Tanja Sturm: Praxeologische Unterrichtsforschung und ihr Beitrag zu inklusivem Unterricht

Abstract: Der Artikel setzt sich mit den Möglichkeiten einer praxeologischen Unterrichtsforschung für die Untersuchung von inklusivem/integrativem Unterricht auseinander. Die Herausforderung, der Erziehungswissenschaft, v.a. der didaktischen Theoriebildung, methodologische und methodische Herangehensweisen bereit zu stellen, die es ermöglichen, die Umsetzung bzw. Gestaltung eines inklusiven Unterrichts zu hinterfragen und zu reflektieren, wird damit aufgegriffen. Dieser Aufsatz widmet sich der Frage, welchen Beitrag die praxeologische Unterrichtsforschung zur Reflexion und kritischen Auseinandersetzung von Unterricht leisten kann, der inklusiv gestaltet wird bzw. werden soll. Diese Überlegungen werden entlang der theoretischen Ausarbeitungen Karl Mannheims zu konjunktiven Erfahrungen und der auf ihnen aufbauenden methodologischen und methodischen Vorgehensweisen der dokumentarischen Methode herausgearbeitet. An einem Beispiel wird das rekonstruktive Vorgehen konkretisiert. So kann gezeigt werden, dass die praxeologische Betrachtung von Unterricht eine sehr differenzierte Perspektive auf dessen komplexe Gestaltung erkennbar werden lässt. Dabei wird ein Verständnis von Unterricht und Inklusion deutlich, das eine Reflexion beider in den sie rahmenden gesellschaftlichen und institutionellen Bezügen notwendig macht.

Stichworte: Inklusion, Didaktik, Unterricht, Differenzen, Heterogenität, dokumentarische Methode, praxeologische Unterrichtsforschung

Ausgabe: 1-2/2012

Inhaltsverzeichnis
  1. Inklusiver Unterricht: ein Problem für die Unterrichtsforschung
  2. Unterricht als Praxis von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern
  3. Inklusion
  4. Differenzkonstruktionen in unterrichtlichen Praktiken – illustrierende Beispiele
  5. Praxeologische Unterrichtsforschung und ihr Beitrag zum Inklusionsdiskurs: ein Resümee und Perspektiven
  6. Literatur

1. Inklusiver Unterricht: ein Problem für die Unterrichtsforschung

Der Titel dieser Ausgabe von inklusion online lautet Didaktik und Inklusion. Dieses Leitthema lädt zur Auseinandersetzung mit Möglichkeiten und Grenzen unterrichtlicher Gestaltungen ein, die an der Idee von Inklusion ausgerichtet sind. Inklusion ist eine Gestaltungsaufgabe, vor der aktuell und zukünftig mehr und mehr Lehrende in Schulen ebenso wie die Bildungspolitik stehen (vgl. UN 2006; 2008). Letztere stellt die rahmenden Bedingungen für schulische Inklusion bereit. Zugleich ist die erziehungswissenschaftliche Forschung und Theoriebildung heraus- und aufgefordert, Methodologien und Methoden bereitzustellen, mit denen diese Prozesse in der Praxis reflektiert und hinterfragt werden können. Dieser Beitrag widmet sich der letztgenannten Herausforderung.

Die unterrichtliche Seite von Inklusion wurde bisher aus zwei unterschiedlichen Perspektiven der Erziehungswissenschaft in den Blick genommen und/oder empirisch untersucht: zum einen in Form didaktischer Konzepte und Überlegungen, v.a. in Bezug auf Integration (vgl. z.B. Feuser 1995; Seitz 2008; Überblick für den Förderschwerpunkt Lernen: Werning & Lütje-Klose 2003) und zum anderen in empirischen Untersuchungen, deren Blick v.a. auf den Output, also die Ergebnisse, integrativen Unterrichts gerichtet ist (vgl. Huber 2009; Wocken 2000). Bei den letztgenannten überwiegen Fragestellungen, die Integration im Sinne von Möglichkeiten und Behinderungen des Lernens aller Kinder und Jugendlichen in Integrationsklassen fokussieren.

Beide Herangehensweisen der Betrachtung und Untersuchung von Unterricht und Didaktik finden sich gleichermaßen in der allgemeinen oder (regel-)schulpädagogischen Diskussion wieder. Während Allgemeine Didaktik und Fachdidaktik theoretische Begrifflichkeiten generieren, die wesentlich die Planung und die Legitimation von Unterricht zum Ziel haben, wird in der Unterrichtsforschung – in den letzten Jahren vor allem durch jene Forschungsrichtung, die sich zusammenfassend als empirische Bildungsforschung beschreibt – der so genannte Output schulischer Lehr-Lern-Situationen in den Blick genommen. Hier werden das tatsächlich Erreichte und/oder erreichte Teilziele von Lehrzielen mit einer Norm oder Erwartung in Bezug gesetzt. Neben der empirischen Bildungsforschung hat sich eine praxeologische Ausrichtung der Betrachtung von Unterricht etabliert (vgl. z.B. Breidenstein 2008; Budde 2005; Gellert & Hümmer 2008; Sturm 2012b). Diese Forschungsrichtung fokussiert, beschreibt und erklärt unterrichtliche Praktiken in ihrer Komplexität. Zwei verschiedene methodologische Zugänge können hier unterschieden werden. Neben ethnografischen Vorgehen gibt es die, auf die praxeologische Wissenssoziologie aufbauende, dokumentarische Methode (vgl. Bohnsack 2008, S. 187). Während die ethnografische Unterrichtsforschung unterrichtliche und pädagogische Praktiken deskriptiv aufgreift und darauf aufbauend erklärt, zielen Untersuchungen, die mit Hilfe der dokumentarischen Methode durchgeführt werden, auf die Rekonstruktion von Orientierungen, an denen die Praktiken der am Unterricht Beteiligten ausgerichtet sind. Beide Forschungsrichtungen haben gemeinsam, dass sie Reflexionspunkte für unterrichtliche Praktiken bereitstellen und alltägliches und nicht notwendigerweise durch Reflexion zugängiges Wissen aufgreifen und hinterfragen wollen. In diesem Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, inwiefern eine praxeologische Unterrichtsforschung, die entlang der dokumentarischen Methode durchgeführt wird, Möglichkeiten zur Betrachtung und Weiterentwicklung inklusiven Unterrichts eröffnet.

Um diesem Interesse nachzugehen, wird zunächst vorgestellt, an welchen theoretischen und methodologischen Prämissen angeknüpft wird, wenn Unterricht als soziale Praxis verstanden wird. Hieran anschließend wird ein Verständnis von Inklusion skizziert, das in einer praxeologischen Betrachtung von Unterricht als Kontrastierungsfolie herangezogen werden kann. In einem dritten Schritt wird anhand von zwei Beispielen illustriert, wie eine praxeologische Unterrichtsforschung methodisch in Datenerhebung und -auswertung umgesetzt werden kann. Im abschließenden Abschnitt werden die Möglichkeiten einer praxeologischen Unterrichtsforschung für eine an Inklusion orientierten Unterrichtsgestaltung diskutierend zusammengefasst sowie Perspektiven für die theoretische Auseinandersetzung mit Inklusion aufgeworfen.

2. Unterricht als Praxis von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern

Die theoretischen Grundlagen, mit denen Unterricht als eine soziale Praxis verstanden wird, werden in diesem Abschnitt dargestellt. Aufbauend auf diesen werden methodologische Prämissen skizziert, die eine Rekonstruktion der sozialen Praktiken aus empirischem Datenmaterial ermöglichen.

2.1. Konjunktive Erfahrungen als Grundlage gemeinsamer Praxis

Unterricht ist eine soziale Praxis, die von Lehrerinnen und Lehrern, weiteren (pädagogischen) Personen sowie Schülerinnen und Schüler gemeinsam und interaktiv gestaltet und hergestellt wird. Da der Schwerpunkt des Beitrags auf der Betrachtung inklusiver Gestaltungsmöglichkeiten von Unterricht liegt, interessieren hier besonders die unterrichtlichen Praktiken der Lehrkräfte. Eine Trennung zwischen Lehrer- und Schülerpraktiken in Bezug auf Unterricht vorzunehmen, ist analytischer Art, da sie stets aufeinander bezogen und somit nicht losgelöst voneinander existieren.

Die Überlegung, sich Unterricht aus einer praxeologischen Perspektive zu nähern, macht es notwendig, zwischen zwei menschlichen Wissensformen zu unterscheiden: Dies sind zum einen die konjunktiven Erfahrungen, die menschlichen Handlungen und Praktiken zu Grunde liegen und zum anderen das so genannte kommunikativ-generalisierte Wissen (vgl. Mannheim 1980, S. 206ff.). Der Soziologe Karl Mannheim (1893-1947) hat diese Unterscheidung im Rahmen einer kritischen Auseinandersetzung mit der naturwissenschaftlichen Form der Erkenntnis herausgearbeitet (vgl. Mannheim 1980, S. 205ff.). Das naturwissenschaftliche Begriffsbildungsverständnis, das auf einem rechnerischen Zugang zur Welt aufbaut, setzt Fremdheit und Entpersönlichung gegenüber den untersuchten und beschriebenen (Forschungs-)Gegenständen und/oder Menschen voraus. Diese naturwissenschaftliche Abstraktion ist darauf angewiesen, die jeweilige existenzielle Beziehung zu den Gegenständen und Personen der/s Betrachtenden auszublenden. Sie spitzt sich in der Vorstellung des „reinen Denkens“ (Mannheim 1980, S. 205) zu. Mannheim stellt dieser begrifflich-theoretischen Wissensart die – im naturwissenschaftlichen Denken ausgeblendeten – konjunktiven Erfahrungen gegenüber. Sie stehen zwar nicht begrifflich zur Verfügung, in der existenziellen Bezugnahme der Menschen zueinander und gegenüber Gegenständen sind sie jedoch unmittelbar enthalten. Diese Erfahrungen stellen einen wichtigen und zentralen Bestandteil unseres Wissens insgesamt dar, ohne dass wir notwendigerweise über Begriffe verfügen, mit denen wir es fassen können. Dieser Erfahrungstyp wird von Mannheim als konjunktiv bezeichnet (vgl. Mannheim 1980, S. 212). Die perspektivische Gebundenheit konjunktiven Wissens resultiert aus der existenziellen Beziehung zwischen Menschen als auch zwischen Menschen und dinglichen Gegenständen. Konjunktive Erfahrung entsteht und differenziert sich aufgrund von gemeinsam Erlebtem, geteilten Erfahrungen und gemeinsamen Geschichten. Das Gemeinsame kann ebenso in tatsächlich gemeinsamen Erlebenissen wie durch prinzipiell vergleichbare Erfahrungen generiert werden. So entwickeln sich Perspektiven auf Menschen, Situationen und Gegenstände. Geteilte Erfahrungen sind v.a. milieubedingt, generationeller oder geschlechtlicher Art, so sie in einem historischen und kulturellen Kontext einen gemeinsamen Ankerpunkt haben (vgl. Mannheim 1980, S. 214f.).

Die Konjunktion, das vereinende Dritte, zwischen (mindestens zwei) Personen, zeigt sich in eingenommenen Perspektiven, aus denen sie auch hervorging und aus denen heraus Begriffe verwendet werden, die in der sprachlichen Kommunikation miteinander gegenseitiges Verstehen ermöglichen. Begriffe und Wissen haben entsprechend keine allgemeine Gültigkeit, sondern eine konjunktive (vgl. Mannheim, 1980, S. 213). Die je spezifische Form der Verwendung und Nutzung von Begriffen ist eine Seite gegenseitigen Verstehens und einander Antwortens. Verstehen geschieht jedoch nicht allein auf wörtlich-begrifflicher Ebene, sondern auch durch vergleichbar und verstehende Bezugnahme aufeinander. Dies erfolgt neben Worten und Begriffen durch Gestik und Mimik, also körpersprachlich, als auch durch diskursive Formen der Bezugnahme.

Konjunktive Erfahrungen eines Erlebniszusammenhangs führen zu je spezifischer Verwendung von Begriffen. So wird das Wort Inklusion in einer Gruppe von Lehrkräften mit anderen konjunktiven Erfahrungen verbunden und entsprechend genutzt und verstanden, als wenn eine Gruppe von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sich hierüber verständigt. Unterschiedliche Verständnisse, die Begriffe und Wörter in unterschiedlichen Erfahrungskontexten haben können, stehen konträr zu dem von Mannheim kritisierten naturwissenschaftlichen Verständnis der Begriffsbildung, das exakt und überzeitlich gedacht und konzipiert ist. Mannheim verweist mit den konjunktiven Erfahrungen v.a. auf Wissen, auf das Akteurinnen und Akteure in ihren Praktiken vorbegrifflich zugreifen. Damit steht einem (vermeintlich) allgemein zugänglichen und begrifflichen Wissen ein handlungspraktisches, nicht notwendigerweise begrifflich und reflexiv darzulegendes gegenüber. Dieses Wissen leitet menschliche Handlungen und Praktiken wesentlich (vgl. Mannheim 1980, S. 209). So gelingt es uns vermutlich kaum, in Worte zu fassen, was wir tun und wie es uns gelingt, von unseren Mitmenschen in interaktiven Bezügen als Mann oder als Frau erkannt zu werden – und dennoch zeigt sich in Kommunikationsprozessen, dass uns dies (stets) gelingt.

Soziale Praktiken, die auf konjunktives Wissen aufbauen, stellen eine Form grundlegender Haltung von Menschen gegenüber der Welt dar. Die theoretischen Überlegungen habitueller Muster Pierre Bourdieus (2009) knüpfen an die konjunktiven Erfahrungen im Sinne Mannheims an. Mit Hilfe habituellen Wissens nehmen Akteurinnen und Akteure einerseits die soziale Welt wahr und bewerten sie und gleichzeitig werden ihre Praktiken durch sie hervorgebracht (vgl. Bourdieu 1987, S. 100ff.). Die Herausbildung und Differenzierung sozialer Praktiken findet in kulturellen Erfahrungsräumen bzw. sozialen Milieus statt. Diese sind als solche nicht determinierend, vielmehr eröffnen sie Variationen und Möglichkeiten an Handlungsoptionen. Praktiken erfolgen auch bei Bourdieu nicht notwendigerweise begrifflich-theoretisch reflektiert, sondern durch eine Art Gespür, das aufgrund konjunktiver bzw. habitueller Erfahrungen vorliegt. Habituelles Wissen eröffnet wechselseitiges Verstehen zwischen Akteurinnen und Akteuren mit vergleichbaren Erfahrungen. Dies verweist darauf, dass soziale Praktiken zwar immer auf Ziele gerichtet sind, diese jedoch nicht notwendig subjektiv im Sinne rationaler Handlungen und Überlegungen zugänglich sind. Vielmehr agieren die Akteurinnen und Akteure nach Regeln, die ihnen nicht reflexiv, also in theoretisch-begrifflicher Form zur Verfügung stehen, dies aber prinzipiell könnten (vgl. Koller 2009, S. 23). Dieses implizite oder konjunktive Wissen ermöglicht die Teilnahme an und in der sozialen Praxis, der sozialen Welt eines Feldes und bringt dieses eben dadurch erst hervor (vgl. Bohnsack 2008, S. 61).

Auch Unterricht stellt eine soziale Praxis von Akteurinnen und Akteuren dar. Für eine empirische Annäherung an ihn bzw. an didaktisches Handeln von Lehrerinnen und Lehrern im Hinblick auf Inklusion verweisen die Überlegungen Mannheims darauf, nicht nur ihr begriffliches und wörtliches Wissen über Unterricht, sondern auch und vor allem ihr konjunktives Erfahrungswissen und seine Gültigkeit, auf das Bezug genommen wird, zu rekonstruieren (vgl. Mannheim 1980, S. 213). Den Blick auf das konjunktive und Praxis strukturierende hervorbringende Wissen von Lehrkräften zu untersuchen, erscheint insofern besonders interessant, als dass sie eine professionelle Gruppe darstellen. Als solche sind ihre konjunktiven Erfahrungen von Unterricht nicht ausschließlich durch erlebte Praxiserfahrungen generiert. Vielmehr haben sie sich auch theoretisch und begrifflich mit Unterricht und didaktischen Überlegungen auseinandergesetzt und verfügen somit über reflektiertes begriffliches Wissen zu diesem Themenfeld. Die komplexe Verwobenheit bzw. Doppelstruktur von begrifflichem Wissen und konjunktiver Erfahrungen hebt Mannheim hervor (vgl. 1980, S. 222f.).

Eine praxeologische Betrachtung von Unterricht hat zum Ziel, das konjunktive Erfahrungswissen herauszuarbeiten, an dem Akteurinnen und Akteure ihre Praktiken ausrichten und in denen sie jeweilige Bedeutungen entwickeln. Ziel dieses Vorgehens ist es, einen differenzierten Blick auf die Komplexität der Zusammenhänge des Unterricht mit Bezug auf die Erfahrungen aus der Perspektive der Lehrenden zu erhalten. Im Gegensatz zur Unterrichtforschung der der empirischen Bildungsforschung wird damit die Mikroebene unterrichtlicher Prozesse fokussiert. Quasi konträr zur empirischen Bildungsforschung besteht hier das Ziel, die Herstellung der sozialen Praxis Unterricht zu betrachten und nachvollziehen zu können.

2.2. Methodologische Rahmung und methodisches Vorgehen

Vor dem Hintergrund der theoretischen Überlegungen unterschiedlicher menschlicher Wissensarten soll hier aufgezeigt werden, wie sich dem konjunktiven Erfahrungswissen methodologisch angenähert werden kann. Empirisch und erkenntnistheoretisch kann dies mithilfe des methodologischen Konzepts der dokumentarischen Methode erfolgen. Die dokumentarische Methode geht auf die Überlegungen Mannheims zurück und wurde und wird von Ralf Bohnsack (2008) seit den 1980er Jahren weiterentwickelt. Seine Arbeiten regten ebenso zu zahlreichen Erweiterungen der Anwendungskontexte der dokumentarischen Methode in sozialwissenschaftlichen Erkenntnisprozessen an wie zu Differenzierungen ihrer Methodik und Methodologie (vgl. z.B. Bohnsack 2007; Bohnsack 2009; Bohnsack Przyborski & Schäffer 2006; Przyborski 2004; Wagner-Willi 2001).

Die dokumentarische Methode nimmt als praxeologisches Verfahren eine „vermittelnde [...] Position zwischen objektivistischen und subjektivistischen Herangehensweisen“ (Przyborski & Wohlrab-Sahr 2009, S. 277) ein. Das leitende Erkenntnisinteresse richtet sich auf die Frage, wie soziale Realität hergestellt wird. Diese Perspektive unterscheidet sich zum einen von empirischen Blicken auf Praxis, die das Wozu und das Warum sozialer Welt erfragen, und zum anderen vom Interesse am Was, also einem objektivistischen Herangehen. Um die Herstellung sozialer Realität rekonstruieren zu können, ist die Unterscheidung zwischen handlungspraktischem, also konjunktivem, und kommunikativ-generalisiertem, dem begrifflich-theoretischen, Wissen innerhalb des Herangehens von entscheidender Bedeutung. Das handlungspraktische oder konjunktive Wissen, das das Handeln der Akteurinnen und Akteuren wesentlich leitet, ist dabei von dem kommunikativ-generalisierten zu lösen, um es analytisch fassen zu können (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr 2009, S. 275f.). Die sozialen und kulturellen Entstehungszusammenhänge von Einstellungen und Positionen sollen ebenso erkannt werden wie die sich darin entfaltenden und begründeten Praktiken. Eine Annäherung erfolgt über die Rekonstruktion von Orientierungen, an und in denen Themen bearbeitet werden. Diese so genannten Orientierungsrahmen kennzeichnen jene Bezugspunkte, an denen bzw. innerhalb derer Themen und Inhalte verhandelt und bearbeitet werden. Der gemeinsame bzw. der konjunktive Erfahrungsraum findet in den themenbezogenen Orientierungsrahmen seinen je spezifischen Ausdruck. Diese übergeordneten Erfahrungen werden nicht erst in der Situation der Datenerhebung, die z.B. mithilfe von Videografie, Fotos oder verbalen Äußerungen von den Akteurinnen und Akteuren vorgenommen werden kann, generiert, sondern lediglich aktualisiert (vgl. Bohnsack 2008, S. 107). Die Orientierungsrahmen sind durch folgende drei Aspekte konstituiert: die bejahenden Ideale, die sogenannten positiven Horizonte, auf sie strebt eine Orientierung zu, die negativen Gegenhorizonte, gegenüber denen eine Abgrenzung stattfindet, sowie die Einschätzung und Bewertung der Realisierungsmöglichkeiten zwischen positivem und negativem Horizont (vgl. Przyborski 2004, S. 56).

Diese Orientierungen, an denen die Praktiken ausgerichtet sind, finden sich v.a. in den realen Handlungen der Menschen wieder. Unterrichtsforschung, die videografisch arbeitet, kann anhand von bildlich-verbalem Material strukturierende Strukturen von Praxis rekonstruieren (vgl. Sturm & Schwohl 2012). Eine andere methodische Möglichkeit, sich den Orientierungsrahmen anzunähern, stellen Erzählungen und Beschreiben konkreter Erlebnisse und Erfahrungen dar, da Personen, die erzählen, berichten und beschreiben, dies in der Annahme tun, einander zu verstehen. Einander zu verstehen setzt geteilte, also konjunktive, Erfahrungen voraus. Erzählungen finden sich in Interaktion mit einem/r Interviewenden und/oder in Gruppendiskussionen. In Gruppendiskussionen findet sich eine Doppelstruktur, der kommunikativen Kommunikation gegenüber der Diskursleitung und konjunktiven Formen gegenüber den anderen Teilnehmenden. Die Erzählung kann sowohl im Rahmen des Ersteren wie des Zweiteren stattfinden.

Gruppendiskussionen, an denen Menschen mit konjunktivem Erfahrungshintergrund teilnehmen, sind insofern als Datenerhebungsmethode geeignet, da Themen und Inhalte vor diesem Hintergrund der interaktiven Bezugnahme aufeinander bearbeitet und aktualisiert werden. Dies setzt voraus, dass die Diskussionsleitung ihre Aufgabe wesentlich darin sieht, den Diskurs der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufrecht zu erhalten (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr 2009, S. 221). Dabei wird davon ausgegangen, dass die Beteiligten auf gemeinsame Erfahrungen, auf geteiltes konjunktives Wissen, zurückgreifen können und auf dieses in der Diskussion miteinander Bezug nehmen. Das Gemeinsame liegt im Fall einer praxeologischen Unterrichtsforschung in der Annahme geteilter Erfahrungen von Unterricht in der Perspektive Lehrerin bzw. Lehrer, insbesondere bei sogenannten Realgruppen. Die Überprüfung, ob tatsächlich ein geteilter Orientierungsrahmen vorliegt, ist jedoch empirisch herauszuarbeiten. Jener konjunktive Bedeutungsgehalt, der die Praktiken der Lehrkräfte im Unterricht leitet, wird auch in ihren Erzählungen als Bezugspunkt herangezogen, so die leitende Annahme, die der dokumentarischen Methode unter Rückgriff auf die Überlegungen Mannheims (1980) zu Grunde liegt. Somit kann von Gruppendiskussionen auf jene strukturierenden Strukturen geschlossen werden, die auch in unterrichtlichen Praktiken als Bezugspunkt dienen, da sie keine singulären Momente darstellen, die erst im Gespräch erzeugt werden, sondern in diesem konjunktive Erfahrungen aktualisiert werden (vgl. Bohnsack 2008, S. 107). Das konjunktive Erfahrungswissen herauszuarbeiten, zu rekonstruieren und es begrifflich zur Verfügung zu stellen, ist das Ziel empirischer Arbeit mit der dokumentarischen Methode. Die Reflexion der Einbindung in den sozialen Kontext der Entstehung des Wissens ist ebenso wichtig wie die Reflexion der von den Forschenden eingenommen Perspektive auf ihren Untersuchungsgegenstand (Bohnsack 2008, S. 187ff.).

Die Auswertung von Gruppendiskussionen erfolgt in vier Schritten. Zu Beginn steht die formulierende Interpretation, ihr folgen die reflektierende Interpretation und die Fallanalyse. Der vierte Auswertungsschritt stellt die Typenbildung dar. Das kommunikativ-generalisierte Wissen, also der inhaltliche Diskurs, die Unterhaltung auf der Ebene von Worten und Themen, wird in der formulierenden Interpretation herausgearbeitet. In der reflektierenden Interpretation wird die diskursive Bezugnahme der Diskutierenden aufeinander herausgearbeitet und in Relation zum wörtlich Geäußerten gesetzt. In dieser verbindenden Betrachtung eröffnet die reflektierende Interpretation die Perspektive auf jenen Orientierungsrahmen, in dem eine Thematik bearbeitet wird. Die Validierung des sequenziell rekonstruierten Orientierungsrahmens (die sequenzbezogen erfolgt,) wird zunächst durch Kontrastierung zu anderen Passagen und/oder Themen des Falls und später gegenüber den Orientierungsrahmen und Themen weiterer Fälle rekonstruiert. Ziel dieser Vergleiche ist es, den übergeordneten Orientierungsrahmen einer Gruppe, ihr konjunktives Wissen zu rekonstruieren. Diese übergeordneten Orientierungen werden – im Zuge der Typisierung – zu denen anderer Gruppendiskussionen in Relation gesetzt (vgl. Bohnsack 2008, S. 134ff.).

Die Auswahl jener Passagen, die in die Auswertung von Gruppendiskussionen einfließen, orientiert sich an der interaktiven Dichte und Bezugnahme der Diskutierenden aufeinander und der Bildhaftigkeit der verwendeten Sprache innerhalb der Passage. Beide Aspekte zusammen bezeichnet Bohnsack als „Fokussierungsmetapher“ (2008, S. 137). Die thematische Relevanz einer Passage für das leitende Forschungsinteresse und die Möglichkeit der thematischen Vergleichbarkeit mit anderen rekonstruierten Orientierungsgehalten stellen zwei weitere Auswahlkriterien dar (vgl. Bohnsack, 2008, S. 136 ff.). Das diskursive Kriterium besteht in Gruppendiskussionen auf der Erzählung bzw. Bezugnahme auf Erfahrungen, die geteilt werden. Dies vollzieht sich in einem Dreitschritt wechselseitiger Bezugnahme zu einer Proposition, also der Setzung eines Themas mit mindestens einer Validierung und einer Elaboration durch jemand anderen als den/die proponierenden Diskussionsteilnehmenden (vgl. Przyborski 2004, S. 59).

3. Inklusion

Inklusion ist in den letzten Jahren zu einem wichtigen Begriff der deutschsprachigen (Sonder-)Pädagogik geworden. In der Fachwissenschaft steht er in besonderer Beziehung und Tradition zum Begriff der schulischen Integration von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf (vgl. z.B. Eberwein & Knauer 2009; Feuser 1995; Hinz 2002; Wocken 2009). Zugleich wird Inklusion zunehmend politisch-gesellschaftlich diskutiert. Dies steht in enger Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (vgl. UN 2006; 2008) und der mit ihrer Ratifizierung einhergehenden Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, sie in deutsches Recht umzusetzen. Für die Betrachtung von inklusivem Unterricht ist das im Paragraph 24 beschriebene Recht inklusiver schulischer Bildung ein wesentlicher Bezugspunkt.

Die erziehungswissenschaftlichen Publikationen und Definitionen von Inklusion teilen das Verständnis eines Unterrichts und einer Schule, die gut und gerecht sind oder zumindest besser und gerechter, als der Unterricht, die Schule und das Bildungssystem, die zurzeit bestehen. So fungiert Inklusion quasi als Gegengewicht zu jenen Marginalisierungen und Diskriminierungen, die heute in Schule und Unterricht zu beobachten sind. Die Frage eines Verständnisses von Inklusion, das an Bildungsgerechtigkeit orientiert ist (vgl. Sturm 2012a), wird ebenso diskutiert wie ihre Bedeutung vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher und historischer Zusammenhänge (vgl. Hollenweger, 2006, S. 45). Diese Orientierung an einer anderen, gerechteren Art von Schule verweist auf die Herausforderung, Schule und Unterricht zu transformieren, um ihre eigene und sich selbst reproduzierenden Mechanismen zu stoppen bzw. zu überwinden (vgl. Feuser 2010, S. 1). Dies setzt voraus, Wissen über die bestehenden Vorstellungen und Praktiken in ihrer Komplexität zu haben. Auf einer solchen Grundlage können Perspektiven unterrichtlicher Entwicklungen konkretisiert werden.

Der skizzierte Gedanke von Inklusion als positivem Gegengewicht zu Bestehendem knüpft zugleich an das moralische Selbstverständnis zahlreicher westeuropäischer Gesellschaften an, in einer gerechten Gesellschaft zu leben. In einer Gesellschaft, in der jeder und jedem unabhängig von der sozialen und familiären Herkunft die gleichen Möglichkeiten offen stehen (vgl. Mecheril, Mar Castro Varela, Dirim, Kalpaka & Melter 2010, S. 10). Zahlreiche nationale und international vergleichende Schulleistungsuntersuchungen haben gezeigt, dass dies dem deutschen Schulsystem im Vergleich zu anderen Staaten und ihren Schulsystemen kaum gelingt. Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlicher familiärer Herkunft erhalten keine vergleichbaren Möglichkeiten, Schulabschlüsse gleichberechtigt zu erreichen und damit am kulturellen und sozialen (Berufs-)Leben partizipieren zu können (vgl. z.B. PISA-Konsortium 2001). Vor dieser Situation formiert sich ein Verständnis von Inklusion, das diese als Abbau und Überwindung von Benachteiligung und Marginalisierung in Schule und Unterricht begreift. Diese Position und Perspektive geht über Fragestellungen und Problemen, mit denen sich die Sonder- respektive Integrationspädagogik bisher auseinandersetzte, hinaus. Das Verständnis macht es erforderlich, weitere Differenzdimensionen in den Blick zu nehmen, die sich mit gruppenbezogenen Benachteiligungen in pädagogischen und unterrichtlichen Kontexten auseinandersetzen. Hierzu gehören insbesondere Diskurse um migrationsbedingte, sozio-ökonomische und geschlechtsbedingte Differenzen zwischen Menschen und ihrer Bearbeitung in Schule und Unterricht (vgl. z.B. Becker & Lauterbach 2008; Diehm & Radtke 1999; Faulstich-Wieland, Weber & Willems 2004).

Ainscow (2008) fasst das bereits angedeutete Verständnis so zusammen, dass er die Anerkennung von Differenz und Heterogenität, verbunden mit der Zielsetzung, soziale Exklusion und Marginalisierung zu unterbinden, für schulische Inklusion definiert. Im Fokus stehen dabei v.a. jene Benachteiligungen, die im Zusammenhang mit Unterschieden stehen, die als soziale Kategorien über die Schule hinaus bedeutsam sind und in den sozialen Differenzlinien wie Geschlecht, Behinderung, Ethnizität und religiöse Überzeugung stehen (vgl. ebd. 2008, S. 241). Die angesprochenen Kategorien sind hier nicht auf Individuen, sondern auf Gruppen und deren strukturelle Benachteiligung in der Gesellschaft bezogen und können so als Analysefolie einer empirischen Betrachtung von unterrichtlichen Praktiken und Gestaltungsideen herangezogen werden. Die Lehrerinnen und Lehrer nehmen in diesem Prozess insofern eine Schlüsselstellung ein, als dass es ihre Vorstellungen von Differenzen und Praktiken ihrer Bearbeitung sind, die in der interaktiven Situation des Unterrichts auf konkrete Schülerinnen und Schüler treffen. Für die Betrachtung von Inklusion in Unterricht bzw. Didaktik stellen Differenzverständnisse mithin einen wichtigen Bezugspunkt dar.

Eine Unterstützung und kritische Begleitung von Schulen und Unterricht, die sich auf unterrichtlicher Ebene an dem Primat der Inklusion orientieren, stellt die Unterrichtsforschung mithin vor vergleichbare Fragen, wie ein Instrumentarium zur Betrachtung inklusiven Unterrichts aussehen kann. Dies liegt hier wesentlich in der Bereitstellung von methodologischen und methodischen Begriffen und Instrumentarien, mit denen es möglich wird, Inklusion bzw. die Herstellung und Bearbeitung von Differenzen als Element in Unterrichtsprozessen zu beschreiben. Die Erziehungswissenschaft übernimmt hierbei einerseits eine erkenntnistheoretische und andererseits eine – eng daran gebundene – politische Aufgabe. Politisch ist die Aufgabe insofern, als dass die Idee der schulischen und unterrichtlichen Inklusion und Bildungsgerechtigkeit sich über eine formale politische Setzung, wie sie jetzt proklamiert wird, auf eine reale erst noch beweisen muss. Eine Unterrichtsforschung, die Inklusion untersuchen will, um sie reflexiv zu bearbeiten und/oder Handlungsalternativen anbieten zu können, ist herausgefordert, Unterricht, einerseits in seiner gesellschaftlich-schulischen Verankerung der damit verbundenen Komplexität und andererseits in seiner konkreten methodisch-interaktiven Gestaltung zu betrachten und zu hinterfragen. Für die empirische Annäherung an Unterricht und an didaktische Konzeptionen von Lehrenden, die maßgeblich die Lehr- und Lernprozesse gestalten, bedeutet dies, jenes Wissen, das für sie Bezugspunkt ihrer Praktiken darstellt, zunächst zu rekonstruieren. Die Kenntnis hierüber kann, so die These, helfen, Anknüpfungs- und Reflexionspunkte zu erkennen, die auf der Ebene praktischer Unterrichtsgestaltung Marginalisierungen und Benachteiligungen liegen.

4. Differenzkonstruktionen in unterrichtlichen Praktiken – illustrierende Beispiele

Vor dem Hintergrund der theoretischen Überlegungen einer praxeologischen Unterrichtsforschung und methodologischer Möglichkeiten, einer empirischen Annäherung, wird in diesem Abschnitt die Vorgehensweise anhand eines Beispiels illustriert. Hierfür wird auf Daten einer Gruppendiskussion mit Lehrkräften zurückgegriffen, die im Rahmen des Forschungsprojekts Differenzkonstruktionen unterrichtlicher Praktiken (vgl. z.B. Sturm 2011) erhoben wurden. Das leitende Erkenntnisinteresse des Forschungsvorhabens, auf das hier Bezug genommen wird, stellt die Rekonstruktion von (Re-)Produktion und Bearbeitung von Differenzen von Schülerinnen und Schülern in unterrichtlichen Praktiken durch Lehrinnen und Lehrern dar.

Differenzen werden in dem Projekt als sozial konstruiert verstanden, die in ihrer Beschreibung immer das Ergebnis eines Vergleichs sind. Somit werden Relationen zwischen mindestens zwei zu vergleichenden Aspekten, wie z.B. soziale Herkunft oder Sprachhandlungsmöglichkeiten, beschrieben, wenn auf Differenzen Bezug genommen wird. Etwas als different oder unterschiedlich zu bezeichnen, verweist darauf, dass ein Vergleich vorgenommen wurde; z.B. wird die Größe von zwei Menschen betrachtet. Folglich sind Unterschiede und gleichermaßen Gleichheit nur dann festzustellen, wenn die zu vergleichenden Aspekte auch gleich sind. Im Beispiel besteht die Gleichheit darin, dass beide Menschen über Größe verfügen, die sich beispielsweise in Zentimetern oder Metern beschreiben lässt. Wenn die verglichenen Menschen unterschiedlich groß sind, lässt sich diese Relation mit größer und/oder kleiner umschreiben. Differenzen und Heterogenität sind somit an Homogenität – auf einer abstrakteren Ebene dialektisch verbunden. Im schulischen Kontext besteht Homogenität zunächst darin, dass alle Kinder und Jugendlichen als Schülerinnen und Schüler gesehen werden (vgl. Wenning 2008). Als solche werden sie miteinander verglichen und zueinander in Relation gesetzt. Homogenität bezieht sich in Schule und Unterricht üblicherweise nicht auf eine absolute Gleichheit, wie im Größenbespiel, sondern sie wird als eine Streuung um eine Norm verstanden, die als homogen betrachtet wird (vgl. Gomolla 2009, S. 22).

Neben den Risiken von Zuschreibungsprozessen, die in der Konstruktion von Differenzen liegen, übernehmen sie in unseren komplexen alltäglichen Praxen eine entlastende und somit notwendige Funktion, Komplexität wird reduziert. Unterscheidungen – also Differenzierungen – stellen die Grundlage sowohl von reflexivem als auch von konjunktivem Handlungswissen dar. Die Herstellung von Differenzen bzw. Distinktionen ermöglicht es, die Welt zu begreifen und in ihr handlungsfähig zu sein. In Bezug auf schulische und unterrichtliche Inklusion interessiert v.a. die Frage, welche Unterschiede zwischen Schülerinnen und Schüler wahrgenommen und/oder hergestellt werden und in der Folge für unterrichtliche Überlegungen relevant werden.

4.1. Exemplarische Rekonstruktion von Orientierungsrahmen

Im Rahmen der Untersuchung Differenzkonstruktionen in unterrichtlichen Praktiken, aus der die nachfolgend zu zeigenden Daten stammen, wurden rund 20 Gruppendiskussionen an unterschiedlichen Schultypen und Schulen in Deutschland und Österreich geführt.[1] Die Gruppendiskussionen dauerten durchschnittlich etwa eineinhalb Stunden und wurden mithilfe eines Diktiergeräts aufgenommen. Anschließend wurde das Gesprochene in geschriebenen Text entlang des Transkriptionssystems „Talk in Qualitative Social Research“, kurz TiQ, übersetzt (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr 2009, S. 166f.). Die Transskripte stellen die Grundlage für die Auswertung dar.[2]

Die hier ausgewählten Beispiele entstammen zwei Schulen, die beide integrativ arbeiten. Alle Lehrkräfte formulieren – auf begrifflich-theoretischer Ebene – an einer integrativen respektive inklusiven Schule zu arbeiten und auch selbst integrativ zu unterrichten. In der anschließenden Darstellung folgt den Transkriptausschnitten die formulierende Interpretation. Die reflektierende Interpretation wird jeweils unter der Überschrift Geteilter Orientierungsrahmen dargestellt. Gemeinsam ist den zwei ausgewählten Passagen die Bearbeitung des Themas, welche Kinder in der Klasse bzw. der Lerngruppe sind und wie diese sich voneinander unterscheiden. Dies wird in beiden Gruppen entlang unterrichtlicher Bezugspunkte und Orientierungen thematisiert und aus diesen heraus werden die Differenzen konstruiert. Der Vergleich der rekonstruierten Orientierungsrahmen – die Komparation – findet sich im Anschluss an die zunächst einzeln herausgearbeiteten Orientierungen.

4.2. Unterschiedliche Kinder im Unterricht: für einige ist niemand zuständig

Das nachfolgende Textbeispiel entstammt einer Gruppendiskussion, an der fünf Lehrerinnen beteiligt waren. Sie arbeiten gemeinsam an einer Grundschule. Bf kommt zwar von einem Förderzentrum und ist Sonderpädagogin, sie gehört dem Kollegium der Grundschule formal nicht an, die Schule ist jedoch ihr täglicher Arbeitsort. Die Grundschule liegt am Stadtrand einer großen westdeutschen Stadt und arbeitet zum Zeitpunkt der Gruppendiskussion seit zweieinhalb Jahren integrativ. Die Schülerinnen und Schüler dieser Schule kommen nach Aussagen der Lehrerinnen überwiegend aus bildungsfernen und sozio-ökonomisch benachteiligten Milieus.

Unmittelbar vor der nachfolgenden Passage diskutieren die Lehrkräfte die Unklarheiten bei der Vergabe von Noten und kommen in diesem Kontext auf die so genannten Integrationskinder, die sie „I-Kinder“ nennen, zu sprechen. Es handelt sich hierbei um Kinder, die sonderpädagogischen Förderbedarf in den Bereichen Lernen und/oder Sprache haben und die integrativ in der Grundschule beschult werden. Die erste Äußerung Cfs nimmt auf „die I-Kinder“ Bezug. Die Passage zeichnet sich durch eine hohe interaktive Dichte aus und wurde für die Darstellung mit dem Ziel des besseren Nachvollzugs in zwei Teile geteilt.

4.2.1. Passage „Kinder aus dem Niemandsland“

 

Inhaltlich geht es in diesem Teil der Passage um unterschiedliche Kinder und ihre Möglichkeiten in der Schule zu lernen. Es werden drei Gruppen von Kindern genannt, die so genannten I-Kinder, die Regelkinder und die Gruppe, die zwischen den ersten und den zweiten gesehen wird. Sie werden hier als Regelkinder beschrieben, die weder "hochbegabt“ sind, noch einen so niedrigen Intelligenzquotienten haben, dass sie Anspruch auf sonderpädagogische Förderung und die damit verbundene andere Behandlung erhalten, wie z.B., nicht an Lernstandsvergleichen teilzunehmen und/oder Noten zu erhalten. Der Intelligenzquotient als scheinbar objektive Differenzkategorie wird hier in seiner Bedeutung für die Lehrpersonen deutlich.

Die Lehrerinnen beschreiben die Kinder in dieser Passage und nehmen gleichzeitig Bezug zur unterrichtlich-schulischen bzw. allgemein unterstützenden Zuständigkeit für diese Kinder. Das Thema der Zensuren führt die Lehrerinnen zu einer Beschreibung einer Gruppe von Kindern, die weder über einen Sonderstatus verfügen noch so lernen, wie die „hochbegabten Regelkinder“. Die Kinder haben nach Ansicht der Lehrerinnen viele Probleme und Schwierigkeiten, jedoch keinen Anspruch auf sonderpädagogische Unterstützung. Die Umschreibung dieser Kinder als „ärmste Würmer“ verweist zum einen auf empathisches Mitgefühl mit ihnen und zum anderen auf eine Herabsetzung von Seiten der Lehrerinnen. Zudem wird eine Differenz zwischen den Beobachtungen der Schwierigkeiten der Kinder auf der einen Seite und den Ergebnissen der formalen Überprüfung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs auf der anderen deutlich. In diesem Dilemma scheint das „Schicksal“ der Kinder sich schulisch zu entfalten.

 

 

Im zweiten Teil der Passage, die insgesamt mit „Kinder aus dem Niemandsland“ betitelt wurde, setzen die Lehrerinnen ihre Beschreibung der Kinder fort. Sie beschreiben das soziale Milieu der Eltern, die ihre Kinder weder finanziell, in Form von Nachhilfe, noch durch eine anregungsreiche Gestaltung mit Lern- und Spielmaterialien unterstützen können. Die eigenen sozialen Erfahrungen der Eltern führen die Lehrerinnen hierfür erklärend an. Diese eröffnen den Eltern keine Perspektiven einer Unterstützung der Lernentwicklung ihrer Kinder, damit diese den schulischen Anforderungen entsprechen könnten. Die Lehrerinnen beschreiben ihre eigenen Versuche, den Kindern außerunterrichtliche Hilfen zukommen zu lassen. Ihre Versuche scheitern jedoch daran, dass diese nur dann gewährt werden, wenn die Probleme der Kinder nachweislich sehr groß sind und zwar über die erste Klasse hinaus, da in dieser kein Anspruch auf außerunterrichtliche Fördermaßnahmen besteht.

4.2.2. Geteilte Orientierungen

Die Lehrerinnen der Gruppe Kontinent diskutieren in der ausgewählten Passage ihre eigenen Schwierigkeiten Kindern, die weder zu denen zählen, die sonderpädagogischen Förderbedarf haben und für die damit andere Regeln gelten, noch zu jenen, die sie als „hochbegabte Regelkinder“ umschreiben. Die potenzielle Möglichkeit für die Unterstützung dieser Kinder sehen die Lehrerinnen in Förderangeboten außerhalb ihres Unterrichts und fühlen sich damit für die Lernprozesse nicht (durchgängig) zuständig. Diese müssen beantragt werden. Eine Beantragung solcher außerschulischen Fördermöglichkeiten unterstützt die Gruppe Kontinent ebenso wie die Überprüfung der Kinder, ob sie einen sonderpädagogischen Förderbedarf erhalten können. Die Eltern der umschriebenen Kinder erkennen und beschreiben sie als eine weitere Gruppe, die Verantwortung für die nachholende Unterstützung unterrichtlicher Lernprozesse tragen könnte. Im Fall der beschriebenen Kinder fallen diese jedoch aus.

Der positive Horizont, der den Rahmen der Diskussion begrenzt, stellt die Schwierigkeiten der Lehrerinnen im Unterricht bzw. für erfolgreiche Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler dar. Sie verweisen darauf, dass diese Kinder keine besondere Förderung erhalten können. Eine organisatorische Bezugskategorie, welche zusätzliche Ressourcen bereitstellt, scheint zentral in der Frage, inwiefern diesen Schülerinnen und Schülern die benötigte Unterstützung zuteilwerden kann. Das heißt, implizit verweisen die Lehrerinnen der Gruppe Kontinent auf eine Ressourcenproblematik, die die Enaktierung ihrer „eigentlich“ bestehenden Förderorientierung einschränkt. Die individuelle Förderung besteht offenbar als Konzept nur im Rahmen der organisatorischen Kategorie des sonderpädagogischen Förderbedarfs. Die Lehrerinnen fühlen sich für die Förderung dieser „Kinder aus dem Niemandsland“ im Regelunterricht nicht zuständig.

Misserfolge werden in der Äußerung der Lehrerinnen und Lehrer über die Schülerinnen und Schüler, die „ nicht gut mitkommen“ zugespitzt geäußert. Hierin wird die Orientierung von normalem Lernen, dem Mitkommen im Unterricht, deutlich. Hiervon können Kinder – die Integrations-Kinder – befreit sein, für sie wird der Anspruch nicht erhoben bzw. wird bei ihnen davon ausgegangen, dass es nicht gelingt. Zwischen den andere Kindern besteht eine binäre Unterscheidung: jene Kinder, die im Unterricht mitkommen und jene, denen dies nicht gelingt. Die letztgenannte Gruppe unterscheidet sich zudem von den Integrationskindern, da für ihre Lern- und Bildungsprozesse andere Maßstäbe und pädagogische Zuständigkeiten bestehen. Eine wiederkehrende Begründung der Lehrerinnen hierfür sehen sie aufseiten der nicht-gewährten außerschulischen Nachhilfe. Die „Kinder aus dem Niemandsland“ spitzt diese Orientierung auf wörtlich-begrifflicher bzw. metaphorischer Ebene zu.

Die Orientierung innerhalb der Passage deutet ein Verständnis von persönlichem Pech oder Schicksal an, das die „Kinder aus dem Niemandsland“ zu erleiden oder erdulden haben. Die Lehrerinnen empfinden zwar Empathie für die Kinder, jedoch keine Zuständigkeit Verantwortung für ihre Bildungsprozesse. Die Situation der Kinder kann aus der Perspektive der Lehrerinnen nur durch außerschulische Unterstützung und einen rechtlichen Anspruch auf diese kompensiert werden. Auf beides haben die Lehrerinnen keinen Einfluss. Die Lehrkräfte orientieren ihre Überlegungen von Lernprozessen im Sinne eines unterrichtlichen Mitkommens an und in schulrechtlichen Kategorien. Diese Vorstellung spiegelt die Struktur des Sortierens und der Zuordnung im deutschen Schulsystem wider, wenn auch nicht in schultypenbezogener Hinsicht, so doch bezogen auf spezifische Förderangebote. Die darin enthaltene Norm findet sich im Unterricht in Lernstandserhebungen wieder. Dort, wo Eltern ihre Kinder nicht unterstützen können bzw. die familiäre Unterstützung nicht zu der schulischen Erwartung passt, sollte die Gesellschaft dies durch zusätzliche Unterstützung übernehmen. Darin ist die Orientierung enthalten, dass die Kinder zur Schule – und den in ihr durchgeführten Lernstandserhebungen – passen sollen. Die Differenz, die für die Lehrkräfte leitend in der Betrachtung ihrer Schülerinnen und Schüler ist, liegt in der Relation zu dieser gesetzten Norm und der je individuellen Möglichkeit der Kinder, sie zu erreichen.

Der negative Gegenhorizont bleibt unausgesprochen und orientiert sich dennoch an einer Verantwortung für die „Kinder aus dem Niemandsland“ durch die Lehrerinnen der Schule selbst. Hier scheint implizit die Anrufung einer Ressourcenproblematik deutlich zu werden. Der negative Gegenhorizont liegt eigentlich in der Bewältigung der Schwierigkeiten und Beurteilungsproblematik, die mit der verbundenen Situation einer erwarteten Überlastung – wenn dies auch nur implizit so geschlossen werden kann – einhergeht. Offenbar wird die „besondere Förderung“ der Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf auch durch entlastende Lernzielbefreiung bewältigt. In ihrer eigenen Unterrichtsgestaltung auf die Kinder einzugehen, stellt eine Kontrastfolie zur Delegation der Verantwortung an außerschulische Instanzen dar. Ihre unterrichtliche Realisierung ist wesentlich am positiven Horizont ausgerichtet. Ein Weg, der beinhaltet, dass eine Kinder „ins Niemandsland“ verloren gehen.

4.3. Unterschiedliche Kinder im Unterricht: unterschiedliche Aufgaben

An der nachfolgend dargestellten Passage sind zwei Lehrerinnen und ein Lehrer beteiligt. Sie arbeiten gemeinsam an einer Grundschule einer westdeutschen Großstadt. Eine der Lehrerinnen, Cf, ist ausgebildete Sonderpädagogin, die anderen beiden haben Grundschullehramt studiert. Sie sind alle gleichermaßen Teil des Kollegiums der Schule. Die Schule, an der die drei tätig sind, kann auf eine mehrjährige Tradition als integrativ arbeitende Schule zurückgreifen. Die Schülerinnen und Schüler der Schule kommen, nach Aussagen der Lehrkräfte, überwiegend aus sozial benachteiligten Familien und verfügen über familiäre oder eigene Migrationsgeschichten. Die ausgewählte Passage entstammt dem Beginn des Gesprächs, der noch eng an den Diskussionsimpuls anknüpft, jedoch bereits eine Selbstläufigkeit aufweist. Die interaktive Dichte der Passage unterstreicht dies. Das in dieser Passage von der Gruppe Gezeiten bearbeitete Thema ist inhaltlich vergleichbar mit jenem der Gruppe Kontinent. Es geht um die Beschreibung von Differenzen zwischen Kindern in der Lerngruppe und ihre Heterogenität.

4.3.1. Passage: „An verschiedenen Zielen“

 

Die Lehrkräfte berichten beginnend am Beispiel des Deutschunterrichts, dass es langsame und schnellere Kinder in ihren Klassen bzw. Lerngruppen gibt. In der gleichen Zeit gelingt es den Kindern in unterschiedlichem Ausmaß, Aufgaben bzw. Material zu bearbeiten. Die Kinder können im beschriebenen Unterricht in ihrem eigenen Tempo arbeiten. Dies ist möglich, da sie mit den unterrichtlichen Materialien und Aufgabenstellungen vertraut sind. Auch in den Wochenplänen, an denen die Kinder arbeiten, werden ihre Leistungsunterschiede berücksichtigt. Die Unterschiede zwischen den Kindern beschreiben die Lehrenden in Schuljahren.

Die Lehrkräfte unterscheiden in der Passage ihre Schülerinnen und Schüler entlang unterschiedlicher Arbeitstempi und Leistungsunterschiede. Dies erfolgt entlang des Materials „Rechtschreibleiter“, auf der unterschiedliche Stufen bestehen. Die Kinder arbeiten bzw. lernen auf je unterschiedlichen Stufen. Der Wochenplanunterricht berücksichtigt die Unterschiede ebenfalls.

 

In diesem zweiten Teil der ausgewählten Passage beschreiben die zwei Lehrerinnen und ihr Kollege den Unterschied zwischen Schülerinnen und Schülern in Jahren bzw. in Schuljahren und ihren Umgang mit diesen Differenzen im Unterricht. Die beschriebene Differenz machen sie an den Materialien und Inhalten bezogen auf Schulstufen fest, die die Schülerinnen und Schüler bearbeiten. Die Aufgaben und Anforderungen, ausgedrückt in Schuljahren, decken sich nicht immer mit den Schulbesuchsjahren der Kinder. Die Lehrkräfte differenzieren die Aufgaben der Kinder in Form von Menge und Umfang und geben ihnen solche, die ihrer tatsächlichen Entwicklung und nicht der in besuchten Schuljahren entsprechen. Eine weitere Differenzdimension, die sie zwischen den Schülerinnen und Schülern sehen, liegt darin, konzentriert zu lernen. Einen weiteren Unterschied zwischen Kindern sehen die Diskutierenden darin, wie leicht oder schwer Schülerinnen und Schüler von ihrer Lernaufgabe abzulenken sind sowie welches Arbeitspensum sie bewältigen können.

4.3.2. Geteilter Orientierungsrahmen

Vor dem Hintergrund der formulierenden Interpretation im vorangegangen Abschnitt wird hier der geteilte Orientierungsrahmen, der in der reflektierenden Interpretation erfolgt, dargestellt. Eine Rahmenkomponente besteht darin, Kindern, die mit sehr unterschiedlichen Lernausgangslagen und Entwicklungsständen sowie Mitarbeitsmöglichkeiten in die Schule bzw. den Unterricht kommen, entsprechend unterschiedliche Anforderungen und Aufgaben zu stellen. Hierbei differenzieren die Lehrkräfte nach der zu bearbeitenden Menge innerhalb eines Zeitraums und berücksichtigen dabei auch, wie lange sich einzelne Kinder konzentrieren können. Diese Art der Berücksichtigung von Unterschieden der Kinder wird von den Lehrkräften in Verbindung mit Materialien, die die Schülerinnen und Schüler kennen und mit denen sie selbstständig arbeiten können. Differenzen zwischen Schülerinnen und Schülern werden von der Gruppe Gezeiten zunächst differenziert beschrieben, ohne dass sie in eine binäre Zuschreibung münden. Dies relativiert sich jedoch insofern, als dass eine Differenz zwischen Entwicklungstand und Schulbesuchsjahren aufgemacht wird. Dies eröffnet im aktuellen Unterricht eine Perspektive auf das einzelne Kind und seine Situation, könnte aber im Moment von Beurteilung und Bewertung konkreter schulischer Leistungen nicht haltbar sein. Über letzteres kann auf der Datengrundlage keine Aussage gemacht werden, allerdings wird darauf verwiesen, dass die „Spannen“ (jetzt) nicht mehr so groß sind wie zu Beginn. Dies deutet auf eine Orientierung der Angleichung der Lern- und Entwicklungsstände der Kinder hin. Den positiven Horizont des Orientierungsrahmens stellen somit die individuellen Entwicklungsschritte von Kindern dar und ein gemeinsames Ziel. Jedes Kind lernt von seinem jeweiligen Entwicklungstand und seinen Möglichkeiten ausgehend und erhält entsprechende Aufgaben. Dies gelingt im Unterricht durch die Bereitstellung differenzierten Materials als auch differenzierter Aufgabenstellungen in der Bearbeitung von diesen. In diesem Orientierungsrahmen bestehen Differenzen zwischen Kindern in ihrem aktuellen Entwicklungsstand in der Auseinandersetzung mit den unterrichtlichen Anforderungen. Die Passage lässt offen, worin die Lehrenden die Ursachen für die Differenzen sehen, sie stellen jedoch eine Ausgangssituation des Unterrichts dar.

Der negative Gegenhorizont wird von der Gruppe Gezeiten nicht direkt angesprochen bzw. thematisiert. Er kann – theoretisch – daran festgemacht werden, dass nicht der Entwicklungsstand der Kinder, sondern ein normierter bzw. erwarteter Entwicklungsstand zum Ausgangspunkt genommen werden würde, über den sich die Lehrenden jedoch hinwegsetzen. In diesem Fall würden an alle Kinder die gleichen Erwartungen – in Form von Aufgabenstellungen im Wochenplan – gestellt werden, die ihren Schulbesuchsjahren entsprechen würden. Zugleich stellt der allmähliche Abbau von Leistungsdifferenzen, d.h. die Beibehaltung einer großen Spanne am Ende der Schulzeit tendenziell eine negative Begrenzung  des Orientierungsrahmens der Gruppe Gezeiten dar. Die praktische Umsetzung, also die Realisierung und Bearbeitung der Differenzen zwischen Schulbesuchsjahren und Entwicklungsstand erfolgt im Unterricht wesentlich durch die Orientierung am positiven Horizont.

4.4. Vergleichende Betrachtung der Bearbeitung der Themas

Ein Vergleich der zwei ausgewählten Passagen ist entlang des gleichen Themas möglich, das bearbeitet wird. Die Schülerinnen und Schüler werden in ihrer Unterschiedlichkeit beschrieben. Dies wird von beiden Gruppen, Kontinent und Gezeiten, unter Rückgriff auf unterrichtlich-schulische Vorstellungen realisiert. Die Passagen und die darin deutlich werdenden schulischen und entwicklungsbezogenen Bezugspunkte sollen miteinander verglichen werden, um die Besonderheiten als auch das Gemeinsame zwischen diesen zwei Passagen herauszuarbeiten.

Das Thema ermöglicht den Vergleich, da in ihm das gemeinsame Dritte, das tertium comparationis, zu finden ist. Hier wird zunächst deutlich, dass Differenzen von beiden Gruppen, Kontinent und Gezeiten, mit dem Fokus auf Leistung bzw. Lernentwicklung thematisiert werden. Die Relationen anhand derer die Gruppen die Leistungsdifferenzen beschreiben, unterscheiden sich jedoch voneinander. Im Fall der Gruppe Gezeiten ist dies ein Vergleich des Entwicklungsstand eines Kindes mit seinen aktuellen Lernentwicklungsmöglichkeiten bezogen auf unterrichtliche Anforderungen und Inhalte. Die Gruppe Kontinent konstruiert Leistungsdifferenzen hingegen durch eine Relationierung zu der Erwartung des Mitkommens im Unterricht und den (normierten) Lernstandserhebungen.

Vergleicht man die Bearbeitung des Themas der Gruppen Gezeiten und Kontinent so zeigt sich, dass die Lehrkräfte der Gruppe Gezeiten beschreiben, wie sie unterrichtlich auf Differenzen der Schülerinnen und Schüler eingehen, während die Gruppe Kontinent beschreibt, dass (ihr) Unterricht nicht (zufriedenstellend) auf die Differenzen eingehen kann. Die Gruppe Gezeiten nimmt die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler als Ausgangspunkt für individuelle Aufgabenstellungen für die Kinder. Sie orientiert die unterrichtlichen Anforderungen wesentlich an den konkreten Kindern, während die Gruppe Kontinent eine – von außen gesetzte – Norm, die von den Kindern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf erreicht werden soll, zum Ausgangspunkt des Unterrichts nimmt. Beide Verständnisse verweisen bzw. eröffnen unterschiedliche Perspektiven auf Differenzen. Im Fall der Gruppe Kontinent werden diese hierarchisch gesehen. Die Hierarchie ist mit der Schwelle des Erreichens der Erwartung verbunden. Die Gruppe Gezeiten sieht Differenzen im individuellen Entwicklungsstand und den (aktuellen) Möglichkeiten der Entwicklung im Vergleich zu den tatsächlichen in Schulbesuchsjahren quantifizierten und potenziellen Erwartungen.

Ein weiterer Unterschied besteht in der Art der Differenzbetrachtung. Die Gruppe Kontinent sieht binäre Differenzen und zwar zwischen jenen Kindern, die die Ziele erreichen und jenen, die dies nicht tun. Von der dritten Gruppe, die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, wird nicht erwartet, dass sie die Anforderungen erfüllen. Ob und wie sich dennoch auch in der Arbeit mit diesen Kindern an den Anforderungen orientiert wird, kann aus der dargelegten Sequenz nicht rekonstruiert werden. Konträr werden die Differenzen der Schülerinnen und Schüler untereinander von der Gruppe Gezeiten mehrdimensional beschrieben und sie münden nicht in vergleichbarer Weise in kategoriale Beschreibungen, aber zu einem individuellen Vergleich, der defizitär interpretiert werden könnte.

Die Bezugspunkte der Betrachtung und Bearbeitung von Differenzen im Unterricht unterscheiden sich zwischen den zwei Gruppen. Die Orientierungen der Gruppe Gezeiten lassen im Gegensatz zu jenen der Gruppe Kontinent weniger die Vorstellungen oder Muster eines segregierenden Schulsystems erkennen. Dies wird zwar nicht in gesonderten Institutionen, wohl aber in gesonderter – professioneller – Zuständigkeit für die Lern- und Bildungsprozesse der Schülerinnen und Schüler gesehen. Vor dem Hintergrund einer unterrichtlichen Gestaltung, die an Inklusion ausgerichtet ist, wird das Risiko einer Marginalisierung im Unterricht deutlich. Für Gruppen von Schülerinnen und Schülern fehlen Lehr-Lerngelegenheiten, wenn der Unterricht an einer einheitlichen Norm ausgerichtet ist. Dieser steht eine Orientierung der unterrichtlichen Gestaltung an den jeweiligen Entwicklungsständen der Kinder einer Lerngruppe gegenüber, wie sie in der Passage der Gruppe Gezeiten verdeutlicht wurde. Diese besagt allerding nichts über das Risiko der Selektion, das dort besteht, wo die Schülerinnen und Schüler zwar entlang ihrer aktuellen Entwicklungsstände lernen können, aber zu einem späteren Zeitpunkt interindividuell und/oder an einer klassenzielbezogenen Bezugsnorm bewertet werden.

Die zwei herausgearbeiteten Verständnisse von Differenzen zwischen Schülerinnen und Schüler im Unterricht zeigen, dass Unterschiede auf besondere Art und Weise mit dem Verständnis und den konjunktiven Erfahrungen der Lehrkräfte von Unterricht und Schule verbunden sind. Die hier gezeigten Ausschnitte stellen exemplarische Interpretationen dar. Das Ziel ist dabei nicht, vermeintlich gute mit vermeintlich schlechten Vorstellungen und Orientierungen von Unterricht zu vergleichen und/oder Lehrkräfte vorzuführen. Vielmehr soll eine differenzierte Perspektive auf die Bearbeitung der Anforderung integrativen Unterrichts eröffnet werden. Die hier vorgestellte maximale Kontrastierung von Fällen soll und muss im weiteren Vorgehen entlang der dokumentarischen Methode mit der komparativen Analyse erweitert werden. Eine Suchstrategie hierbei kann nach Mustern suchen, die zwischen den beiden aufgezeigten und rekonstruierten angesiedelt sind. Zudem sind die vorgestellten Ergebnisse mit weiteren Passagen aus den jeweiligen Gruppendiskussionen zu kontrastieren, um die rekonstruierten Orientierungen zu validieren und zu differenzieren. Hierauf kann und soll an dieser Stelle unter Berücksichtigung des hier leitenden Interesses verzichtet werden.

5. Praxeologische Unterrichtsforschung und ihr Beitrag zum Inklusionsdiskurs: ein Resümee und Perspektiven

Auf die eingangs formulierte Frage nach den unterstützenden und bereichernden Möglichkeiten einer praxeologischen Unterrichtsforschung im Rahmen von Inklusion und Unterricht bzw. Didaktik soll vor dem Hintergrund der ausgeführten Erkenntnisse hier zurückgekommen werden. So zeigen die vorangestellten Überlegungen und Darstellungen, dass die Orientierungen unterrichtlicher Praktiken, die mittels des methodologischen und methodischen Inventars der dokumentarischen Methode rekonstruiert wurden, Einblick in die Bezugspunkte konjunktiven, unterrichtlichen Erfahrungswissens von Lehrkräften erlauben. So wurde deutlich, dass die Differenzkonstruktionen von Lehrenden, die hier als Bezugspunkt für die Betrachtung von Inklusion herangezogen werden, sich an schulisch-institutionellen Vorgaben orientieren. Die zwei aus dem empirischen Material herausgearbeiteten Formen unterrichtlicher Differenzkonstruktion zeigen, dass Schule und Unterricht Orte sind, an denen Heterogenität nicht durch einfach bearbeitet und reproduziert wird, sondern dass diese auf spezifische Weise auch hergestellt wird; hier v.a. durch den Fokus auf Schulleistungen. Die Einbindung unterrichtlicher Praktiken in Differenzkonstruktionen stellt Anknüpfungspunkte für die theoretische und begriffliche Auseinandersetzung mit einem didaktischen Verständnis von Inklusion dar, das Unterricht präskriptiv und legitimierend in den Blick nimmt.

Die Ergebnisse eröffnen eine vertiefte Perspektive auf Unterricht in seiner Komplexität, seiner Einbindung in schulische Verständnisse und Verhältnisse sowie die daran anknüpfenden konkreten unterrichtlichen Gestaltungsvorstellungen von Lehrkräften. Die zwei rekonstruierten Orientierungsrahmen bieten Anknüpfungspunkte für die Entwicklung des Unterrichts der konkreten Lehrkräfte, als auch für die Betrachtung von inklusivem Unterricht insgesamt. Während mit ersteren vor dem Hintergrund eines begrifflich-theoretischen Rahmens mit ihrem Vorgehen auseinandersetzen und darauf aufbauend Alternativen entwickelt werden könnten, ließe sich für die Lehrerbildung insgesamt die Idee und Notwendigkeit aufwerfen, die eigenen Verständnisse unterrichtlicher Bezugspunkte und darin enthaltener Differenzdimensionen und Benachteiligungen zu reflektieren. Darauf aufbauend könnten Möglichkeiten der Bearbeitung – im widersprüchlichen Feld der Schule – thematisiert werden. Für die Ausbildung zukünftiger Lehrerinnen und Lehrer, die voraussichtlich inklusiven bzw. integrativen Unterricht gestalten sollen, erscheint dies besonders relevant, da potenzielle benachteiligende Elemente und Praktiken erkannt werden sollten.

Die eingangs aufgeworfene Frage nach den Möglichkeiten einer praxeologischen Unterrichtsforschung für die Inklusionspädagogik bzw. für eine Unterrichtsgestaltung, die an Inklusion orientiert ist, erscheint vor dem Hintergrund der Darlegungen vielversprechend und wirft zugleich Fragen auf, die theoretisch und empirisch zu bearbeiten wären. Der differenzierte Blick auf die Praktiken bzw. die Orientierungen, die ihrerseits die Praktiken strukturieren, berücksichtigt die Komplexität von Unterricht. Seine gesellschaftliche Einbindung konnte insbesondere im Fall der Gruppe Kontinent herausgearbeitet werden, ein Muster, das sich auch in anderen Gruppendiskussionen vielfach finden lässt (vgl. Sturm 2012b). Dies führt zu Fragen, welchen Anspruch an einen und welche Gestaltungsmöglichkeiten sich einem inklusiven Unterricht in widersprüchlichen schulischen Strukturen gestellt werden können bzw. sich stellen. Auch die Lehrkräfte der Gruppe Gezeiten kommen innerhalb der Schule an den Punkt, an dem Unterschiede – in Form von Noten, Zeugnissen und Versetzungen – gesetzt werden müssen.

Hieran anknüpfend kann und muss vor dem Hintergrund aktueller Schul- und Unterrichtsentwicklungsbemühungen und -überlegungen gefragt werden, wie die konjunktiven Erfahrungen der Lehrkräfte – die größtenteils in segregierenden Kontexten erworben wurden und letztlich auch in diesen praktiziert werden – berücksichtigt und gleichzeitig zum Ausgangspunkt von transformatorischen Überlegungen genommen werden können. Eine praxeologische Unterrichtsforschung kann hierfür Wissen bereit stellen, indem sie begrifflich-theoretische Explikationen der Praxis vornimmt. Als solche kann sie einen kritischen und konstruktiven Beitrag zu schulischer und unterrichtlicher Inklusion leisten.

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[1] An den Gruppendiskussionen nahmen jeweils zwischen drei und acht Lehrende teil, die an der gleichen Schule tätig sind. Die Namen der Gruppen wurden durchgängig mittels geografischer Begrifflichkeiten anonymisiert und stehen in keinerlei Verbindung zu den Orten, an denen die Lehrkräfte tätig sind. Die einzelnen Personen sind durch Platzhalter bestehend aus zwei Buchstaben maskiert. Der Großbuchstabe markiert in alphabetischer Reihenfolge die Teilnehmenden der Gruppendiskussion, begonnen wird bei A; der kleine Buchstabe steht für das Geschlecht der Person, f für eine Frau und m für einen Mann. Die Diskussionsleiterin ist mit Y abgekürzt und ist in beiden Fällen die Autorin dieses Beitrags. X wird dann geschrieben, wenn eine Äußerung keiner Person zugeordnet werden kann.

[2] Entsprechend dieser Regeln markiert das Symbol └ den Beginn und dieses Symbol das Ende ┘ gleichzeitigen Sprechens mehrerer Personen. Zahlen, die in Klammern stehen, geben Sprechpausen in Sekunden an.