Zur Kritik der Fähigkeiten: Ableism als neue Forschungsperspektive der Disability Studies und ihrer Partner_innen

Autor/innen

  • Tobias Buchner
  • Lisa Pfahl
  • Boris Traue

Schlagwörter:

Fähigkeit, Individualismus, Ableismus, Kompetenz, Anthropologie, Subjektivierung, Gouvernementalität, politische Philosophie

Abstract

Mit dem Begriff des Ableismus und der Forschung im Umfeld dieses Terminus wird eine thematische Erweiterung und Perspektivenverschiebung in den Disability Studies vorgenommen: Behinderung wird nicht mehr nur als abweichende Differenz zur Normalität verstanden, sondern als intersubjektives und gesellschaftliches Verhältnis, das in der Bestimmung von Fähigkeiten seinen Ausdruck findet. In diesem Zusammenhang wird Behinderung auf ihr Verhältnis zur Fähigkeit als grundlegender gesellschaftlicher Anforderung bezogen. Dabei sollen auch sozialwissenschaftliche und philosophische Grundannahmen über Autonomie, Fähigkeit und Leistung auf den Prüfstand gestellt werden: Wer gilt unter welchen Bedingungen als fähig? Was ist die Einheit der Fähigkeit, Individuen oder Kollektive? Auf welchem Zusammenhang mit gesellschaftlichen Verhältnissen und lokalen Relationen beruht die Wahrnehmung von Behinderungen und Fähigkeiten? Wie Rassismus, Sexismus, Klassismus fällt Ableismus unter den Zuständigkeitsbereich einer radikalen Kritik. Anders als jene unterliegt der Ableismus allerdings nicht einer fundamentalen Ablehnung, die vom Ziel der kompletten Abschaffung von jeglichen Fähigkeitszuschreibungen getragen ist. Anschauungen und Vorstellungen von Fähigkeiten können schwerlich abgeschafft werden, können sie doch als basaler Modus der Anerkennung von Anderen und der Organisation gesellschaftlicher Arbeitsteilung gelten. Problematisiert und kritisiert werden sollen dagegen irrationale, verletzende, grausame und unplausible Konzeptionen von Fähigkeit (und damit auch Behinderung), die eng mit Vorstellungen der Leistungsgesellschaft, Leistungsgerechtigkeit und insgesamt einem liberalistischen Gesellschaftsbild verknüpft sind.

Autor/innen-Biografien

  • Tobias Buchner
    Mag. Tobias Buchner ist Bildungswissenschaftler und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der außeruniversitären Forschungseinrichtung queraum. kultur- und sozialforschung in Wien. Er setzt sich in seinen Arbeiten mit Subjektivierung, Biographie, inklusiver Bildung und partizipatorischer Forschung auseinander.
  • Lisa Pfahl
    Dr. phil. Lisa Pfahl ist Soziologin und Juniorprofessorin für Disability Studies an der Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt Universität zu Berlin. Ab Oktober 2015 wird sie an der Universität Innsbruck Professorin für Disability Studies sein. Ihre Schwerpunkte sind Ungleichheit, Ursachen und Folgen von Behinderung, Benachteiligung und Beeinträchtigung sowie Gender Studies.
  • Boris Traue
    Dr. phil. Boris Traue arbeitet als Soziologe an der Leuphana Universität Lüneburg. Er befasst sich mit der Geschichte des modernen Subjekts und dem Verhältnis von Subjektivierung und Desubjektivierung. Weitere Schwerpunkte sind: Soziologie der Beratung und der Therapie, digitale Medien, Bildmedien und Mediennutzung, insbesondere Selbstthematisierungen im Internet. Homepage: http://cdc.leuphana.com/people/#boris-traue

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Veröffentlicht

28.06.2015

Ausgabe

Rubrik

Artikel

Zitationsvorschlag

Zur Kritik der Fähigkeiten: Ableism als neue Forschungsperspektive der Disability Studies und ihrer Partner_innen. (2015). Zeitschrift für Inklusion, 2. https://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/article/view/273