Lisa Rosen, Lucia Sehnbruch & Bünyamin Werker:Herausforderungen der theoretischen Anschlussfähigkeit der sogenannten Neuen Autorität an die didaktische Grundlegung und das Rahmenkonzept der „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“

Abstract: Als die „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“ sich für die sogenannte Neue Autorität nach Haim Omer (Omer & Schlippe 2004, 2010) zu interessieren begannen, haben wir diesen Impuls als wissenschaftliche Leitung aufgegriffen und nach Anschlussmöglichkeiten zur didaktischen Grundlegung der Heliosschulen (inklusive Didaktik nach Kersten Reich 2014) sowie des schulischen Rahmenkonzeptes (vgl. Reich, Asselhoven & Kargl 2015) gefragt. Diese theoretische Spurensuche ist Gegenstand unseres Beitrages: Wir beleuchten zunächst diese beiden zentralen Schriften im Schulgründungs- und -planungsprozess mit Blick auf die pädagogische Beziehungsgestaltung. Dabei arbeiten wir das interaktionistische Verständnis schulischer Bildungsprozesse und den damit verbundenen, immanenten Verweis auf die erziehungswissenschaftliche Kategorie der Anerkennung (Balzer 2019) heraus. Um dann Verbindungen zum Konzept der sogenannten Neuen Autorität aufzuzeigen, stellen wir dieses zunächst dar und diskutieren theoretische Passungen sowie Kritikpunkte. Im Fazit richten wir den Blick auf weitere, insbesondere empirische Schritte dieses ko-konstruktiven Forschungsprozesses zur Beziehungsgestaltung im inklusiven Schulalltag der „Heliosschulen“.

Stichworte: Anerkennung, Inklusion, Machtasymmetrien, Pädagogische Beziehungen, Universitätsschule

Inhaltsverzeichnis

  1. Beziehungsgestaltung in der didaktischen Grundlegung und im Rahmenkonzept der „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“ – eine theoretische Spurensuche
  2. Die sogenannte Neue Autorität: Anschlüsse an die didaktische Grundlegung und das Rahmenkonzept der „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“
  3. Ausblick
  4. Literatur
     

Einleitung

„Für uns bedeutet das Leben und Lernen an der Heliosschule besonders eines:
Vertrauen schaffen in das, was im Leben gelingen kann, und in Beziehungen,
die Sicherheit geben und Perspektivwechsel ermöglichen.“ (Ernst & Hensel 2019, S. 6)

Ausgangspunkt unseres Beitrages bildet ein Impuls aus dem pädagogischen Alltag der „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“, den wir als wissenschaftliche Leitung aufgegriffen und zum Gegenstand einer zunächst theoretischen Auseinandersetzung gewählt haben: Im Frühjahr 2019 haben die beiden Teams der Grund- und der Gesamtschule auf Initiative der Primarstufe eine halbtägige Fortbildung zur sogenannten Neuen Autorität nach Haim Omer (vgl. exemplarisch Omer & Schlippe 2004, 2010) besucht. In einem der regelmäßig stattfindenden Gespräche berichteten die beiden Schulleitungen, dass diese Fortbildung ein wichtiges Moment im Aufbau der beiden Schulen hinsichtlich der Beziehungsgestaltung im pädagogischen Alltag sei. Sie solle auch eine gemeinsame pädagogische Orientierung der bis zur Fertigstellung des Schulneubaus (voraussichtlich im Jahr 2024) zurzeit an zwei Interimsstandorten getrennt voneinander arbeitenden Teams ermöglichen. Es ginge also nicht nur um den Inhalt dieser Fortbildung, sondern auch darum, die im Tagesgeschäft bislang kaum zusammenkommenden Lehrkräfte beider Schulen zu versammeln und die Zusammenarbeit an einem Thema anzuregen, das als Querschnittsaufgabe eingestuft wurde. Damit wurde zum einen unser grundsätzliches Interesse an der Beziehungsgestaltung im inklusiven Alltag beider Schulen geweckt, „die macht(re)produktive[n] Seiten“ der erziehungswissenschaftlichen Kategorie Anerkennung sowie das Verständnis von Anerkennung als Adressierung und damit als Strukturmerkmal pädagogischer Beziehungen eingeschlossen (Balzer 2019, S. 5). Zum anderen fragten wir uns mit Blick auf die „Neue Autorität“, worin die Verbindung zum Rahmenkonzept der „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“ (Reich, Asselhoven & Kargl 2015) als auch der dafür grundlegenden inklusiven Didaktik nach Kersten Reich (2014) bestehen könne; eine Verbindung, die aus der Praxis beider Schulen heraus hergestellt bzw. gesehen wird, und von uns in diesem Beitrag in Form einer theoretischen Spurensuche nachvollzogen wird. Dazu werden wir wie folgt vorgehen: Zunächst beleuchten wir zwei zentrale theoretische Schriften im Schulgründungs- und -planungsprozess. Um Verbindungsmöglichkeiten zum Konzept der sogenannten „Neuen Autorität“ aufzuzeigen, stellen wir dieses zunächst dar und diskutieren theoretische Passungen sowie Kritikpunkte. Im Fazit werden wir diesen ersten Schritt eines ko-konstruktiven Forschungsprozesses kontextualisieren und weitere, insbesondere empirisch-rekonstruktive Schritte darlegen.

1. Beziehungsgestaltung in der didaktischen Grundlegung und im Rahmenkonzept der „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“ – eine theoretische Spurensuche

Im ersten Teil unserer theoretischen Spurensuche gehen wir in zwei Schritten vor: In Kapitel 1.1 richten wir den Fokus auf die inklusive Didaktik des Kulturtheoretikers und Erziehungswissenschaftlers Kersten Reich (2014). Es handelt sich um die didaktische Grundlegung im Schulplanungs- und -gründungsprozess der „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“. Wir möchten der theoretischen Situierung dieser Didaktik näher auf den Grund gehen, uns vor allem aber auch intensiv mit zwei der zehn darin entwickelten Bausteine auseinandersetzen, nämlich „Beziehungen und Teams“ sowie „Demokratische und chancengerechte Schule“ befassen (vgl. Reich 2014, S. 63-133). In Kapitel 1.2 fokussieren wir auf das Rahmenkonzept der „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“ (Reich et al. 2015), welches auf der inklusiven Didaktik aufbaut und von verschiedenen Akteur*innen aus Wissenschaft und pädagogischer Praxis erstellt wurde. In diesem Rahmenkonzept werden die Bausteine der inklusiven Didaktik nicht eins zu eins übernommen, sondern in Leitlinien überführt und verschiedene, für die pädagogische Ausrichtung der Schulen relevante Aspekte vertieft, weitergedacht, differenziert oder aus konkreteren Praxisbezügen heraus weiter erörtert. Im Blick auf die Inhalte dieser Leitlinien, ebenso insgesamt zehn an der Zahl, werden wir uns mit den Leitlinien „Beziehungs- und Teamschule“ (Reich et al. 2015, S. 76-81) und „Partizipation, Demokratie und offene Schule“ (ebd., S. 42-50) auseinandersetzen. Wenngleich immer auch aus unterschiedlichen Perspektiven gedeutet, lässt sich hier überblicksartig für unsere theoretische Spurensuche festhalten, dass die Begriffe Beziehung und Demokratie pädagogische Grund- und Leitmotive der Schulkonzeptionierung bilden und gerahmt sind von einem interaktionistischen Verständnis schulischer Bildungsprozesse; diesem ist der Bezug auf die erziehungswissenschaftliche Kategorie der Anerkennung immanent, insofern sie ebenso darauf verweist, „dass Menschen unhintergehbar der Anderen bedürfen, um ein Selbst werden und sein zu können“ (Balzer 2019, S. 6). Dabei werden die Anerkennungsverhältnisse der pädagogischen Beziehungen überwiegend normativ, „als qualitativ wertvolle Verhältnisse und Interaktionen, die es zu realisieren gilt“ gedacht (ebd., S. 3; Herv. i.O.).
Mit Blick auf die folgenden Ausführungen ist uns vorab wichtig festzuhalten, dass es sich bei der von uns rekonstruierten Zusammenschau theoretischer Fragmente weder um das schulische Leitbild noch um das Schulprogramm handelt.

1.1 Spurensuche in der didaktischen Grundlegung (inklusive Didaktik nach Kersten Reich)

„gehört mindestens, dass Lehrende z.B. ein auf reflektierter Selbsterfahrung basierendes Grundverständnis ihrer Beziehungsmuster, ihrer emotionalen Vorlieben in Beziehungen, unbewusster Motive im Umgang mit Menschen, ihrer Verhaltens- und Abwehrstrategien entwickeln, um sich selbst beobachten zu lernen und Selbstkritik als Möglichkeit zu Verhaltensänderungen zu erreichen. Eine beziehungsorientierte Didaktik macht es erforderlich, ständig über sich selbst in Beziehungen zu reflektieren. Dies aber kann nur erreicht werden, wenn man sich in Interaktion mit anderen erlebt, reflektiert, Feedback erhält“ (Reich 2004, S. 9).
Von zentraler Bedeutung ist vor allem „beziehungsmutig“ (Reich 1998 a, S. 192) zu sein: „[O]hne Begehren, ohne Mut, ohne die Einsicht, bei uns selbst anzufangen, werden wir in der Gegenwart kaum etwas bewegen können“ (Reich 1998 a, S. 193). Wesentlich für die an systemischen Sichtweisen orientierte Beziehungsdidaktik (vgl. detaillierter Reich 2002 a, S. 257f.; Reich 2002 b)[1] ist dabei die Herauslösung der „Kindheit aus einer alleinigen Zuschreibung des beobachtenden Erwachsenen“ (Reich 2002 a, S. 257)[2]. Auf die Schulpraxis übertragbar setzt die konstruktivistische Sicht „auf Beobachtervielfalt und Toleranz, (…) akzeptiert die Einmaligkeit von Ereignissen und die Singularität, Individualität und Unterschiedlichkeit von Menschen. Damit sind auch Kinder als Beobachter zugelassen, und was als naiv erscheint, ist stets ein Konstrukt des Erwachsenen“ (Reich 1998 c, S. 23).[3] Im systemisch-konstruktivistischen Lernverständnis Reichs wird Lehren und Lernen dabei als Prozess gesehen, an dem Schüler*innen und Lehrkräfte beidseitig aktiv mitwirken, „ihre Wirklichkeit und damit ihr Wissen ›konstruieren‹“ (Reich 2010, S. 42). Die Nachhaltigkeit des Lernens situiert sich in weitflächig in der Lernumgebung angelegten Emotionen: „in den Beziehungen der Lernenden untereinander, zu den Lehrenden, zur zeitlichen, räumlichen, kulturellen, sozialen Umgebung, im Erscheinen des Problems in einer Situation, dem Ereignis, seiner Relevanz und Bedeutung“ (Reich 2010, S. 45). Die Konstruktionsarbeit des Lernens, die eigenes Erfahren, (Er)forschen, Untersuchen, Experimentieren fördert und dazu anregt, individuelle sowie soziale Motivations-, Interessens- und Gefühlslagen zu thematisieren, erfolgt im Zusammenhang mit an wechselseitiger Wertschätzung ausgerichteten Beziehungen. Lehrende und Lernende erfinden bzw. re/konstruieren demzufolge laut Kersten Reich „eben auch die Beziehungen, in denen sie didaktisch arbeiten wollen. Werden hierbei positive Emotionen, gelingende Beziehungen im Sinne einer Förderung von Wachstum und wechselseitiger Wertschätzung erlebt (was zugleich auch Präsenz, Grenzsetzung bei Regelverletzungen, Achtsamkeit in den Beziehungen selbst bedeutet), dann kann Selbstvertrauen gewonnen werden, solche Beziehungen werden positiv gestaltbar und veränderbar“ (Reich 2010, S. 45).[4]
In der didaktischen Grundlegung der „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“, also in der inklusiven Didaktik nach Kersten Reich (2014), finden sich diese Überlegungen insbesondere in den Bausteinen zum Beziehungslernen („Beziehung und Teams“) und zur Demokratiebildung („Demokratische und chancengerechte Schule“) und damit in zwei der insgesamt zehn Bausteine[5] wieder (ebd., S. 63-133). Sie sind auf das Engste miteinander verbunden gedacht: Lernende und Lehrende, dies erweist sich unter den Bedingungen tiefgreifender gesellschaftlicher Transformationsprozesse (vgl. Bauman 2003; Crouch 2008; Sennett 2009; Beck 2008) für Demokratiebildung als umso wichtiger, sollen bestmöglich nach dem Grundsatz von Selbstbestimmung bei gleichzeitiger Teilhabe der anderen handeln können (vgl. Reich 2010, S. 45). Insofern das Schulleben Heranwachsende „gezielt auf die demokratische Teilhabe vorbereiten kann und den Sinn für demokratisches Engagement erschließen kann“ (Reich 2014, S. 113), liegt hier das Potential am praktizierten Vorbild einen „überzeugenden Maßstab für die Chancen der Demokratie“ (Reich 2014, S. 113) zu schaffen.[6] Im Anschluss an den US-amerikanischen Philosophen und Pädagogen John Dewey (1859-1952), dessen Demokratievorstellung sehr an der Basis orientiert ist und eine möglichst direkte Partizipation aller Bürger*innen an demokratischen Prozessen intendiert (vgl. Reich 2005 b, S. 51, S. 60-63), verfolgt Kersten Reich in der Konzeption seiner konstruktivistischen bzw. inklusiven Didaktik die Idee, dass „Demokratie im Kleinen gelernt werden [muss], denn John Dewey betont in zahlreichen Werken immer wieder, dass eine repräsentative Demokratie dann ihre eigenen Demokratisierungsprozesse untergräbt, wenn nicht alle Gesellschaftsmitglieder von Kindheit an den Sinn und Gewinn einer direkten Partizipation an gesellschaftlich bestimmenden Entscheidungen mit tragen und entwickeln können“ (Reich 2005 b, S. 60; vgl. im konkreteren Bezug auf das Konzept der inklusiven Schule Reich 2014, S. 113-116). Im nächsten Abschnitt greifen wir diese beiden Bausteine auf und setzen unsere theoretischen Spurensuche in den ähnlich formulierten Leitlinien zur Beziehungsgestaltung und Demokratiebildung des Rahmenkonzepts der „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“ (Reich et al. 2015) fort.

1.2 Spurensuche im Rahmenkonzept der „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“

Die Entwicklung des Rahmenkonzepts der Kölner Universitätsschule[7] entstammt einem partizipativen Prozess, an dem eine Vielzahl von Akteur*innen aus Theorie und Praxis beteiligt war. Das von Kersten Reich, Dieter Asselhoven und Silke Kargl herausgegebene Buch „Eine inklusive Schule für alle“ (2015), in dem die Universitätsschule weiter modelliert und konzeptionell weitergedacht wird, fasst Beiträge eines heterogenen Spektrums an Perspektiven, Zugängen und Ansätzen von Menschen zusammen, die u.a. aus der schulischen Praxis, sozialen Arbeit, universitären Lehre und Forschung und (Stadt)Politik kommen (vgl. weiterführend auch Asselhoven et al. 2016). In den zehn Leitlinien zur Gestaltung der Universitätsschule spiegeln sich die zehn Bausteine der inklusiven Didaktik Kersten Reichs wider und bauen auf diesen auf (vgl. Reich et al. 2015, S. 9).[8] Darüber hinaus beinhaltet das Rahmenkonzept differenzierte Auseinandersetzungen mit für die schulische Praxis und Schulentwicklung relevanten Themen und Problemstellungen wie etwa Überlegungen zur Geschlechtergerechtigkeit und ästhetischen Bildung; aber auch schulsozialarbeiterische, schulpsychologische und umweltpädagogische Anforderungen einer inklusiven Schule werden dort reflektiert. In den zehn Leitlinien (vgl. Reich et al. 2015, S. 24)[9] bilden Beziehungslernen (vgl. ebd., S. 76 ff) und Demokratie (vgl. ebd., S. 42 ff) wesentliche Eckpunkte. Den hier im Zusammenhang stehenden Aspekten des pädagogischen Beziehungsverständnisses und der Schule als Ort demokratischen Handelns wollen wir nun etwas näher auf den Grund gehen. Im Rahmenkonzept der „Heliosschulen“ wird das sich durch nachhaltig positive Beziehungen zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen auszeichnende Beziehungslernen als „eine der wichtigsten Determinanten im Lern- und Bildungsprozess“ ausgewiesen (ebd., S. 76). Beziehungslernen, so bringen die Verfasser*innen der Leitlinieninhalte auf den Punkt,
„geht dann umso leichter, wenn die Schule ein Zuhause, einen geschützten und sicheren Ort der emotionalen Geborgenheit und Vertrautheit bildet, in dem man nicht autoritär-instrumentell, sondern menschlich, verständlich und verständnisvoll, gerecht und fördernd, Grenzen erkennend und Grenzen wahrend miteinander umgeht“ (ebd.).
Um dem Ziel des Beziehungslernens, respektvolle und partizipative Beziehungen zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen in der Praxis Rechnung tragen zu können,
„benötigen Schulen eine gute Kommunikationskultur. Hierbei praktizieren die Lehrenden im Sinne des Modelllernens stets vorbildliches Verhalten. Zugleich sind gemeinsame kommunikative Regeln auszuhandeln und dann auch in allen Situationen einzuhalten, um respektvoll, tolerant, angemessen und Grenzen achtend miteinander umzugehen. Das bedarf einer hohen Präsenz der Lehrenden, setzt aber auch die Bereitschaft der Lernenden voraus, sich an demokratisch vereinbarte Kommunikationsregeln zu halten“ (ebd.).
Der hier hergestellte Zusammenhang von demokratisch vereinbarten Regeln für eine Kommunikationskultur, die das sogenannte Beziehungslernen rahmt und ermöglicht, findet sich auch in der Leitlinie zur Demokratie wieder. Die Verwirklichung von „Demokratie im Kleinen“ soll einerseits in verschiedenen institutionalisierten, demokratischen Gremien der Schule realisiert werden wie z.B. dem Klassen- bzw. Homebaserat, der Schulvollversammlung und dem Schulparlament, die einem „durchgängigen Entwurf einer demokratischen Erziehung und Selbstverwaltung“ folgen (Reich et al. 2015, S. 44). Andererseits bildet die Beziehung zwischen Lehrpersonen und Schüler*innen bei der Umsetzung möglichst umfassender altersadäquater Selbstbestimmung der Kinder und Jugendlichen insoweit einen zentralen Aspekt dar, als dass die schulischen Akteur*innen
„nicht wie gewohnt zwei (oft auch gegeneinander arbeitende) Fraktionen bilden, deren Aufgabenbereiche klar voneinander getrennt sind (…), sondern dass beide gemeinsam dafür verantwortlich sind, das Schuljahr und andere pädagogische Prozesse erfolgreich zu gestalten. Dazu gehört z.B. die Redekultur (zuhören, ausreden lassen, achtsam sein, Widerspruch formulieren können, Dissense aushalten). Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten können ausgetragen werden, doch bei Auseinandersetzungen sollte die Beachtung bestimmter Regeln vorausgesetzt werden. Es gehört zu den demokratischen Basiserfahrungen, dass diese Regeln gemeinsam unter Beachtung eines Minderheitenschutzes mit der Lerngruppe erarbeitet und aufgestellt werden sollten. Mittels eines solchen Rahmens, der selbst erstellt wurde, können Lerner/innen stärkeres Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl entwickeln“ (Reich et al. 2015, S. 44).
Deutlich wird also, dass die Verbindung von Beziehungs- und Demokratiegestaltung durch ein Tertium Comparationis, nämlich das der Kommunikationskultur und -struktur im Rahmenkonzept der „Heliosschulen“ hergestellt wird und damit auf ein interaktionistisches Verständnis schulischer Bildungsprozesse verweist. Mit diesem Zwischenergebnis unseres ersten Teils der theoretischen Spurensuche in der didaktischen Grundlegung sowie im Rahmenkonzept möchten wir nun überleiten zum zweiten Teil, der Betrachtung des Konzeptes der „Neuen Autorität“ nach Haim Omer sowie der Frage, ob sich auf theoretisch-konzeptioneller Ebene Gemeinsamkeiten herstellen lassen.

2 Die sogenannte Neue Autorität: Anschlüsse an die didaktische Grundlegung und das Rahmenkonzept der „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“

Im zweiten Teil unserer theoretischen Spurensuche, gilt es nun, sich genauer dem Konzept der „Neuen Autorität“ zu widmen. Wie eingangs schon erwähnt, haben die beiden Teams der „Heliosschulen“ (Grund- und Gesamtschule) eine halbtägige Fortbildung zur „Neuen Autorität“ nach Omer besucht. Dies nehmen wir zum Anlass, um im Folgenden die theoretische Spurensuche in zwei weiteren Schritten vorzunehmen: In einem ersten Schritt stellen wir zentrale Aspekte des Konzeptes der „Neuen Autorität“ vor, um in einem zweiten Schritt mögliche theoretische Passungen mit der didaktischen Grundlegung und dem Rahmenkonzept der Kölner Universitätsschulen aufzuzeigen und kritisch zu diskutieren.

2.1 Das Konzept der „Neuen Autorität“

Im Vorwort der aktuellen Neuerscheinung „Neue Autorität – Das Handbuch“ (Körner et al. 2019) legen Haim Omer, Professor für Klinische Psychologie an der Universität Tel Aviv, und Arist von Schlippe, ebenfalls Professor und dazu lehrender Supervisor und Lehrtherapeut am Institut für Systemische Ausbildung und Entwicklung (IF Weinheim), den Werdegang ihrer gemeinsamen Überlegungen und Publikationstätigkeit im systemischen Kontext der Familienberatung bzw. der (pädagogischen) Generationenbeziehungen dar (vgl. Omer & von Schlippe 2019, S. 7 ff): Nach dem Problemaufriss „Autorität ohne Gewalt“ von 2002 folgte der Lösungsansatz „Autorität durch Beziehung“ im Jahre 2004. Ebenso wird auch in dem 2010 erschienenen Band „Stärke statt Macht“ die Entwicklung von Interventionen auf der Basis gewaltlosen Widerstandes entfaltet, mit dem Ziel, die Präsenz der Erwachsenen (Eltern wie pädagogische Professionelle) wiederherzustellen bzw. zu fördern. Dabei „geht es nicht um die Stärke der Faust“, sondern um die „Stärke des Ankers, der beharrlich bleibt, nicht aus dem Feld geht“ und somit ein „beharrliches Beziehungsangebot“ formuliert, „eine Einladung zum ‚Re-Attachment‘ da, wo eine Beziehung belastet ist und ein Bruch droht“ (Omer & von Schlippe 2019, S. 9).
Ausgangspunkt für die Entwicklung des Konzeptes der „Neuen Autorität“ ist die Annahme, dass der dramatische Anstieg von Gewalt und Kriminalität unter Kindern und Jugendlichen seine Ursache in der Erschütterung von erzieherischer Autorität im Allgemeinen und der elterlichen im Besonderen während der letzten Jahrzehnte hat (vgl. Omer & von Schlippe 2010, S. 13). Auch in Bezug auf die Konsequenzen für die Schule, die eine solche Erschütterung mit sich bringe, wird von den Autoren ein Szenario entworfen, dass den Autoritätsverlust der Lehrkräfte als eine der größten Herausforderungen für die Gestaltung des schulischen Alltags für heutige Pädagog*innen beschreibt (vgl. Omer & Haller 2019, S. 18 ff.).
Im Gegensatz zu einem eher traditionellen Verständnis, bei dem Autorität insbesondere durch Distanz, Kontrolle, Gehorsam und Strafe hergestellt bzw. stabilisiert wird, gehen Omer und von Schlippe vielmehr davon aus, dass Autorität auf der Präsenz von Eltern und Lehrkräften, der Beziehung mit den Kindern und Jugendlichen und der Einbeziehung der Öffentlichkeit beruhe (vgl. Omer & von Schlippe 2010, S. 42 ff; Omer & Haller 2019, S. 22 ff).
Dabei ist Präsenz nicht nur als körperlich-physische Anwesenheit der erwachsenen Personen zu verstehen, sondern drückt sich auch in einer emotionalen Haltung aus, die sich in der Anteilnahme und Fürsorge für die Belange der Kinder und Jugendlichen zeigt. Dieser Perspektivwechsel beruht auf der Annahme, dass die Mittel traditioneller Autorität im Kontext heutiger gesellschaftlicher Werte und Haltungen nicht mehr als legitim erachtet werden können. Daher bräuchten, z.B. in Bezug auf die Schule, Lehrkräfte eine Form von „Neuer Autorität“, um ihren pädagogischen bzw. gesellschaftlichen Auftrag zu erfüllen (vgl. Omer & Haller 2019, S. 24). Für Omer lässt sich genauso wenig mit der antiautoritären Erziehungsphilosophie mit ihrem Ideal der totalen Freiheit des Kindes Erfolg erzielen (vgl. Omer & Haller 2019, S. 27). Ohne eine legitimierte und anerkannte Autorität entstehe ein pädagogisches Dilemma, das schon Kant in seinen Überlegungen zur Erziehung formulierte: „Wie kultiviere ich die Freiheit bei dem Zwange?“ (Kant 1803, S. 711).
Die Erlangung von „Neuer Autorität“ gemäß der Modellierung von Omer und von Schlippe fußt auf mehreren Grundpfeilern, die nicht nur das Selbstverständnis der Lehrkräfte betreffen, sondern sowohl den Blick auf die Beziehung zu den Schüler*innen als auch die Beziehung zu anderen Lehrkräften und den Eltern verändert. Neben der Präsenz, die sich körperlich, mental und emotional darstellt, ist es die Erkenntnis, dass Eltern oder Lehrkräfte Kinder und ihre Handlungen nicht absolut kontrollieren können. Nur die eigenen Emotionen und Gefühle könnten kontrolliert werden. So ernüchternd diese Erkenntnis auch sein mag, Omer und von Schlippe legen Wert darauf, wie befreiend eine solche Erkenntnis gleichzeitig sei:
„Das Befreiende der Einsicht, dass ein Kind nicht kontrolliert werden kann, liegt in der Aufhebung der Pflicht, das Kind kontrollieren zu müssen. Die Autoritätsperson kann sich auf die eigenen Handlungen konzentrieren, ohne das Fehlen von Gehorsam als einen Beweis ihres eigenen Versagens zu sehen“ (Omer & von Schlippe 2010, S. 43f.).
Diese Perspektivverschiebung ist insofern wichtig, da im Konzept der „Neuen Autorität“ davon ausgegangen wird, dass ein verändertes oder gewalttätiges Verhalten seitens von Kindern und Jugendlichen in einer gestörten Beziehung zu der Autoritätsperson liegt. Das Ziel pädagogischer Intervention liegt dann nicht mehr darin, Kontrolle über das Verhalten des Kindes zurückzuerlangen. Es geht dann eher um die Frage, wie über das eigene Handeln die unterbrochene Bindung wieder aufgenommen werden kann (vgl. Omer & von Schlippe 2010, S. 47).
In Konfliktsituationen wird daher nicht auf Gehorsam der Kinder insistiert. Die Autoritätsperson leistet Widerstand, indem sie destruktive und negative Verhaltensweisen wahrnimmt und sich ihnen durch Präsenz, Entschlossenheit und Beharrlichkeit entgegenstellt. Ziel ist es dabei, eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung zu finden, diese aber nicht sofort herbeizuführen, sondern eine allmähliche Veränderung anzustreben, die auf Beharrlichkeit beruht (vgl. Omer & von Schlippe 2010, S. 55). Hierbei agiert die Autoritätsperson nicht auf sich allein gestellt. Das Grundkonzept der „Neuen Autorität“ sieht vor, dass die Konfliktsituation, die damit verbundenen negativen Verhaltensweisen, eventuelle Interventionsmaßnahmen (z.B. „sit-in“) und die angestrebten oder vereinbarten Lösungen in die Öffentlichkeit getragen werden. Hier wird der systemische Ansatz des Konzeptes sichtbar. Die Präsenz der Autoritätsperson geht dann über das betroffene Interaktionssystem hinaus, indem z.B. die Lehrkraft die eigene Haltung zum unerwünschten Verhalten der Schülerin*innen öffentlich macht, sich Unterstützung im Lehrer*innenkollegium, bei den Eltern, weiteren pädagogischen Fachkräften bis hin zur Schülerschaft holt. Diese „Omnipräsenz“ kann sich im Rahmen der „Wachsamen Sorge“ bei Bedarf auf das ganze Schulareal ausweiten und die Eltern miteinbeziehen. Dieses Verfahren gilt laut der Autoren aber nicht der Überwachung, sondern dem Schutz der Kinder vor destruktivem Verhalten und Gewaltausübung. Dabei dürfen auch die Grauzonen überschritten werden, die sich oft auf die informellen Kontexte (Toiletten, Umkleideräume oder nicht so häufig frequentierte Schulareale) der Schüler*innen beziehen (vgl. Omer & Haller 2019, S. 51). Omer und von Schlippe verweisen in diesem Zusammenhang auf Studien zu Gewalt an Schulen, die darlegen, dass gewalttätige Handlungen unter Schüler*innen an Orten stattfanden, an denen keine Präsenz von Lehrer*innen vorhanden sei. So zeigten sich gerade die Interventionsprogramme als besonders effektiv in der Gewaltprävention, die eine Präsenz der Lehrkräfte genau in solchen Bereichen vorsahen (vgl. Omer & von Schlippe 2010, S. 51f.). Hier bleibt allerdings kritisch anzumerken, dass durch die Präsenz von Lehrkräften und Eltern sicherlich ein „Sich-kümmern“ und „Aufmerksam-sein“ signalisiert wird, die Ursachen von gewalttätigem oder negativem, abweichendem Verhalten aber nicht bearbeitet oder sogar noch verschärft werden.
Im folgenden Abschnitt wollen wir nun auf einige mögliche Schnittstellen des Konzeptes der „Neuen Autorität“ zum Rahmenkonzept der Kölner Universitätsschulen hinweisen und daraus Aspekte ableiten, die kritisch zu diskutieren sind.

2.2 Schnittstellen zur didaktischen Grundlegung und zum Rahmenkonzept der „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“ – ein kritischer Blick

Wo finden sich nun beim Ansatz der „Neuen Autorität“ Anknüpfungspunkte, die sich mit der didaktischen Grundlegung und dem damit verbundenen Rahmenkonzept der Heliosschulen vereinbaren lassen? Eine wesentliche Gemeinsamkeit stellt dar, dass für eine positive Lernatmosphäre funktionierende, auf gegenseitiger Wertschätzung beruhende pädagogische Beziehungen zwischen Lehrkräften und ihren Schüler*innen ein wesentliches Moment im schulischen bzw. pädagogischen Alltag ausmachen. Hierzu ist es notwendig, die Schule als einen Ort zu verstehen, der eine Kommunikationskultur entwickelt und gewährleistet, die auf gemeinsam erarbeiteten Regeln basiert, um ein demokratisches Grundverständnis über Beziehungslernen einzuüben. Ein wesentlicher Unterschied liegt allerdings in der Deutung von möglichen Lernerfahrungen, die aus Konflikten zwischen Lehrkräften und Schüler*innen insbesondere bei sogenanntem abweichenden Verhalten bzw. Normverstößen seitens der Schüler*innen entstehen. Im Rahmen des Ansatzes der „Neuen Autorität“ beschränkt sich die Lernerfahrung ausschließlich auf eine Verhaltensänderung der betroffenen Schüler*innen, um die gestörte pädagogische Beziehung wieder bindungsfähig zu gestalten. Im interaktionistischen Verständnis schulischer Bildungsprozesse, das im Rahmenkonzept der Heliosschulen impliziert ist, sind es hingegen gemeinsame Lernerfahrungen von Schüler*innen und Lehrkräften, die aus einem Konflikt, der eine Normabweichung als Gegenstand hat, entstehen können. Dies bedeutet, dass im Rahmen eines Konfliktes auch über das Verhalten der beteiligten Lehrkräfte reflektiert wird und potentielle Lösungsansätze darin bestehen, das als fehlerhaft wahrgenommene Verhalten der Lehrkräfte zu verändern oder auch institutionelle Strukturen zu überdenken, die unter Umständen zu einem Konflikt geführt haben.
Grundsätzlich lässt sich der systemische Ansatz in der Gestaltung (und Analyse) von Beziehungen als eine theoretische Brücke zwischen dem Konzept der „Neuen Autorität“ und der didaktischen Grundlegung sowie dem Rahmenkonzept der Kölner Universitätsschulen beschreiben. Ähnlich wie Kersten Reich sich etwa auf Helm Stierlin und seine Überlegungen zu Familiendynamiken und zum Spannungsfeld von Bindung und Ausstoßung im Rahmen von intergenerationellen Delegationen bezieht (siehe oben, insbes. Fußnote 1), so verweisen auch Omer und von Schlippe (2010, S. 47) unter Bezug auf Stierlin darauf, dass „Maßnahmen, die sich vor allem auf eine äußere Verhaltensänderung des Kindes beziehen“, den Blick auf gestörte Bindungen verstellen können – diese Perspektive sei aber zentral, denn unterbrochene oder beinträchtige Beziehungen lassen sich im symptomatischen Verhalten der Kinder wiederfinden. Insofern besteht für Lehrkräfte gemäß dem Konzept der „Neuen Autorität“ die Herausforderung darin, „wie eine unterbrochene Bindungsbeziehung wieder aufgenommen werden kann“ (Omer & von Schlippe 2010, S. 47). Die Schnittstelle von systemischem Denken und Handeln im Konzept der „Neuen Autorität“ und der inklusiv konzipierten didaktischen Grundlegung sowie des Rahmenkonzeptes der Kölner Universitätsschulen ist keineswegs einzigartig: In ihrem Gutachten „Auf dem Weg zur schulischen Inklusion in Nordrhein-Westfalen. Empfehlungen zur Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention im Bereich der allgemeinen Schulen“ aus dem Jahr 2011 heben Klaus Klemm und Ulf Preuss-Lausitz als „wichtigste gemeinsame Erkenntnisse“ europäischer best-practice von inklusivem Unterricht u.a. hervor, dass sich mit Blick auf „die Arbeit mit verhaltensschwierigen Kindern“ insbesondere systemische Ansätze bewährt hätten. Damit seien solche Ansätze gemeint, „die alle Akteure und außerunterrichtliche Unterstützungssysteme einbeziehen“ und bei denen klare Verhaltensnormen und Spielregeln mit allen Schüler*innen (neben angemessenen Leistungsanreizen) vereinbart werden (Klemm & Preuss-Lausitz 2011, S. 18f.). Zu hinterfragen ist allerdings die hier vorgenommene Fokussierung auf Kinder und Jugendliche mit sogenanntem sozial-emotionalen Förderbedarf; diese ist ebenfalls an Buchtiteln zur „Neuen Autorität“ wie „Gewaltfreier Widerstand mit Konsequenz. Lehrpersonen und schwer sozial gestörte, gewalttätige Jugendliche in der Schule“ (Omer, Irbauch & von Schlippe 2008) und „Soziale Störungen und Gewalttätigkeit in der Schule. Lehrerinnen und Lehrer lernen gewaltfreien Widerstand“ (Omer, Irbauch & von Schlippe 2005) abzulesen. Möglicherweise, dem wäre aber vertieft und an anderer Stelle nachzugehen, tut sich dadurch eine Diskrepanz zu dem „so genannten ,weiten‘ (auf mehrere Heterogenitätsdimensionen) bezogenen Verständnis[ses] von Inklusion“ auf (Stošić, Hackbarth & Diehm 2019), das aber Ausgangspunkt der didaktischen Grundlegung sowie des Rahmenkonzeptes der „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“ ist.
Ohne das Konzept der „Neuen Autorität“ an dieser Stelle umfassend und detailliert etwa hinsichtlich der einzelnen Interventionsschritte darzustellen, sei zumindest auf aktuelle Neuerscheinungen von Akteur*innen aus der schulischen Praxis verwiesen, die eine Konkretisierung des Konzeptes der „Neuen Autorität“ für die Schule ausgearbeitet haben (vgl. Omer & Haller 2019, Seefeldt 2019) bzw. auf dieses Konzept zurückgreifen (vgl. Buholzer 2018). Ob und inwiefern sich die dort beschriebene positive Resonanz für die Schul- und Unterrichtsentwicklung auch empirisch rekonstruieren lässt, wird eine zukünftige Aufgabe der Bildungsforschung sein. Erwähnenswert erscheint uns in diesem Zusammenhang der würdigende und zugleich kritische Hinweis von Roswitha Lehmann-Rommel (2013), dass mit dem Konzept der „Neuen Autorität“ zwar „überzeugende und anspruchsvolle Neurahmungen der Rolle von Erwachsenen als „Autorität“ beschrieben“ werden, empirisch aber noch zu untersuchen sei, welche „Formen der Disziplinierung und ihre Wirkungen“ die Praktiken der „Neuen Autorität“ hervorbringen; sie regt außerdem an, als Analysefokus den „Kontext des Effizienzdenkens neoliberaler Bildungsreformen und der Diskurse zu Selbstoptimierung und Humankapital“ zu wählen (Lehmann-Rommel 2013, S. 12).
In diesem Zusammenhang ist grundsätzlich kritisch anzumerken, dass Omer und von Schlippe durch die Gegenüberstellung von traditioneller Autorität auf der einen Seite und der antiautoritären Erziehung auf der anderen Seite eine Dichotomisierung vornehmen, die sich im heutigen erziehungswissenschaftlichen Verständnis von Autorität in pädagogischen Beziehungen so nicht aufrecht erhalten lässt. In anderen Worten: Diese Dichotomisierung wird den mehrdimensionalen Ausprägungen von Autorität in pädagogischen Beziehungen nicht gerecht. In Anlehnung an Rainer Paris und Werner Helsper sind in Bezug auf die pädagogischen Beziehungen im Kontext von Schule mindestens drei Dimensionen festzustellen, in denen Autorität Anerkennung findet bzw. finden kann oder auch nicht finden kann (vgl. Paris 2019, S. 44 ff; Helsper 2019, S. 70 ff):

  1. Die Amtsautorität beruht auf der Anerkennung der Machtbefugnisse, die durch die Zugehörigkeit zur Schule qua Amt an die Lehrkraft übertragen werden. Damit ist auch die institutionell übertragene Definitionsmacht verbunden, mit der unter anderem Bewertungen, Benotungen und die Sanktionierung von abweichendem Verhalten begründet wird.
  2. Die sachliche Autorität beruht auf der Anerkennung des Fachwissens, das sich die Lehrkraft über die langjährige Ausbildung angeeignet hat. Damit verbunden ist auch die Kompetenz, dieses Wissen gut vermitteln zu können und zugleich die jeweiligen sozialen Beziehungen zu vermitteln, die sich z.B. aus normativen Orientierungen und Unterrichtsregeln ergeben.
  3. Die charismatische Autorität beruht auf der Anerkennung der Lehrkraft als Person, die die Schüler*innen z.B. auch als Vorbild akzeptieren.

Bei dieser Aufstellung der unterschiedlichen Dimensionen von Autorität in pädagogischen Beziehungen handelt es sich um eine analytische Trennung, die im schulischen Alltag eher selten vorkommt. Dies ist darin begründet, dass sich die Dimensionen insbesondere in den Personen der Lehrkräfte in unterschiedlicher Graduierung manifestieren. Dieser Aspekt verweist darauf, dass in pädagogischen Beziehungen, gedacht als sozial geprägte Interaktionen, die Durchsetzung und Anerkennung von Autorität ein komplexes Feld darstellt, das durch eine besondere Störanfälligkeit und Fragilität geprägt ist. Dies verweist auf den Umstand, dass die pädagogische Autorität im Idealfall eigentlich nicht total sein darf, „sondern auf ihr Ende angelegt ist, sich gerade in ihrer ‚Abdankung‘ vollendet. Je mehr sich Schüler in ihrem Wissen und Können den Lehrern nähern, umso weniger benötigen sie Lehrer“ (Helsper 2019, S. 73).
Darüber hinaus bleibt abschließend anzumerken, dass das vorgestellte Konzept der „Neuen Autorität“ viele Fragen aufwirft, die von den Autoren Omer und von Schlippe in ihren Publikationen kaum Berücksichtigung finden: So wird an keiner Stelle diskutiert, dass Schule auch als „Zwangsveranstaltung“ verstanden werden kann, die mit unterschiedlichen disziplinarischen Machtmitteln ausgestattet ist und staatlich legitimiert Selektionsentscheidungen trifft und durchsetzt (vgl. Helsper 2019, S. 72). Damit sind zugleich die pädagogischen Beziehungen zwischen Lehrkräften und Schüler*innen mit einer durch die Institution produzierten asymmetrischen Machtkonstellation versehen, die widerständiges oder abweichendes Verhalten provozieren kann. Insofern muss störendes oder abweichendes Verhalten der Schüler*innen nicht unbedingt im Autoritätsverlust der Lehrkräfte begründet sein, sondern kann auch als widerständiges Verhalten gegenüber institutionellen Strukturen gedeutet werden. Dies bleibt aber im Konzept der „Neuen Autorität“ durch die Fokussierung auf den sogenannten „Autoritätsverlust“ der Lehrkräfte ebenso unberücksichtigt wie eine Klärung der Frage, inwiefern die angenommene Ursache, gestörte Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, auf das System Schule und die spezifische Beziehungsstruktur dort übertragbar ist.
Des Weiteren irritiert die Maßnahme, das störende Verhalten der Schüler*innen „öffentlich“ zu machen und sich im Sinne der Wiedergewinnung von Autorität Bündnisse zu schaffen. Denn die Öffentlichmachung kann auch als eine verschleierte Form der Steigerung von sozialem Druck verstanden werden, im Rahmen derer die Helfer*innen im Netzwerk dieser Bündnisse durch zusätzliche Präsenz die betroffenen Schüler*innen dazu bewegen sollen, das unerwünschte Verhalten zu unterbinden. Ob eine solche Maßnahme eine Verhaltensänderung durch begründete Einsicht in ein Fehlverhalten erwirkt, bleibt allerdings fraglich. Und auch die geschilderte Präsenz von Lehrkräften und Eltern in schulischen Bereichen, die in der Regel nicht von Erwachsenen betreten werden, ist durchaus kritisch zu sehen, da sie in Anlehnung an Foucault auch als eine Variante der Ausweitung von Kontrolle und Überwachung der Schüler*innen gedeutet werden kann (vgl. Foucault 2013, S. 221 ff). Durch diese Omnipräsenz wird vielleicht weiteres störendes Verhalten verhindert, es bearbeitet aber nicht die Ursachen dieses Verhaltens.

3. Ausblick

Unsere hier dargelegten Überlegungen zur Passung des Konzeptes der sogenannten Neuen Autorität mit der didaktischen Grundlegung (vgl. Reich 2014) und dem Rahmenkonzept (Reich et al. 2015) der „Heliosschulen – Inklusive Universitätsschulen der Stadt Köln“ bewegen sich allein auf theoretisch-konzeptioneller Ebene und sind noch nicht abgeschlossen. So wäre zum einen die immanente theoretische Spurensuche auszuweiten, denn in das Rahmenkonzept sind neben der inklusiven Didaktik nach Reich (oben als didaktische Grundlegung bezeichnet) ebenso auch seine Überlegungen zu „Inklusion und Bildungsgerechtigkeit“ (Reich 2012) eingeflossen (vgl. Reich et al. 2015, S. 9). Zum Anderen wäre nach theoretischen Passungen und Inkongruenzen außerhalb der konzeptionellen Überlegungen der Schulgründer*innen zu suchen – mit Blick auf den in diesem Themenheft interessierenden Schwerpunkt könnten dies beispielsweise die Arbeiten von Kerstin Ziemen zur inklusiven Didaktik sein (vgl. Ziemen 2008, 2014, 2016, 2018, 2019). Darüber hinaus wäre eine empirische Annäherung erforderlich, um den Fragen nachzugehen, wie die Beziehungsgestaltung in den Heliosschulen konkret praktiziert wird und welche Relevanz die pädagogischen Professionellen dem Konzept der „Neuen Autorität“ im Schulalltag einräumen. Sehen sie Anschlüsse zur didaktischen Grundlegung und zum Rahmenkonzept der Heliosschulen und wie stellen sie diese her?
Um diese Fragen in naher Zukunft empirisch zu erkunden, planen wir in einem ersten Schritt qualitative Expert*inneninterviews (vgl. Bogner, Littig & Menz 2005; Meuser & Nagel 2009), anhand derer die Sichtweisen der pädagogischen Professionellen auf die Beziehungsgestaltung im pädagogischen Alltag der Heliosschulen und das Konzept der sogenannten „Neuen Autorität“ rekonstruiert werden sollen; in einem zweiten Schritt sollen durch teilnehmende Beobachtungen im Schulalltag die Praxen der Akteur*innen erfasst werden, um u.a. der von Annedore Prengel (2013) aufgeworfenen Frage nach anerkennenden, verletzenden und ambivalenten Handlungsmustern im Zusammenhang mit demokratischen Sozialisationsprozessen in und durch die inklusive Schule nachzugehen (zum Analysepotential rekonstruktiver Inklusionsforschung siehe Dlugosch, Herzmann, Rosen & Wagner-Willi 2019). So soll eine Verbindung zwischen den subjektiven Theorien der pädagogischen Professionellen und den situierten Praktiken im Alltag der „Heliosschulen“ erhoben und miteinander triangulierend (vgl. Flick 2011) in Beziehung gesetzt werden.
Eine weiter- und tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Konzept der sogenannten „Neuen Autorität“ und der Frage der theoretischen wie empirischen Passung zur inklusiven Beziehungsgestaltung im Kontext der Schule bzw. zweier bestimmter Schulen erscheint uns auch deswegen geboten, weil wir durch unsere Funktion als Wissenschaftliche Leitung der „Heliosschulen“ mit der Aufgabe betraut sind, „das besondere pädagogische Profil“ – so die Bezeichnung im Letter of Intent zwischen der Stadt Köln und der Universität zu Köln[10] – der Universitätsschulen zu sichern. Neben eigener wie oben skizzierter Forschung bedeutet dies auch weitere wissenschaftliche Begleitforschung zu initiieren sowie in ein strukturiertes Forschungsrahmenprogramm zu überführen und dabei geeignete Formate der Rückmeldung und des Austausches mit den Schulen sowie ihrer aktiven Beteiligung an Forschungsprozessen (vgl. etwa Tillmann 2019) zu entwickeln (zu weiteren, aktuellen Entwicklungsperspektiven der „Heliosschulen“ siehe Hensel et al. 2020). Zentral wird dabei sein, die ko-konstruktive Begleitforschung so zu konzipieren, das damit nicht „ein mit rezeptologischen Versuchungen verbundenes Verständnis von ‚praktischer Wissenschaft‘“ reproduziert wird, indem wir als wissenschaftliche Leitung sagen, „was wie geht“ (Ricken 2019, S. 3), sondern dass der interpretativen Leistung der pädagogischen Professionellen für die Aneignung, Ausdeutung und damit verbundenen Anpassung theoretischer Konzepte an die eigene pädagogische Praxis Rechnung getragen wird – was wiederum den verstehenden Nachvollzug dieser ‚Übersetzungen‘ interessant und auch erforderlich macht.

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[1] Für eine Beziehungssicht ordnet Kersten Reich hier die Arbeiten des Psychoanalytikers und systemischen Familientherapeuts Helm Stierlin als exemplarisch ein (vgl. z.B. Stierlin 1982, 1984).

[2] Für weiterführende Überlegungen zur beobachterphilosophischen Perspektive der Subjektivität als Spiegelung siehe Reich (1998 b, S. 41-48).

[3] Vgl. Reich (2014, S. 11, S. 15-20) zu der mit der konstruktivistischen Haltung verbundenen Konsequenz, Mythen und Vorurteile im Denken zu überwinden, um Chancengerechtigkeit im Kontext der Schule zu ermöglichen.

[4] Vgl. ausführlicher Reich (2010, S. 46f.; 2016, S. 183f.) für die dazu relevanten Handlungsperspektiven der Multiperspektivität, Multimodalität und Multiproduktivität.

[5] Die in Kersten Reichs inklusiver Didaktik entwickelten zehn Bausteine für eine inklusive Schule lauten: 1. Beziehung und Teams, 2. Demokratische und chancengerechte Schule, 3. Qualifizierende Schule, 4. Ganztag mit Rhythmisierung, 5. Förderliche Lernumgebung, 6. Lernende mit Förderbedarf, 7. Differenzierte Beurteilung, 8. Eine geeignete Schularchitektur, 9. Eine Schule in der Lebenswelt, 10. Beratung, Supervision und Evaluation (Reich 2014, S. 5 ff).

[6] Vgl. Reich (2014, S. 21-29) weiterführend zum konstitutiven Zusammenhang von Demokratie und Inklusion.

[7] Wir sprechen von der Kölner Universitätsschule im Singular, wenn wir uns auf der konzeptionellen und nicht auf der Ebene der pädagogischen Praxis bewegen, denn ursprünglich war die Kölner Universitätsschule als eine (!) Schule des gemeinsamen Lernens von der 1. bis zur 10. bzw. 13. Jahrgangsstufe geplant; mit Bezug des Neubaus wird es sich zwar nach wie vor um zwei Universitätsschulen handeln, aber unter dem gemeinsamen Dach wird dann von der im Schulrecht verankerte Möglichkeit eines garantierten Übergangs zwischen Primar- und Sekundarstufe Gebrauch gemacht werden können (vgl. Hensel et al. 2020).

[8] Als Vorarbeit ebenso bedeutend wie Kersten Reichs inklusive Didaktik ist für das Rahmenkonzept der Inklusiven Universitätsschule auch Kersten Reichs Auseinandersetzung mit den Standards und Verpflichtungen einer inklusiven Schule, die in dem Buch „Inklusion und Bildungsgerechtigkeit“ (2012) konzipiert werden (vgl. Reich et al. 2015, S. 9).

[9] Die von Kersten Reich, Dieter Asselhoven und Silke Kargl (2015, S. 5, vgl. auch S. 24) als Rahmenkonzept präsentierten zehn Leitlinien lauten: 1. Umfassende Inklusion, 2. Aufbau und Struktur der Schule im Ganztag, 3. Partizipation, Demokratie und offene Schule, 4. Inklusives Unterrichtsmodell in der Homebase, 5. Qualitätsvolle Schule, 6. Beziehungs- und Teamschule, 7. Geschlechtergerechte Schule, 8. Bewegte und gesunde Schule, 9. Barrierefreie und gut gestaltete Schule, 10. Universitäre Praxisschule.

[10] Vgl. hierzu Seite 2 des Letters of Intent unter https://ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=696750&type=do& (zuletzt 20.03.20).