Miriam Düber; Albrecht Rohrmann:Elternschaft von Menschen mit sog. geistiger Behinderung im Kontext von Schule

Abstract: Das Thema Behinderung und Schule ist zumeist auf Schüler*innen konzentriert. Eine Gruppe, bei der sich Probleme der Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule zuspitzen, sind Familien mit Eltern mit sog. geistiger Behinderung. Sie haben in der Regel selbst belastende Erfahrungen mit der exkludierenden Wirkung des schulischen Bildungsangebotes gemacht, müssen sich immer wieder mit der Infragestellung ihrer Erziehungskompetenz auseinandersetzen und stehen unter intensiver Beobachtung des professionellen Hilfesystems. Mit Bezug auf das Konzept des ‚Ableism‘ soll verdeutlicht werden, wie Eltern mit sog. geistiger Behinderung in der Interaktion mit dem Bildungssystem Bildungs- und damit einhergehend auch Erziehungsunfähigkeit zugeschrieben wird. Im empirischen Teil beziehen wir uns in diesem Beitrag auf Interviews mit Eltern mit sog. geistiger Behinderung und mit erwachsenen Töchtern, um ihre subjektive Perspektive auf die Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus zu rekonstruieren. Im Ergebnis plädiert der Beitrag dafür, die Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus im Falle der Zuschreibung einer sog. geistigen Behinderung als Herausforderung für die Weiterentwicklung der Unterstützung durch die Kinder- und Jugendhilfe, durch die Eingliederungshilfe und die schulischen Akteure ernst zu nehmen.

Stichworte: Begleitete Elternschaft; Eingliederungshilfe; Kinder- und Jugendhilfe; Schule

Inhaltsverzeichnis

  1. Bildung und Erziehung zwischen institutionalisierten Angeboten und erwarteten Elternkompetenzen
  2. Zur Lebenssituation von Eltern mit sog. geistiger Behinderung
  3. Empirische Einblicke in die Perspektiven von Eltern und Kindern
  4. Unterstützung ohne Diskriminierung – Ein Ausblick
  5. Literatur

1. Bildung und Erziehung zwischen institutionalisierten Angeboten und erwarteten Elternkompetenzen

Die gegenwärtige Entwicklung im Erziehungs- und Bildungssystem in der Bundesrepublik Deutschland ist davon gekennzeichnet, dass institutionalisierte Angebote ausgebaut werden (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2020, S. 48) und die Beteiligung daran verbindlicher erwartet wird. Dies gilt zum einen für Einrichtungen, die sich tendenziell an alle jungen Menschen richten. So werden Einrichtungen der Kindertagesbetreuung ausgebaut und der Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen zunehmend akzentuiert (Wiesner, 2018), Schulen entwickeln sich zu Ganztagsschulen (KMK, 2021, S. 9) und die Schulsozialarbeit expandiert (Speck, 2020, S. 18 ff.). Dies gilt zum anderen aber auch für Angebote, die sich an spezielle Zielgruppen wenden. Der Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe wird hinsichtlich der Förderung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und ihres Schutzes beispielsweise durch die Frühen Hilfen ausgeweitet. Im Rehabilitationsrecht wurde mit dem Bundesteilhabegesetz die ‚Teilhabe an Bildung‘ als eigenständige Leistungsgruppe eingeführt (§ 75 SGB IX).
Dies führt allerdings keineswegs zu einem Rückgang der Erwartung an die Erziehungs- und Bildungsleistungen von Eltern: „Ansprüche und Erwartungen an die elterliche Verantwortung nehmen im Zuge einer Kindheit in pädagogischen Institutionen keineswegs ab, vielmehr expandieren sie“ (Richter, Kloss & Andresen, 2020, S. 38). Für den Ausbau der allgemeinen Bildungsangebote wird auch die Bekämpfung von ‚Bildungsarmut‘ als Ziel genannt. Insbesondere Kinder und Jugendliche sollen bei der Erreichung von Bildungsabschlüssen und vor allem bei der Erreichung von höheren Bildungsabschlüssen unterstützt werden. Auch gegenüber Eltern ist durch staatliche Stellen eine verstärkte Betonung der Notwendigkeit von Bildungsbemühungen zu erkennen. Die Orientierung auf den Erfolg von jungen Menschen beim Erreichen von formalen Bildungszertifikaten erfreut sich, so scheint es, eines allgemeinen gesellschaftlichen Konsenses. Kindertageseinrichtungen entwickeln sich zu Familienzentren und Elternarbeit wird auch an Schulen zu einem Thema, bei dem das Erziehungs- und Bildungsverhalten im Vordergrund stehen. Während dabei in Bezug auf bestimmte Gruppen von dem geteilten Kontext einer ausgeprägten Bildungsorientierung ausgegangen wird, werden selektiv andere Gruppen als ‚bildungsferne‘ oder sogar ‚erziehungsunfähige‘ Eltern adressiert (Wiezorek & Pardo-Puhlmann, 2013), denen man mehr oder weniger unterstellt, der Bildungsverantwortung für ihre Kinder nicht nachkommen zu können oder zu wollen. Hierzu gehören beispielsweise Eltern in Armutslagen, junge Alleinerziehende oder Eltern mit einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung.
Die positive Konnotation der Bedeutung von Bildung darf nicht überdecken, dass sich die Schule als bedeutsamer Ort formalisierter Bildung durch die Schulpflicht konstituiert und neben dem Ziel der Bildung auch von der Funktion der Verteilung von Chancen durch den Erwerb von formalen Bildungszertifikaten sowie der Vorbereitung auf die Verwertung der Arbeitskraft bestimmt ist. Die Zusammenarbeit von Eltern und Vertreter*innen von Bildungseinrichtungen ist von einer dadurch begründeten Machtasymmetrie bestimmt. Die Überlegungen zu einer ‚Erziehungs- und Bildungspartnerschaft‘ (Walper, Müller & Kleinschrot, 2019) darf dies nicht überspielen. Es besteht die Gefahr, dass Eigensinnigkeiten von Familien als Orte der informellen Bildung im Sinne einer funktionalen Orientierung auf formale Bildungsabschlüsse und gesellschaftliche Eingliederung lediglich als Störfaktoren wahrgenommen werden. Vor allem mit der Adressierung als ‚bildungsfern‘ ist eine Abwertung der elterlichen Erziehungskompetenzen verbunden, die aus der Sicht des Bildungssystems nicht funktional für die erfolgreiche Bewältigung der Anforderungen in institutionalisierten Bildungssettings erscheinen. Mit der Zuschreibung einer ‚Erziehungsunfähigkeit‘ wird dies individualisiert und pathologisiert. Mit Hilfe von Schulfallstudien und Befragungen von Grundschullehrkräften arbeiten Eva Gläser, Susanne Miller und Sabine Toppe heraus, dass die Folgen materieller Armut in erster Linie als „Problem einer mangelnden Fürsorge der Eltern bzw. der Mütter propagiert“ werden (Gläser, Miller & Toppe, 2008, S. 92). Es kann vermutet werden, dass dies noch stärker für Familien gilt, die mehrdimensional benachteiligt sind.
Bildung ist ohne Zweifel ein Grund- und Menschenrecht. Zur Verwirklichung gehört auch die gleichberechtigte Teilhabe an institutionalisierten Bildungsangeboten. Durch formale Bildungsabschlüsse werden Teilhabechancen verbessert. Den Armuts- und Reichtumsberichten zu Folge (aktuell: Bundesregierung Deutschland, 2021, S. 281) senkt ein hoher Bildungsabschluss beispielsweise die Risiken, in Armutslagen leben zu müssen. Zugleich verlieren die klassischen Merkmale wie Klasse, Geschlecht und kulturelle Herkunft jedoch keineswegs an Bedeutung. Im Kontext der Disability Studies (Campbell, 2009) wurde herausgearbeitet, dass die Zuschreibung von Leistungsfähigkeit (‚ableism‘) sich zu einer zentralen gesellschaftlichen Differenzkategorie entwickelt. Im Unterschied zu anderen Merkmalen gilt der Bezug auf nachgewiesene Leistungen zur Verteilung von Chancen in meritokratischen Gesellschaften als legitim (Karim & Waldschmidt, 2019, S. 270). Mit der Kategorie der Behinderung (‚disability‘) wird im Sozialrecht eine Abweichung von den alterstypischen Erwartungen an Fähigkeiten individuell zugeschrieben (§ 2 SGB IX), die in Wechselwirkung mit Barrieren eine gleichberechtigte Teilhabe erschwert. Mit einer solchen Feststellung der Abweichung von einem alterstypischen Zustand haben junge Menschen deutlich schlechtere Chancen zum Erwerb formaler Bildungsabschlüsse (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2021, S. 122). Es besteht dauerhaft ein großes Risiko des Ausschlusses vom regulären Arbeitsmarkt (a. a. O., S. 215). Feststellbar ist auch eine seltenere Familiengründung (a. a. O., S. 85). Die Risiken verschärfen sich, wenn die Feststellung einer Behinderung vor der Bewältigung von wichtigen Übergängen im Lebenslauf erfolgt, was insbesondere bei Menschen mit sog. geistiger Behinderung der Fall ist. Die Lebenslagen von Menschen mit sog. geistiger Behinderung sind folglich in hohem Maße durch Armutslagen und weitere Risiken einer dauerhaften Ausgrenzung geprägt. Eine ableistische Perspektive ermöglicht es, die statistisch erfassbaren Lebenslagen als hergestellte Lebenslagen zu verstehen.
Sarah Karim und Anne Waldschmidt (a. a. O., S. 276) unterscheiden die Ebene des ‚Making Dis/ability‘, die im Kontext dieses Beitrags durch die Schul- und Sozialgesetzgebung bestimmt ist, die Ebene des ‚Doing Dis/ability‘, die durch Praktiken im Schulgeschehen hervorgebracht wird, und die Ebene des ‚Being Dis/abled‘, die sich auf Identitätskonstruktionen bezieht. Die Verwendung der Kategorie der ‚Dis/ability‘ weist somit auf die Herstellung der Kategorie durch Strukturen, Praktiken und Identitätskonstruktionen hin, die sich gegenseitig beeinflussen und auf allen drei Ebenen Veränderungen möglich machen.
Für die Ebene des ‚Making Dis/ability‘ kann festgestellt werden, dass diese im Bildungssystem an Bedeutung gewinnt. Die Expansion formaler Bildung geht einher mit einer verstärkten Zuschreibung von ‚sonderpädagogischem Förderbedarf‘ an Kinder und Jugendliche sowie einer verstärkten Zuschreibung von ‚Erziehungsunfähigkeit‘ an Eltern. Behinderung wird in formalen Bildungskontexten als das „Andere des Normalen“ (Moser, 2019, S. 76) konstruiert und ungeachtet des Inklusionsdiskurses in Bildungseinrichtungen eingeschrieben. Insbesondere für junge Menschen und ihre Familien, die im Bildungssystem strukturell benachteiligt werden, verschärft der aktuelle Bildungsdiskurs die Belastungen durch die Teilnahme an institutionalisierten Bildungsangeboten. Sie erleben den Umgang mit Leistungsanforderungen an Schüler*innen (‚Doing Dis/ability‘) und die Inpflichtnahme der Eltern als Belastung. Das erhöhte Risiko für junge Menschen und ihre Eltern, an den Anforderungen zu scheitern und durch die Kommunikationsformen im schulischen Kontext beschämt und stigmatisiert zu werden, kann sich sehr stark auf die Familiensituation und auf die Selbstwahrnehmung (‚Being Dis/abled‘) der Familienmitglieder auswirken. Dies soll in diesem Beitrag am Beispiel von Eltern mit sog. geistiger Behinderung[1] gezeigt werden.

2. Zur Lebenssituation von Eltern mit sog. geistiger Behinderung

Eltern mit einer sog. geistigen Behinderung erleben immer wieder die Infragestellung ihrer elterlichen Kompetenzen vor dem Hintergrund ihrer Beeinträchtigung, beschreiben einen besonderen Druck, sich als kompetente Eltern zu inszenieren und skizzieren ihre Elternschaft als eine beobachtete (Düber, 2021). Für sie – so scheint es – gilt vielfach immer noch das, was Pixa-Kettner auf Grundlage ihrer Studien schon früh konstatierte, nämlich dass sie „die am strengsten kontrollierte und überwachte Elterngruppe in unserer Gesellschaft sind, an die bisweilen sogar höhere Maßstäbe angelegt werden als an andere Eltern“ (Pixa-Kettner, 2006, S. 6). Vor diesem Hintergrund sehen sich die meisten Eltern mit einer sog. geistigen Behinderung mit der großen Angst konfrontiert, möglicherweise nicht dauerhaft mit ihren Kindern zusammenleben zu können. Sie ringen als in der Regel nicht/nur bedingt erziehungsfähig Adressierte in besonderer Weise darum, den Normen ‚guter‘ Elternschaft zu entsprechen und diese – nicht zuletzt im Kontext institutionalisierter Bildung – zu demonstrieren, was als Ausdruck des ‚Being Dis/abled‘ interpretiert werden kann. 
Um sich die potenziell benachteiligte Situation von Eltern mit einer sog. geistigen Behinderung im Kontext der formalen Bildung ihrer Kinder zu vergegenwärtigen, ist ein Blick auf ihre eigene Bildungsbiografie hilfreich. Sie selbst haben in aller Regel eine Sonder- bzw. Förderschule besucht und müssen sich nun mit den Anforderungen an sie und ihre Kinder im Setting der Regelschule auseinandersetzen. Sie sind vor dem Hintergrund zugeschriebener Abweichungen einer ‚alterstypischen‘ Entwicklung in der Regel sehr früh in ihrem Lebenslauf Adressat*innen sozialer Hilfen und verbesondernder Bildungsangebote. Eine Behinderung bildet sich – im Sinne des ‚Making und Doing Dis/ability‘ – dabei nicht selten durch die Anforderungen der Schule heraus. Diese nimmt bei der Institutionalisierung der Entwicklungsbeobachtung und Normierung von Kindheit eine Schlüsselrolle ein, wie sich beispielhaft an den Schuleingangsuntersuchungen zeigen lässt (Kelle, 2012). Menschen mit einem zugeschriebenen sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf im Bereich geistige Entwicklung werden nach wie vor zum größten Teil nicht in Regel- sondern in Förderschulen unterrichtet (KMK, 2020, S. XVIII und XX). Dabei spielt der aus der sonderpädagogischen Tradition entsprungene Gedanke der ‚praktischen Bildbarkeit‘ nach wie vor eine erhebliche Rolle (hierzu auch Papke, 2016, S. 75 ff.). So liegt z. B. ein deutlicher Schwerpunkt auf der Vermittlung lebenspraktischer Fähigkeiten. Schüler*innen, denen man einen sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf im Bereich geistige Entwicklung zuschreibt, erhalten vor diesem Hintergrund ein vollkommen anderes Bildungsangebot als andere Schüler*innen; sie machen fundamental andere Erfahrungen mit der Institution Schule. Wie sehr dies wiederum zur Herstellung und Verfestigung ihrer Behinderung beiträgt, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass sich das Bildungsverständnis in der Förderschule in der Regel nach wie vor mit der Vorbereitung eines für den von der Zuschreibung betroffenen Personenkreis typischen Lebenslaufes verknüpft. Dieser ist davon gekennzeichnet, in beschützenden Sonderwelten zu leben und zu arbeiten und keine eigene Familie zu gründen. Ein nicht zu vernachlässigender Anteil an Frauen, die in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe leben, ist sterilisiert, obwohl sie keinerlei sexuellen Kontakt haben (Zinsmeister, 2012). Genau wie die noch geringe Anzahl an Eltern mit einer sog. geistigen Behinderung verdeutlicht dies, dass diese Mechanismen – trotz des relevanter werdenden Diskurses um Inklusion und Teilhabe – nach wie vor Wirkung entfalten. Trotz einer eindeutigen Rechtslage für Eltern mit Behinderungen, die durch das Bundesteilhabegesetz explizit bekräftigt wurde, verbinden sich mit dem ‚Störfall‘ der Familiengründung von Menschen mit einer sog. geistigen Behinderung in der Praxis große Unsicherheiten und viele pauschalisierende defizitorientierte Annahmen, aus denen wiederum konkrete Benachteiligungen und stigmatisierende Praktiken resultieren (z. B. Sigurjónsdóttir & Rice, 2017; Callow, Tahir & Feldman, 2017). Darüber hinaus ist die Lebenssituation der Familien überwiegend gekennzeichnet von einer Häufung psychischer Probleme, sozialer Benachteiligung, kleinen sozialen Netzwerken und einem Mangel an angemessener informeller und professioneller Unterstützung im Sozialraum (hierzu z. B. IASSIDD Special Interest Research Group on Parents and Parenting with Intellectual Disabilities, 2008).

3. Empirische Einblicke in die Perspektiven von Eltern und Kindern

Im Folgenden sollen die bisherigen Ausführungen anhand der textanalytischen Auseinandersetzung mit Auszügen aus dem empirischen Material zweier unterschiedlicher Studien zur Elternschaft von Menschen mit einer sog. geistigen Behinderung untermauert werden. Hierbei möchten die Autor*innen dieses Beitrags sowohl die Perspektive der Eltern als auch die ihrer Kinder auf (die Interaktion mit) Schule aufgreifen. Die Ebene des ‚Being Dis/abled‘ wird so aus unterschiedlichen Perspektiven im Familiensystem beleuchtet. Das hier herangezogene Fallbeispiel eines Elternpaares verdeutlicht insbesondere den Druck, unter dem die Eltern stehen, wenn sie mögliche Probleme im Kontext Schule reflektieren, die damit in Zusammenhang stehen, dass sie den an sie gestellten Anforderungen möglicherweise nicht hinreichend Rechnung tragen können. Die skizzierten Interviewpassagen der erwachsenen Kinder von Eltern mit einer sog. geistigen Behinderung zeigen vor allem, welche Ambivalenzen sich mit der Beeinträchtigung ihrer Eltern, deren Interaktion mit Schule und der Relevanz professioneller Unterstützung in diesem Kontext für sie verbinden.

3.1. „Das is wirklich nich so einfach“ – Zur Perspektive der Eltern

Um einen Einblick in das Erleben von Eltern geben zu können, beziehen sich die folgenden Ausführungen auf ein Fallbeispiel aus dem Forschungsprojekt ‚Behinderte Elternschaft und ihre Bewältigung‘ (Düber, 2021). Im Rahmen der Untersuchung stand die Frage im Vordergrund, welche Perspektiven sich auf (nicht) professionelle Unterstützungsnetzwerke und allgemeine familienspezifische Angebote bei Eltern mit einer sog. geistigen Behinderung rekonstruieren lassen. Hierzu wurden zwei Elternpaare und zwei alleinerziehende Mütter, denen eine geistige Behinderung zugeschrieben wird, jeweils insgesamt drei Mal in einem leitfadengestützten Interview mit narrativ angelegten Erzählimpulsen, angelehnt an das problemzentrierte Interview nach Witzel befragt. Das erhobene Material wurde in einem umfassenden Auswertungsprozess in Interpretationsgruppen, angelehnt an die Dokumentarische Methode rekonstruktiv ausgewertet (zum detaillierten methodischen Vorgehen in der Studie siehe Düber, 2021, S. ff.). Zum Zeitpunkt der Befragung hatte keine*r der Befragten schulpflichtige Kinder. Die Tochter eines befragten Elternpaares stand kurz vor der Einschulung. Auch wenn die Frage der Perspektiven auf die Organisation Schule kein konkreter Forschungsgegenstand der ursprünglichen Studie war, sollen Auszüge der Interviews mit diesem Elternpaar hier diskutiert werden, denn sie selbst machten das Thema Schule in den Interviews relevant, indem sie sich mit den antizipierten schulischen Leistungsanforderungen auseinandersetzen. Dies soll anhand besonders prägnanter Interviewpassagen skizziert werden.
Herr und Frau M. thematisieren in unterschiedlichen Kontexten immer wieder die in Kürze anstehende Einschulung ihrer Tochter. Deutlich wird dabei, dass diese Statuspassage ihres Kindes für sie – wie für die meisten Eltern – eine ist, die sie besonders beschäftigt. Deutlich wird jedoch auch, dass sie den Schuleintritt im Hinblick auf die Anforderungen an sie als Eltern vor allem als etwas Bedrohliches erleben. Dies zeigt sich schon an der Rahmung des Themas von Frau M., als sie dies zum ersten Mal anspricht. So nutzt sie die Metapher der „Achterbahnfahrt“ für den Schuleintritt und begründet diesen Vergleich damit, dass sie und ihr Mann eine „Einschränkung“ haben. Mit dem Bild verweist sie auf eine sehr ambivalente Gefühlslage vor dem Hintergrund ihrer eigenen Beeinträchtigung. Diese wird für andere anhand der Tatsache sichtbar, dass sie nicht bzw. nur sehr eingeschränkt lesen und schreiben kann – eine gesellschaftlich vermittelte Leistungsanforderung, deren Förderung gerade im Elementarbereich der Schule einen zentralen Stellenwert einnimmt. In Verbindung mit den Erwartungen an Mütter und Väter, die sich vor dem Hintergrund einer angestrebten Bildungspartnerschaft zwischen Lehrenden und Eltern ergeben, stellt dies für Frau M.  ein Problem dar, da sie diesen an sie herangetragenen Erwartungen nur bedingt gerecht werden kann. Wie sie anhand ihrer Aussagen in den Interviews immer wieder verdeutlichen, haben sowohl Herr als auch Frau M.  das Erziehungsleitbild, für eine optimale Förderung ihrer Tochter verantwortlich zu sein, sehr stark verinnerlicht. Vor diesem Hintergrund antizipieren Herr und Frau M.  Schwierigkeiten in ihrer Rolle als Eltern im schulischen Kontext.

Frau M.: „Weil für mich wird das ganz schwer sein, weil zum Beispiel, wenn die in die Schule jetz kommt.“
Herr M.: „Wird eh schwer sein, sowieso. Du kannst jetz mit dem Kind zwar mitlernen, aber du wirst mit dem Lesen, das wirst du nie wieder richtig hinkriegen. Also so wie die Kleine das vielleicht irgendwann mal kann. Das kann die wahrscheinlich dann besser als selbst die Mutter.“
Was Frau M. an dieser Stelle nur andeutet, präzisiert ihr Mann, indem er prognostiziert, dass ihre Möglichkeiten, die eigene Tochter in schulischen Angelegenheiten zu unterstützen, aller Wahrscheinlichkeit nach an Grenzen stoßen werden und die Tochter darüber hinaus vermutlich zu einem frühen Zeitpunkt über mehr Lese- und Schreibkompetenz als ihre Mutter verfügen wird. Die Prognose, dass Frau M. ihre Tochter möglicherweise in bestimmten Angelegenheiten nur bedingt fördern kann, beschäftigt die Eheleute enorm. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass beide im Rahmen der Interviews eine ganze Reihe möglicher Bewältigungsstrategien skizzieren und reflektieren. So betont Herr M. seine Bereitschaft, mit seiner Tochter das Lesen zu üben und deutet zugleich an, dass man dies aus seiner Sicht von Seiten der Schule in seiner Rolle als Vater auch von ihm erwartet (Er „muss“ es tun).
Herr M.: „[…] ich kann ja lesen und versuch mit der auch dann zu lesen, wenn se nach Hause kommt oder sowas. […] Dass ich mich mit der hinsetzen muss, und muss lesen. Das is ganz klar. Die wird jetz net, net alles in der Schule machen komplett.“
Beide stellen im Rahmen des Interviewsettings intensive Überlegungen an, wie sie trotz ihrer angespannten finanziellen Lage eine möglicherweise notwendig werdende Nachhilfe finanzieren und wo sie dafür möglicherweise monetäre Unterstützung akquirieren könnten. Frau M. selbst wiederum schildert – ausgehend von dem Wunsch ihre Tochter im schulischen Kontext unterstützen zu können – ausführlich ihre aktiven Bemühungen, sich die Lese- und Schreibkompetenz mit Unterstützung aus ihrem sozialen Netzwerk anzueignen. So berichtet sie davon, dass sie mit Hilfe einer Bekannten anhand von Leselernbüchern einmal im Monat trainiert. Im Interview beschreibt sie zudem in unterschiedlichen Kontexten, wie sie ihre Tochter aktiv fördert.
Frau M.: „Ich hab so Hefte gekauft, […] das is für die Schule, da lernen die Buchstaben, Zahlen nachfahren. Dann versuch ich jeden Abend, im Moment hat sich’s wieder eingeschlafen, weil ich will die auch nicht überfordern, aber dann sag ich immer: ‚Du machst die eine Seite fertig und dann kannst du aufhör’n. Und nächste Seite machst du morgen.‘ Also ich versuch das immer, dass sie äh auch lernt, dass das wichtig ist, zu lernen. Und dass man nicht auf der Strecke bleibt. Weil später hilft dir keiner dann. (..) Also ich versuch das schon, wo, wo meine/ was ich kann, mach ich.“
Anhand ihrer Schilderung wird zum einen deutlich, dass sie sehr systematisch versucht, ihre Tochter zu fördern (ohne sie zu „überfordern“) und ihr dabei auch vermitteln möchte, dass es wichtig ist, aktiv etwas zu tun, um sich weiterzuentwickeln, zu „lernen“. Mit ihrer Äußerung offenbart sie zugleich eine wichtige Triebfeder dieses Handelns, nämlich den von ihr wahrgenommenen gesellschaftlichen Leistungsdruck. Sie will es vermeiden, dass ihre Tochter „auf der Strecke bleibt“. Mit diesem negativen Zukunftsszenario deutet sich wieder ein hoher Druck in ihrer Mutterrolle an, dafür Sorge zu tragen, dass dies bei ihrer Tochter eben nicht eintritt. Diesen Druck gibt sie ein Stück weit an ihre Tochter weiter, indem sie die Notwendigkeit der Übernahme von Eigenverantwortlichkeit betont. Diese gewinnt aus ihrer Sicht insbesondere vor dem Hintergrund mangelnder Solidarität in der Gesellschaft an Relevanz („später hilft dir keiner“). Sie rahmt die Aussage mit der Hervorhebung ihres elterlichen Engagements, indem sie betont, dass sie das, was sie als Mutter leisten „kann“, auch tut.
Dass diese explizite Betonung der eigenen Leistung in der elterlichen Rolle – die sich wie ein roter Faden durch die Interviews von Herrn und Frau M. zieht – in Zusammenhang steht mit der Angst, andere könnten annehmen, dass sie ihren Aufgaben als Vater und Mutter nicht gerecht werden können, zeigt sich u. a. sehr deutlich anhand der folgenden Passage:
Frau M.: „[…] im Kindergarten, das war mal so ‘ne Situation, wo ich gedacht habe: Ich habe Probleme, ich gehe in den Kindergarten und erzähl denen, was ich für’n Problem hab, weil net, dass sie denken, dass ich mich um die Kleine nich kümmer. Ja und äh, da wurde keine Rücksicht drauf genommen, wo ich gedacht hab: Häh? Und jetz kommt das, war ich in der Schule auch und das war auch richtig schwer dahinzugehen und zu sagen: Äh ich hab da und da Probleme. Ob sie wirklich das auch ernst nehmen. (.) Mal gucken was jetzt kommt, ob die das ernst genommen haben oder nicht, weil ich muss das ja wegen der Kleine machen. Weil die muss ja irgendwo in bestimmten Sachen auch gefördert werden. Net, dass sie denken auch dass es, dass die sich nicht drum kümmern und auf einmal steht Jugendamt hier vor der Tür.“
Während Frau M. in anderen Situationen (z. B. beim Einkaufen) durchaus Strategien beschreibt, die darauf zielen, ihre mangelnde Lese- und Schreibfähigkeit zu verbergen, geht sie im Kontext institutionalisierter Bildung sehr offensiv damit um. Anhand ihrer Erzählung wird zum einen deutlich, dass ihr das durchaus etwas abverlangt, es „richtig schwer“ für sie ist, sie sich zugleich aber auch genau dazu gezwungen sieht, weil sie nicht möchte, dass der Eindruck entsteht, sie wäre eine Mutter, die nicht genug Einsatz zeigt. Dieses Bild könnte in ihren Augen entstehen, wenn es ihr nicht gelingt, ihre Tochter hinreichend zu „fördern“. In ihrer Rolle als Mutter wird jedoch genau dies von ihr erwartet – ihre Tochter „muss“ gefördert werden. Im Kontext der Schule muss Frau M. also aus ihrer Sicht ihre vorhandenen Probleme offenlegen, um als erziehungsfähige Person wahrgenommen zu werden, während das Verheimlichen von Defiziten zu einem Absprechen der Erziehungsfähigkeit führen könnte. Zugleich äußert sie jedoch auch ihre Skepsis darüber, dass ihr Hilfegesuch ernst genommen wird. Dass die Schule in diesem Zusammenhang von Frau M. als bedrohliche Kontrollinstanz wahrgenommen wird, zeigt sich ganz deutlich in ihrer Sorge, dass das „Jugendamt […] vor der Tür“ stehen könnte. Sowohl Herr als auch Frau M. stehen unter Druck, zu demonstrieren, dass sie ihrer elterlichen Rolle gerecht werden können und möchten. Ihr Motiv ist ein wahrgenommener Kontrollauftrag – insbesondere durch das Jugendamt, aber auch durch die Institutionen formalisierter Bildung und Erziehung.
In den Untersuchungen der Autor*innen zur Elternschaft von Menschen mit einer sog. geistigen Behinderung lassen sich bei den Betroffenen durchgängig enorme Ambivalenzen gegenüber dem Jugendamt als Akteur in den Familien rekonstruieren. So wird die Behörde einerseits als wichtige Anlaufstelle im Zusammenhang mit der Akquise professioneller pädagogischer Hilfe wahrgenommen, andererseits immer jedoch auch als kontrollierende Instanz, die ein dauerhaftes Zusammenleben der Familie möglicherweise gefährdet. Insbesondere vor dem Hintergrund der zugeschriebenen Behinderung – die sich vielfach mit unreflektierten Vorstellungen mangelnder ‚Erziehungsfähigkeit‘ verknüpft – spitzen sich diese Ambivalenzen dramatisch zu. Eltern agieren dabei z. T. hoch strategisch gegenüber dem Jugendamt, um ihre Elternschaft nicht zu gefährden.
Herr und Frau M. verdeutlichen den Kontrollauftrag in den Interviews immer wieder, indem sie auf das Wächteramt der Behörde hinweisen und die Strategie beschreiben, das eigene Familienleben gegenüber Jugendamt, Kita und Schule offenzulegen und Kooperationsbereitschaft zu signalisieren.
Die beiden Elternteile fühlen sich mit ihren Ängsten und Sorgen jedoch nicht hinreichend wahrgenommen.
Herr M.: „Jo, unsere Betreuer vom betreuten Wohnen, die sagen immer ‚Macht euch nicht verrückt!‘ Die haben zwar vier Kinder, also hat die auch, aber/“
Frau M.: „Das sin ganz andere Verhältnisse.“
Herr M.: „Das sind ganz andere Verhältnisse. Die können, die können ja alles, die Betreuer.“
Frau M.: „Fast alles.“
Herr M.: „Aber die schwätzen dann meist so: ‚Ah, macht euch net verrückt!‘ und sowas ‚Lasst das auf euch zukommen.‘ Aber das is net so einfach.“
Anhand ihrer Ausführungen verweisen die Eheleute darauf, dass die Fachkräfte des Dienstes für Ambulant Unterstütztes Wohnen einen anderen sozioökonomischen Hintergrund („andere Verhältnisse“) haben und damit auch über andere Möglichkeiten („die können alles“) verfügen, ihre Kinder im Kontext institutionalisierter Bildung zu unterstützen. Die Pädagog*innen blenden mit ihrer – vermutlich wohlgemeinten Reaktion, die auf die vorhandenen Ressourcen von Familie M. abzielen soll – einen wichtigen Teil der Lebensrealität der Familie – die schlichtweg eine andere ist, als die der Fachkräfte – aus. Obwohl Herr und Frau M. ihre Sorgen artikulieren, werden diese von den professionell Helfenden in ihren Augen nicht (hinreichend) bearbeitet. Darüber hinaus fühlen sie sich mit ihren Ängsten auch nicht ernst genommen. Dies wird nicht zuletzt an der Wortwahl von Herrn M.  in diesem Kontext deutlich, der schildert, die Fachkräfte würden „schwätzen“, wenn sie ihn dazu ermutigen, die neue Situation auf sich zukommen zu lassen. Die Sorge des Ehepaars bezieht sich zum einen darauf, der verinnerlichten Verpflichtung, ihre Tochter schulisch zu fördern, nicht gerecht werden zu können, umfasst aber auch Ängste vor möglichen Eingriffen in ihr Familienleben bis hin zur Herausnahme des Kindes.
Neben diesem Problem deutet Frau M. im Kontext der Ausführungen ein weiteres an, nämlich das Stigmatisierungspotenzial von Hilfe.
Frau M.: „Das is wirklich nich so einfach, also es gibt heutzutage viele Hilfsmittel bei [Name eines Trägers der Behindertenhilfe] un so, alles Mögliche. Aber du darfst damit nich so nach öffentlich rausgehen. Weißt du, dann wirst du sofort ausgelacht. […] Das is ja, heutzutage nehmen ja viele Hilfen an, aber die zeigen das ja nicht. Und äh wenn du das zeigst, bist du ruckzuck ein Versager und das finde ich sehr traurig.“
Anhand ihrer Aussage verdeutlicht sie, dass der offene Umgang mit Hilfe für sie zwangsläufig und schnell („ruckzuck“, „sofort“) zur Abwertung von außen führt. Für Frau M. spielt die Auseinandersetzung mit (möglicher) Stigmatisierung dabei nicht nur in der Interaktion mit Lehrer*innen, sondern insgesamt im Sozialraum Schule eine Rolle. Dies wird u. a. daran deutlich, dass sie im Interviewsetting über potenzielle negative Folgen für ihre Tochter nachdenkt, wenn ihre Mitschüler*innen erfahren sollten, dass sie kaum lesen und schreiben kann.

3.2. „Ich hab mich natürlich dafür entschieden, es weiter zu vertuschen“ – Zur Perspektive der Kinder

Um einen Einblick in die retrospektive Perspektive erwachsener Kinder von Eltern mit einer sog. geistigen Behinderung geben zu können, nehmen die Autor*innen dieses Beitrags im Folgenden Bezug auf eine Untersuchung im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des 2020 abgeschlossenen Modellprojektes ‚Entwicklung von Leitlinien zu Qualitätsmerkmalen Begleiteter Elternschaft in NRW‘ (siehe: https://begleitete-elternschaft-nrw.de/). Bei der Erhebung stand die Forschungsfrage im Vordergrund, welche (retrospektiven) Perspektiven sich auf professionelle Unterstützung bei erwachsenen Menschen mit Eltern, denen man eine geistige Behinderung zuschreibt, rekonstruieren lassen und welche Anforderungen und Qualitätskriterien daraus für Unterstützungskonzepte abgeleitet werden können (z. B. Remhof & Düber, 2020). Ausgehend von der Annahme, dass die Erlebensperspektive am ehesten über eine Erzählung und durch bereits erwachsene Personen (die über ein gewisses Maß an reflexivem Abstand und Autonomie verfügen) erhoben werden kann, wurden ausschließlich volljährige Personen retrospektiv mittels narrativem Interview befragt. Es handelte sich um insgesamt fünf erwachsene Personen, deren Eltern eine geistige Behinderung zugeschrieben wird. Das erhobene Material wurde inhaltsanalytisch und in Teilen rekonstruktiv (angelehnt an die Dokumentarische Methode) ausgewertet. Insbesondere drei der befragten Frauen (im Alter von 20, 18 und 25 Jahren) machten in den offen angelegten narrativen Interviews das Thema Schule sehr relevant. Einige wesentliche Textpassagen dieser drei Befragten sollen im Folgenden diskutiert werden.
Die Interviewten verdeutlichen anhand unterschiedlicher Beispiele, dass die Möglichkeiten ihrer Eltern, sie in schulischen Angelegenheiten aktiv zu unterstützen, durchaus eingeschränkt waren. Ihre Eltern konnten häufig nicht die Unterstützung leisten, die sie sich in ihrer Kindheit von ihnen gewünscht hätten oder die sie bei den Eltern ihrer Mitschüler*innen – eine für sie wichtige Vergleichsfolie – wahrnahmen. Das folgende Zitat einer Befragten verdeutlicht dabei, wie sehr sich die Tochter gewünscht hätte, dass ihre Mutter – welche emotional Anteil nahm – dies auch hätte auf intellektueller Ebene tun können.

Frau A.: „Also ich weiß noch, ich kam irgendwie, ich hatte n, ähm, das war noch in der 5. oder 6. Klasse, da hatte ich endlich mal ´ne 2 in Mathe. Und Mathe is wirklich [lacht], ein Fach, was ich nie konnte. Und ich schrie schon unten an der Straße, sie stand auf m Balkon [rufend]: Ich hab eine 2, eine 2! Und dann kam ich hoch und hab ihr das begeistert gezeigt und (.) sie hat sich, sie hat mich einfach in den Arm genommen. Aber dieses, ähm, was Eltern vielleicht typischerweise machen würden, hinterfragen: Was hast du denn überhaupt in dieser Arbeit gemacht? Was war denn Thema? Das konnte sie alles nicht. Oder, also, das Periodensystem und so, wo ich dann ganz stolz war: Boah, ja, das konnte ich jetzt auswendig lernen! Das ging natürlich nicht. Oder überhaupt mit mir irgendwas Schulisches zu machen. Das war alles einfach nicht drinne.“
Vor diesem Hintergrund verweisen die Befragten z. T. auf unterschiedliche Möglichkeiten der Kompensation des Fehlens elterlicher Unterstützung – sowohl im privaten (z. B. durch die Großeltern) als auch im institutionellen Bereich (z. B. durch offene Ganztagsbetreuung). Besonders deutlich wird bei allen Befragten jedoch die hohe Relevanz der pädagogischen Fachkräfte in den Familien, wenn es um die Interaktion mit Schule geht. Die Befragten beschreiben dabei sowohl die Unterstützung auf der inhaltlichen Ebene (wie beispielsweise die Hausaufgabenbetreuung), als auch im emotionalen und motivationalen Bereich (z. B. die Ermutigung, die eigene schulische und berufliche Laufbahn zu planen) durch die Fachkräfte. Neben der eigenen Anstrengung, die sie vielfach betonen, schreiben sie formalen Bildungserfolg insbesondere dem Vorhandensein – und umgekehrt formalen Bildungsmisserfolg dem Fehlen – professioneller Hilfe zu. Dennoch wird anhand ihrer Aussagen deutlich, dass sich mit ihrer Lebenssituation und der damit verbundenen Inanspruchnahme langfristiger pädagogischer Hilfen eine ganze Reihe an Ambivalenzen und Herausforderungen im Hinblick auf die Interaktion zwischen Eltern, Fachkräften und Schule verbindet. So kann die enorme Bedeutung der Fachkräfte für ihre Kinder im schulischen Kontext für Eltern vor dem Hintergrund ihrer Einschränkungen durchaus belastend sein und zu Widerständen führen.
Frau B.: „Ja, ich erinner mich auch noch, dass ich von Frau X. [Fachkraft] in der Schule viel Unterstützung bekommen hab. Dass sie mir da in der Schule in ein paar Fächern in Mathe und Englisch zum Beispiel ähm geholfen hat, weil meine Mutter das natürlich nicht konnte. Und ähm ich hab halt nur leider gemerkt, dass ähm, dass meine Mutter das nich so ganz cool fand, dass sie Unterstützung bekommt. Meine Mutter hat sich dadurch halt irgendwie ein bisschen blöd gefühlt.“
Für die Kinder wiederum verbindet sich die Kommunikation zwischen Schule und ihren Eltern z. T. mit großen Schamgefühlen, weil sie registrieren, dass diese im bestehenden System auf deutliche Barrieren stoßen.
Frau R.: „Hm, ich erinnere mich auch an Elternsprechtage damals. Die waren mir immer ganz unangenehm, weil ich, ja mich so ein bisschen für meine Mutter halt auch geschämt hatte. Und dann bin ich gern ohne sie auch hingegangen. Oder hab sie dann alleine gehen lassen. Also irgendwann war ich dann auch so alt, dass ich alleine gehen konnte. Und davor hab ich sie halt gerne mal alleine gehen lassen. Ähm, weil mir das halt so vorkam beim Elternsprechtag, also würden die Lehrer mit einer Wand tatsächlich sprechen, ne? Also meine Mutter hat das nicht ganz so verstanden wie meine Leistungen sind. […] sie konnte halt nix jetz mit den ähm, mit den Worten der Lehrer anfangen. Also das war dann irgendwie ein bisschen (..) zu hoch, sage ich mal, ne?“
In diesem Fall bewältigte die Befragte die Situation also, indem sie es zunächst vermied, selber an den Interaktionen zwischen ihrer Mutter und ihren Lehrer*innen teilzunehmen und – als es möglich war – ihre Mutter soweit wie möglich aus dem System Schule heraushielt und damit nicht sichtbar machte. Trotz dieser Strategien betont sie, dass sie sich an dieser Stelle (die zu dem Zeitpunkt nicht mehr vorhandene) professionelle Unterstützung als vermittelnde Instanz gewünscht hätte.
Frau R.: „Und ähm, ja, da wäre es dann auch nicht schlecht gewesen, wenn dann irgendjemand noch dabei gewesen wäre, der dann irgendwie so ein bisschen auch vermitteln konnte. Vor allem weil, weil die Lehrer dann auch nicht sofort sehen, dass das meine Mutter eine Behinderung hat. Also man denkt halt einfach vielleicht, sie interessiert sich nicht für ihr Kind oder sowas. Und äh ja.“
Sehr eindrucksvoll ist dabei die Begründung dieses Wunsches, denn ganz ähnlich wie Herr und Frau M. aus dem ersten Fallbeispiel zur Perspektive der Eltern betont sie hier, dass es ihr wichtig ist, dass man nicht davon ausgeht, ihre Mutter würde ihrer elterlichen Rolle absichtsvoll nicht hinreichend nachkommen. Auch hier nimmt sie also bestimmte Erwartungen an ihre Mutter hinsichtlich ihrer Rolle wahr und verweist darauf, dass das Verhalten ihrer Mutter darin begründet liegt, dass sie nicht kann auch wenn sie will. Zugleich geht sie ganz offensichtlich nicht davon aus, dass Lehrer*innen von sich aus ein Verständnis für die Situation ihrer Mutter entwickeln könnten, sondern es hier einer Vermittlung durch eine weitere pädagogische Fachkraft bedarf. Auch in anderen Schilderungen der Befragten wird deutlich, dass sie im Zusammenhang mit institutionalisierter Bildung und Erziehung die Erfahrung machen, dass ihre Eltern abgewertet werden.
Frau A.: „Also von den Nachbarn wurde meine Mutter immer nur darauf reduziert, asozial zu sein. Die es nicht hinbekommt, ihre Kinder da in den Griff zu bekommen. Ähm, die ständig nur Joghurts und Schokobrötchen kauft anstatt mal Gemüse und irgendwie weißen Joghurt. Ähm in der Kita genauso, in der Schule genauso. […] ich hätte es mir gewünscht, dass eben nicht meine Erzieherin zu mir kommt und sagt: Deine Mutter hat den Elternbeitrag wieder nicht gezahlt, erinnerst du sie dran? Und wenn du des nich machst, dann kannst du morgen nicht mitkommen.“
Es zeigt sich also durchaus eine hohe Sensibilität der Kinder für die Beeinträchtigung ihrer Eltern und die damit verbundenen Barrieren. Zugleich ist die Eltern-Kind-Beziehung von vielfachen Ambivalenzen und Belastungen geprägt – auch vor dem Hintergrund, dass sich ihre Lebenssituation mit einem deutlichen Stigmatisierungspotenzial verbindet.
Frau A.: „Und ähm ich hatte auch in der 8. Klasse eine ganz, eine ganz doofe Erfahrung. Ich hatte Streit mit ein paar Mädchen aus der Parallelklasse und ähm dann stellte sich raus, dass das eine Mädchen rumerzählt hätte, ähm es sehe nicht schön bei mir zu Hause aus. […] das war für mich ein Schlüsselerlebnis, wo ich gesagt hab: Okay, wie handelst du jetzt? Gibst du das alles zu und sagst: Ja, es ist so, aber was kann ich jetzt dafür? Ähm oder vertuschst du es weiter? Und ich hab mich natürlich dafür entschieden, es weiter zu vertuschen [lacht]. Ich hatte ja noch ein paar Jahre in der Schule. Ähm und hab auch ähm, hab es darüber kompensiert, dass ich ja die Coole war. Also egal was diese Mädchen jetzt gesagt hätten, ich hätte des runterspielen können. Aber es hat mich innerlich wirklich, wirklich richtig fertiggemacht. Also ähm das war denn nochmal so ein richtiger Stempel, den ich so über die Jahre davor gut abbauen konnte, die dann/ die aber/ also es triggerte wieder dieses Gefühl wie in der Kindergartenzeit an: So, du gehörst nicht dazu, du bist ein Außenseiter. Und ähm genau, das war sehr schwierig.“
Ein ambivalentes Erleben lässt sich bei einigen Befragten dabei nicht nur im Hinblick auf die eigene Familie, sondern auch auf die Inanspruchnahme professioneller pädagogischer Unterstützung im Rahmen der Eingliederungs- und/oder Jugendhilfe rekonstruieren. So ist diese für die Befragten einerseits gerade im Hinblick auf die Interaktion mit Schule eine enorme Ressource, auf der anderen Seite verbindet sich ein hohes Stigmatisierungspotenzial mit ihr, da sie den Unterstützungsbedarf der Familie im Kontext Schule überhaupt erst sichtbar macht. Insbesondere eine der Befragten reflektiert diese Problematik im Rahmen des Interviews sehr intensiv. Trotz einer sehr emotionalen Beziehung zur pädagogischen Fachkraft und einer hohen Wertschätzung der Hilfe beschreibt sie unterschiedliche Situationen, in denen sie „vertuscht“, dass regelmäßig eine Familienhelferin zu ihr nach Hause kommt. Ihre Begründung für dieses aktive Stigma-Management ist vor allem die mögliche Abwertung ihrer Mutter als ‚erziehungsunfähig‘.
Frau A.: „Und das heißt das Eingeständnis, dass deine Mutter es alleine nicht schafft. [...] Genau, also da, da war einfach die Angst vor diesem Stempel, einfach wieder, gerade in der Jugend, wenn man versucht, seine Identität aufzubauen, herauszufinden, wer man wirklich is'. […] Und dann darf man ja auch nie vergessen, die Hilfe kommt vom Jugendamt. Das heißt ähm, denen erstmal zu erklären: Wir sind eine Familie, dessen Akte beim Jugendamt liegt und bei den meisten Menschen klingelt denn: Oh Gott, die Mutter hat ihre Kinder nich‘ im Griff und da muss das Jugendamt rein und die Kinder rausnehmen.“
Anhand der Aussage wird zudem besonders deutlich, dass die Adressierung ihrer Mutter als „erziehungsunfähig“ in den Augen der Befragten unmittelbare Folgen für sie selbst haben würde (sie hätte einen „Stempel“ und ggf. könnte dies dazu führen, dass sie nicht mehr mit ihrer Mutter zusammenleben darf).

4. Unterstützung ohne Diskriminierung – Ein Ausblick

Die empirischen Untersuchungen zeigen, dass Unterstützung von Eltern mit einer sog. geistigen Behinderung und ihren Kindern auch in Bezug auf den Schulbesuch als notwendig angesehen wird. Während in der Untersuchung zur Wahrnehmung von Eltern die Ambivalenz der Unterstützung zwischen Hilfe und der Angst vor der Infragestellung des familiären Zusammenlebens deutlich wird, nehmen die interviewten Kinder die Fachkräfte in Bezug auf die Schule als Kompensation der wahrgenommenen Probleme ihrer Eltern wahr. Als Problem auf der institutionellen Ebene zeigt sich, dass die Beteiligten die Schule als Ort ansehen, an dem die Lebenssituation der Familien nicht zum Thema gemacht werden soll. Dies entspricht den Ergebnissen von Studien zur Sichtweise von zahlreichen Lehrkräften, dass die Bewältigung von Problemlagen „in die alleinige Verantwortung der betroffenen Eltern gelegt [wird], selten zusätzlich in den Aufgabenbereich der Kinder- und Jugendhilfe“ (Gläser et. al., 2008, S. 92). Die UN-Behindertenrechtskonvention hat das Recht von Menschen mit Behinderung auf Familie gestärkt. Die sozial- und bildungspolitische Umsetzung in der Bundesrepublik Deutschland stellt sich als wenig inklusiv dar. Die Fachkräfte in unterschiedlichen Systemen beobachten die Elternschaft von Menschen mit Behinderungen und intervenieren nach ihrer eigenen Logik. Die Unterstützung ist nur bedingt aufeinander abgestimmt und trägt durch ihre Struktur zum ‚Making Dis/ability‘ bei. Eine stärkere Sensibilität von Lehrkräften gegenüber Benachteiligungen von Kindern und Familien durch ihre sozioökomische Situation sowie eine vom Einzelfall entkoppelte Vernetzung der gesellschaftlichen Organisationen, die für Bildung, Erziehung und die Förderung der Teilhabe zuständig sind, könnte zur Verbesserung der Bildungschancen von Kindern aus Familien in benachteiligten Lebenssituationen beitragen.
Hinsichtlich des Aspektes der Herstellung von Ungleichheit durch Praktiken im Schul- und Sozialsystem (‚Doing Difference‘ oder hier konkret ‚Doing Dis/ability‘) ist es äußerst bedeutsam, dass Eltern unabhängig von ihren Kompetenzen in ihrer Elternrolle anerkannt werden. Hilfen zur Erziehung oder Leistungen zur Teilhabe sollen Eltern in die Lage versetzen, ihre Elternrolle selbstbestimmt wahrzunehmen und auszugestalten. Auch die Schule muss sie darin unterstützen und darf entsprechende Kompetenzen nicht als gegeben voraussetzen. Die Lehrkräfte in der Schule dürfen von den Fachkräften in der Kinder- und Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe nicht erwarten, dass sie Aufgaben stellvertretend wahrnehmen und die Fachkräfte ihre Unterstützung nicht in dieser Form anbieten. Auch wenn Kinder außerhalb der Familien leben, bleiben die Eltern in der Regel sorgeberechtigt und sollen ihren Erziehungsauftrag auch wahrnehmen. Das Vorliegen einer geistigen Behinderung ist kein Grund, die Erziehungsfähigkeit in Frage zu stellen und die Sorgeberechtigung zu entziehen. Dies gilt bezogen auf alle Eltern nur dann, wenn nach sorgfältiger Prüfung durch Familiengerichte eine Kindeswohlgefährdung festgestellt wird. Erst unter dieser Voraussetzung übernimmt die öffentliche Erziehung eine stellvertretende Rolle, die sie auch gegenüber der Schule wahrnimmt.
Es wäre für Eltern mit einer sog. geistigen Behinderung und auch für Eltern in anderen benachteiligten Lebenslagen hilfreich, wenn die Inanspruchnahme von Unterstützung durch soziale Dienste von Stigmatisierung befreit würde. In dem Konzept der ‚bedingungslosen Jugendhilfe‘ (Schrödter, 2020) wird der Grund für die Stigmatisierung in der Bedürftigkeitsprüfung gesehen, der strukturell eine Defizitorientierung innewohnt. Im Feld der Eingliederungshilfe hat die Feststellung des Vorliegens einer ‚wesentlichen Behinderung‘ (§ 99 SGB IX) eine ähnlich stigmatisierende Wirkung. Die Autor*innen dieses Beitrags nutzen die Formulierung der ‚sog. geistigen Behinderung‘, um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, ohne es allerdings lösen zu können. Die Protagonisten der bedingungslosen Jugendhilfe schlagen vor, „die Hilfen zur Erziehung zum regulären Bestandteil der Gesellschaft zu machen“ (Schrödter, 2020, S. 4). Dies entspricht dem Ansatz der Inklusion und kann auch in Bezug auf die Teilhabe von Menschen mit Behinderung beispielsweise durch Barrierefreiheit, durch Schutz vor Diskriminierung und ein inklusives Bildungssystem realisiert werden. Es ist allerdings schwer vorstellbar, dass durch die Entwicklung einer inklusiven Infrastruktur vollständig auf individuelle, personenbezogene Hilfe verzichtet werden kann. Es wäre bereits viel gewonnen, wenn die Abgrenzung spezialisierter Zuständigkeiten nicht weiter ausgebaut würde, sondern beispielsweise in den Schulen die Voraussetzungen geschaffen würden, dass alle Kinder individuell in heterogenen Lerngruppen ohne schulexterne Ressourcen gefördert werden könnten.
Es ist die Verpflichtung der Kinder- und Jugendhilfe, der Eingliederungshilfe und auch der Schule, das Recht auf Erziehung der Eltern nach Artikel sechs des Grundgesetzes zu achten. Die UN-Behindertenrechtskonvention hat die Bedeutung des Schutzes der Rechte von Familien mit Angehörigen mit Behinderungen als Thema der Menschenrechte unterstrichen (Art. 23). Zur Gewährleistung des Rechtes auf Familie dient die Förderung und Unterstützung im Bereich der Bildung, der Kinder- und Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe. Im Kontext der professionellen Unterstützung lassen sich die Probleme der Stigmatisierung durch Unterstützung und Machtasymmetrie nicht lösen. Menschen mit Behinderungen organisieren sich daher in der Selbsthilfe und anderen Formen selbst. Die UN-Behindertenrechtskonvention hat die Bedeutung der Partizipation von Menschen mit Behinderungen und der Selbstorganisation an mehreren Stellen hervorgehoben. Ansätze des Peer Supports und der Förderung der Selbsthilfe sind mit der Reform durch das Bundesteilhabegesetz auch in das SGB IX aufgenommen. Bislang ist die Gruppe der Eltern mit sog. geistiger Behinderung noch sehr klein. Es muss daher zu einem Anliegen aller Akteur*innen im Bereich der Unterstützung von Menschen mit Behinderung werden, den gegenseitigen Austausch von jungen Menschen und Eltern mit sog. geistigen Behinderungen zu unterstützen, indem sie sich frei und ohne fürsorgliche Begleitung über die Themen Sexualität, Kinderwunsch und Elternschaft austauschen können. Dieser Ansatz zielt darauf, die Zuschreibung einer Behinderung auf die Mobilisierung von Ressourcen zur Unterstützung zu begrenzen und die damit verbundenen Risiken der Identitätskonstruktion als ‚Being Dis/abled‘ zu relativieren.

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[1]An dieser Stelle soll auf die sozialrechtliche Kategorie verwiesen werden, durch die Unterstützungsleistungen legitimiert werden. Der sich damit verbindende Begriff soll durch den Zusatz „sog.“ jedoch zugleich problematisiert werden, da sich aus der Zuschreibung einer „geistigen Behinderung“ für viele von ihr Betroffene zahlreiche Ambivalenzen und negative Folgen ergeben. Dabei wird der Terminus aufgrund seines Stigmatisierungspotenzials insbesondere durch die Selbsthilfe kritisiert.