Timm Albers: Inklusion in den frühpädagogischen Studiengängen
Abstract: Mit der steigenden gesellschaftlichen und bildungspolitischen Bedeutung der frühkindlichen Bildung gehen Veränderungsprozesse in der Ausbildung frühpädagogischer Fachkräfte einher. Neben der Ausbildung an Berufsakademien und Fachschulen existieren bundesweit inzwischen mehr als 70 Bachelor- und Masterstudiengänge, die sich im Bereich Frühpädagogik und Frühförderung ansiedeln. Nach dem Inkrafttreten der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung (vgl. UN 2006) werden die Konsequenzen für die frühpädagogische Ausbildung derzeit intensiv diskutiert. Im vorliegenden Beitrag soll anhand einer Analyse der Curricula frühpädagogischer Studiengänge überprüft werden, inwiefern Inklusion bereits als Bestandteil der Ausbildung an den verschiedenen Studienstandorten verankert ist und in welche Kompetenzen die Absolventinnen und Absolventen frühpädagogischer Studiengänge im Zusammenhang mit Inklusion erwerben.
Stichworte: Curricula, inklusive Frühpädagogik, Frühpädagogische Studiengänge
Ausgabe: 3/2011
Inhaltsverzeichnis
- Inklusion in der frühpädagogischen Diskussion
- Qualifikationsrahmen für Hochschulstandorte
- Inklusion in der Ausbildung frühpädagogischer Fachkräfte an Hochschulen
- Fazit
- Literatur
1. Inklusion in der frühpädagogischen Diskussion
Mit dem Inkrafttreten der UN-Konvention zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderung in der Bundesrepublik Deutschland steht auch die Aus-, Fort- und Weiterbildung frühpädagogischer Fachkräfte vor der Aufgabe, die Forderung nach einem inklusiven Bildungssystem aufzugreifen und curriculare Entsprechungen zu entwickeln. Der Nationale Aktionsplan zur Umsetzung der Konvention stellt in diesem Zusammenhang das inklusive Lernen von Anfang an als eine selbstverständliche Aufgabe aller Bildungsinstitutionen heraus (vgl. BMAS 2011). Von keinem anderen Begriff geht innerhalb der frühpädagogischen Praxis derzeit so viel Dynamik aus, wie vom Begriff der Inklusion. Die Ursprünge der aktuellen Diskussion lassen sich jedoch zu den Integrationsbestrebungen der 1970er Jahre zurückverfolgen, die sich zum Ziel gesetzt hatten, die gemeinsame Bildung von Kindern mit und ohne Behinderung in Kindergarten und Schule voranzutreiben.
Als Meilenstein der theoretischen Auseinandersetzung mit der Integration von Kindern mit Behinderung können in diesem Zusammenhang die Ergebnisse der Forschergruppe um Helmut Reiser gesehen werden, die in der Begleitung des Frankfurter Modellversuchs zur Integration von Kindern mit Behinderung Voraussetzungen für das Gelingen des gemeinsamen Aufwachsens im Rahmen eines Mehrebenenmodells von Integration formuliert haben (vgl. Klein, Kreie, Kron & Reiser 1987). Die soziale Integration eines Kindes wird in diesem Verständnis nicht allein dadurch gewährleistet, dass dem Kind ein Integrationsplatz in einer Regeleinrichtung bereitgestellt wird, wie dies zum Beispiel aufgrund des bei Klemm (2010) gewählten Begriffs der Inklusionsquote missverstanden werden könnte: In seiner Studie bezeichnet er alle Organisationsformen als inklusiv, in denen Kinder mit Behinderung in Kontakt zu Kindern ohne Behinderung treten, also auch, wenn wie im Rahmen des Kooperationsmodells eine institutionelle bzw. organisatorische Trennung von Kindern mit und ohne Förderbedarf unternommen wird. Integration verweist jedoch auf einen Prozess, der sich auf mehreren Ebenen vollzieht: „Als integrativ im allgemeinsten Sinn bezeichnen wir diejenigen Prozesse, bei denen ‚Einigungen’ zwischen widersprüchlichen innerpsychischen Anteilen, gegensätzlichen Sichtweisen, interagierenden Personen und Personengruppen zustande kommen. Einigungen erfordern nicht einheitliche Interpretationen, Ziele und Vorgehensweisen, sondern vielmehr die Bereitschaft, die Positionen der jeweils anderen gelten zu lassen, ohne diese oder die eigene Person als Abweichung zu verstehen“ (Klein et al. 1987, S.38).
Während die Frühpädagogik stets bestrebt war „Passungen zwischen den heterogenen Lebenslagen von jungen Kindern und deren Familien sowie den Angeboten für Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder herzustellen“ (Sulzer & Wagner 2011, S.8), wurde die in der Sonder- und Integrationspädagogik bekannte Diskussion um Integration und Inklusion in der frühpädagogischen Fachöffentlichkeit lange Zeit nur marginal wahrgenommen. So existiert an der Fachhochschule Emden/Leer zwar bereits seit 2004 ein Studiengang mit dem Profil inklusive Frühpädagogik, die Anforderungen an frühpädagogische Fachkräfte werden bundesweit jedoch erst im Anschluss an die Behindertenrechtskonvention in aktuellen Expertisen (Prengel 2010; Sulzer & Wagner 2011) der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte des Deutschen Jugendinstituts expliziert. Prengel (2010) arbeitet bildungstheoretische, empirische und pädagogische Grundlagen für die Theoreme Heterogenität und Inklusion in der Frühpädagogik heraus und liefert damit eine bedeutende Grundlage für die Diskussion um Anforderungen an eine inklusive Frühpädagogik. Es wird dabei deutlich, dass der Begriff der Inklusion die komplexen Ausgangslagen von Kindern in den Blick nimmt. Prengel (2010, S. 23) benennt in diesem Zusammenhang „soziokulturelle Lebenslagen einschließlich soziokultureller Milieus sowie (noch stärker) die Akteursperspektive sowie die informelle Ebene akzentuierender Lebensstile und Biografien. Dazu kommen die auf Bildungsprozesse im engeren Sinne bezogenen leiblichen, emotional sozialen und kognitiven Lernausgangslagen, die u. a. Lernprofile, Lernniveaus, Lernstile und ökosystemische Lernkontexte umfassen. Lebenslagen, Lebensstile und Lernausgangslagen der Kinder können daraufhin analysiert werden, wie sie mit vertikalen Hierarchien verwoben sind und was Inklusive Pädagogik zu ihrer Enthierarchisierung beitragen kann.“ Die Autorin entwickelt eine Definition von Heterogenität, welche sie mit dem Begriff der „egalitären Differenz“ (2010, S.2) konkretisiert: Grundlage des Zusammenlebens ist demnach Gleichheit aller Menschen im Sinne der gleichen Ausgangsvoraussetzungen auf der Grundlage der Menschenrechte (Egalität). Differenz wird in diesem Verständnis als freiheitliches und gleichberechtigtes, nicht hierarchisches Zusammenleben von Individuen verstanden. Diese Wertschätzung von Heterogenität wird im Deutschen insbesondere im Wort Vielfalt deutlich und prägt in diesem Verständnis auch das Konzept der Pädagogik der Vielfalt (vgl. Prengel 2006).
In Kindertageseinrichtungen stellt dieser Umgang mit Heterogenität einen festen Bestandteil der pädagogischen Arbeit dar. Kindergärten und Krippen ermöglichen ein Zusammenleben von Kindern, die sich aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, ihrer körperlichen, kognitiven, sprachlichen, kulturellen und sozial-emotionalen Voraussetzungen voneinander unterscheiden. Die Herausforderung für frühpädagogische Fachkräfte besteht darin, dass neben der individualisierenden Perspektive auf das Kind und universellen Fragestellungen gegenüber allen Menschen auch Sensibilität gegenüber kollektiven Erkenntnissen zu Gruppen (Kinder mit Migrationshintergrund, Kinder mit Behinderung) gezeigt werden muss: „Für professionelles pädagogisches Handeln kommt es darauf an, verallgemeinertes Regelwissen zu typischen kindlichen Lebenslagen mit auf Einzelfall bezogenem Fallverstehen zu kombinieren“ (Prengel 2010, 3).
Für den Bereich der Ausbildung an Fachschulen und Berufsakademien stellt Breitbart (2011) eine Übersicht dar, in der die Rahmenpläne der Länder im Hinblick auf die Bedeutung des Themas Inklusion für die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern analysiert werden. Der Autor kommt dabei zu folgenden Kategorisierungen und Zuordnungen: Acht Bundesländer widmen Integration/Inklusion ein eigenständiges Lernfeld, acht Länder sehen den Umgang mit Heterogenität als übergreifende Aufgabe an. In Hessen wird dies aber gleichzeitig dem nicht verbindlichen Wahlpflichtbereich zugeordnet. Hamburg bezeichnet Inklusion als Querschnittsthema, das sich durch alle Bereiche der Curricula zieht, zusätzlich bietet sich hier die Möglichkeit der Schwerpunktsetzung innerhalb der Ausbildung.
Für den Bereich der Qualifizierung frühpädagogischer Fachkräfte an Hochschulen werden nachfolgend aktuelle übergreifende Qualifizierungsrahmen für frühpädagogische Studiengänge im Hinblick auf die Implementierung von Inklusion untersucht. Anschließend wird anhand der Analyse von Modulhandbüchern überprüft, welchen Stellenwert diese Empfehlungen für die Inhalte der frühpädagogischen Studiengänge in Deutschland einnehmen.
2. Qualifikationsrahmen für Hochschulstandorte
2.1 Orientierungsrahmen Frühpädagogik Studieren
Während die Vorarbeiten von Prengel (2010) den theoretischen Rahmen einer inklusiven Bildung bereit stellen, ist zu überprüfen, inwiefern der theoretische Anspruch an eine inklusive Frühpädagogik sich in der Ausbildung frühpädagogischer Fachkräfte an den Hochschulen in Deutschland niederschlägt. Die Robert Bosch Stiftung (2008) legt in diesem Zusammenhang einen Orientierungsrahmen vor, der eine Arbeitshilfe für die sich formierende frühpädagogische Hochschullandschaft darstellt. Der Orientierungsrahmen ‚Frühpädagogik studieren‘ geht dabei auf das Programm ‚PIK‘ – Profis in Kitas, Professionalisierung von Frühpädagogen in Deutschland, zurück.
Zusammen mit fünf federführenden Partnerhochschulen (Alice Salomon Hochschule Berlin, Universität Bremen, Technische Universität Dresden, Evangelische Fachhochschule Freiburg, Fachhochschule Koblenz) wurden Bildungsinhalte und Lehr- und Lernmethoden für frühpädagogische Studiengänge erarbeitet. Unter anderem münden die Überlegungen in Bausteinen, die das „Spektrum relevanter Bildungsinhalte für frühpädagogische Studiengänge
in den Bereichen Grundlagen der Frühpädagogik, Bildungsbereiche, Arbeitsfeld und Institution und Praktische Studien“ (Robert Bosch Stiftung 2008, S.12) abbilden.
Die kompetenzorientierten Bausteine verstehen sich dabei nicht als verpflichtendes Kerncurriculum, sondern bilden Qualifizierungsbereiche und deren Zielsetzungen, sowie mögliche Lehr- und Lernsettings für frühpädagogische Studiengänge exemplarisch ab. Der Qualifikationsrahmen Frühpädagogik skizziert ein Anforderungsprofil für frühpädagogische Fachkräfte, welches Qualifikationen umfasst, die nach einem erfolgreich abgeschlossenen Studium der Frühpädagogik erworben sein sollen.
Die 28 Bausteine des Orientierungsrahmens werden in vier Bereiche aufgeteilt (vgl. Robert Bosch Stiftung 2008): Der Bereich Grundlagen umfasst wissenschaftliche und fachpraktische Basiskompetenzen für die akademische Ausbildung von frühpädagogischen Fachkräften. In den Bildungsbereichen werden Elemente für die professionelle Begleitung der frühkindlichen Bildungs- und Lernprozesse dargestellt. Im Bereich Arbeitsfeld und Institution werden Bildungsinhalte vorgeschlagen, die sich auf die institutionellen und organisatorischen Anforderungen der Arbeit in Kindertageseinrichtungen beziehen. Die praktischen Studien behandeln Anforderungen an den Lernort Praxis und dessen Gestaltungsmöglichkeiten.
Im Grundlagenbereich findet sich unter anderem der Baustein 8, Diversität, der auf die theoretischen Grundlagen der Pädagogik der Vielfalt referiert (vgl. Prengel 2006). Der Baustein wird entsprechend eingeleitet mit der Bedeutung von Gleichheit und Differenz: „Kinder sind gleich und sie unterscheiden sich. Wo es um elementare Bedürfnisse geht – wie Bindung, Nahrung, Kleidung, Wohnung, Kontakt zu Gleichaltrigen, Anregungen und elementare Rechte wie das Recht auf Bildung – sind sie gleich. In der Einzigartigkeit ihrer Biografien und Lebenswelten sowie ihrer vielfältigen Gruppenzugehörigkeiten unterscheiden sie sich“ (Robert Bosch Stiftung 2008, S.85). Ebenso wie die Expertise von Sulzer & Wagner (2011) innerhalb der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte des deutschen Jungendinstituts werden im Qualifikationsrahmen die unterschiedlichen Bezüge zu Diversitäts-Theorien thematisiert, mit denen unter anderem Ability, Gender, Kultur/Ethnizität und sozioökonomischer Status unterschieden werden. Dabei rücken „Flexibilisierungen und Überschneidungen der Heterogenitätsdimensionen ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Eine Pädagogik der Vielfalt nimmt hier ihren Ausgangspunkt und hat das Ziel, Frühpädagoginnen in ihrer alltäglichen Praxis für Aspekte von Diversität zu sensibilisieren“ (Robert Bosch Stiftung 2008, S.87).
Die Studierenden sollen anhand des Bausteins Diversität folgende grundlegende Kompetenzen erwerben, die an dieser Stelle exemplarisch dargestellt werden (ebd., S. 88):
- Die Studierenden sehen die allgemeinen und für besondere Gruppen (Frauen, Kinder, Behinderte, Ethnien) formulierten Menschenrechte als Grundlage der Gleichheit und Freiheit, die den Verschiedenen auf der Basis gleicher Rechte ein anerkennendes Miteinander ermöglicht.
- Sie kennen Formen des gesellschaftlichen Umgangs mit Vielfalt. Die Zusammenhänge zwischen Bildungschancen und sozialer Ungleichheit sowie Inklusions- und Exklusionsprozesse im Erziehungs- und Bildungssystem sind ihnen bewusst.
- Sie erwerben grundlegendes Wissen über Handlungsmöglichkeiten sowie die Fähigkeit, den persönlichen und professionellen Umgang mit Verschiedenheit zu reflektieren.
- Sie verstehen die Bedeutung differenztheoretischer Grundbegriffe: Gleichheit und Tertium Comparationis (Vergleichskriterium), Heterogenitätsdimensionen (wie Alter, Geschlecht, Kultur, Leistung, Behinderung, Religion, Familienform, Schicht) und Intersektionalität (Überschneidungen).
- Sie setzen sich mit den konstruierten Linien der Normalität und Abweichung und mit den Differenzlinien als Grundlage der Organisation moderner Gesellschaften auseinander.
- Sie analysieren die Problematik »reifizierender« (verfestigender) Identifikationen und etikettierender diagnostischer Zuschreibungen und vergleichen sie mit nicht affirmativen Differenzkonzepten.
- Sie kennen die Geschichte von Diversity-Education und schlüsseln Grundbegriffe der Pädagogik der Vielfalt auf: Selbstachtung und Anerkennung der Anderen, Chancengleichheit, heterogene Lerngruppen, innere Differenzierung, Inklusion – Exklusion, Spannungsfeld Heterogenität und Leistung.
- Sie kennen Konzepte der interkulturellen, der Gender- und der Inklusionspädagogik sowie einer Pädagogik der Chancengleichheit.
- Sie setzen sich mit Ursachen, Formen und Folgen von Armut, Migration, Behinderung und Geschlechtersozialisation auseinander und gewinnen Einblick in die rechtlichen Grundlagen der Gleichstellung und Anti-Diskriminierung, auch auf europäischer Ebene.
Neben diesen grundlegenden Kompetenzen wird die Arbeit mit Kindern mit einer Behinderung, sowie mit den Eltern und Bezugspersonen konkretisiert. Daneben werden Kompetenzen für Selbstreflexion, Teamarbeit und Institutionsentwicklung, sowie Kompetenzen für die Vernetzung mit dem Umfeld formuliert, die sich auf die Bedeutung der institutionellen Heterogenität und der Kooperation mit Jugendhilfe, Frühförderinstitutionen, Kinderschutzorganisationen, Schulen und Freizeiteinrichtungen beziehen.
Der hohe Stellenwert, der den Themen Heterogenität und Inklusion innerhalb des Orientierungsrahmens beigemessen wird, spiegelt sich zudem in Baustein 10 (Integration/Inklusion/Behinderung) wider, der ebenfalls den Grundlagen frühpädagogischen Handelns zugeordnet wird und eine Heterogenitätsdimension (Ability/Disability) besonders vertieft (vgl. Robert Bosch Stiftung 2008, S.95f.). Die Studierenden sollen Grundkenntnisse zu Theorien, Modellen und Konzeptionen inklusiver Pädagogik erwerben und kritisch reflektieren können. Sie kennen darüber hinaus Konzeptionen inklusiver Pädagogik und können sie in ihrer pädagogischen Arbeit reflektiert umsetzen. Studierende entwickeln in Kenntnis der empirischen Studien zum Thema auch eigene Fragestellungen im Kontext inklusiver Frühpädagogik.
Obwohl der Anteil inklusiver Themen innerhalb des Orientierungsrahmens Frühpädagogik Studieren als umfassend und theoretisch fundiert beschrieben werden kann, muss die modularisierte Form des Kompetenzerwerbs im Zusammenhang mit Inklusion kritisch hinterfragt werden. So gewährleistet die Tatsache, dass ein frühpädagogischer Studiengang ein Modul „Inklusion“ beinhaltet, nicht zwangsläufig auch eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema geschweige denn eine grundlegende Ausrichtung an einer inklusiven Pädagogik. Insofern besteht in der Modularisierung immer auch die Gefahr, dass die Absolventinnen und Absolventen ein fragmentiertes Wissen über Inklusion erwerben.
2.2 Profis für Krippen
Viernickel, Nentwig-Gesemann, Harms, Richter und Schwarz (2011) legen im Rahmen der Fortsetzung des Projekts „Profis in Kitas II der Robert Bosch Stiftung“ unter der Bezeichnung „Profis für Krippen“ einen Orientierungsrahmen für die Ausbildung von frühpädagogischen Fachkräften vor, der genau diesen Gedanken aufgreift und insbesondere für den Bereich der Arbeit mit Kindern bis Drei konkretisiert. Die Autorinnen stellen heraus, „dass bereits ab dem ersten Lebensjahr Kinder mit Behinderungen barrierefreie Zugänge zu frühpädagogischen Institutionen erhalten müssen“ (Viernickel et al. 2011, S.23). Inklusion solle daher „selbstverständlicher Bestandteil aller sozialwissenschaftlichen Ausbildungs- und Studiengänge sein“ (ebd.).
Der Orientierungsrahmen formuliert in seinem ersten von zehn Bausteinen mit dem Titel ‚Professionelle Haltung: selbstreflexive und forschende Haltung’ daher Kernkompetenzen, die sich als Querschnittsaufgabe durch alle weiteren Bausteine ziehen. Unter diese grundlegenden Kompetenzen fällt neben der Ausbildung von Empathie und Feinfühligkeit, sowie einer ressourcenorientierten Haltung der frühpädagogischen Fachkräfte auch die Wertschätzung von Diversität. Im Vergleich zum Orientierungsrahmen ‚Frühpädagogik Studieren’ (Robert Bosch Stiftung 2008) wird in der Konsequenz dieser Ausrichtung der Baustein ‚Pädagogische Begleitung und Unterstützung frühkindlicher Entwicklungsthemen für Kinder mit besonderen Entwicklungsverläufen’ einerseits als fester Bestandteil des Curriculums positioniert, andererseits findet sich die übergreifende Kernkompetenz ‚Wertschätzender Umgang mit Diversität’ in allen anderen Bausteinen wieder (vgl. Viernickel et al. 2011). Innerhalb des Bausteins sollen die Studierenden einen fachlichen Überblick über die unterschiedlichen Behinderungsformen und Entwicklungsgefährdungen erhalten, sowie für Barrieren, Vorurteile und Berührungsängste sensibilisiert werden.
Durch die konsequente Betonung von inklusiver Pädagogik stellt das hier angedeutete Gesamtkonzept der curricularen Bausteine insofern einen Paradigmenwechsel für die curriculare Strukturierung von Aus-, Fort- und Weiterbildung dar. Dabei überzeugt der Ansatz einer inklusiven Grundausrichtung, ohne dabei jedoch die Sensibilität gegenüber Vorurteilen oder den besonderen Anforderungen, die mit Entwicklungsgefährdungen und Behinderungen einhergehen aus dem Auge zu verlieren, Damit liegt zum aktuellen Stand eine fachliche Fundierung von Inklusion in der Frühpädagogik vor, die ihren Niederschlag in Rahmenempfehlungen für frühpädagogische Studiengänge findet (vgl. Robert Bosch Stiftung 2008; Viernickel et al. 2011).
3. Inklusion in der Ausbildung frühpädagogischer Fachkräfte an Hochschulen
Im Folgenden soll anhand einer Analyse der Modulkataloge und Prüfungsordnungen aller 79 Studiengänge, die zum Zeitpunkt der Erhebung (Juni 2011) auf dem Portal ‚fruehpaedagogik-studieren.de’ verfügbar waren, dargestellt werden, inwiefern der in der theoretischen Herleitung und curricularen Rahmenplanung formulierte Anspruch an eine inklusive Frühpädagogik erfüllt wird und wie die Umsetzung in der Modulstruktur erfolgt. In die Analyse einbezogen wurden grundständige Bachelor- und Masterstudiengänge, sowie berufsbegleitende Angebote mit frühpädagogischer Schwerpunktbildung. Da die Akademisierung der frühpädagogischen Fachkräfte in der Bundesrepublik erst seit den letzten Jahren durch die Gründung neuer Studiengänge forciert wird, ist zu erwarten, dass aufgrund der Aktualität der Modulkataloge und Prüfungsordnungen die meisten Studiengänge die Bedeutung von Inklusion mit der Implementierung in der Modulstruktur abbilden.
Ergebnisse
Von den 79 Studiengängen benennen 42 den Begriff Inklusion innerhalb ihrer Modulstruktur. Die übrigen Studiengänge beziehen immer auch Dimensionen von Heterogenität in ihre curricularen Standards ein, ohne dabei jedoch explizit auf inklusive Bildung zu referieren. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt daher anhand der Nennung derjenigen Studiengänge (in alphabetischer Reihenfolge des Bundeslandes und des Standortes), die einerseits Inklusion in der curricularen Struktur verankert haben und aus deren Modulkatalog andererseits hervorgeht, dass eine Querschnittlage bzw. vertiefte Auseinandersetzung mit Inklusion im Studium erkennbar wird.
Baden Württemberg
- Hochschule Esslingen (2006): Studiengang Bildung und Erziehung in der Kindheit (Bachelor): Inklusion wird dem Studienbereich 4, Kooperationen im Kontext des Gemeinwesen, sozialpädagogisches Handeln im Gemeinwesen zur Prävention, Inklusion und frühen Hilfe zugeordnet. Im Modul 1.2 ‚Kind in Familie, Gruppe und Umwelt unter subjekttheoretischem Aspekt‘ (vgl. Hochschule Esslingen 2006, S.6) sollen die Studierenden über Kenntnisse von Gruppenprozessen – auch unter geschlechtsspezifischer Perspektive und der Perspektive von Inklusion verfügen. Das Modul 2.3 ‚Bildungs- und Jugendhilfepolitik als Gestaltungsfaktoren für Sozial- und Bedarfsplanung sowie für die Planung von Institutionen‘ (S.12) befähigt die Studierenden unter anderem dazu, dass sie bildungs- und jugendhilfe- und inklusionspolitisch eigene Positionen darstellen und legitimieren können. Nach erfolgreichem Abschluss des Moduls 3.1.3 ‚Institutionen für Kinder und ihre pädagogischen Ansätze (Schwerpunkt: Kinder im Schulalter)‘ (S.15) kennen die Studierenden innovatorische, z.B. inklusionspädagogisch geschlechterdifferenzierende Schul- und Unterrichtsmodelle und -konzepte aus dem In- und Ausland. In Modul 3.4 erfolgt eine Kompetenzerweiterung im Bereich der pädagogischen Förderung bei Entwicklungsrisiken im Kindesalter (S.20). Die Studierenden erwerben Kenntnisse in lebensweltbezogener, ressourcenorientierter, auf Inklusion ausgerichteter pädagogischer Förderung von Mädchen und Jungen im Alter von 0-10 Jahren. Sie erwerben in Theorie und Praxis Erfahrungen im Umgang mit Beobachtungs- und Testverfahren für Kinder, mit der Erstellung von pädagogischen Entwicklungsberichten und daraus resultierenden pädagogischen Fördermaßnahmen, unter Berücksichtigung von Konzepten der Prävention von Entwicklungsrisiken und der Förderung von Resilienz. Das Modul 4.1 ‚Sozialpädagogisches Handeln im Gemeinwesen zur Prävention, Inklusion und frühen Hilfe‘ (S.22) verfolgt das Ziel, dass die Studierenden sich Inhalte zentraler Theorie- und Handlungskonzepte der Sozialen Arbeit als Hintergrundfolie für die Analyse der Lebenssituation von Kindern und ihren Familien und die Entwicklung von sozialraumorientierten Handlungskonzepten erarbeiten. Die Studierenden erwerben eine gemeinwesenorientierte und interdisziplinär ausgerichtete professionelle Grundhaltung und bilden ein eigenes wissenschaftsfundiertes professionelles Berufsprofil aus. Sie verfügen über das erforderliche Wissen zur Sicherung von Förderung und frühen Hilfen sowie zur Beteiligung an der Hilfeplanung. Auch das Modul 5.2 ‚Organisation und Management von Bildungseinrichtungen‘ (S.27) verweist auf Inhalte im Kontext Inklusion: Interkulturelle Öffnung, Diversity-Management, Gender-Mainstreaming, sowie Management unter inklusionspädagogischem Vorzeichen. Die Studierenden kennen demnach u.a. kennen Konzepte von interkultureller Öffnung, Diversity-Management, Gendermainstreaming und Inklusionspädagogik als Leitungskonzepte und können diese in alltagstaugliches Vorgehen umsetzen.
- Evangelische Hochschule Freiburg, Pädagogische Hochschule Freiburg (2010): Pädagogik der frühen Kindheit (Bachelor): Der Modulkatalog verweist an verschiedenen Stellen auf die Querschnittlage von Inklusion. So wird in Modul 3/14 ‚Seelische und körperliche Gesundheit‘ (EH und PH Freiburg 2010, S.27) darauf hingewiesen, dass eine inhaltliche Verzahnung u.a. zu den Modulen ‚Kinder mit Lern-, Verhaltens- und Entwicklungsauffälligkeiten‘ (S.59) und ‚Gemeinsame Erziehung und frühe Bildung von Kindern mit und ohne Behinderung: Inklusionspädagogik‘ (S.44) besteht. Auch das Modul 6/22 ‚Sozialräumliche Bezüge und Kooperationsformen von Kindertageseinrichtungen‘ (S.42) stellt den Zusammenhang zur Inklusion her. Eine zentrale Bedeutung von inklusiver Bildung wird in Modul 6/23 (‚Gemeinsame Erziehung und frühe Bildung von Kindern mit und ohne Behinderung: Pädagogik der Inklusion‘) herausgestellt (S.44): Die Studierenden kennen die Grundannahmen inklusiver Pädagogik und Konzepte zur pädagogisch-didaktischen Umsetzung in Kindertageseinrichtungen sowie deren Rahmenbedingungen; sie erkennen die Merkmale und multifaktorielle Genese von Behinderungen im Zusammenspiel biologischer, psychologischer und sozialer Einflüsse und können sich kritisch differenziert mit Klassifikationen auseinandersetzen und haben vertiefte Kenntnisse zu Entwicklungsrisiken und verschiedenen Beeinträchtigungen bei Kindern; die Studierenden kennen Ansätze der integrierten Förderung und sind in der Lage integrative Lern- und Spielsituationen zu entwerfen; sie kennen die Grundzüge des Hilfesystems wie auch des Systems der sonderpädagogischen Förderung und kennen Wege, passende Ressourcen zu erschließen sowie Formen der Kooperation mit Eltern und Fachkräften; Studierende können Behinderung im Zusammenhang weiterer Heterogenitätsdimensionen einordnen und Verbindungen zur Pädagogik der Vielfalt herstellen; sie sind in der Lage eigene Normalitäts- und Behinderungsvorstellungen zu reflektieren. Im Modul werden dabei u.a. folgende Studieninhalte vermittelt: Theorien, Modelle und Konzepte inklusiver Pädagogik; von der Integrationspädagogik zur Pädagogik der Inklusion; Behinderung als soziale Konstruktion, Auseinandersetzung mit Definitionen und Klassifikationen; Behinderungen im Kindesalter, z.B. Sinnesbeeinträchtigungen, körperliche und kognitive Beeinträchtigungen und daraus resultierende Förderbedürfnisse; didaktische Entwürfe zur Konzipierung integrativer Spiel- und Lernsituationen und deren Umsetzung; Lebenssituation von Familien mit behinderten Kindern; Kooperation innerhalb der Einrichtung, mit externen Kooperationspartnern des Hilfesystems und Eltern; Organisationsformen und rechtliche Rahmenbedingungen inklusiver Praxis in Kindertageseinrichtungen; Ansätze von Qualitäts- und Organisationsentwicklung inklusiver Einrichtungen. Das Modul wird erst im sechsten Semester angeboten und ist Teil des Studienbereichs ‚Umgang mit Unterschiedlichkeit und Kindern in besonderen Ausgangslagen‘, in dem auch das Modul 6/24 ‚ Diversity – Umgang mit Vielfalt und Fremdsein‘ (S.46) angesiedelt ist. In diesem Modul setzen sich die Studierenden mit Formen des gesellschaftlichen Umgangs mit Vielfalt auseinander, werden sich bewusst über die Zusammenhänge zwischen Bildungschancen und sozialer Ungleichheit sowie über Inklusions- und Exklusionsprozesse im Erziehungs- und Bildungssystem und erwerben grundlegendes Wissen über die unterschiedlichen Dimensionen von Heterogenität; sie verstehen die Bedeutung differenztheoretischer Grundbegriffe: Gleichheit und Tertium Comparationis, Heterogenitätsdimensionen und Intersektionalität, kennen die Geschichte von „Diversity-Education“ und schlüsseln Grundbegriffe der Pädagogik der Vielfalt auf: Selbstachtung und Anerkennung der anderen etc. und kennen Grundlagen und Konzeptionen der interkulturellen, interreligiösen und geschlechtersensiblen Pädagogik. Die Studierenden sind vertraut mit Differenz- und Identitätskategorien: Entwicklung der individuellen Geschlechtsidentität, Entwicklung religiöser und hybrider Identitäten und wissen um die Geschlechtersozialisation und eignen sich Wissen an über das Aufwachsen in einer Einwanderungsgesellschaft mit unterschiedlichen Kulturen und Religionen. Sie kennen die Heterogenität von Eltern in Kindertageseinrichtungen und wissen, wie sie den Dialog mit den Eltern suchen, kennen Ansätze zur Arbeit mit Eltern heterogener Herkunft, unterschiedlicher Religionen und nicht-religiöser Weltanschauungen und mit vielfältiger Familienkulturen; die Studierenden reflektieren ihre eigene Sozialisation, eigene plurale Gruppenzugehörigkeiten und ihre eigene Vielfalt, stehen für Selbstbildungsprozesse ein und können Erfahrungen von Fremdheit und Differenz als positive Entwicklungsmöglichkeit aufgreifen sowie reduzierende Vorurteile einschätzen, um ein pluralitätstaugliches, dialogfähiges Selbstkonzept aufzubauen; sie erwerben die Fähigkeit, den persönlichen und professionellen Umgang mit Verschiedenheit zu reflektieren, erlernen Kompetenzen des Umgangs mit Vielfalt und können geschlechterspezifische Bedarfslagen und Bedürfnisse auf dem Hintergrund unterschiedlicher religiöser und kultureller Orientierungen der Eltern in der Kindertageseinrichtung analysieren und daraus resultierende Anforderungen an die Institution und das pädagogische Handeln erarbeiten; sie lernen Gender Mainstreaming als politisches Steuerungsinstrument und als Querschnittsaufgabe der Kinder- und Jugendhilfe in Kindertageseinrichtungen kennen, setzen sich mit dem „Index for Inclusion“ auseinander und lernen Wege in Richtung einer „Einrichtung für Alle“; die Studierenden können didaktische Ansätze für Individualisierung und inneren Differenzierung einsetzen und können in einer heterogenen Kindergruppe Demokratie, Partizipation und Zugehörigkeit fördern. Die Inhalte des Moduls beziehen sich auf folgende Themenbereiche: Grundlagen von Diversity, der Pädagogik der Vielfalt und des „Anti-Bias-Approach“; „Index for Inclusion“ als ein Instrumentarium, das die Dokumentation der integrativen Qualität der Situation eines Kindes in Bildungskontexten dokumentiert; Konzepte der interkulturellen, interreligiösen und geschlechtersensiblen Pädagogik; Geschlecht und Kultur als soziale Kategorien; Basiswissen zu den Weltreligionen und Methoden zur Inszenierung interreligiösen Handelns; Religiöse, kulturelle und geschlechtsspezifische Sozialisation im historischen und gesellschaftlichen Kontext; professionelle Handlungsstrategien und -kompetenzen für eine Erziehung zur Geschlechterdemokratie, zur interkulturellen und interreligiösen Erziehung; Prozesse im Umgang mit Fremdsein; Übungen zur Selbstreflexion und Biografiearbeit; Ansätze der Kooperation mit Eltern unterschiedlicher Religion bzw. nicht-religiöser Weltanschauung, Kultur und Lebensweise.
Berlin
- Alice Salomon Hochschule (2010): Studiengang Erziehung und Bildung im Kindesalter (Bachelor). Im Teilmodul V/1/2 ‚Integrationspädagogik‘ (ASH Berlin 2010, S. 26) nehmen die Studierenden Behinderung als eine mögliche Dimension von Verschiedenheit wahr. Sie haben theoretische Kenntnisse der Integrations- und Inklusionspädagogik, zur Entstehung, Entwicklung und zum pädagogischen Umgang mit Behinderung. Sie sind in der Lage, Entwicklungs- und Verhaltensauffälligkeiten von Kindern wahrzunehmen und kennen die Angebote des Gesundheitssystems und der Jugendhilfe zur Unterstützung von Kindern und Bezugspersonen. Sie haben die reflexiven und kommunikativen Fähigkeiten, um mit Eltern von Kindern mit Behinderungen Erziehungspartnerschaften einzugehen. Das Modul III/2 ‚Diversity‘ (S.51ff) wurde von Annedore Prengel formuliert und vermittelt folgende Kompetenzen: In der Kategorie Fachkompetenz können die Studierenden die wesentlichen Begriffe der Diversity Studies erläutern und verfügen über fundierte Kenntnisse grundlegender Aspekte der Sozialstruktur (Sozioökonomische Schichtung). Sie begründen die grundlegende Bedeutung der Menschenrechte und der gruppenbezogenen Menschenrechtsdeklarationen für die Arbeit mit heterogenen Lerngruppen. Sie erklären den Zusammenhang von Gleichheit und Freiheit für Verschiedenheit und stellen unterschiedliche Modelle und Konzepte der Diversity-Education gegenüber. Im Bereich allgemeiner und bildungsbereichsspezifisch didaktischer Kompetenz reflektieren die Studierenden Bildungsziele und Ambivalenzen von Diversity-Pädagogik im Hinblick auf die Heterogenitätsdimensionen Schicht, Kultur/Ethnizität, Gender, Ability. Sie wählen Ansätze der Didaktik heterogener Lerngruppen aus und wenden diese an. Im Kontext analytischer Kompetenzschätzen die Studierenden die Bedeutung von interpersoneller und intrapersoneller kindlicher Heterogenität für den Krippen-, Kita- und Schulalltag ein. Sie beschreiben und analysieren kindliches Verhalten hinsichtlich individueller Entwicklungsvielfalt und multipler Heterogenitätsdimensionen; sie beschreiben und analysieren heterogene familiäre Situationen von Kindern und Lebenslagen von Eltern. Forschungskompetenz erlangen die Studierenden, indem sie ausgewählte Studien zur Vielfalt der kindlichen Entwicklungen kennen. Sie verfügen über grundlegende und exemplarisch vertiefte Kenntnisse über Forschungszugänge und -probleme zur Untersuchung kindlicher Heterogenität und sind in der Lage, dazu eigene Forschungsfragen zu entwickeln. Im Bereich reflexiver und selbstreflexiver Kompetenz erfahren und nutzen die Studierenden Ziele und Modelle der Selbstreflexion, der Supervision und der Teamarbeit im Hinblick auf ihre eigenen Einstellungen zu den verschiedenen Dimensionen von Heterogenität. Im Bereich der interaktionellen Kompetenz (vgl. ebd. S.52) sind die Studierenden in der Lage, Kinder in ihrer Unterschiedlichkeit wahrzunehmen, sie zu akzeptieren, ihnen angemessen Grenzen zu setzen und fördernde Dialoge mit ihnen zu führen; sie sind in der Lage, Eltern und anderen Bezugspersonen die Bedeutung von Gleichheit und Freiheit für Verschiedenheit auch im Hinblick auf ihre eigenen Kinder zu vermitteln. Die von Prengel (ASH 2010, S. 52f.) vorgeschlagenen Inhalte des Moduls beziehen immer auch die Heterogenitätsdimensionen Schicht, Kultur, Gender und Ability mit ein und werden wie folgt kategorisiert:
- Theoretische und historische Grundlagen: Bildungsphilosophische und bildungshistorische Zugänge zu den Heterogenitätsdimensionen „Schicht“, „Ethnizität/Kultur“, „Gender“, „Ability“ Gleichheit und Freiheit für Verschiedenheit; Menschenrechte sowie Kinderrechtskonvention, Deklarationen der Menschenrechte von Frauen und von Behinderten. Begriffe: Heterogenität, Heterogenitätsdimensionen, Intersektionalität; Pädagogische Theorien und Konzeptionen: Diversity-Education, Pädagogik der Vielfalt, Geschlechtergerechte Pädagogik, Inter- und transkulturelle Pädagogik, Inklusive Pädagogik.
- Empirische Grundlagen: Empirische Grundlagen: Sozialstruktur der BRD im internationalen Vergleich; Wirtschaftliche, kulturelle und politische Bedingungen für unterschiedliche Lebenslagen; Daten zur Heterogenität von kindlichen Lebenslagen und Sozialisationsprozessen
- Handlungsmodelle der Elementar- und Primarstufenpädagogik: Auf der institutionellen Ebene: Inklusive, Interkulturelle und Gender- sowie Migrations-Pädagogik im Elementarbereich; Handlungsstrategien bei Kinderarmut, Altersmischung; Einbeziehung externer Expert/innen, z.B. bei bestimmten Behinderungen, bei Gewalt gegen Kinder; zu kulturellen und sprachlichen Kompetenzen; Entwicklung diversity-orientierter Profile von Einrichtungen für Kinder und von diversity-orientierten Strukturen der Hilfen zur Erziehung; demokratische Rituale. Auf der interaktiven Ebene: Bindungen, Beziehungen und fördernder Dialog; Aufmerksamkeit für existentielle Bedürfnisse der Kinder; Förderung gleichberechtigter Beziehungen zwischen Kindern; einfühlsam vertretene Grenzen. Auf der didaktischen/diagnostischen Ebene: Vermittlung zwischen Regelwissen und Fallverstehen, Modelle kompetenzorientierter Diagnostik in heterogenen Lerngruppen (Bezug zu den Modulen Mathematik sowie Kommunikation und Sprachen); Verbindung von Freiraum lassenden und elementare Leistungen fördernden Handlungskonzepten (Freispiel, Projekte und Leistungsförderung); Raumgestaltung und Materialangebot. Auf der Projektebene: Konkrete an Diversity orientierte Vorhaben wie zum Beispiel: Anti-Bias-Ansatz, Mediation, vorurteilsbewusste Bildung, Empowerment, „Eine Welt der Vielfalt“. Auf der Ebene der Zusammenarbeit mit Eltern: Einbeziehung von Eltern mit pluraler kultureller Herkunft; Verhalten bei Eltern ohne gesicherten Aufenthaltsstatus
- Handlungsmodelle der Forschung: Etikettierungsproblematik durch identifizierende Kategorien, Ignoranzproblematik durch Verzicht auf Kategorienbildung
- Handlungsmodelle der Selbstreflexion und der Teamarbeit: Selbstreflexion, Supervision und Intervision unter Berücksichtigung der eigenen multiplen Gruppenzugehörigkeit, der Heterogenität im Team sowie der Pädagogen- Kinder-Beziehungen.
- Evangelische Hochschule Berlin (2011): Elementare Pädagogik (Bachelor). Im Studienbereich 1 „Grundlagen der Pädagogik und Bildung“ erwerben die Studierenden zentrale wissenschaftliche und pädagogische Erkenntnisse zur Erziehung und Bildung von Kindern. Hierzu gehört auch die Auseinandersetzung mit den Bildungsprogrammen für den Elementarbereich und die Auseinandersetzung mit den Querschnittsthemen Gender, Diversität, Inklusion und Interkulturalität (EH Berlin 2011, S. 6). Die Querschnittlage spiegelt sich unter anderem im Modul 1.3 ‚Bildung und Erziehung im internationalen Kontext‘ wider (S.23), in dem u.a. auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen von Diversität, Inklusion, Interkulturalität und Gender thematisiert werden. Eine Vertiefung findet in Modul 1.5 statt (S.28). Die Studierenden verfügen über Kenntnisse zur Heterogenität kindlicher Lebenslagen und können darauf aufbauend individuelle pädagogische Angebote gestalten sowie mit Familien und anderen pädagogischen Fachkräften in einen Dialog über Einstellungen und Werte treten.
- Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin (2010): Die KHS Berlin orientiert sich mit ihrer Konzeption des Bachelorstudiengangs Bildung und Erziehung an einem Grundkonzept, welches die Lebenssituation und die Erfahrungswelt des Kindes zum Ausgangspunkt für die in den Modulen bearbeiteten Fragestellungen nimmt (vgl. KSH Berlin 2010, S.3). In diesem Verständnis stellt das Modul M 02 ‚Vielfalt und Inklusion‘ den theoretischen Rahmen für die Analyse der Lebenswirklichkeit des Kindes dar. Vielfalt und Inklusion sind dafür zwei zentrale Kategorien und damit Leitlinien für die Theoriebildung und das Grundverständnis pädagogischer Praxis. Das Modul ‚Vielfalt und Inklusion‘ (S.13) will dazu befähigen, die Vielfalt der Lebenskontexte und Lebenswelten von Kindern wahrzunehmen, in ihrer Bedeutung für die pädagogische Arbeit zu reflektieren und konstruktiv zu nutzen. Dazu erwerben die Studierenden grundlegende Kenntnisse hinsichtlich verschiedener Dimensionen gesellschaftlicher Pluralität sowie der Erfordernisse einer egalitären Pädagogik. Sie setzen sich mit alltäglichen Zuschreibungsprozessen und Deutungsmustern in Hinblick auf soziale und ethnisch-kulturelle Herkunft, Religion, Geschlecht, Behinderung und Begabung auseinander. Sie reflektieren die Bedingungen von Differenzerfahrungen, Anerkennung und Zugehörigkeit. Pädagogische Leitkonzepte wie Inklusion, Diversität, Religions- und Kultursensibilität, vorurteils- und geschlechtsbewusste Pädagogik, die auf Akzeptanz von Verschiedenheit bei gleichzeitiger Wertschätzung der Individualität von Mädchen und Jungen basieren, werden als Reflexionsrahmen für die Entwicklung und Evaluation von Handlungskonzepten eingeführt. Die Studierenden wissen nach erfolgreichem Absolvieren des Moduls um unterschiedliche Dimensionen gesellschaftlicher Pluralität, sind in der Lage, alltägliche und gängige Zuschreibungsprozesse und Deutungsmuster im Hinblick auf die ethnisch-kulturelle Herkunft, Religion, Geschlecht, Behinderung und Begabung zu erkennen, kritisch zu hinterfragen und zu überwinden und verfügen über Grundlagenwissen der inklusiven Pädagogik. Sie bringen kompetenz- und ressourcenorientierte Perspektiven in ihr pädagogisches Handeln ein, um jedes Kind auf seinem jeweiligen Entwicklungsniveau seinen Bedürfnissen entsprechend in seiner Entwicklung zu begleiten und bedienen sich pädagogischer Ansätze und Konzepte, die Heterogenität als gemeinsame Lernchance für die Gestaltung inklusiver Bildungsprozesse nutzen.
Hessen
- Evangelische Hochschule Darmstadt (2011): Bildung und Erziehung in der Kindheit (Bachelor). Der Studiengang formuliert Inklusion als zentrales Ziel der Ausbildung (EFH Darmstadt 2011, S. 3): Im Zentrum steht dabei die Herstellung umfassender gesellschaftlicher Partizipation von Kindern und Chancengleichheit für Kinder. Im Spannungsfeld strukturell bestimmter und individuell zu gestaltender, damit als veränderbar begreifbarer gesellschaftlicher Handlungsspielräume orientiert sich das pädagogische Handeln auf die Salamanca-Erklärung von 1994. Sie fordert eine allgemeine Pädagogik unter Einbeziehung von allen Kindern angesichts körperlicher, intellektueller, sozialer, geschlechtlicher, ethnischer, religiöser, sprachlicher oder kultureller Diversität mit dem Ziel der Inklusion. Zu Beginn des Studiums wird dies im Lernfeld 1 ‚Grundlagen: Mensch – Gesellschaft – Ethik‘ (S.5) deutlich. Die Studierenden können als ein zentrales Studienziel pädagogische Gestaltung von Partizipation und Inklusion multiperspektivisch begründen. Das Modul 3 ‚Verfahren zur Analyse und Dokumentation kindlicher Kompetenzen und Ressourcen‘ (S.12) benennt in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Analyse von Entwicklungs- und Bildungsverläufen unter den Aspekten von Exklusion und Inklusion. Im Modul 5 ‚Theorien und Konzepte pädagogischen Handelns‘ (S.14) werden Konzepte und Methoden pädagogischen/religionspädagogischen Handelns in Auseinandersetzung mit ausgewählten Schwerpunkten, wie z.B. Integration/Inklusion in den Blick genommen.
- Hochschule Fulda (2010): Frühkindliche Inklusive Bildung (Bachelor). Ausgehend vom Grundgedanken der Wertschätzung von Vielfalt verortet sich der Studiengang Frühkindliche inklusive Bildung im aktuellen Diskurs der Integrations-/Inklusionspädagogik. Inklusion wird in diesem Kontext als Querschnitt zu allen Modulen verstanden. Explizit wird dies im Modul O 6 ‚Schule und Hilfeeinrichtungen‘ deutlich (Hochschule Fulda 2010, S. 12), in dem der wissenschaftliche Diskurs zu Integration und Inklusion als Aufgabe von Schule und Jugendhilfeeinrichtungen gezählt wird. Das Modul O 9 ‚Integrative und Inklusive Pädagogik‘ (S.16f.) nimmt einen zentralen Stellenwert in der Studiengangsstruktur ein. Die Studierenden verfügen demnach über grundlegende und exemplarisch vertiefte Kenntnisse integrativer und inklusiver Pädagogik und entsprechendes Handlungswissen. Sie haben sich mit Fragen der Bildungs- und Befähigungs-gerechtigkeit auseinander gesetzt und können diese kritisch reflektieren sowie Position beziehen. Sie können Befähigung/Behinderung im Kontext anderer Heterogenitätsdimensionen verorten, haben ein Verständnis von der sozialen Konstruktion von Behinderung und sind sensibel für Mechanismen der Klassifizierung und Etikettierung von Kindern im Erziehungs- und Bildungssystem. Sie kennen empirische Studien zur inklusiven Pädagogik im Elementarbereich und können diese theoriegestützt interpretieren. Sie kennen Konzeptionen inklusionspädagogischen Handelns und sind in der Lage, diese kritisch zu analysieren und reflektiert anzuwenden. Sie verfügen über entsprechendes Handlungswissen (z. B. individualisierte pädagogisch-didaktische Angebote, Unterstützung ko-konstruktiver Prozesse, akzeptierendes Gruppenklima). Sie kennen Möglichkeiten der Kooperation mit anderen, am Erziehungsprozess beteiligten Professionellen und können Vernetzungstätigkeiten mit den entsprechenden Institutionen ausüben. Sie sind in der Lage, erziehungspartnerschaftlich mit Eltern bzw. Bezugspersonen behinderter oder von Behinderung bedrohter Kinder zusammenzuarbeiten, und wissen um die Verarbeitungsprozesse von Behinderung in Familien. Folgende Inhalte werden dabei vermittelt: Theorien, Modelle und Konzeptionen inklusiver Pädagogik; historische Entwicklung und Organisationsformen inklusiver Pädagogik in Kindertageseinrichtungen, Entstehung der Integrationsbewegung; ausgewählte empirische Studien zum Fachgebiet (Forschungsstand); Verständnis von Behinderung und Normalität, Umgang mit Abweichungen und Normalitätsbildern; Erklärungsmodelle der sozialen Konstruktion von Behinderung; Mechanismen der Klassifizierung, Etikettierung und Selektion im Erziehungs- und Bildungssystem; Qualitäts- und Organisationsentwicklungsmodelle im Hinblick auf inklusive Kindertageseinrichtungen; Kooperationsmodelle und -konzeptionen für eine erziehungs-partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Eltern bzw. Bezugspersonen (insbesondere Eltern behinderter Kinder); Kooperationsmuster mit anderen am Erziehungs- und Bildungsprozess beteiligten Institutionen und Professionen im Hinblick auf Risikolagen und Behinderungsprozesse (z. B. Frühförderstellen, Schulen); Verarbeitungsprozesse von Behinderung in der Familie; Konzeptionen und Methoden inklusionspädagogischen Handelns sowie die Selbstreflexion im Hinblick auf Normalitäts- und Behinderungskonstrukte. Das Modul M O 15 ‚Qualitätsentwicklung und Management‘ (S.23) verweist auf die Bedeutung einer inklusiven Qualitätsentwicklung und stellt einen Zusammenhang zwischen Inklusion und Qualität her. Das Modul O 17 ‚Internationale Perspektiven Frühkindlicher Bildung‘ (S.26) fokussiert Kinderrechte und inklusive Bildung im Spiegel internationaler Abkommen. Im Abschlussmodul P 8 (S. 34) sind die Studierenden schließlich u.a. zur Analyse segregierender und inklusiver Strukturen in Bereichen Frühkindlicher Bildung und zur Formulierung von Empfehlungen zur Gestaltung inklusiver Prozesse aufgefordert. In den Praxisprojekten (Modul PP I und II, S.35 bzw. S.36) können die Studierenden inklusive Projekte in Kindertageseinrichtungen initiieren, reflektieren und dokumentieren. Sie entwickeln und reflektieren dabei ihre persönliche und professionelle Haltung bezüglich inklusiver Qualität in der frühkindlichen Bildung.
- Justus-Liebig-Universität Gießen (2010): Inklusive Pädagogik und Elementarbildung (Master). Der Master eröffnet berufliche Perspektiven in den Feldern der Frühen Kindheit, Inklusive Pädagogik bei Verhaltensstörungen, Inklusive Pädagogik bei Menschen mit geistiger Behinderung und der Inklusiven Sprachheilpädagogik. Der Masterstudiengang qualifiziert auch für einen forschungsbezogenen beruflichen Werdegang in Form der Promotion. Im Modul ‚Inklusive Pädagogik‘ (JLU 2010, S.1) erwerben die Studierenden innerhalb des Grundlagenbereichs Kenntnisse in erziehungswissenschaftlicher Theoriebildung und pädagogisch-methodischen Konzepten, die auf die Erfordernisse heterogener Lerngruppen in schulischen und außerschulischen Feldern abgestimmt sind. Dabei geht es auch um Fragen der Zielsetzung, der methodischen und organisatorischen Umsetzung. Sie eignen sich Kompetenzen zur Implementation und Evaluierung integrationspädagogischer Konzepte und Modelle an. Die Modulinhalte beziehen sich auf Heterogenität als Herausforderung pluraler Gesellschaften, Integrationspädagogische Theoriebildung, Integrationspädagogische Forschung, allgemeinpädagogische und sonderpädagogische Kompetenzen in heterogenen Lerngruppen und die Implementierung und Evaluierung integrationspädagogischer Konzepte und Modelle. Der von den Studierenden gewählte Profilbereich beinhaltet zwei Module des gewählten Schwerpunktes, ein Modul aus einem anderen Schwerpunktbereich sowie das Forschende Studieren und die Master-Thesis In den Profilbereichen erfolgt eine Schwerpunktsetzung in inklusiver Pädagogik bei Verhaltensstörungen, inklusiver Sprachheilpädagogik inklusiver Pädagogik bei geistiger Behinderung und Frühe Kindheit. So nimmt beispielsweise das Modul ‚Inklusive Pädagogik bei Menschen mit geistiger Behinderung‘ Bezug zu Integrative, inklusive und kooperative Konzepte der außerschulischen Geistigbehindertenpädagogik (S.12f.).
Niedersachsen
- Hochschule Emden-Leer (2011): Inklusive Frühpädagogik (Bachelor). Der Studiengang weist 7 Studienbereiche aus, von denen einer dem Themenkomplex Inklusion zugeordnet wird (Hochschule Emden-Leer 2011, S.3). Inklusive Bildung erhält darüber hinaus jedoch auch einen Stellenwert in Modulen, die nicht zu diesem Studienbereich gehören. Das Modul 8 ‚ Partizipation, Inklusion, Menschenbild‘ (S.15) vermittelt den Studierenden Kenntnisse über ethische und anthropologische Grundlagen der Frühpädagogik. Sie entwickeln die Fähigkeit zur kritischen Analyse von differenztheoretischen Grundlagen und erwerben Kenntnisse über deren Auswirkung auf frühkindliche Bildungsprozesse. Vertiefte Kenntnisse über die Heterogenitätsdimensionen (u.a. Behinderung und Geschlecht) und didaktisch-methodische Kompetenzen zur Förderung von Inklusionsprozessen stehen im Vordergrund. Qualifikationsziele stellen darüber hinaus Kenntnisse über Formen institutioneller, integrativer Bildung und Erziehung in Kindertageseinrichtungen sowie Konzepte und Ansätze integrativer Förderung für Kinder mit besonderem Bedarf dar. Die Bedeutung einer Vernetzung im frühkindlichen Bereich wird erfasst. Die Studierenden sollen zur Herausbildung und kritischen Reflexion der eigenen pädagogischen Haltung und das Konzeptualisieren eines Inklusiven pädagogischen Handelns befähigt werden. Das Modul 12 ‚Rechtliche Grundlagen - Vertiefung‘ (S.20) benennt Kenntnisse über die relevanten Rechtsgrundlagen von Kindertageseinrichtungen und insbesondere einer integrativen bzw. inklusiven Frühpädagogik als Qualifikationsziel.
Nordrhein-Westfalen
- Fachhochschule Köln (2009): Pädagogik der Kindheit und Familienbildung (Bachelor). Die Module Diversity I-III (Fachhochschule Köln 2009, S.17) befähigen zu einem verknüpften pädagogischen Handeln und Denken in den Feldern von Interkulturalität, Gender und Inklusion. Die Veranstaltungen der Module sind als Einführung in die jeweiligen wissenschaftlichen Ergebnisse der Interkulturalitäts-, Gender- und Inklusionspädagogik zu verstehen. Gleichzeitig erwerben die Studierenden Fähigkeiten zu vorurteilsbewusstem Denken und Handeln (Anti-Bias-Aproach) und der Gestaltung einer partizipativen Pädagogik und Familienbildung unter Berücksichtigung von Diversity. Ziele des Moduls Diversity I: a) Die Studierenden erwerben grundlegende Fähigkeiten zum Lernen, Leben und fachlichem Handeln in interkulturellen Zusammenhängen. Sie reflektieren eigene Erfahrungen von Fremdheit, planen Ihre unter Umständen im Ausland stattfindende zweite Praxisphase und lernen, sich mit Lebenswelten von Kindern und Familien, Bildungssystemen, Erziehungshaltungen und Konzepten der Pädagogik der Kindheit und/oder Familienbildung anderer Länder auseinanderzusetzen. b) Die Studierenden gewinnen Kenntnisse zu soziologisch-politisch-ökonomischen Fragen der Migration, die besonders das Aufwachsen von Kindern und Konzepte interkultureller Arbeit in einzelnen Handlungsfeldern der Pädagogik der Kindheit und Familienbildung berücksichtigen. Die den Grundlagenkompetenzen zugeordneten Module durchziehen zwar nicht das gesamte Studium, aber bilden einen Schwerpunkt in den Semestern vier bis sechs.
4. Fazit
Insgesamt kann herausgestellt werden, dass die meisten frühpädagogischen Studiengänge innerhalb ihrer Modulstruktur Bezug zu aktuellen Fragestellungen von Inklusion und Diversität nehmen. Exemplarisch für diese Entwicklung wurden die Modulkataloge von zehn Studiengängen einer Feinanalyse unterzogen. Einige dieser Studiengänge können als modellhaft in ihrer Umsetzung der in der theoretischen Fundierung und curricularen Implementierung von inklusiver Bildung bezeichnet werden, da sowohl der von Prengel (2010) formulierte Anspruch an eine inklusive Frühpädagogik erfüllt als auch die Einbettung aktueller Rahmenempfehlungen unter Berücksichtigung von Inklusion und Vielfalt als übergreifende Aufgabe der Ausbildung (vgl. Viernickel et al. 2011) umgesetzt wird. Inklusion wird hier nicht nur als ein Modul verstanden, das während der Ausbildung belegt werden muss, sondern bestimmt die inhaltliche Ausrichtung des gesamten Studiengangs. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang natürlich, dass zwei der in den Ergebnissen hervorgehobenen Hochschulen als Partnerhochschulen an der von der Robert Bosch Stiftung (2008) initiierten Rahmenempfehlung „Frühpädagogik Studieren‘ beteiligt waren. Darüber hinaus ist es der Alice Salomon Hochschule gelungen, Annedore Prengel für das Modul ‚Diversity‘ zu gewinnen, so dass die theoretischen Vorarbeiten der Autorin kontingent in das Curriculum einfließen konnten. Die aus den Modulhandbüchern übernommenen Kompetenzprofile der dargestellten Studiengänge können somit als Ausgangspunkt und Orientierung für die Entwicklung oder Überarbeitung frühpädagogischer Studiengänge genutzt werden.
Die vorliegende Analyse spiegelt aufgrund der Aktualität der Modulstrukturen nur den Planungsstand der Hochschulen wider, in keiner Weise belegt sie jedoch, ob die Absolventinnen und Absolventen sich auch in der Realität des Studiums vertieft mit den Inhalten inklusiver Pädagogik auseinander setzen. Hier ist eine Befragung anzuschließen, die einerseits nach studentischen Haltungen gegenüber Vielfalt und deren Veränderungen im Verlauf des Studiums fragt und andererseits überprüft, inwiefern die im Studium erworbenen Kompetenzen Einfluss auf die frühpädagogische Praxis nehmen.
Die curriculare Ausrichtung vieler frühpädagogischer Studiengänge kann auf der Ebene der Hochschulen als ein Schritt auf dem Weg zu dem in der Behindertenrechtskonvention geforderten inklusiven Bildungssystem verstanden werden. Platte & Schultz (2011, o.S.) stellen in diesem Zusammenhang Inklusion als Teil von Hochschulentwicklung heraus: „Hochschulen als Institutionen der akademischen Aus- und Weiterbildung sind vor diesem Hintergrund mehrfach gefordert, denn Inklusion kann als Konzept nicht nur theoretisch vermittelt, sondern muss als Bewusstseinshaltung erlebt werden.“ Nicht nur die Curricula sollten sich entsprechend an der Leitidee der Inklusion orientieren, die Hochschule sollte sich als Ort der Gestaltung inklusiver Kulturen und Strukturen verstehen. Eine Hochschule sollte sich nach Platte und Schultz (2011) nicht nur als Ort der Vermittlung inhaltlicher und methodischer Kompetenzen für die Gestaltung inklusiver Bildungsprozesse sehen, sondern auch eine hochschuldidaktische Umsetzung inklusiver Lern- und Bildungsprozesse anstreben. Eine inklusive frühpädagogische Ausbildung an Hochschulen setzt in der Konsequenz Veränderungen in der Gestaltung der Lehre voraus, gleichzeitig müssen die Studierenden an der Planung von Lehrinhalten beteiligt werden.
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