015.pdf [03.10.2016]
Rolff, Hans-Günter. (2013). Schulentwicklung kompakt. Pädagogik: Schulleitung, Schulentwicklung. Weinheim [u.a.]: Beltz.
Serke, B., Lütje-Klose, B., Kurnitzki, S., Pazen, C. & Wild, E. (2015): Gelingensbedingungen der sozialen Partizipation von SchülerInnen mit Lernbeeinträchtigungen in inklusiven Grundschulklassen – ausgewählte Ergebnisse von Gruppendiskussionen in Lehrerkollegien. Schnell, I. (Hrsg.): Zur Logik der Widrigkeiten – Theoriefundamente der Inklusion. 28. Internationale Jahrestagung der Integrations-, Inklusionsforscher und -forscherinnen (S. 253-267). Bad Heilbrunn: Klinkhardt. 
UNESCO (1994): Final Report: World Conference on special needs education – Access and Quality. Paris: UNESCO.
UNESCO (2005). Guidelines for Inclusion: Ensuring Access to Education for All. Paris: UNESCO.
UNESCO (2009). Policy Guidelines on Inclusion in Education. Paris: UNESCO.
UNICEF (2013). The State of the Worldʼs Children. Report on Children with Disabilities. New York: UNICEF.
United Nations (2006). United Nations Convention on the Rights of Persons with Dis­abilities. Verfügbar unter: http://www.un.org/esa/socdev/enable/rights/convtexte.htm [31.3.2016].
Veber, M. & Fischer, C. (2016). Individuelle Förderung in Inklusiver Bildung – eine potenzialorientierte Verortung. In B. Amrhein (Hrsg.), Diagnostik im Kontext inklusiver Bildung. Theorien, Ambivalenzen, Akteure, Konzepte (S. 98–117). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

 


[1] In den Veröffentlichungen zu statistischen Daten und Kennziffern des Landes NRW wird der Anteil gemeinsam beschulter Kinder mit Förderbedarf  als „Integrationsquote“ bezeichnet. Dem dieser Übersicht zugrundeliegenden Verständnis nach wird diese dennoch im Text als Inklusionsquote bezeichnet. Die Statistiken können dabei nur quantitative Aussagen über die Platzierung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf in unterschiedlichen Institutionen treffen und nicht über die Qualität der Förderung vor Ort.

[2] Zahlen zum Schuljahr 2015/2016 waren zum Zeitpunkt der Einreichung noch nicht vollständig vorliegend.

[3] Ein großes Hemmnis für eine zügige Entwicklung eines inklusiven Schulsystems scheinen die zum Teil ungeklärten finanziellen Zuständigkeiten, welche im sogenannten „Konnexitätsprinzip“ verhandelt werden. Ein Teil der nordrhein-westfälischen Kommunen hat im Sommer 2015 Verfassungsbeschwerde bzgl. der Finanzierung schulischer Inklusion eingereicht. Ein Urteil steht bis dato aus.

[4]vgl. Hospitationsgrundschulen und -sekundarstufenschulen Bielefeld 2015